10.6    Schnell, authentisch und relevant – in der Krise leistet Ihr Blog Erste Hilfe

Blog-Beiträge werden von den Suchmaschinen schnell indiziert, d. h. häufig unmittelbar nach der Veröffentlichung im Suchergebnis angezeigt. Blogs eignen sich daher für eine aktuelle Kommunikation und für Nachrichten, die schnell verbreitet werden sollen. Das ist letztlich ein wichtiger Faktor für erfolgreiche Krisen-PR. Unternehmen, die um ihren guten Ruf im Netz fürchten, sollten ihre Stellungnahme (neben der klassischen Pressemitteilung und einem Eintrag auf der Firmen-Homepage) in ihrem Blog veröffentlichen, damit sie sich auf schnellstem Weg verbreiten kann. Ganz entscheidend jedoch für die Krisenkommunikation ist die Kommentarfunktion in Blogs. Bislang mussten Kunden und Geschäftspartner Pressemitteilungen stillschweigend hinnehmen. Ausschließlich die Medienunternehmen hatten ein Mitspracherecht. Social Media bietet jedoch jedem User die Möglichkeit, seine Meinung in Foren, als Facebook- oder Twitter-Status, in dem eigenen Blog oder auf der Unternehmens-Website, in einem Wiki oder wo auch immer im Internet zu verbreiten. Die Meinung eines aufgebrachten Kunden erhält dadurch die gleiche Bedeutung wie die des Chefredakteurs einer für Sie relevanten Fachzeitschrift.

Die gleichberechtigte Kommunikation mittels Blog erlaubt es Ihnen, in Zeiten von Krisen-PR einen Dialog mit Ihren Kunden zu führen. Das Eingehen auf die Kommentare der Kunden mit einer persönlichen Stellungnahme wirkt sich auch auf den Leser aus. Authentische und ehrliche Beiträge von Firmenchefs und Mitarbeitern schaffen Vertrauen beim Leser, denn dann erst wird auf Augenhöhe kommuniziert – und während Sie wichtige Rückmeldungen und Meinungen erhalten, leisten Sie wertvolle Überzeugungsarbeit bei verunsicherten Kunden. Da die Kommentare immer sichtbar sind, können neu hinzugekommene Leser die bisherige Diskussion nachvollziehen und sich ihr eigenes Bild machen. Der Kunde findet die relevanten Informationen direkt.

Produkte, Rezepte und Geschichten aus dem Unternehmen – das FRoSTA-Blog (Blog: https://www.frosta.de/blog/)

Abbildung 10.8     Produkte, Rezepte und Geschichten aus dem Unternehmen – das FRoSTA-Blog (Blog: https://www.frosta.de/blog/)

Best Practice: FRoSTA-Blog

Im FRoSTA-Blog, https://www.frosta.de/blog/, berichten die Mitarbeiter humorvoll vom Unternehmen und von den alltäglichen Geschehnissen. Neben neuen und bekannten FRoSTA-Produkten und Rezepten werden Infos aus dem Firmenalltag gebloggt, beispielsweise wie sich Druckkosten im Büro einsparen lassen. Aber auch brandaktuelle Themen und branchen- oder unternehmensrelevante kritische Medienberichte werden aufgegriffen und glaubwürdig erörtert.

Das bedeutet, dass Sie allein entscheiden, welche Informationen relevant sind. Die Beiträge sollten nach Möglichkeit einen Blick hinter die Kulissen des Unternehmens gewähren. »Informieren und unterhalten« sollte die Devise bei der Auswahl relevanter Blog-Beiträge lauten.

10.6.1    So nehmen Sie dem Shitstorm den Wind aus den Segeln

Ein häufiges Gegenargument für den Start eines Corporate Blogs ist die Angst vor einem Shitstorm. Dabei werden nicht nur die Meinungen der Kunden, sondern auch die der Mitarbeiter gefürchtet. Noch immer werden Blogs gelauncht, bei denen die Kommentarfunktion gesperrt ist. Das ist jedoch einer der größten Fehler, den ein Unternehmen in Sachen Social Media machen kann. Dadurch verliert das Blog die Funktion eines Dialoginstruments. Das ist in etwa so, als würden Sie in Ihr Geschäft keine Kundschaft lassen – aus Angst, sie könnte etwas Negatives sagen. Die Bedenken der Unternehmer sind meistens auf Unsicherheiten im Umgang mit Blogs und Social Media zurückzuführen.

Die Angst vor einem negativen Kommentar überwinden

Neben der Angst vor Beschimpfungen haben Unternehmen vor allem Angst vor einem negativen Kommentar oder einer negativen Rückmeldung zu einem Produkt, die dann für immer nach außen hin sichtbar ist. Darin liegt jedoch die eigentliche Chance eines Blogs: Mit den positiven und negativen Rückmeldungen der Käufer können Sie einen Dialog starten. Löschen Sie daher Kommentare nicht, wenn ein Kunde sich negativ zu einem Produkt äußert. Das würde Ihr Blog innerhalb der Blogosphäre nur in Verruf bringen. Fragen Sie Ihre Kunden stattdessen nach Verbesserungsvorschlägen und Alternativen. Wenn sich die Kritik auf einen Servicemangel bezieht, bieten Sie direkte Hilfe an. Bemühen Sie sich um skeptische Kunden wie um Lieblingskunden gleichermaßen.

Letztendlich ist die Kommentarfunktion das eigentliche Vehikel zum Kundendialog. Es wäre eher schädlich für Ihr Unternehmen, diese Funktion zu blockieren. Im schlimmsten Fall würden Sie von dessen Unmut gar nichts erfahren oder mittels Social Media Monitoring erst zu spät darauf aufmerksam werden. Wenn der User seine Meinung jedoch direkt in Ihrem Blog postet, haben Sie die Möglichkeit, adäquat zu reagieren. Sie demonstrieren dadurch gleichzeitig anderen Usern, wie serviceorientiert und kompetent Sie arbeiten. Langfristig verringern sich gerade durch diese Blog-Beiträge die Serviceanfragen, da der User die Antwort direkt im Blog findet. Wenn Sie Ihr Publikum ernst nehmen, gewinnen Sie auch sein Vertrauen und schaffen Sympathie.

Wenn ein Unternehmen negative Kommentare von Mitarbeitern im Blog fürchtet, sollte es sich ohnehin fragen, ob es in Sachen Unternehmensphilosophie Nachholbedarf hat. Sinnvoller ist es jedoch, eine Lösung zu finden, die alle Mitarbeiter dazu berechtigt, Kommentare abzugeben, schließlich steckt das Firmen-Know-how nicht nur in der Marketingabteilung.

10.6.2    So gehen Sie professionell mit Kritik um

Auf einen kritischen Kommentar sollte das Unternehmen so schnell wie möglich mit einer offenen Stellungnahme via Kommentarfunktion reagieren. Die Antwort sollte durchdacht sein, damit Missverständnisse aufgeklärt werden können. Ernst gemeinte Kritik sollte generell willkommen sein, denn sie hilft, Fragen zu klären, die möglicherweise auch andere Kunden haben. Als Unternehmen müssen Sie mit negativen Rückmeldungen rechnen oder sie zumindest einmal in einem Krisenszenario durchgespielt haben. Damit stellen Sie sicher, dass im Falle eines Falles die richtigen Abteilungen und die verantwortliche Person benachrichtigt werden. Nur so können Sie im Zweifelsfall angemessen reagieren. Krisen-PR im Social Web muss vor allem schnell erfolgen. Verzögerungen bewirken nur, dass sich die Negativmeldungen weiter aufschaukeln. Schnell bedeutet aber nicht, dass die Antwort auf eine Kritik unüberlegt erfolgen sollte. Natürlich müssen die Antworten im Einklang mit der Firmenphilosophie verfasst werden. Von einer Blogger-Abmahnung ist generell abzuraten. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Blogosphäre auf Abmahnungen sehr empfindlich reagiert.

Der Fall JAKO – wie eine Blogger-Abmahnung zur Reputationskrise des Unternehmens führte

Im Fall der JAKO AG, die den Sport-Blogger Frank Baade (www.trainer-baade.de) für seine Kritik am neuen JAKO-Logo verklagte, bekam das Unternehmen die Reichweite der Blogosphäre zu spüren. Frank Baade nahm die Inhalte aus dem Netz, doch ein paar Monate später wurde er erneut verklagt, da der Nachrichtenaggregator Newstin die Logo-Verunglimpfung erneut dokumentierte. Newsaggregatoren sammeln Inhalte im Netz und veröffentlichen sie erneut, auch wenn die ursprünglichen Beiträge bereits gelöscht wurden. Der Vorwurf des Anwalts gegenüber Baade war für die Blogosphäre nicht rechtens. Es dauerte daher nicht lange, bis sich die gesamte User-Gemeinde über die Vorgehensweise der Anwälte des Sportartikelherstellers mit Beiträgen wie »Wie JAKO anderen Leuten das letzte Trikot auszieht« echauffierte. Über hundert Blogs und Tausende Tweets (Twitter-Nachrichten) berichteten von dem unangemessenen Verhalten des Herstellers. Am Ende musste JAKO aufgrund der vehementen Kritik im Netz einlenken. Viel sinnvoller wäre es gewesen, wenn JAKO das direkte Gespräch mit dem Blogger gesucht hätte, dessen Logo-Kritik gerade einmal 400 User gelesen hatten.

Mit einem eigenen Blog-Beitrag auf Ihrem Firmenblog (wenn Sie bis dahin noch keines besitzen, setzen Sie einfach schnell ein Krisen-Blog auf), der die Fakten und die Sachlage erläutert, sollten Sie ebenfalls auf die Blogger-Kritik reagieren. Das führt dazu, dass Sie mit den Beiträgen auch in Suchmaschinen auftauchen. Zugleich dient es als Grundlage für die Berichterstattung anderer Medien und Blogs.

10.6.3    Netiquette – Kommentarrichtlinien schützen

Beim näheren Betrachten der Blogosphäre und ihrer Netiquette (Kurzform für den englischen Begriff net etiquette, zu Deutsch Netz-Etikette) fällt auf, dass sich bereits Kommentarrichtlinien etabliert haben. Andererseits hat das Unternehmen auch die Möglichkeit, eigene Kommentarrichtlinien bzw. eine eigene Netiquette für das Blog zu definieren.

Natürlich können diese Richtlinien letztendlich nicht verhindern, dass ein User einen unangebrachten Kommentar schreibt oder andere User beschimpft. Sie können aber im Zweifelsfall mit Bezug auf die Netiquette entsprechend reagieren. Mitunter ergreifen sogar andere Leser Partei für das Unternehmen, sodass die Diskussion zum Selbstläufer unter den Markenfans und Markenkritikern wird. Das passiert jedoch nur dann, wenn es sich um eine lebendige Community handelt.