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C ooper folgte den Spuren hinaus in die Wüste. Der starke Wind umhüllte ihn mit einem wehenden Schleier aus Sand und knirschendem Staub. Das Halstuch schützte seinen Mund vor dem Schlimmsten, aber seine Augen waren schutzlos. Er zog den Kopf ein und konzentrierte sich darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Mit jeder Minute wurde das Gewehr schwerer, aber er hielt es fest umklammert und ignorierte die Strapazen, während er weiterstapfte. Im Kopf sah er die Bilder von Habibs Ende, wie er sie im Video gesehen hatte; er erinnerte sich an die Hoffnungslosigkeit in dessen Blick und die Resignation in der Einsicht, dass das, was als Nächstes kommen würde, nicht schlimmer sein konnte als das, was schon vorausgegangen war. Er sah Aziz’ Gesicht und die Art, wie er auf der Konferenz mit ihm gesprochen hatte. Da war ein Selbstbewusstsein, das weit über Großmäuligkeit hinausging. Seine Arbeit war so lange ohne Konsequenzen geblieben, dass er sich einbildete, er könne ungestraft tun, was er wollte, wann er es wollte und mit wem er es wollte.

Damit wäre es heute zu Ende.

Es ging langsam bergauf. Coopers Füße rutschten auf dem lockeren Schiefergeröll aus; der Wind schlug ihm ins Gesicht und scheuerte an seiner Haut.

Die Fußspuren führten weiter bergab. Cooper folgte ihnen und hatte Mühe, auf dem tückischen Gelände das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Er lehnte sich zurück und wäre fast ausgerutscht; er fing sich gerade noch rechtzeitig. Der Sturm hatte zugenommen, und die Sandschleier waren fast undurchdringlich. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Augen zu schließen. Er versuchte, sich gegen den Wind zu stemmen, aber er wurde schwach, und der Sturm war hungrig und stark. Cooper taumelte nach rechts, sein Knöchel stieß irgendwo an, und er stolperte und fiel schwer auf die Seite.

Das Gewehr rutschte ihm aus der Hand. Er tastete danach, seine Finger bohrten sich in den Sand, aber er fand es nicht. Stattdessen berührte er etwas Hartes. Blinzelnd schob er das Gesicht näher heran und sah, dass es ein Schuh war, und darüber ein Knöchel und eine Wade. Das Bein bewegte sich ein wenig, und der Sand rutschte herunter. Er sah, dass es Aziz war. Er lag auf dem Rücken und hatte einen Arm quer über das Gesicht gelegt, um den Sand fernzuhalten.

Cooper kroch vorwärts und setzte sich rittlings auf den Mann.

Aziz sträubte sich, aber er war schwächer als Cooper. Er drehte den Kopf zur Seite, und man sah blutige Wunden an seinem Hals. Cooper erkannte eine Reihe von Einstichen, aus denen Blut lief. Aischa hatte gesagt, sie habe ihn gestochen. Cooper sah den Schaden, den sie angerichtet hatte, und wusste, dass die Verletzungen tödlich sein würden, wenn sie nicht behandelt wurden.

Cooper packte Aziz bei den Haaren und riss seinen Kopf herum, sodass er ihm ins Gesicht sah.

»Helfen Sie mir«, keuchte der Mann.

Cooper schaute ihm in die Augen und schüttelte den Kopf. »Sie hat Sie umgebracht — al-Jabir. Ich würde Sie erledigen, aber das wäre zu leicht für Sie. Ich lasse Sie hier liegen. Sie können am Sand ersticken oder verbluten. Mir ist es egal.«

»Wir sind … wir sind …«

Cooper beugte sich tiefer über ihn. »Was?«

»Wir sind … beide gleich.«

»Das sind wir nicht, du Scheißkerl.«

»Es gefällt dir, nicht wahr?« Aziz hustete. Sein Mund war voll Sand. »Jemanden sterben zu sehen.«

Cooper schüttelte den Kopf. »Nein. Ich brauche es nicht zu sehen. Du kannst allein sterben.«

Er rutschte vom Körper des Mannes herunter, rappelte sich auf und stolperte davon. Aziz rief etwas hinter ihm her, aber seine Stimme verlor sich im Heulen des Windes. Cooper ging rückwärts, bis er Aziz nicht mehr sehen konnte. Dann wandte er sich ab und folgte seinen eigenen Spuren zurück zum Van.