Um drei Uhr morgens hatte Ballard ihre Ermittlungen abgeschlossen und war wieder in der Hollywood Division, wo sie sich in einem Abteil des Detective Bureau an die Arbeit machte. Tagsüber wimmelte es in dem riesigen Raum mit seinen insgesamt 48 Arbeitsplätzen von Detectives, aber nach Mitternacht war er verlassen, und Ballard konnte sich den Schreibtisch aussuchen. Sie entschied sich für einen in der hintersten Ecke, weit fort von den Nebengeräuschen und dem Polizeifunkgebrabbel aus dem Büro des Schichtleiters am Ende des Flurs. Außerhalb der üblichen Dienstzeiten konnte sie hinter dem Computermonitor und der Trennwand des Abteils in Deckung gehen, wie ein Soldat in einem Schützenloch, und dort ungestört ihre Berichte schreiben.

Zuerst erledigte sie den Einbruch, zu dem sie zu Beginn der Schicht gerufen worden war, dann wandte sie sich der Toten zu, die sich an der Badewanne den Kopf angeschlagen hatte. Da noch keine Obduktion vorgenommen worden war, gab sie die Todesursache als »ungeklärt« an. Zu ihrer Absicherung hatte sie einen Tatortfotografen angefordert und alles, die Katze eingeschlossen, dokumentiert. Ihr war klar, dass die Angehörigen der Toten und vielleicht sogar ihre Vorgesetzten möglicherweise Zweifel anmeldeten, wenn sie den Vorfall als Unfalltod einstufte. Aber sie war sicher, dass bei der Obduktion keine Fremdeinwirkung festgestellt und die Todesursache auf einen Unfall zurückgeführt würde.

Ballard hatte allein Dienst. Ihr Partner John Jenkins war wegen eines Todesfalls beurlaubt. Für die Detectives der

Sie schlug in ihrem Notizblock die Seite mit den Einträgen zum zweiten Einsatz dieses Abends auf und öffnete ein Tatverlaufsformular auf ihrem Rechner. Bevor sie sich an die Arbeit machte, neigte sie den Kopf auf die Seite und hielt den Kragen ihrer Bluse an ihre Nase. Sie glaubte, einen schwachen Verwesungsgeruch wahrgenommen zu haben, war aber nicht sicher, ob er sich in ihren Kleidern festgesetzt hatte oder nur in ihrem olfaktorischen Gedächtnis hängen geblieben war. Jedenfalls hieß das, dass sie ihren Hosenanzug in dieser Woche wohl kein zweites Mal würde tragen können. Sie musste ihn in die Reinigung bringen.

Während sie den Kopf an den Kragen ihrer Bluse gesenkt hielt, hörte sie ein metallisches Scheppern, wie es entstand, wenn der Schub eines Aktenschranks geschlossen wurde. Sie schaute über die Trennwand ihres Abteils in den hinteren Teil des Bereitschaftsraums, wo eine lange Reihe vierschübiger Aktenschränke stand. Jedem Ermittlerteam standen zur Archivierung seiner Unterlagen vier Schübe zur Verfügung.

Ballard hatte den Mann, der gerade einen weiteren Schub herauszog, noch nie zuvor gesehen, obwohl sie von den monatlichen Meetings, an denen alle Detectives der Station teilnehmen mussten, jeden Ermittler kannte. Der Fremde, der in den Aktenschränken etwas zu suchen schien, hatte graues Haar und einen Schnurrbart. Ballard konnte spüren, dass er hier nichts zu suchen hatte. Sie schaute sich im Bereitschaftsraum um, ob sonst noch jemand da war. Es war jedoch niemand zu sehen.

Sie hatte die Jacke ihres Hosenanzugs im Kofferraum ihres Dienstwagens gelassen und konnte deshalb sofort an die Glock in ihrem Hüftholster greifen. Sie legte die Hand auf den Griff der Pistole und blieb drei Meter hinter dem Mann stehen.

»Was machen Sie da?«

Der Mann erstarrte. Dann nahm er langsam die Hände aus dem Schub, den er durchsucht hatte, und hielt sie so hoch, dass Ballard sie sehen konnte.

»So ist es gut«, sagte sie. »Und würden Sie mir jetzt vielleicht erklären, wer Sie sind und was Sie hier suchen?«

»Bosch der Name«, sagte der Mann. »Ich wollte mich mit jemand treffen.«

»Aha. Mit jemand, der sich in den Aktenschränken versteckt?«

»Nein, ich habe mal hier gearbeitet. Ich kenne Money vorne. Er hat gesagt, ich könnte im Aufenthaltsraum warten, bis der Officer hier ist. Aber dann habe ich beschlossen, mich ein bisschen umzusehen. Mein Fehler.«

Ballard schaltete einen Gang zurück und nahm die Hand von der Pistole. Der Name Bosch war ihr bekannt, und der Umstand, dass er den Spitznamen des Schichtleiters wusste, trug ebenfalls zur Entspannung der Situation bei. Trotzdem blieb sie misstrauisch.

»Haben Sie den Schlüssel für Ihren alten Aktenschrank behalten?«, fragte sie.

»Nein«, sagte Bosch. »Der hier war nicht abgeschlossen.«

Ballard konnte am Schloss des Schranks sehen, dass er

»Können Sie sich ausweisen?«, fragte sie.

»Klar«, sagte Bosch. »Aber ich bin Polizist und habe eine Pistole an meiner linken Hüfte. Die werden Sie sehen, wenn ich meinen Ausweis raushole. Okay?«

Ballard führte ihre Hand wieder an ihre Hüfte und sagte: »Danke für den Hinweis. Aber wissen Sie was? Vergessen wir den Ausweis erst mal und sichern stattdessen die Waffe. Dann können wir …«

»Da bist du ja, Harry.«

Ballard sah Schichtleiter Lieutenant Munroe in den Bereitschaftsraum kommen. Munroe war ein schmaler Mann, der die Station zwar nur noch selten verließ, die Hände aber immer noch wie beim Streifegehen in Höhe seines Gürtels hielt, an dem er allerdings, weil das Vorschrift war, nur noch die Dienstwaffe trug. Den Rest der sperrigen Ausrüstung für den Streifendienst bewahrte er in einer Schublade seines Schreibtischs auf. Munroe war zwar nicht so alt wie Bosch, aber er hatte einen Schnurrbart, wie er in den siebziger und achtziger Jahren bei Polizisten anscheinend zur Grundausstattung gehört hatte.

Er sah Ballard und deutete ihre Haltung richtig.

»Ballard, was ist los?«

»Er ist einfach hier reingekommen und hat sich Akten angesehen«, sagte Ballard. »Ich wusste nicht, wer er ist.«

»Kein Grund zur Aufregung«, sagte Munroe. »Er ist einer von uns, er war bei der Mordkommission – als wir noch eine hatten.«

Munroe wandte sich Bosch zu.

»Was hast du dir dabei gedacht, Harry?«

Bosch zuckte mit den Achseln.

»Nur in meinem alten Schrank rumgeschnüffelt. Um mir die Zeit zu vertreiben.«

»Klar.« Bosch folgte Munroe auf den Flur hinaus, der zum Büro des Schichtleiters und zum Schreibzimmer führte, in dem Dvorek wartete. Bosch drehte sich im Gehen kurz zu Ballard um und nickte. Ballard schaute ihm bloß hinterher.

Als die beiden Männer weg waren, ging sie zu dem Aktenschub, in den Bosch geschaut hatte. Daran war mit Klebstreifen eine Visitenkarte befestigt, wie das unter den Ermittlern zur Kennzeichnung ihrer Schübe allgemein üblich war.

Detective Cesar Rivera

Hollywood Station

Sexualdelikte

Sie schaute in den Schub. Er war nur halb voll, und die Ordner waren nach vorn gekippt. Das hatte vermutlich Bosch getan, als er sie durchgesehen hatte. Ballard richtete sie wieder gerade und schaute, was auf den Reitern stand. Das waren hauptsächlich die Namen von Opfern und Fallnummern. Auf einigen standen auch die großen Straßen im Revier der Hollywood Division; sie enthielten vermutlich Meldungen über verdächtige Aktivitäten oder Personen.

Sie schloss den Schub und schaute in die zwei darüber, denn sie hatte Bosch mindestens drei Schübe öffnen gehört.

Sie unterschieden sich nicht vom ersten und enthielten Ordner, die vorwiegend nach dem Namen des Opfers, der Kategorie des Sexualdelikts und der Fallnummer angeordnet waren. Als sie im obersten Schub eine aufgebogene Büroklammer liegen sah, nahm sie das Drucktastenschloss in der oberen Ecke des Aktenschranks genauer in

Ballard schloss die Schübe, drückte auf den Knopf des Schlosses und kehrte an den Schreibtisch zurück. Je länger sie über Boschs späten Besuch nachdachte, desto mehr gelangte sie zu der Überzeugung, dass er den Aktenschrank mit der Büroklammer geöffnet hatte und demnach nicht nur ein oberflächliches Interesse am Inhalt seiner Schübe haben konnte. Er hatte keineswegs aus einer nostalgischen Anwandlung heraus in seinen alten Aktenschrank geschaut.

Sie holte ihre Kaffeetasse und ging damit in den Aufenthaltsraum, der wie üblich verlassen war. Sie schenkte sich Kaffee ein und ging ins Büro des Schichtleiters. Lieutenant Munroe saß an seinem Schreibtisch und schaute auf einen Bildschirm mit einer Karte des Reviers, auf der per GPS die Standorte der einzelnen Streifeneinheiten angezeigt wurden. Er hörte Ballard erst, als sie schräg hinter ihm stehen blieb.

»Viel los?«, fragte sie.

»Im Moment nicht.«

Ballard deutete auf eine Gruppe von drei GPS-Markierungen.

»Was ist denn da passiert?«

»Das ist nur der Mariscos-Reyes-Truck. Dort sind gerade drei Einheiten auf Code 7

Die Streifen waren an einem Foodtruck im Sunset, Ecke Western essen. Das erinnerte Ballard daran, dass sie noch keine Pause gemacht hatte und Hunger bekam. Ob sie allerdings Lust auf Seafood hatte, war eine andere Frage.

»Was wollte Bosch eigentlich hier?«

»Mit Relic über eine Leiche reden, die er vor neun Jahren gefunden hat. Anscheinend rollt Bosch einen Fall neu auf.«

»Nein, er ist Reservist beim San Fernando Police Department, oben im Valley.«

»Was kümmert die in San Fernando ein Mord hier unten?«

»Keine Ahnung, Ballard. Hätten Sie lieber ihn gefragt, solange er noch hier war. Jetzt ist er weg.«

»Das war aber ein kurzer Besuch.«

»Weil sich Relic an nichts erinnern konnte.«

»Ist Dvorek noch da?«

Munroe deutete auf die Drei-Streifen-Ansammlung auf dem Bildschirm.

»Er ist auch bereits wieder los, aber im Moment Code 7

»Dann werde ich auch gleich mal hinfahren und mir ein paar Shrimp-Tacos holen. Soll ich Ihnen was mitbringen?«

»Nein, danke. Nehmen Sie ein Funkgerät mit.«

»Alles klar.«

Auf dem Weg zurück ins Detective Bureau ging sie noch mal in den Aufenthaltsraum, wo sie den Kaffee in die Spüle schüttete und die Tasse ausspülte. Dann nahm sie ein Funkgerät aus der Ladestation und ging durch den Hinterausgang zu ihrem Streifenwagen hinaus. Es war, wie in der Mitte ihrer Schicht üblich, spürbar kühler geworden, weshalb sie ihr Jackett aus dem Kofferraum nahm und anzog, bevor sie losfuhr.

Relics Streife stand immer noch neben dem Foodtruck, als Ballard eintraf. Da Dvorek als Sergeant allein in einem Wagen unterwegs war, traf er sich in den Pausen gern mit anderen Streifenpolizisten.

»Sally Ride«, sagte er, als er Ballard die Kreidetafel mit den Gerichten studieren sah.

»Und, Relic, wie steht’s?«, sagte sie.

»Na ja, wieder mal eine Nacht im Paradies zur Hälfte rum.«

Ballard bestellte einen Shrimp-Taco und machte aus einer der Flaschen auf dem Zutatentisch ordentlich scharfe Soße drauf. Dann ging sie zu Dvorek, der am vorderen Kotflügel seines Streifenwagens lehnte. Er hatte fast zu Ende gegessen. Zwei andere Streifenpolizisten hatten ihr Essen auf der Motorhaube ihres Schwarz-Weißen ausgebreitet, den sie vor Relics Wagen geparkt hatten.

Ballard lehnte sich an den Kotflügel neben ihm.

»Was hast du heute?«, fragte Dvorek.

»Shrimps«, sagte Ballard. »Ich bestelle nur Sachen von der Tafel. Dann ist es auf jeden Fall frisch. Sie wissen erst, was es gibt, wenn sie unten am Hafen eingekauft haben.«

»Wer’s glaubt, wird selig.«

»Ich will eben gern selig werden.«

Sie nahm den ersten Bissen von ihrem Taco. Er war gut und hatte keinen fischigen Beigeschmack.

»Nicht übel«, bemerkte sie.

»Ich hatte die Fisch-Tacos«, sagte Dvorek. »Wahrscheinlich ziehen sie mich spätestens dann aus dem Verkehr, wenn sie den unteren Verdauungstrakt erreichen.«

»So genau wollte ich das gar nicht wissen, Sarge. Aber ganz was anderes, was wollte eigentlich dieser Bosch von dir?«

»Hast du ihn noch mitbekommen?«

»Ich habe ihn erwischt, wie er in den Aktenschränken im Detective Bureau rumgeschnüffelt hat.«

»Ja, er weiß nicht mehr weiter. Sucht in einem Fall, an dem er gerade arbeitet, verzweifelt nach Anhaltspunkten.«

»In Hollywood? Arbeitet er zurzeit nicht für das San Fernando Police Department?«

»Schon, aber mit dieser Sache befasst er sich mehr oder weniger privat. Ein Mädchen, das hier vor neun Jahren umgebracht wurde. Ich habe damals die Leiche gefunden, aber

Ballard nahm einen weiteren Bissen von ihrem Taco und nickte. Die nächste Frage stellte sie mit dem Mund voller Krabben und Tortilla.

»Was war das für ein Mädchen?«

»Eine Ausreißerin. Daisy. Sie war fünfzehn, ist aber schon auf den Strich gegangen. Traurige Geschichte das. Ich habe sie ab und zu auf dem Hollywood Boulevard gesehen, oben bei der Western Avenue. Und dann ist sie eines Tages zum Falschen ins Auto gestiegen. Ich habe ihre Leiche in einer Seitenstraße des Cahuenga Boulevard gefunden. Nach einem anonymen Anruf – daran erinnere ich mich noch.«

»War das ihr Straßenname?«

»Nein, so hat sie richtig geheißen. Daisy Clayton.«

»Hat damals Cesar Rivera schon bei Sexualdelikte gearbeitet?«

»Cesar? Keine Ahnung. Das ist jetzt neun Jahre her. Aber möglich ist es schon.«

»Weißt du noch, ob Cesar was mit dem Fall zu tun hatte? Bosch hat nämlich seinen Aktenschrank geknackt.«

Dvorek zuckte mit den Achseln.

»Ich habe die Leiche gefunden und das Ganze gemeldet, Renée. Aber damit hatte es sich. Weiter hatte ich nichts mehr damit zu tun. Ich weiß nur noch, dass sie mich zum Cahuenga vor geschickt haben, damit ich die Straße sperre und niemand reinlasse. Ich war damals erst kurz dabei.«

Streifenpolizisten bekamen für alle fünf Dienstjahre einen Streifen am Ärmel. Vor neun Jahren war Relic noch mehr oder weniger ein Rookie gewesen. Ballard nickte und stellte ihre letzte Frage.

»Hat dich Bosch was gefragt, was ich dich gerade nicht gefragt habe?«

»Ja, aber das hat nicht sie betroffen. Er wollte wissen, ob

»Wer war ihr Freund?«

»Auch ein Ausreißer. Wie er hieß, weiß ich nicht, nur dass sein Graffiti-Tag Addict war. Bosch hat gesagt, dass er Adam Irgendwas hieß. Ich weiß nicht mehr. Aber die Antwort auf seine Frage war Nein, ich habe ihn danach nicht mehr gesehen. Typen wie der tauchen plötzlich auf und sind genauso schnell wieder verschwunden.«

»Waren sie einfach nur zusammen, das übliche Freund-Freundin-Muster?«

»Er hat auch auf sie aufgepasst. Ein Mädchen wie sie, die braucht einen Beschützer. Eine Art Zuhälter praktisch. Sie ist auf den Strich gegangen, und er hat auf sie aufgepasst, und das Geld haben sie sich geteilt. Bloß in dieser Nacht hat er’s wohl versemmelt. Pech für sie.«

Ballard nickte. Vermutlich wollte Bosch mit Adam/Addict reden, weil er am ehesten wusste, mit wem Daisy Clayton zu tun gehabt hatte und wo sie in der letzten Nacht ihres Lebens gewesen war.

Vielleicht war er auch ein Tatverdächtiger.

»Du weißt doch, wer Bosch ist?«, fragte Dvorek.

»Ja«, sagte Ballard. »Er war früher mal bei uns.«

»Weißt du von den Sternen auf dem Gehsteig?«

»Klar.«

Vor dem Eingang waren zu Ehren von Polizisten der Hollywood Station, die im Dienst getötet worden waren, Sterne in den Gehsteig eingelassen.

»Einer von ihnen ist für Lieutenant Harvey Pounds«, fuhr Dvorek fort. »Er war Boschs L.T., als er bei uns war, und er wurde entführt und bekam einen Herzinfarkt, als er in Zusammenhang mit einem Fall, den Bosch hatte, gefoltert wurde.«

Das war Ballard völlig neu.

»Das hängt ganz davon ab, mit wem du redest«, sagte Dvorek. »Angeblich fällt die Sache unter Geklärt-Sonstige, aber in Wirklichkeit ist es ein weiteres ungelöstes Rätsel dieser großen bösen Stadt. Es wurde damals gemunkelt, dass der Typ wegen was gestorben ist, was Bosch getan hat.«

»Geklärt-Sonstige« war eine Bezeichnung für Fälle, die zwar offiziell als abgeschlossen galten, in denen es aber nicht zu einer Festnahme oder Anklage gekommen war. Normalerweise lag das daran, dass der Verdächtige tot war oder wegen einer anderen Straftat eine lebenslange Haftstrafe verbüßte und dass es deshalb den Zeitaufwand, die Kosten und das Risiko nicht lohnte, einen Fall vor Gericht zu bringen, der keine zusätzliche Bestrafung des Täters zur Folge hatte.

»Angeblich ist die Akte unter Verschluss. High Jingo.«

»High Jingo« wurden im Polizeijargon Fälle genannt, in die politische Erwägungen hineinspielten. Fälle, die massive Auswirkungen auf die eine oder andere Karriere haben konnten.

Die Auskünfte über Bosch waren interessant, aber nicht sachdienlich. Bevor Ballard eine Frage einfiel, mit der sie wieder auf den Fall Daisy Clayton zurückkommen konnte, begann Dvoreks Funkgerät zu rauschen, und er nahm eine Durchsage der Zentrale entgegen. Ballard hörte, wie ihn Lieutenant Munroe zur Unterstützung einer Streife zu einem häuslichen Streit in Beachwood Canyon schickte.

»Ich muss los.« Dvorek knüllte die Folie zusammen, in die seine Tacos eingepackt gewesen waren. »Oder willst du mitkommen und mir Rückendeckung geben?«

Das war natürlich nicht ernst gemeint. Relic brauchte keine Unterstützung von einem Late-Show-Detective.

»Wir sehen uns in der Station«, sagte sie. »Außer die Sache läuft aus dem Ruder, und du brauchst tatsächlich einen Detective.«

»Bis dann«, sagte Dvorek.