Kapitel 24
Christelle fuhr zu schnell auf die Kreuzung zu und musste scharf bremsen, als die Ampel auf Rot schaltete. Die Kinder auf dem Rücksitz wurden in die Gurte geschleudert. Bald hatte sie es geschafft. Sie strich sich die Haare aus der Stirn und warf einen nervösen Blick in den Rückspiegel. Conrad starrte sie bloß mit großen Augen an. Fast war er ihr unheimlich. Aria hingegen schniefte die ganze Zeit vor sich hin. Tränen und Rotz liefen über ihr Gesicht, obwohl sich ihr Bruder immer wieder bemühte, ihr mit dem Ärmel seines Pullovers das Gesicht abzuwischen. Immerhin hatte sie aufgehört zu schreien, wie sie es die erste halbe Stunde gemacht hatte. Das Geschrei hatte sie den letzten Nerv gekostet. Wenn Diego dachte, sie würde jetzt Mutti spielen, dann hatte er sich geschnitten. Sie hatte jetzt erst einmal eine Pause verdient. Sollte er doch schauen, wie er die Kinder unterhielt. Ein Beben lief durch ihren Körper. Die Aussicht, dass sie sich bald mit Hilfe von einer Handvoll Pillen entspannen konnte, machte sie schwindlig.
Am einzigen Zwischenstopp, einer Tankstelle auf halbem Weg, hatte sie ihm eine Nachricht geschickt und ihm mitgeteilt, wann sie ungefähr in Denver ankommen würden. Sie hoffte nur, der Bastard hielt sein Versprechen und brachte ihre Belohnung gleich mit. Ihr war immer noch nicht ganz klar, weshalb er die Kinder unbedingt an einem anderen Ort unterbringen wollte. Weg war weg, oder etwa nicht?
Natürlich liebte sie ihre Kinder, sie schniefte indigniert bei dem Gedanken, jemand könnte etwas anderes denken. Doch nachdem sie diese Alleinerziehende-Mutter-Sache jetzt ein paar Jahre lang ausprobiert hatte, war sie zu dem Schluss gekommen, dass das nichts für sie war. Himmel, wenn sie das die nächsten fünfzehn Jahre durchzog, war sie zu alt, um das Leben zu genießen. Sie setzte den Blinker und bog in ihre Straße ein. Ein paar Meter weiter parkte sie den verdammten Truck mit der teuflischen Gangschaltung. Hoffentlich holte Diego ihren Wagen aus Independence. Oder schenkte ihr einen neuen.
„Was machen wir hier?“, fragte Conrad misstrauisch. „Ich dachte, du wolltest uns loshaben.“
Sie drehte sich zu ihm um und kniff ihn in die Wange. Furchtsam wich er vor ihr zurück. Aria versteckte ihr tränenverschmiertes Gesicht hinter ihren Händen und drückte sich so weit es ging an das Polster ihres Kindersitzes. Verwöhnte Bälger. Fasste man sie einmal nicht mit Samthandschuhen an, wurden sie gleich hysterisch.
„Ich hab’s mir anders überlegt“, antwortete sie schnippisch.
„Anders überlegt“, wiederholte Conrad zweifelnd. Es war ihm anzusehen, dass er ihr kein Wort glaubte.
Die Fahrertür wurde plötzlich von außen geöffnet. Diego stand davor. Christelle hatte ihn nicht kommen sehen und schrie erschrocken auf.
„Mach keine Szene“, herrschte er sie an und griff unsanft nach ihrem Arm. „Raus mit dir!“
„Mom?“, rief Conrad panisch. Er traute ihr zwar nicht über den Weg. Aber immerhin war sie ein vertrautes Übel. Instinktiv wusste er, dass mit Diego nicht zu spaßen war. Himmel, das wusste er schon lange. Seit er mit Aria so grob umgesprungen war, dass sie blaue Flecken davongetragen hatte. Aria brach in laute Schluchzer aus.
Christelle ignorierte die flehenden Rufe ihrer Kinder. Stattdessen baute sie sich vor Diego auf.
„Ich habe getan, was du gesagt hast. Wo ist meine Belohnung?“
Diego rollte mit den Augen, griff in seine Jacke und zog eine Plastiktüte hervor.
„Viel Spaß damit.“
Mit unbeweglichem Gesicht sah er ihr nach, wie sie zum Eingang des Wohnblocks schlenderte und durch die Tür verschwand. Erst dann ließ er sich auf den Fahrersitz fallen und schlug die Tür hinter sich zu.
„Wo gehen wir hin? Wieso bleiben wir nicht in der Wohnung?“, zwang sich Conrad zu fragen. Er hasste es, dass seine Stimme so zitterte. Aber die ganze Situation machte ihm Angst. Über seinen Vater wagte er gar nicht nachzudenken. Bilder, wie seine Mom geschossen und sein Dad hingefallen war, schossen durch seinen Kopf. Er blinzelte hektisch. Auf keinen Fall würde er weinen. Er war schließlich schon groß und musste Aria beschützen.
Diego lachte, als er die Angst in Conrads Blick sah.
„Wir machen einen kleinen Ausflug“, versprach er und lachte wieder. Sie hatten noch ein paar Stunden Zeit bis zum Treffen. Diesmal würde er die beiden jedoch nicht mehr aus den Augen lassen. So viel war klar. Er musterte die beiden Kinder, die seine finanzielle Unabhängigkeit garantieren würden. Die kleine Göre musste er saubermachen. Da führte kein Weg daran vorbei. Er wollte nicht riskieren, dass die Käufer absprangen oder nicht mitboten, nur weil sie verheult war. Als sein Blick auf die seltsamen Armbänder fiel, runzelte er die Stirn. Hätte nur das Mädchen eins angehabt, hätte er sich vermutlich nichts dabei gedacht. Aber der Junge?
„Was soll der Scheiß?“, herrschte er Conrad an. Der Junge blieb stumm.
Diego griff nach seinem Arm und dann nach Arias und riss die beiden Armbänder weg. Conrad versuchte noch, ihm auszuweichen, doch vergeblich. Entsetzt musste er mit ansehen, wie Diego die einzige Verbindung zu seinem Dad in seinen Händen hielt.
Diego drehte die Dinger hin und her. Was zum Teufel war das? Ein Tracker? Er war sich nicht sicher. Aber er würde kein Risiko eingehen. Er startete den Motor des Trucks und betätigte den elektronischen Fensterheber. Sobald die Scheibe nach unten gefahren war, schmiss er die beiden Bänder in hohem Bogen in Richtung des Wohnhauses. Hier würden sie sowieso nach den Kindern suchen. Zu blöd, dass sie dann nur die Armbänder finden würden. Ein böses Lächeln zog sich über sein Gesicht.
Conrad sah entsetzt zu, wie Diego seine letzte Hoffnung zum Fenster hinausschmiss. Coles Worte klangen in seinen Ohren.
„Mit diesen Armbändern können wir euch überall finden. Ganz egal, wie lange es dauert oder wie weit weg ihr seid. Deshalb ist es wichtig, dass ihr sie jederzeit tragt. Verstanden?“ Er hatte beide Kinder eindringlich angesehen, bis sie genickt hatten.
Und jetzt lagen sie im Rinnstein hinter ihnen, während sie sich immer weiter entfernten. Ein Schluchzer entrang sich seiner Kehle, bevor er es verhindern konnte.
Eine kleine Hand schob sich unter seinen Arm. Überrascht schaute er zu Aria. Sie sah schrecklich aus. Aber sie lächelte und flüsterte: „Keine Angst. Dad wird uns finden.“
Conrad schaffte es knapp, ihr Lächeln zu erwidern. Er brachte es nicht übers Herz, ihr zu sagen, dass das mit jedem Meter, den sie zurücklegten, unwahrscheinlicher wurde.
*
Valentina warf einen letzten Blick auf das Display, bevor sie in ihr Headset sprach.
„Nur eine Wärmesignatur in der Wohnung. Die zwei GPS-Signale indizieren aber, dass die Kinder in der Nähe sind.“
„Wenn sie sie noch tragen“, drang Big As körperlose Stimme düster durch die Leitung.
In Windeseile hatten sie ein SWAT-Team aus Mitgliedern des zuständigen FBI zusammengestellt. Cole, Avery, Big A und Valentina kannten alle Agenten persönlich. Weil der Chef Cole noch einen Gefallen schuldete, war es möglich gewesen, die Leute für den Einsatz gezielt auszuwählen. Das und die Tatsache, dass das FBI genau so scharf darauf war, dem Morales-Kartell einen empfindlichen Schlag zu versetzen, hatte diesmal dafür gesorgt, dass die bürokratischen Hürden auf ein Minimum beschränkt waren.
Der leitende Agent meldete sich über die gemeinsam genutzte Funkfrequenz.
„Zugriff in zwei Minuten.“
Valentina schaute zu Avery hinüber, die die Haut neben ihrem Fingernagel mit den Zähnen attackierte.
„Hör auf, dir Vorwürfe zu machen!“
„Wenn ich die Zusammenhänge früher erkannt hätte, wären wir alle besser vorbereitet gewesen und das wäre nie passiert.“
„Wir wissen noch gar nicht, ob es nicht doch Christelle war, die plötzlich wieder Sehnsucht nach ihren Kindern hatte.“
„Ja, richtig. Solche Sehnsucht, dass sie eine Waffe mitbringt und den Vater ihrer Kinder niederschießt“, antwortete Avery sarkastisch.
„Wie auch immer“, beendete Valentina die fruchtlose Diskussion. „Du bist nicht verantwortlich für das Geschehen. Sondern Christelle. Oder wer sonst noch dahintersteckt.“
Von ihrem Beobachtungspunkt aus sahen sie, wie das SWAT-Team das Gebäude umstellte, während einige der Agenten durchs Treppenhaus nach oben in Christelles Wohnung verschwanden. Angespannt warteten sie auf die erlösende Meldung. Sie wären zu gern mit dabei gewesen. Doch sie waren übereingekommen, dass es besser war, wenn sie hier warteten, um die Kinder anschließend in Empfang zu nehmen.
Über ihre Funkverbindung konnten sie den Dialog des Einsatzteams mitverfolgen.
„Das Wohnzimmer ist sauber.“
„Badezimmer sauber.“
„Und die Kinder?“, konnte Avery sich nicht zurückhalten zu fragen.
„Keine Spur von den Kindern. Weibliche Person im Schlafzimmer. Sieht nach Überdosis aus. Brauchen einen Krankenwagen.“
Avery und Valentina sahen einander geschockt an.
„Wo sind sie dann?“, bellte Avery in ihr Mikrofon.
„Chief“, meldete sich einer der FBI-Agenten, die draußen geblieben waren. „Wir haben da etwas gefunden. Sieht ganz nach den Tracking-Armbändern aus.“
Avery schluckte. Valentina fasste sie am Arm und drückte leicht zu.
„Hey. Wir geben nicht auf, bis wir sie gefunden haben.“
„Ja. Klar. Nur dass unser Job eben ungleich schwieriger geworden ist.“
Darauf wusste auch Valentina nichts zu sagen. Genau wie Avery wusste sie nur zu gut, dass die Chance, die Kinder unversehrt zu finden, mit jeder Minute, die verstrich, drastisch kleiner wurde.
*
Nachdem Diego eine Weile ziellos herumgefahren war, um sicherzustellen, dass die dumme Schlampe nicht unwissentlich einen Beschatter mitgebracht hatte, bog er auf den Parkplatz eines großen Fast-Food-Restaurants ab. Er drehte sich zu den Kindern um.
„Hunger?“
Conrad starrte ihn nur an. Doch Aria nickte langsam.
Diego sah Conrad scharf an.
„Du bleibst hier, Aria nehme ich mit. Wenn du deine Schwester wiedersehen willst, hältst du die Beine still, ist das klar?“
Conrad nickte. Was blieb ihm auch anderes übrig.
„Ich will nicht mitkommen“, heulte Aria auf.
„Pech“, antwortete Diego. „Du kommst trotzdem mit. Und wenn du nicht deinen Mund hältst, werde ich nachher deinem Bruder wehtun.“ Er beugte sich bedrohlich zu ihr hinüber. „Ist das klar?“
Die Augen weit aufgerissen, nickte sie.
Zufrieden mit der Reaktion der Kinder stieg er aus und ging um den Truck herum.
„Sagst du Dad Hallo von mir?“, flüsterte Aria, sobald die Tür hinter Diego ins Schloss gefallen war.
„Dad? Aria, Dad wird uns nicht helfen. Er weiß gar nicht, wo wir sind.“
„Sag’s ihm einfach.“
„Wie denn?“, fragte er verzweifelt. Langsam fiel es ihm schwer, die nötige Geduld für seine kleine Schwester aufzubringen. Die Angst zehrte auch an seinen Kräften und er wusste weder ein noch aus.
Aria schielte aus dem Fenster. Diego hatte die Tür auf ihrer Seite fast erreicht. Sie musste sich beeilen.
Sie drehte sich um und deutete mit dem Kinn in Richtung Mittelkonsole.
„Na, mit dem Telefon natürlich.“
Conrad schaute in die von ihr angezeigte Richtung. Tatsächlich. Zwischen alten Parktickets und Schoko-Riegel-Verpackungen lag Jasons Telefon.
Bevor Conrad irgendwie auf diese erstaunliche Aussage reagieren konnte, öffnete sich die Tür und Diego beugte sich in den Wagen. Er schnallte Aria ab und zog sie aus dem Auto. Bevor er ging, zeigte er mit dem Zeigefinger auf ihn.
„Benimm dich, verstanden?“
Conrad nickte und bemühte sich, Diego in die Augen zu schauen. Auf keinen Fall wollte er Arias Entdeckung aufs Spiel setzen. Das war ihre einzige Chance, diesem Albtraum zu entkommen. Er hielt den Atem an und verfolgte Diegos und Arias Weg ins Restaurant. Erst als sie außer Sichtweite waren, kam Bewegung in ihn. Er zog und zog an seinem Sicherheitsgurt, bis er locker genug war, dass er sich nach vorne beugen konnte. Mit den Fingerspitzen ruckelte er das Telefon Stück für Stück zu sich hin. Endlich konnte er es greifen.
Erleichtert lehnte er sich zurück und gab den Sicherheitscode ein. Das Display leuchtete auf. Aber wen sollte er anrufen? Dad anzurufen war schwierig. Er hatte ja sein Handy in der Hand. Er drückte auf das Anruf-Icon. Der erste Name, der aufschien, war Mias. Mia. Er würde Mia anrufen. Sie wusste bestimmt, was zu tun war. Um sicherzugehen, dass nicht in diesem Moment Diego zurückkam, warf er einen nervösen Blick nach draußen. Niemand zu sehen.
Er holte tief Luft und drückte mit dem Finger auf Mias Namen.
*
Die Fahrt in die Klinik nach Breckenridge erlebte Mia wie in Trance. Zu voll war ihr Kopf mit den Sorgen um Jason und die Kinder. Valentina hatte sich vorhin kurz mit der entmutigenden Nachricht gemeldet, dass sie zwar die Tracker gefunden, aber von den Kindern keine Spur hatten.
Kaum im Krankenhaus angekommen, stellte sich heraus, dass Jason ein sehr schlechter Patient war. Mit schmerzstillenden Mitteln versorgt, die Blutung gestoppt und das Bein geschient, war er sehr schnell wieder mehr als präsent gewesen. Gerade lieferte er sich eine laute Diskussion mit Kristina darüber, ob sein Bein operiert werden musste.
„Wenn du sichergehen willst, dass es wieder tadellos funktioniert, müssen wir die Knochen mit einer Platte verbinden. Wenn du jetzt darauf verzichtest, müssen wir das Bein unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt erneut brechen.“
„Es ist mir völlig egal, was zu einem späteren Zeitpunkt ist“, feuerte er zurück. „Meine Kinder wurden entführt und brauchen mich jetzt. Und zwar wach und nicht in Vollnarkose.“
„Avery und ihr Team sind Christelle dicht auf den Fersen“, versuchte Mia ihn zu besänftigen. Wohlweislich hatte sie ihm noch nichts von den neuen Erkenntnissen erzählt. „Wenn du dich jetzt operieren lässt, bist du vielleicht schon wieder wach, wenn sie zurück sind.“
„Mit diesem Bein bist du niemandem eine Hilfe. Im Krankenhaus sitzt du also sowieso fest“, hielt Kristina nicht sehr taktvoll fest.
Mia formulierte gerade eine diplomatischere Form derselben Aussage im Kopf, als ihr Telefon klingelte. Den strengen Blick einer Krankenschwester meidend, trat sie hinaus auf den Gang und zog ihr Handy hervor. Auf keinen Fall würde sie in der aktuellen Situation einen Anruf ignorieren. Vielleicht war es Avery mit guten Neuigkeiten? Ihr Herzschlag setzte für zwei Schläge aus, bevor es stolpernd seine Arbeit wieder aufnahm. Auf dem Display stand Jasons Name. Dabei war von drinnen deutlich sein unzufriedener Bariton zu hören.
Mit zitterndem Zeigefinger nahm sie den Anruf an.
„Ja?“
„Mia?“, schluchzte eine Stimme ins Telefon. „Gott sei Dank bist du dran gegangen. Wir brauchen Hilfe.“
„Conrad? Wo seid ihr? Seid ihr in Sicherheit? Ist Christelle bei euch?“
„Mom ist gegangen. Diego ist mit uns weggefahren. Das ist Dads Handy. Kann uns jemand holen?“
Seine Erzählung wurde immer wieder von Schluchzern unterbrochen, sodass es für Mia nicht ganz einfach war, zu verstehen, was er sagen wollte.
„Weißt du, wo ihr seid?“
Conrad wischte sich die Tränen aus den Augen und studierte die Umgebung.
„In Denver. Bei McDonalds.“
„Okay. Das ist sehr gut“, lobte sie ihn. „Du hast genau das Richtige gemacht. Kannst du das Handy bei dir in der Nähe verstecken?“
„Du meinst, in meinem Pullover?“
„Nein!“ Mia schrie beinahe. Sie wollte auf keinen Fall, dass das Gerät bei ihm gefunden wurde. Wer weiß, was dann passierte. „Nein“, wiederholte sie, diesmal etwas ruhiger. „Schieb es hinter deinen Kindersitz. Haltet durch. Cole und die anderen kommen so schnell wie möglich.“
„Okay“, flüsterte Conrad. „Danke, danke, danke!“
Er zog scharf die Luft ein.
„Was ist?“, fragte Mia besorgt.
„Ich muss aufhören. Diego und Aria sind auf dem Weg zum Auto.“
„Okay. Mach das. Und denk dran … du bist ein Held.“
Sie wartete, bis er aufgelegt hatte. Dann wählte sie Averys Nummer.
*
„Hey Mia. Wie geht’s Jason?“
„Ich habe Neuigkeiten von Conrad“, unterbrach Mia sie.
„Von Conrad? Aber wie …“
„Anscheinend lag Jasons Handy im Auto. Sie sind bei einer McDonalds-Filiale in Denver. Ich weiß nicht, ob sie noch in Jasons Truck unterwegs sind oder ob Conrad das Handy mitgenommen hat. Könnt ihr es orten?“
„Mia, das sind die besten Neuigkeiten des ganzen Tages. Wir können es auf jeden Fall orten. Ich lege jetzt auf, und dann holen wir endlich die beiden Kids nach Hause.“
Mia atmete auf. Endlich ein Lichtblick am Horizont.
„Ich wünsch euch viel Glück.“
„Danke. Können wir gut gebrauchen.“
Sie kehrte ins Krankenzimmer zurück. Die Ärztin und Jason waren immer noch in ihre hitzige Diskussion verstrickt. Offensichtlich hatten sie sich bisher nicht geeinigt.
Als Jason nach der Nadel seiner Infusion griff und sich daran machte, sich der Schläuche zu entledigen, fasste sie spontan einen Entschluss.
„Jason, hör auf damit. Lass dich operieren, während ich nach Denver fahre, um die Kinder in Empfang zu nehmen.“
„Haben sie sie gefunden? Sind sie in Sicherheit?“
„Noch nicht ganz. Aber sie sind ihnen dicht auf der Spur.“ Das war vielleicht nicht die ganze Wahrheit, aber ziemlich nah dran. Hoffte sie zumindest.
„Was dauert denn so lange?“
„Ach, ich weiß nicht …“, mischte sich Sunny ein. „Solche Dinge wie das Gesetz oder die Tatsache, dass Christelle etwas Vorsprung hatte. Ich bin sicher, Coles Team tut, was es kann.“
Niedergeschlagen ließ sich Jason in sein Kissen fallen.
„Also gut. Dann operieren wir.“ Frustriert barg er sein Gesicht in den Händen. „Ich habe mich noch nie so machtlos gefühlt.“
„Das verstehe ich“, tröstete ihn Mia und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Aber bald sind sie wieder da und du hüpfst ihnen auf Krücken hinterher.“
„Soll mich das jetzt aufheitern?“, brummte er.
Mias Mundwinkel zuckten trotz der ernsten Situation.
„Natürlich.“ Sie bückte sich und küsste ihn. „Bis später.“
„Pass auf dich auf. Und bring unsere Kinder nach Hause.“
Ihr wurde ganz warm, als sie hörte, wie Jason Conrad und Aria als „unsere Kinder“ bezeichnete. Verdammt richtig. Die beiden waren ihre Kinder. Und sie würde alles tun, um sie zurückzuholen.