„Geh weg!“
Die Schlafzimmertür bebt, als sie von der anderen Seite von einem weiteren Projektil getroffen wird. „Ich rede nicht mit dir!“
„Eindeutig tust du das.“ Schreien ist eine Form der Kommunikation. „Du benimmst dich kindisch“, gebe ich zurück, während ich mich frage, ob ich mit der Sache vielleicht nicht richtig umgehe. Ich schiebe meine Hände in meine Hosentaschen, dann lehne ich eine Schulter an den Türrahmen.
„Verpiss dich einfach!“ Das ist wie oft? Das achte Male, dass sie mir dies vorgeschlagen hat. Vielleicht mehr, wenn ich die Minuten mit einbeziehe, die sie beim Frühstück mit ihrer Tirade verbracht hat. Anstatt mitzumachen, entschied ich, zu duschen und ihr ein wenig Zeit zum Abkühlen zu geben. Und hier sind wir.
„Ein widerspenstiger Teenager“, korrigiere ich, wobei ich mir sicher bin, dass es dabei keinem von uns besser geht. Mir wegen der ganzen Sache mit dem Altersunterschied, und ihr wegen … all der Verstöße, derer ich momentan schuldig bin.
„Na, rate mal? Mir ist egal, was du denkst. Du bist nicht mein Vater und du hast keine Rechte zu meinem Handy. Du bist im Moment moralisch bankrott und ich hasse dich.“
„Olivia, bitte.“ Ich kann mich nicht an das letzte Mal erinnern, als ich wirklich um etwas gebeten habe.
Normalerweise verlange ich nur. Außer letzter Nacht, als sie … ich schüttle den Kopf, denn jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um an diese Dinge zu denken. Sex beeinträchtigt offensichtlich mein Urteilsvermögen. Ich seufze und presse meinen Kopf an den Türrahmen. „Es wäre früher oder später sowieso herausgekommen. Das weißt du, oder? Ich habe nur das Leukoplast, das Pflaster abgerissen; wie auch immer du es nennen willst.“
„Du hattest kein Recht dazu. Kein Reicht dazu, in meine Privatsphäre einzudringen und mich in Zugzwang zu bringen.“
„Würde es helfen, wenn ich sage, dass ich eben mit deiner Großmutter gesprochen habe?“
„Was?“ Ich springe von der Tür zurück, als sie geöffnet wird. „Oh, da bist du.“ Und oh, was hast du da drin getan, dass dein Haar so nach oben absteht? Aber ich frage nicht. Mir gefallen meine Hoden da, wo sie sind, vielen Dank.
„Was hast du eben gesagt?“
„Ich habe eben mit deiner Großmutter gesprochen. Elsie. Eine charmante Dame.“
Ich bin in der ganzen Stadt für meinen Instinkt bekannt. Die Entscheidungen, die ich treffe, kommen aus dem Bauch heraus, und die Zuversicht in meinen Handlungen und Investitionen ist felsenfest. Ich bin stolz auf meine Menschenkenntnis, und mein erster Eindruck ist für gewöhnlich der richtige.
Was ich nicht verstehe, wie ich so weit davon entfernt sein kann, wenn es um Olivia geht.
Stets launenhaft und wankelmütig ist die Frau?
Jetzt, wo ich zu ihr hinabblicke, würde ich sagen, dass die Römer nicht einmal die Hälfte davon verstanden haben. Sie bezeichnet mich als den Teufel, und doch ist sie es, die dämonisch aussieht.
„Ich spüre, dass du nicht glücklich darüber bist.“ Die Blicke, die sie mir zuwirft, könnten jeden Mann umbringen. Sie sieht wie die gereiztere und stacheligere Schwester von Medusa aus.
„Wie kommst du darauf?“, beginnt sie ruhig. Aber sie stellt mir nicht wirklich eine Frage, wie ich erkenne, als sie den Mund öffnet, um fortzufahren. „Ich meine, warum sollte ich widersprechen? Was könnte mich möglicherweise daran stören, dass du durch mein Leben hindurchpeitschst?“
„Olivia -“
„Ich bin noch nicht fertig“, faucht sie. „Ich bin mit Reden dran, denn ich denke, ich muss irgendetwas im Vertrag übersehen habe. Ich erinnere mich nicht daran, irgendwo gelesen zu haben, dass du mich wie bewegliche Habe behandeln würdest!“ Während sie spricht, steigen sowohl ihr Tonfall als auch ihre Lautstärke an und erreichen schließlich die ohrenbetäubende Schimpftirade, die nur als Gewitterziege bezeichnet werden kann.
„Ich habe es eindeutig übertrieben, aber meine Handlungen waren alle in guter Absicht.“
„Gute Absicht? Gute Absicht! Du bist abscheulich. Deine moralische Richtschnur ist so durcheinander, ich bin überrascht, dass sich dir der Kopf nicht dreht! Du bist selbstsüchtig und egoistisch und erübrigst nichts und niemandem auch nur einen Gedanken. Ich meine, welche Art Mann würde eine Frau dazu erpressen, ihn zu heiraten?“ Daraufhin hört sie schließlich auf, anscheinend schockiert von ihren eigenen Worten.
„Erpressung ist so ein unangenehmes Wort. Aber ich weiß, wer ich bin und ich akzeptiere, wozu ich fähig bin. Wenn ich im Unrecht bin, sehe ich nicht auf andere. Verleugnung ist der Cousin von Rechtfertigung, Olivia. Aber wenn es dir beim Schlafen hilft …“ Ich lasse sie in der Tür des Schlafzimmers zurück, und ich würde lügen, wenn ich sagte, ihr verblüffter Gesichtsausdruck ließe mich kalt.
„Bitte erkläre mir, wie du mich hierzu gebracht hast.“
Später taucht Olivia im Salon auf, wo ich an meinem Laptop arbeite. Sie sieht mehr oder weniger aus wie immer. Vielleicht ein wenig blasser. Ein wenig müde, trotz ihres perfekt aufgetragenen Make-ups. Sie ist leger gekleidet und hat ihr Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Aber das sind kleinere Beobachtungen, die größere besteht darin, dass der Kampfgeist sie verlassen hat.
„Was willst du, Olivia?“, frage ich ein wenig angespannt, während meine Finger über die Tastatur fliegen.
„Ich möchte darüber reden, darüber, was du getan hast und was ich gesagt habe.“
Ich halte inne und hebe den Kopf, sehe sie aber nicht an. Diese ganze Sache; so sollte es nicht sein. „Lass uns die Dinge nicht wiederaufwärmen.“
„Wir müssen reinen Tisch machen. Wenn wir sechs Monate miteinander verbringen werden, dann können wir nicht so weitermachen. Du musst akzeptieren, dass du falsch lagst, genauso wie ich mich dafür entschuldigen muss, diese Dinge gesagt zu haben.“
„Ich lag falsch?“
„Ist das so ein neuartiges Konzept?“
Ich zucke die Achseln und öffne den Mund, um zu reden, als sie mich unterbricht.
„Sag es nicht.“ Sie hebt eine entschlossene Hand, ihre Stimme ist verhindernd. „Was auch immer du sagen wolltest, tu es einfach nicht. Und es tut mir leid, denn keiner von uns glaubt die Dinge, die ich gesagt habe. Das ist eine geschäftliche Abmachung, in erster Linie. Das darf ich nicht aus den Augen verlieren. Ich muss weniger emotional sein.“
Aber es sind die Emotionen, nach denen ich mich sehne
, denke ich, spreche es aber nicht aus. Das Drücken und Ziehen, die scharfen Diskussionen. Das Foto, das ich gestern gepostet habe, mit meinem Gesicht in ihrer Hand, unser Kuss und unser
Lächeln. Habe ich je eine Frau geküsst, während ich solch überwältigendes Glück empfand, egal wie vorübergehend?
„Sieh mal. Du hättest nicht an mein Handy gehen sollen.“ Sie hält inne und ihr Blick wandert zum Sofa, bevor sie sich darauf zu bewegt. „Mein Handy ist meine Sache. Dir würde es auch nicht gefallen, wenn ich deins benutze.“
Ich lehne mich nach vorne, nehme es vom Beistelltisch und werfe es so, dass es auf dem Sofa neben ihren nackten Füßen landet.
„Tu dir keinen Zwang an.“
„Ich will es nicht“, sagt sie und starrt das Ding an, als wäre es kontaminiert. „Aber der Unterschied hier ist, dass du mir die Erlaubnis gegeben hast. Das habe ich nicht getan.“
Ich seufzte schwer, die Finger in der Luft über der Tastatur. „Wenn es dir damit irgendwie besser geht, ich bin nicht in deine Privatsphäre eingedrungen. Was auch immer du von mir denkst, das war nie meine Absicht.“ Es war allerdings ein verrückter Gedanke, in einem Moment während der frühen Morgenstunden, als die Sonne kaum ein Fleck am Horizont war. „Ich konnte nicht schlafen.“ Obwohl ich mir sicher bin, dass ich mich noch nie so erschöpft oder gesättigt gefühlt habe. „Du hast neben mir gelegen, mein Arm um deine Taille.“
„Kein Wunder, dass du nicht schlafen konntest.“ Ihr Lächeln ist klein, ihr Versuch mit Humor fast ein Gewinn. „Klingt unbequem. Mir wurde gesagt, ich bewege mich viel im Schlaf.“
Aus einem Grund, den ich nicht ganz verstehe, bin ich nicht bereit, zu untersuchen, woher sie das weiß oder ihr zu erklären, dass es tatsächlich das genaue Gegenteil von unbequem war. Dass mein Schlafmangel scheinbar auf Zufriedenheit zurückzuführen war. Ich bin kein religiöser Mann, aber ich kann den Reiz darin sehen, das Leben an ein göttliches Wesen zu übergeben. Genau wie ich mich sehen kann, wie ich meine Tage damit verbringe, sie am Altar von Olivia anzubeten. Mit ihr zu schlafen war eine göttliche
Erfahrung, aber das ist nicht zwangsläufig das, was zu sagen ich mich überwinden kann. Es ist mehr so, dass ich mich zum ersten Mal seit langer Zeit zufrieden gefühlt habe, während ich einfach nur da lag, mit einem Arm um sie gelegt und unsere Finger ineinander verschränkt.
„Erzähl weiter“, drängt sie leise und bringt mich in den Moment zurück.
„Ich konnte nicht schlafen.“ Meine Augenbrauen sinken tiefer. „Also habe ich mich gestreckt und mein Handy vom Nachttisch geholt. Nur war es nicht meins. Ich habe es nicht bemerkt, bis der Bildschirm bereits geöffnet war und ich auf deinen Instagram-Account starrte.“
„Und du hattest mir zuvor unser Hochzeitsfoto geschickt.“
„Ja“, stimme ich zu. Zwischen dem Sex, den Berührungen und dem Trinken von Champagner hatte sie mich gefragt, warum ich es gemacht hatte.
„Als Beweis, dass es passiert ist.“ Ja, so hatte ich es ihr verkauft. „Und wenn es nicht auf Insta ist, dann ist es eben nicht wirklich passiert.“ Und es musste passiert sein. Es musste so öffentlich sein wie möglich, sodass zu Hause Aufsehen entstand. Tratsch und Spekulationen. Etwas, das später verdreht werden konnte.
„Deiner demografischen Gruppe nach, ja.“
„Meine demografische Gruppe? Du warst derjenige, der alle
Hashtags gepostet ha! Es hat nur „hashtag blessed“ gefehlt.“ Sie zieht ein Gesicht, das nur als angriffslustig bezeichnet werden kann.
„Wenn es hilft, ich habe es auch auf meinen Accounts gepostet.“
„Du hast sowas? Ich wusste nicht einmal, dass du überhaupt weißt, was ein Hashtag ist.“
„Ich bin nicht tot, Olivia.“ Anscheinend wirkt diese Aussicht reizvoll, also entscheide ich mich dazu, darauf zu verzichten, ihr zu erklären, dass meine Accounts geschäftlich sind und von
meinem Assistenten geführt werden. „Wir hatten nicht besprochen, wie wir unsere Verbindung verbreiten würden, und eine Anzeige in der Times
schien nicht angemessen.“
„Nichts davon entschuldigt, was du getan hast.“
„Selbst, wenn ich dachte, dass ich helfe? Selbst wenn deine Website bereits tausende Klicks bekommen hat? Klicks, die, zweifelsohne, zu neuen Mitgliedschafts-Abonnements werden. Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, die Aufmerksamkeit der Medien zu erregen. E-Volves Chefin findet Liebe beim kältesten Mann Englands?“
„Nichts davon kommt auch nur ansatzweise einer Entschuldigung nahe“, murmelt sie und untersucht jetzt ihre Fingernägel.
„Ich achte darauf, mich nie zu entschuldigen. Wir haben darüber gesprochen.“
„Wie um alles in der Welt behältst du Freunde?“
„Ich behalte Mitarbeiter. Das ist alles, was ich brauche.“
„Stimmt nicht. Man munkelt, dass du eine Ehefrau brauchst. Und um deinen Satz gegen dich zu verwenden: glückliche Frau, glückliches Leben. Wer schmollt jetzt?“
„Das ist kein Schmollen“, antworte ich. „Das ist eine Berechnung.“
„Oh Gott, nein. Was sonst!“ Sie hebt ihre Hand zu ihrem Gesicht, während sie etwas Unverständliches murmelt – zweifelsohne eine Obszönität – bevor sie die Finger spreizt, um zu fragen: „Will ich es wirklich wissen.“
„Ich nehme an, das hängt ganz davon ab, ob du vorher über den Besuch deiner Großmutter informiert werden willst.“