EINLEITUNG

Die Viren kommen in immer neuen Wellen. Das Klima erwärmt sich weiter. Die Erde verwildert zusehends. Lange haben wir geglaubt, wir könnten die Natur zwingen, sich an unsere Spezies anzupassen, doch heute bleibt uns nichts anderes übrig, als uns an die unberechenbare Natur anzupassen. Wir haben keine Bedienungsanleitung für das Chaos, das sich um uns herum offenbart.

Wir sind die jüngste Säugetierart der Erde mit einer Geschichte von nur 200 000 Jahren. Die meiste Zeit – mehr als 95 Prozent – haben wir ähnlich wie unsere Mitprimaten und -säugetiere jagend und sammelnd von den Gaben der Erde gelebt, wir haben uns an die Jahreszeiten angepasst und nur einen flüchtigen Fußabdruck hinterlassen.1 Was hat sich geändert? Wie wurden wir zu den Ausbeutern, die die Natur beinahe in die Knie gezwungen haben, nur damit sie sich heute aufbäumt, um uns abzuschütteln? Treten wir einen Schritt zurück und betrachten die inzwischen abgegriffene Geschichte von der Sonderstellung des Menschen. Während der finstersten Phase der Französischen Revolution im Jahr 1794 entwarf der Philosoph Nicolas de Condorcet seine große Zukunftsvision, während er auf die Guillotine wartete. Er schrieb:

Die Natur hat der Vervollkommnung der menschlichen Fähigkeiten keine Grenzen gesetzt. Die Vervollkommnungsfähigkeit des Menschen ist wahrhaft grenzenlos, und der Fortschritt dieser Vervollkommnungsfähigkeit hat keine Grenze als die Lebensdauer des Planeten, auf den uns die Natur geworfen hat.2

Condorcets Prophezeiung lieferte die ontologische Grundlage für das, was später als »Zeitalter des Fortschritts« bezeichnet werden sollte. Heute erscheint uns Condorcets Menschenbild naiv oder gar lächerlich. Doch der Fortschritt ist nur die jüngste Ausformung der uralten Überzeugung, dass wir Menschen aus anderem Holz geschnitzt sind als alle anderen Lebewesen, mit denen wir den Planeten teilen. Wir gestehen uns zwar widerwillig ein, dass der Homo sapiens aus dem gemeinsamen Quell des Lebens entspringt, der bis zu den Regungen der ersten Mikroben zurückreicht, aber wir halten uns trotzdem gern für eine Ausnahme.

Während der Moderne haben wir Gott weitgehend hinter uns gelassen, und dennoch glauben wir an seine Zusage an Adam und Eva, sie und ihre Nachfahren sollten »herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.«3 Auch ohne seine religiöse Dimension haben wir dieses Versprechen ernst genommen und damit unsere Ökosysteme in den ökologischen Kollaps geführt.

Doch allmählich sehen wir ein, dass uns die Erde niemals untertan war, und dass die Akteure der Natur deutlich mächtiger sind als wir dachten, während die Menschheit im großen Bild des Lebens auf dieser Erde immer kleiner und unbedeutender erscheint. Nun bekommen wir es mit der Angst zu tun. Wir öffnen die Augen für die schmerzliche Realität, dass wir als Spezies ein furchtbares Gemetzel auf unserer Erde anrichten – Überschwemmungen, Dürren, Waldbrände und Wirbelstürme, die in aller Welt Schneisen der Verwüstung hinterlassen und Ökosysteme zerstören. Wir spüren, dass diese Naturgewalten größer sind als wir, dass sie sich nicht mit herkömmlichen Rezepten bekämpfen lassen, und dass sie bleiben werden, mit bedrohlichen Folgen. Wir erkennen allmählich, dass wir und unsere Mitgeschöpfe auf einen Abgrund zusteuern, von dem es kein Zurück mehr gibt.

Die Warnung, dass der von Menschen gemachte Klimawandel das sechste Massensterben auf unserem Planeten verschuldet, ist inzwischen auch im politischen Mainstream angekommen. Überall schrillen die Alarmglocken. Führungskräfte aus Politik, Wirtschaft, Finanzen und Wissenschaft sowie die gesamte Öffentlichkeit hinterfragen die Glaubenssätze, nach denen wir unser Leben ausgerichtet, uns den Sinn unserer Existenz erklärt und unsere Lebenswirklichkeit verstanden haben.

Das Zeitalter des Fortschritts ist tot und wartet nur noch auf seine Obduktion. Schon werden allenthalben Forderungen lauter, dass wir – die Menschheit – alles überdenken müssen: unser Verständnis von der Welt, unsere Art zu wirtschaften, unsere politische Ordnung, unseren Platz in Raum und Zeit, unser gesamtes Handeln und unser Verhältnis zu unserem Planeten.

Doch bislang ist unser Denken bestenfalls unausgereift und schlimmstenfalls vernebelt. Was bedeutet es, unsere gesamte Existenz zu überdenken? Wir haben eine gewisse Ahnung. Immer und überall geht es darum, wie wir uns am besten an das drohende Chaos »anpassen« können. Wir hören diese Frage zu Hause am Küchentisch genauso wie am Arbeitsplatz, in der Freizeit und im Alltag.

»Resilienz« oder Widerstandsfähigkeit ist dabei ein Schlagwort, auf das wir immer wieder stoßen. Mit diesem Begriff definieren wir uns angesichts der bedrohlichen Zukunft, die inzwischen vor der Tür steht. Das Zeitalter des Fortschritts ist zu Ende und das Zeitalter der Resilienz bricht an. Alles, was wir zu wissen meinten, was wir glaubten und auf das wir uns verlassen haben, gilt nicht mehr. Wir stehen am Beginn einer neuen Reise, auf der wir neu über unsere Spezies und ihren Platz auf der Erde nachdenken müssen und die Natur unsere Schule ist.

Der Übergang vom Zeitalter des Fortschritts zum Zeitalter der Resilienz bewirkt schon heute ein philosophisches und psychologisches Umdenken und einen Einstellungswandel. Es handelt sich um einen Umbruch, der die vollständige Neuausrichtung unserer Verortung in Raum und Zeit verlangt.

»Effizienz« bestimmte die zeitliche Orientierung der Menschheit während des gesamten Zeitalters des Fortschritts. Bei dem Projekt der Effizienz geht es darum, die Gewinnung, Nutzung und Entsorgung natürlicher Ressourcen zu optimieren und damit den materiellen Reichtum der Gesellschaft immer schneller zu vergrößern, und zwar auf Kosten einer Ausbeutung der Natur. Das Gebot der Effizienz gibt den Takt unseres Alltags und unserer Gesellschaft vor. Dieses Gebot hat uns erst zur beherrschenden Spezies auf der Erde gemacht und dann die Natur in den Ruin gestürzt.

In letzter Zeit werden in der Wissenschaft, in Vorstandsetagen und in der Politik Stimmen laut, die die einst unantastbare Effizienz infrage stellen und andeuten, dass sie uns mit dem eisernen Griff, mit dem sie die gesamte Gesellschaft gepackt hält, buchstäblich erdrosselt. Wie sollen wir also die Zukunft neu denken?

Wenn im Zeitalter des Fortschritts die Effizienz den Takt vorgab, dann ist es im Zeitalter der Resilienz die Anpassungsfähigkeit. Die Umorientierung von der Effizienz zur Anpassungsfähigkeit ist die Voraussetzung, um unsere Entfremdung von der Erde zu überwinden und uns in die Vielzahl der irdischen Akteure einzugliedern – eine Neuorientierung menschlichen Handelns auf einem zunehmend unberechenbaren Planeten.

Diese Neuausrichtung beeinflusst schon jetzt unsere althergebrachten Vorstellungen davon, wie wir unser wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben zu führen, zu messen und zu bewerten haben. Der Übergang von der Effizienz zur Anpassungsfähigkeit geht mit umfassenden Umwälzungen in Wirtschaft und Gesellschaft einher, etwa der Verschiebung von Produktivität zu Erneuerbarkeit, von Wachstum zu Wohlstand, von Eigentum zu Zugang, von Märkten mit Käufern und Verkäufern zu Netzwerken mit Anbietern und Nutzern, von linearen Prozessen zu kybernetischen Prozessen, von vertikaler zu lateraler Integration, von zentralisierten zu dezentralen Wertschöpfungsketten, von Unternehmenskonglomeraten zu agilen, hoch technisierten kleinen und mittelgroßen Genossenschaften, verlinkt in variablen Gemeingütern, von geistigem Eigentum zu Open Source, von Nullsummenspielen zu Netzwerkeffekten, von der Globalisierung zur Glokalisierung, vom Konsumismus zu Ökosystemdienstleistungen, vom Bruttoinlandsprodukt zu Indikatoren der Lebensqualität, von negativen externen Effekten zur Kreislaufwirtschaft, von der Geopolitik zur Biosphärenpolitik.

Die nun anbrechende dritte industrielle Revolution führt uns von der analogen Bürokratie zu digitalen Plattformen, sie bettet die Menschheit wieder ein in die ureigene Infrastruktur unseres Planeten – die irdischen Sphären – und markiert das Ende des Industriezeitalters. Mit dem anbrechenden Zeitalter der Resilienz wird ab der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts ein neues Wirtschaftsparadigma aufkommen, und das Finanzkapital – das Herz des Industriezeitalters – wird durch eine neue Wirtschaftsordnung auf der Grundlage des »ökologischen Kapitals« ersetzt.

Diese zeitliche Umorientierung geht Hand in Hand mit einer grundlegenden räumlichen Umorientierung, die bereits in einem veränderten Umgang mit dem Raum spürbar wird. Im Zeitalter des Fortschritts war Raum gleichbedeutend mit passiven natürlichen Ressourcen und Führung mit der Verwaltung der Natur als Eigentum. Im Zeitalter der Resilienz besteht der Raum aus den Lebenssphären der Erde – der Hydrosphäre, der Lithosphäre, der Atmosphäre und der Biosphäre –, die sich gemeinsam zu den Mustern und Strömen einer dynamischen Erde fügen.

Wir beginnen allmählich zu verstehen, dass auch wir selbst, genau wie unsere Mitlebewesen, nichts anderes als Prozesse, Muster und Ströme sind. Eine neue Generation von Physikern, Chemikern und Biologen stellt die lange vertretene Annahme infrage, dass wir als autonome Wesen aufeinander und auf die Natur wirken. Sie zeichnen eine ganz andere Geschichte des Menschen und hinterfragen dabei den alten Glauben an unser autonomes Selbst.

Jedes einzelne Lebewesen ist ein Fortsatz der irdischen Lebenssphären. Die Elemente, Mineralien und Nährstoffe der Lithosphäre, das Wasser der Hydrosphäre und der Sauerstoff der Atmosphäre zirkulieren unentwegt in Form von Atomen und Molekülen durch unseren Körper, sie fügen sich nach den Bauplänen der DNA zu unseren Zellen, Geweben und Organen und werden im Laufe unseres Lebens fortwährend ausgetauscht. Die meisten Gewebe und Organe unseres Körpers befinden sich unentwegt im Fluss. Unser Skelett wird etwa alle zehn Jahre fast vollständig ausgetauscht. Unsere Leber wird etwa alle 300 bis 500 Tage ersetzt, die Zellen der Magenschleimhaut alle fünf Tage und die Paneth-Zellen des Darms alle zwanzig Tage.4 Rein physikalisch betrachtet ist ein Erwachsener zehn Jahre alt oder jünger.5 Aber unser Körper gehört nicht nur uns allein, sondern wir teilen ihn mit zahlreichen Lebensformen – Bakterien, Viren, Protisten, Archaeen und Pilzen. Mehr als die Hälfte der Zellen in unserem Körper und ein großer Teil der DNA, die uns zu Menschen machen, sind gar nicht menschlich, sondern gehören anderen Lebewesen, die in jedem Winkel unseres Körpers leben. Die Spezies und Ökosysteme der Erde enden also nicht vor unserem Körper, sondern strömen in jedem Moment durch uns hindurch. Jeder von uns ist eine halbdurchlässige Membran. Wir sind buchstäblich Teil des Planeten, und diese Tatsache sprengt die liebgewonnene Idee vom Menschen, der sich über die Natur erhebt.

Wir sind also untrennbar in die natürlichen Ströme eingebettet, und das geht sogar noch weiter. Wie jede andere Spezies bestehen auch wir aus einer Vielzahl biologischer Uhren, die fortwährend unsere inneren Rhythmen an den Tag-und-Nacht-Zyklus sowie die Jahreszeiten anpassen, die mit der Drehung der Erde und ihrem Lauf um die Sonne zusammenhängen. Neuerdings erkennen wir auch, dass endogene und exogene elektromagnetische Felder nicht nur auf den Planeten wirken, sondern auch auf jede Zelle, jedes Organ und jedes Gen und auf diese Weise eine wichtige Rolle bei der Abstimmung und dem Erhalt unserer körperlichen Funktionen spielen.

Wir sind irdische Wesen, und zwar mit jeder Faser unseres Seins. Unser neues Verständnis unseres Daseins im Raum zwingt uns auch zu einer Neubewertung unserer eigenen Natur, unserer Beziehung zu unseren Mitlebewesen und unseres Platzes auf der Erde.

Diese Neubewertung des Wesens der Natur geht Hand in Hand mit neuen Vorstellungen von gesellschaftlicher Organisation und Führung und einem neuen Selbstverständnis als sozialer Organismus. Im Zeitalter der Resilienz wandelt sich politische Steuerung von der Verfügung über natürliche Ressourcen zum Schutz bioregionaler Ökosysteme. Die bioregionale Steuerung wird wiederum dezentral auf regionale Gemeinschaften verteilt, die die Verantwortung für die Anpassung an und Verwaltung der Biosphäre aus Litho-, Hydro- und Atmosphäre übernehmen.

In dieser neuen Welt, in der wir die Grenzen zwischen Natur und Kultur einreißen, ist die parlamentarische Demokratie, die einst als gerechtestes und umfassendstes Herrschaftssystem galt, zunehmend abgehoben und weit entfernt vom zupackenden Umgang mit der Natur. Schon heute weicht die »repräsentative Demokratie« hier und da einer »verteilten Peerocracy«,6 nun, da sich eine jüngere Generation aktiv in die Verwaltung ihrer jeweiligen Bioregionen einbringt.

Im nun anbrechenden Zeitalter werden die Bürger von fleißigen und effizienten Zuschauern der Politik – deren Verantwortung sich darin erschöpft, einen Klüngel von Politikern zu wählen, die ihre Interessen vertreten sollen – zu aktiven Mitwirkenden, die Verantwortung für ihre Bioregion übernehmen. Vorbild für solche Bürgergremien sind die Schöffengerichte, in denen Bürger über Schuld und Unschuld von Mitbürgern entscheiden.

Das sind nur einige wenige der Veränderungen, die sich heute abzeichnen, wenn die Menschheit nun die historische Kehrtwende vom Zeitalter des Fortschritts zum Zeitalter der Resilienz in Angriff nimmt. Weitere werden folgen, wenn wir unsere Handlungsspielräume neu definieren, während sich unser Planet auf unfassbare Weise weiterentwickelt und wir uns anpassen müssen, um zu überleben und zu neuer Blüte zu gelangen.

Dieses Buch ist eine Art Rundgang, auf dem wir uns ansehen, wie weit wir gekommen sind, seit Adam und Eva den aufrechten Gang erlernten, das Rift Valley in Afrika verließen, sich in die Savanne hinauswagten und von dort aus über alle Kontinente zogen.

Der Mensch ist der große Suchende, wobei wir seit jeher mehr vom Leben wollen als das tägliche Überleben. Das wäre nicht genug als Erklärung für die innere Unruhe, die uns schon seit dem ersten Atemzug unserer urzeitlichen Vorfahren antreibt. In uns brodelt und wühlt etwas anderes – ein Gefühl, das kein anderes Lebewesen kennt. Ob wir es uns eingestehen oder nicht, wir sind unermüdlich auf der Suche nach dem Sinn unseres Daseins. Diese Frage begleitet uns in jedem Moment und mit jedem Atemzug, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht. Sie ist es, die uns antreibt.

Doch irgendwann sind wir vom Kurs abgekommen. Lange Zeit haben wir Wege gefunden, uns den Zwängen der Natur anzupassen, genau wie unsere Verwandten in unserer evolutionären Großfamilie. Doch vor etwa zehntausend Jahren, mit dem Ende der letzten Eiszeit und dem Anbruch eines gemäßigten Zeitalters, des Holozäns, haben wir uns zum Prometheus aufgeschwungen und die Natur gezwungen, sich an uns anzupassen. Mit dem Aufstieg der großen landwirtschaftlichen Imperien vor fünf Jahrtausenden sowie der vorindustriellen und industriellen Revolution des Spätmittelalters und der Moderne – was wir als Zivilisation bezeichnen – steht immer mehr die Herrschaft über die Natur im Mittelpunkt. Unser Erfolg – wenn man das so nennen möchte – lässt sich in einer beängstigenden Zahl ausdrücken: Der Homo sapiens macht zwar weniger als 0,5 Prozent der gesamten Biomasse der Erde aus, doch wir verbrauchen ein Viertel der Nettoprimärproduktion aus der Photosynthese. Dieser Anteil könnte nach derzeitigem Kenntnisstand in den nächsten 30 Jahren sogar noch bis auf 44 Prozent steigen. Damit bliebe dem übrigen Leben auf dem Planeten nur noch wenig mehr als die Hälfte der Nettoprimärproduktion.7 Das ist ganz offensichtlich nicht nachhaltig und tragbar. Die Menschheit ist der Ausreißer des Lebens, und im beginnenden Anthropozän stürzen wir nicht nur uns selbst, sondern auch unsere Mitlebewesen in ein geologisches Massengrab.8

Im Gegensatz zu allen anderen Spezies haben wir allerdings zwei Gesichter. Wir sind Zerstörer, aber wir könnten auch Heiler sein. In die Schaltkreise unseres Gehirns ist mit der Empathie eine besondere Fähigkeit eingebaut, die sich als elastisch und geradezu unendlich erweiterbar erwiesen hat. Diese seltene und kostbare Fähigkeit hat sich schrittweise entwickelt, ging teils wieder verloren, nur um wieder zurückzukehren und dabei immer neue Höhen zu erklimmen. In den letzten Jahren hat eine jüngere Generation diese Empathie über unsere Spezies hinaus auf unsere Mitlebewesen ausgeweitet. Biologen sprechen von Biophilie – ein Zeichen der Hoffnung für einen neuen Weg in die Zukunft.

Anthropologen sagen uns, dass der Mensch das anpassungsfähigste Lebewesen ist. Es ist nun die Frage, ob es uns gelingt, mithilfe dieser prägenden Fähigkeit in den Schoß der Natur zurückzukehren und dabei die Bescheidenheit, Achtsamkeit und Kritikfähigkeit aufzubringen, die nötig sind, um unsere Spezies und unsere biologische Großfamilie zu neuer Blüte zu führen. Um die große Kehrtwende von der Anpassung der Natur an die menschlichen Bedürfnisse zur Anpassung der Menschheit an die Natur zu schaffen, ist eine Abkehr vom traditionellen Verständnis der Wissenschaft nötig, das bis auf den englischen Philosophen Francis Bacon zurückgeht; ein Verständnis, das der Natur ihre Geheimnisse zu entreißen sucht und die Erde als Rohstoff und Ware für die ausschließliche Nutzung durch den Menschen betrachtet. An dessen Stelle muss ein radikal neues Paradigma treten – das Denken in komplexen adaptiven Systemen (KAS). Dieser neue Ansatz begreift die Natur nicht als Rohstoff-, sondern als Lebensquelle und die Erde als komplexes, sich selbst organisierendes System. Weil sich ein solches nicht vorausberechnen lässt, benötigen wir eine Wissenschaft, die sich auf Prognose und aufmerksame Anpassung verlegt und keine, die einen konkreten Kurs erzwingen will.

Der verwildernde Planet wird unseren kollektiven Mut auf die Probe stellen. Bleibt zu hoffen, dass uns der Weg, den wir im Zeitalter der Resilienz einschlagen, in einen neuen Garten Eden führt – nur diesmal nicht als Herrscher, sondern als Gleichgesinnte unserer Mitlebewesen, mit denen wir unsere irdische Heimat teilen.