Hier im Dorf gibt es zwei Sorten von Menschen – Freie und Leibeigene. Wer frei ist, kann hingehen, wo er will, kann tun, was er will, und heiraten, wen er will. Solange er nicht das Gesetz bricht, kann ihn keiner von irgendwas abhalten.
Leibeigene wie wir können das nicht.
Ein Leibeigener zu sein bedeutet, dass du Sir Edmund und Lady Juliana gehörst. Hauptsächlich geht es dabei um Geld. Wenn wir das Dorf verlassen wollen, müssen wir zahlen, wenn wir jemand von anderswo heiraten wollen, müssen wir zahlen, wenn wir sein Land nicht dann bestellen, wann er es will, müssen wir zahlen. Was wir auf seinem Land anbauen, gehört ihm, und wenn er großen Hunger hätte, könnte er uns alles wegnehmen. Aber das hat er noch nie getan.
Es gibt Grundherren, die von ihren Leibeigenen nicht viel verlangen. Für manche muss man gar keine Frondienste leisten, für andere nur ein paar Tage während der Ernte. Sir Edmund ist härter als die meisten. Wir müssen zwei Tage in der Woche auf seinen Feldern arbeiten und zur Erntezeit sogar fünf, obwohl da auf unsern eigenen Feldern die meiste Arbeit anfällt. Vater wirbt meistens Tagelöhner an, trotzdem ist es eine lange, beschwerliche und erschöpfende Angelegenheit, bis in den Nachmittag hinein auf Sir Edmunds Land zu arbeiten und dann auf unserm eigenen Land weiterzuernten.
Auch Robins Mutter ist eine Leibeigene, aber sie leistet nie Feldarbeit.
»Ich hab genug zu tun«, sagt sie, »auch ohne dass ich für den alten Schwätzer Unkraut jäte. Soll er doch kommen, wenn er was will!« Sir Edmunds Verwalter lässt es ihr durchgehen. Er verhängt an jedem Gerichtstag eine Strafe von ein paar Pence, die sie nie zahlt, und weiter tut er nichts.
Es gibt drei Wege, wie man der Leibeigenschaft entkommen kann. Man kann vom Grundherrn freigelassen werden, man kann sich die Freiheit erkaufen oder man kann weglaufen und ein Jahr und einen Tag in einer Stadt verbringen. Die meisten Leute tun nichts davon. Letztes Jahr hatte Vater genug Geld zusammen, um sich freizukaufen, aber dafür hat er am Ende lieber John Adamsons Ackerland bei den drei Eichen gekauft.
»Aber du hättest frei sein können«, habe ich geklagt.
»Aber du hättest satt sein können«, hat er mich nachgemacht, und damit war es geklärt.
Mir liegt genauso viel am Land wie Vater, aber ich hasse es, jemand anderm zu gehören. Ich habe es schon immer gehasst, solange ich denken kann, das ist wie ein Jucken, das nie aufhört, egal wie viel du kratzt. Robin geht es genauso. Wenn wir erst erwachsen und verheiratet sind, werden wir so lange immer nur arbeiten, bis wir genug Geld haben, um uns freizukaufen. Dann sind auch unsere Kinder frei und können gehen, wohin sie wollen, und leben, wie sie möchten, ohne sich um Sir Edmund oder die Pflichten und all die andern Dinge zu scheren, die uns Kummer machen.
Das gelobe ich.