31. KAPITEL
LANDON
»Dieses Bett ist einfach nicht für zwei gemacht«, sagte Skylar, als wir in meiner unteren Koje auf der Seite lagen, sie mit dem Rücken zu mir.
»Es ist nicht mal für einen allein gemacht«, antwortete ich. Ich vergrub das Gesicht an ihrem Nacken, und sie kicherte.
Der Klang ihrer Stimme hüllte mich ein, und ich zog sie enger an mich, denn ich wollte die Vibration ihres Lachens tief in meinem Bauch spüren. Nie zuvor war ich auf diese Art mit einer Frau zusammen gewesen – voll bekleidet, aber eng aneinandergeschmiegt in dem Wissen, dass weiter nichts passieren würde. Wir waren beide dort, um die Wärme und die behagliche Gegenwart des anderen zu genießen.
Ich konnte mich nicht erinnern, dass ich je zuvor so verdammt zufrieden gewesen war. Es war, als hätte Skylar meine DNA herausgeholt, sie mit einem ihrer Poliertücher bearbeitet und meine biologische Konstruktion unwiderruflich verändert. Würde am Ende des Sommers alles wieder sein wie vorher? Würde mir diese … Nähe fehlen?
»Woran denkst du?«, fragte sie und streichelte meine Hand, mit der ich ihre Taille umfasst hielt.
»An gar nichts.« An dich
, aber das sagte ich nicht.
»Erzähl mir etwas über dich, was ich nicht weiß«, bat sie mich
.
Ich atmete durch und wünschte, ich könnte ihr sagen, warum ich auf dem Schiff war. »Weihnachten ist meine liebste Jahreszeit.«
Sie drehte sich in meinen Armen abrupt um und blickte mir ins Gesicht. »Tatsächlich? Wie … gefühlvoll von dir. Das sind die Feiertage, die ich am wenigsten mag«, sagte sie.
Ich fragte sie nicht nach dem Grund. Weihnachten ohne Eltern musste hart sein. Und Weihnachten in einem Kinderheim? Das konnte ich mir nicht einmal vorstellen. »Ich mag sogar diesen Song von Mariah Carey. Zähen Truthahn, unechten Schnee, geschmacklose Pullover. Das ganze Paket.«
»Mariah Carey? Im Ernst? Zu meiner Stimmung um diese Zeit passt wesentlich besser das Lied von The Pogues, ›Fairytale of New York‹.«
»Ich glaube, ich kann dafür sorgen, dass du deine Meinung änderst. Weihnachten in London ist großartig.«
Mist.
Hatte ich gerade angedeutet, dass sie Weihnachten nach London kommen sollte? Denn das hatte ich überhaupt nicht gemeint. Ich fragte mich zwar, ob ich sie nach unserem gemeinsamen Sommer vermissen würde, aber das hieß nicht, dass ich sie nach London einladen wollte.
Es folgte eine Sekunde Schweigen, dann sagte sie: »Ich war noch nie dort. Um die Zeit ist die Karibiksaison in vollem Gang, und da ist Weihnachten wie jeder andere Tag auch – wir servieren Drinks und machen die Betten.«
Wünschte sie sich denn niemals eine Pause von alldem? Ich
wünschte mir, dass sie sich weit weg davon gründlich ausruhte. Ich musste mich zusammenreißen. Es ging mich absolut nichts an, und dennoch wollte ich dafür sorgen, dass Skylar ein besseres Leben führen konnte. Beim SAS der Army hatten wir immer versucht, die Dinge für Fremde, manchmal für ganze Nationen, zum Besseren zu wenden. Als Inhaber einer Firma für
Private Security wurde ich bezahlt, damit ich Ergebnisse erzielte. Und nun lag ich hier und wollte Skylar helfen – ich wollte ihr helfen, ein glückliches Leben zu führen. Ein Leben, in dem sie sich keine Gedanken darüber machen musste, ob sie etwas im Magen und ein Dach über dem Kopf haben würde. »Steht das als Nächstes auf deinem Plan? In die Karibik fahren?«
Sie zögerte, ehe sie etwas sagte, und ich fragte mich, ob ihr nichts einfiel oder ob sie überlegte, was sie mir erzählen sollte. »Ja, vermutlich.«
»Vermutlich?«
»Ich habe bereits ein Flugticket, falls es das ist, was du meinst.«
Nein, das meinte ich nicht. Ich hatte gehofft, dass sie über unser Gespräch am Strand nachgedacht und sich überlegt hatte, was sie mit ihrem Leben sonst noch anstellen konnte, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für dieses Thema. In zehn Minuten war die Pause zu Ende, und wir würden wieder an unseren jeweiligen Arbeitsplatz gehen. Ich wollte sie nicht unnötig beunruhigen. »Okay, jetzt weißt du, dass mein heimliches Vergnügen Weihnachten heißt. Und was ist deins?«, fragte ich.
Sie entspannte sich in meinen Armen, und ich konnte sie beinahe denken hören. Nach einer Weile verkündete sie: »Céline Dion.«
Ich lachte leise. »Das hat aber ganz schön lange gedauert. Nimmst du mich etwa auf den Arm? Ist das eine Art spezieller Verhörtechnik, die ich noch nicht kenne?«
»Hey! Ich kritisiere dich auch nicht dafür, dass du auf Weihnachten und Mariah Carey stehst«, sagte sie.
»Mariah hat dieses Weihnachtslied selbst geschrieben, und es ist ein Klassiker!«, sagte ich, drehte Skylar auf den Rücken und setzte mich auf sie
.
»Aber Céline ist der Wahnsinn! Sie hat die beste Stimme im ganzen Showgeschäft«, sagte sie, als ich mich vorbeugte und ihr einen Kuss auf den Hals gab.
»Was gibt es sonst noch, was ich nicht über dich weiß?«, fragte ich. Wenn ich die gesamte nächste Woche hierbleiben und mir anhören könnte, was Skylar zu allen möglichen Themen zu sagen hatte, würde es die beste Woche meines Lebens werden, dessen war ich mir ziemlich sicher.
»Hm. Schlittschuhlaufen. Das wollte ich immer schon mal ausprobieren.«
»Hast du es noch nie gemacht?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin mir fast sicher, dass ich furchtbar schlecht darin wäre. Aber ich würde es gern herausfinden.«
»Vielleicht hilft es ja, wenn du beim Schlittschuhlaufen Céline Dion hörst.«
»Tja, wer weiß?«, sagte sie und blickte lächelnd zu mir auf. »Warst du schon mal eislaufen?«
»Ja«, sagte ich. Meine Eltern waren jedes Jahr an den Feiertagen mit Hayden und mir in London beim Schlittschuhlaufen, aber das würde ich Skylar nicht unter die Nase reiben. »Ist schon Jahre her, aber um die Weihnachtszeit gibt es in London und Umgebung einige vorübergehend aufgebaute Eisbahnen. Also ja, ich habe es ein paarmal gemacht.«
»Du versuchst mir schon wieder einzureden, dass Weihnachten großartig ist, stimmt’s?«
Ich lachte. »Das würde ich niemals wagen.«
»Wenn einer das schafft, dann du«, sagte sie und drehte sich wieder um, sodass sie an meine Brust geschmiegt dalag.
Es verschlug mir den Atem. Für jemanden, der so zynisch und abgebrüht war, verstand sie es hervorragend, einem Mann das Gefühl zu geben, dass er etwas ganz Besonderes war.