Ein Kinderfest macht meist sehr viel mehr Arbeit als eine Gesellschaft für Erwachsene. Gutes Essen, diverse Alkoholika, ein paar Flaschen Saft in Reserve – das genügt meist. Es mag mehr kosten, macht aber unendlich weniger Mühe. Darüber waren sich Ariadne Oliver und ihre Freundin Judith Butler einig.

»Und Teenager-Partys?«, fragte Judith.

»Damit habe ich wenig Erfahrung«, sagte Mrs Oliver.

»Im Grunde hat man damit am wenigsten Arbeit«, sagte Judith. »Sie schmeißen uns Erwachsene raus und sagen, sie machen alles allein.«

»Und tun sie das dann auch?«

»Na ja, nicht so, wie wir uns das vorstellen«, sagte Judith. »Die Sachen, die unbedingt nötig sind, vergessen sie, dafür kaufen sie lauter Zeug, das kein Mensch mag. Erst schmeißen sie uns raus, und dann beschweren sie sich, dass wir sie nicht besser versorgt haben. Sie machen einen Haufen Gläser und Geschirr kaputt, und dann ist immer irgendein ungebetener Gast dabei, oder jemand bringt einen unerfreulichen Freund mit.«

»Klingt ja deprimierend«, sagte Mrs Oliver.

»Na, die Gesellschaft heute Abend wird jedenfalls ein Erfolg. Dafür sorgt Rowena Drake schon. Sie ist ein ganz großer Organisator, Sie werden sehen.«

»Legen Sie sich doch eine Stunde hin. Es wird Ihnen bestimmt Spaß machen, wenn Sie erst mal dort sind. Zu dumm, dass Miranda Fieber hat – das arme Kind ist so schrecklich enttäuscht, dass sie nicht hingehen kann.«

Die Kindergesellschaft fing um halb acht an, und Ariadne Oliver musste zugeben, dass ihre Freundin recht hatte. Alle fanden sich pünktlich ein, und das Fest verlief reibungslos und genau wie geplant. Die Treppen waren rot und blau beleuchtet und mit einer Unzahl gelber Kürbisse dekoriert. Die Mädchen und Jungen brachten geschmückte Besenstiele für einen Wettbewerb mit. Nach der Begrüßung gab Rowena Drake das Programm für den Abend bekannt. »Zuerst werden die Besenstiele begutachtet«, sagte sie. »Es gibt drei Preise. Dann gehen wir zum Mehlschneiden in den kleinen Wintergarten. Dann kommt Apfelschnappen – dort drüben hängt eine Partnerliste an der Wand –, und dann wird getanzt. Jedes Mal, wenn das Licht ausgeht, müssen die Partner ausgetauscht werden. Dann gehen die Mädchen in die kleine Bibliothek zum Spiegelgucken. Danach gibt’s Abendbrot, die Preisverteilung und zum Schluss den Feuerdrachen.«

Wie die meisten Partys kam auch diese zuerst nur schwer in Gang. Die Besen, meist kleine Puppenbesen, wurden bewundert, obgleich keine der Dekorationen mehr als bescheidenes Mittelmaß erreichte … »Was die ganze Sache sehr vereinfacht«, sagte Mrs Drake leise zu einer Freundin. »Das Ganze ist überhaupt sehr nützlich, denn es gibt immer ein oder zwei Kinder, von denen man genau weiß, dass sie bei keinem der anderen Spiele einen Preis gewinnen, und hier kann man dann ein bisschen schummeln.«

»Wie skrupellos, Rowena!«

»Was ist denn Mehlschneiden?«, fragte Mrs Oliver.

»Man füllt ein Wasserglas mit Mehl, presst es fest hinein, stürzt es auf ein Brett und legt ein Geldstück obendrauf. Dann muss jeder ganz vorsichtig eine Scheibe davon abschneiden, ohne dass die Münze hinunterfällt. Der, bei dem sie fällt, scheidet aus. Wer übrig bleibt, bekommt das Geldstück. So, und jetzt los.«

Und es ging los. Aufgeregtes Quietschen schallte aus der Bibliothek, in der Apfelschnappen gespielt wurde, und die Wettkämpfer kehrten mit nassen Haaren und in generell angefeuchtetem Zustand zurück.

Das größte Ereignis – jedenfalls für die Mädchen – war die Ankunft der Hexe, die von Mrs Goodbody, einer Putzfrau aus dem Ort, gespielt wurde. Mrs Goodbody hatte nicht nur die unerlässliche Hakennase und das der Nasenspitze entgegenstrebende Kinn, sondern konnte auch mit unheimlicher Singsangstimme sprechen und magische Knittelverse erfinden, etwa dieser Art:

»Abrakadabra, was sehen wir heut? Den Mann im Spiegel, der Beatrice freit. Blick in den Spiegel, Beatrice fein, der, den du dort siehst, wird dein Mann einst sein.«

Von einer hinter einem Wandschirm verborgenen Leiter aus wurde ein starker Lichtstrahl auf genau den Fleck an der Wand geworfen, der in dem Spiegel zu sehen war, den Beatrice aufgeregt festhielt.

»Oh!«, rief Beatrice. »Ich hab ihn gesehen. Ich hab ihn gesehen! Ich kann ihn im Spiegel sehen!«

Der Lichtstrahl verlosch, das Licht ging wieder an, und ein farbiges Foto flatterte von der Decke herab. Beatrice hüpfte aufgeregt herum.

Sie rannte zu Mrs Oliver, die am nächsten stand.

»Sehen Sie doch, sehen Sie doch bitte. Finden Sie ihn nicht toll? Er sieht wie Eddie Presweight aus, wie der Popstar. Finden Sie nicht?«

Mrs Oliver gab zu, dass er Ähnlichkeit mit einem der Gesichter hatte, die sie zu ihrem Leidwesen jeden Morgen in ihrer Zeitung vorfand. Der Bart, fand sie, war ein genialer Einfall.

»Woher kommen denn all diese Fotografien?«, fragte sie Judith.

»Nicky hat sie für Rowena gemacht. Sein Freund Desmond half ihm dabei. Er beschäftigt sich viel mit Fotografieren und experimentiert herum. Er und zwei Freunde haben sich zurechtgemacht, mit Perücken und angeklebten Koteletten und Bärten. Das Ganze mit Gegenlicht fotografiert, und die Mädchen überschlagen sich vor Entzücken.«

»Ich kann mir nicht helfen«, sagte Ariadne Oliver, »aber heutzutage scheinen die Mädchen wirklich albern zu sein.«

»Meinen Sie nicht, dass das immer so war?«, fragte Rowena Drake.

Mrs Oliver nickte. »Sie haben wohl recht.«

»So, Kinder«, rief Mrs Drake, »Abendbrot!«

Das Essen war ein großer Erfolg. Es gab Cremetorten, scharf gewürzte Häppchen, Krabben, Käse und Konfekt. Alles stopfte sich begeistert voll.

»Und jetzt«, sagte Rowena, »der Abschluss des Abends. Feuerdrachen. Geht alle mal da rüber, durch die Küche. So, und nun die Preisverteilung.«

Die Preise wurden verteilt, und dann erklang ein lautes Heulen. Die Kinder stürmten durch die Halle zurück ins

»Es war ein großer Erfolg«, sagte Rowena.

»Das sollte es aber auch sein nach all der Mühe, die Sie sich gemacht haben.«

»Es war sehr schön«, sagte Judith leise. »Und jetzt«, fügte sie seufzend hinzu, »müssen wir ein bisschen aufräumen. Wir können nicht alles den armen Putzfrauen überlassen.«