»Na ja, so fett wie der ist, kann ihm ein Fastentag nicht schaden«, erwidert Papa. »Unverantwortlich, das arme Tier so zu mästen. Ich hätte große Lust, einen Beschwerdebrief an den Zoo und den Tierschutzverein zu schreiben.«
»Dann iss du wenigstens etwas«, sagt Mama und schiebt mir eine Portion von der gebratenen Ente rüber.
»Keinen Hunger«, antworte ich, obwohl das gelogen ist. Ich habe riesigen Hunger, weil die Schokolade auch schon etwas zurückliegt.
Während die anderen weiteressen, gehe ich wieder in mein Zimmer und schaue Albi dabei zu, wie er ruhelos zwischen meinem und Enricos Bett hin und her läuft. Dabei macht er immer wieder so merkwürdige quiekende Geräusche.
Angelina ist mir gefolgt und steht jetzt hinter mir. Sie hat einen Lautsprecher in der einen und ihr Smartphone in der anderen Hand.
»Das hier wird ihm bestimmt gefallen«, sagt sie. »Ich habe es aus dem Netz gesaugt.«
Aus der Box ertönen seltsame Geräusche. Sie klingen ganz anders als die Musik, die wir so kennen. Dazu singt eine schrille Stimme in einer Sprache, die ich nicht verstehe.
»Das sind Lieder aus der Peking-Oper«, erklärt meine Schwester. »Die kennt in China jeder. Ich dachte, er mag das vielleicht.«
Albi quiekt jetzt noch lauter. Und auch wenn das gar nicht so viel anders klingt als die Melodie aus dem Lautsprecher, habe ich nicht den Eindruck, dass Angelina seinen Musikgeschmack getroffen hat. Wie auch?
»Albi war doch noch nie in China!« Mit dem Zeigefinger streiche ich über Angelinas Smartphone, um das Geheule zu stoppen. »Er ist in einem Zoo in Österreich geboren worden. Dem tust du eher einen Gefallen, wenn du ihm etwas auf einem Alphorn vorspielst.«
»Kein Problem, kann ich besorgen!« Angelina wischt über ihr Display. »Dauert nur eine Sekunde.«
»Das war ein Scherz«, entgegne ich müde. »Trotzdem danke, war nett gemeint.«
»Die anderen sitzen alle drüben in der Küche und überlegen, wie sie dem Panda die kurze Zeit hier bei uns ein bisschen netter gestalten können. Es ist richtig rührend. Enrico will sogar sein geheimes Süßigkeitenlager für ihn räubern.« Angelinas Blick fällt auf die kaputte X-Wing. »Zumindest wollte er das.«
Meine Schwester ist schon fast wieder draußen, da bleibt sie doch noch mal stehen und zieht einen Glückskeks aus ihrer Tasche.
»Das ist deiner!«, sagt sie, und als ich zögere, schiebt sie hinterher. »Den kannst du ruhig essen, den gab es umsonst dazu. Ist also nicht gestohlen. Für den da liegen auch noch fünf Stück in der Küche.« Angelina zeigt auf Albi, der immer noch leise quiekend zwischen meinem und Enricos Bett hin und her läuft. »Süß ist er ja, stinkt halt nur ein bisschen arg.«
Als Angelina gegangen ist, breche ich meinen Glückskeks in der Mitte durch. Erstens, weil ich Hunger habe, und zweitens, weil ich wissen möchte, welchen Ratschlag der Zettel im Inneren des Keks für mich bereithält.
Albi guckt mich fragend an, als ich ihm den Spruch vorlese. Ich schaue fragend zurück, weil ich die Bedeutung von »Sogar die chinesische Mauer ist nicht unüberwindbar« auch nicht verstehe.