24. Kapitel
Wir verbrachten ein äußerst intensives Wochenende zu dritt. Zu meiner Erleichterung verstanden Roman und Gia sich soweit ganz gut, aber auch bei ihnen sprang der Funke nicht über.
Schon in der kommenden Woche gaben wir unsere Verlobung bekannt, was unsere Väter sehr glücklich stimmte. Sie planten eine Party, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen würde. Die halbe Stadt wurde eingeladen und egal, wo ich hinkam, wurde mir überschwänglich zu meiner wunderschönen Braut gratuliert.
Mir war längst klar gewesen, dass diese Heirat eine große Sache war, doch ich hatte unterschätzt, wie viele Männer ein Auge auf Gia geworfen hatten. Dabei war den meisten völlig egal, was sie beruflich machte. Die Herren der höheren Gesellschaft sahen in ihr nur das hübsche Accessoire, welches sie unbedingt ficken wollten. Es war widerlich. Womöglich war es wirklich an der Zeit eine Frau an der Spitze der Organisation zu haben, damit diese Neandertaler lernten, dass man keinen Schwanz zwischen den Beinen brauchte, um gute Entscheidungen zu treffen und Menschen zu führen. Alle sprachen immer über Gleichberechtigung, doch insgeheim wollte keiner der alten Herren seine Macht abgeben.
Das war auch der Grund, warum ich mich während der Verlobungsfeier mit allen Vertragspartnern zu einem kurzen Treffen zurückzog. Ich wollte, dass sie hinter Gia standen und nicht hinter mir. Ich hatte genug Arbeit mit der Kanzlei. Die Organisation war Gias Ding und sie war verflucht gut darin.
Sie waren alle versammelt und warteten ungeduldig darauf, was ich ihnen zu sagen hatte. Jeder von ihnen war zum Feiern hergekommen und das sollten sie auch, aber erst nachdem die Fronten geklärt waren.
»Ich danke euch, dass ihr alle einen Moment Zeit für mich habt. Ihr dürft gleich zur Party zurück, vorher muss ich jedoch etwas Wichtiges mit euch besprechen, damit es nicht zu Missverständnissen kommt. Gia und ich heiraten. Das bedeutet aber nicht, dass ich mich in ihre Geschäfte einmischen werde. Meine Kanzlei steht natürlich nach wie vor jedem von euch offen, doch was eure Geschäfte angeht, wasche ich meine Hände in Unschuld«, stellte ich klar und atmete erleichtert auf, da alle ausnahmslos grinsten. »Mir ist bewusst, dass es in einer Organisation wie der euren unüblich ist, eine Frau an der Spitze zu haben.«
»In Boston funktioniert das wunderbar, warum sollte das bei uns anders sein«, gab Zane zu bedenken. Gerade von den Bikern hatte ich mehr Widerstand erwartet, aber so konnte man sich offensichtlich täuschen.
»Das sehe ich auch so. Gia ist eine starke Frau, die ganz genau weiß, wie der Hase läuft. Meine Unterstützung hat sie. Ich würde ihr mein Leben anvertrauen«, warf Antonio ein und erntete den ein oder anderen derben Spruch. »Ihr seid doch nur neidisch, weil sie mit mir im Bett war«, entgegnete er darauf ganz gelassen und zwinkerte mir zu.
Unser Verhältnis war sehr gut, wenn man bedachte, dass er meine Verlobte gevögelt hatte.
»Die Kleine weiß, was sie tut und sie kann mit Waffen umgehen. Außerdem kann sie verhandeln und holt wirklich die bestmöglichen Preise für uns alle heraus«, bestärkte nun auch Angus Hayes. Der Ire hatte einen Narren an Gia gefressen. Sie war im selben Alter wie seine Tochter Monica. Die beiden Frauen waren seit ihrer Kindheit beste Freundinnen und seit sie eine Waffe halten konnten, trainierte er mit ihnen auf dem Schießstand. Das hatte Gia mir vor einigen Tagen erzählt. Dennoch hatte ich von ihm mit am meisten Widerstand erwartet.
Der Einzige, der das Gesicht verzog, war Scott. Aber da ich wusste, dass Gia plante, ihn zu ihrer rechten Hand zu machen, würde er sich bestimmt schnell mit dem Gedanken anfreunden.
»Wunderbar, da ihr euch ja alle einig seid, habe ich etwas bekanntzugeben«, setzte Jeffrey an und ich sah überrascht zu ihm hinüber. »Im Januar werde ich mich in den Ruhestand begeben. Ich möchte die Jahre, die mir noch bleiben, gern genießen. Deshalb übergebe ich an meine Tochter.«
»Das ist eine vernünftige Entscheidung«, bemerkte Roman und nickte ihm zu. »Wir alle werden sie unterstützen, wo wir nur können.«
»Das freut mich zu hören«, erklang in dem Moment ihre Stimme hinter mir und ich sah sie verlegen an. Eigentlich hatte sie von diesem Treffen nichts mitbekommen sollen.