ALS SIE ZUM erstenmal von ihm träumte, wachte sie neben ihrem Mann auf, schreiend.
In ihrem Schlafzimmer starrte sie mit offenem Mund auf das Laken. Ihr Mann legte die Hand auf ihren Rücken.
»Ein Alptraum. Ganz ruhig.«
»Ja.«
»Soll ich dir Wasser holen?«
»Ja.«
Sie mochte sich nicht regen. Wollte sich nicht wieder in jene Zone legen, in der sie gewesen waren.
Der Traum hatte sich in diesem Zimmer abgespielt – seine Hand auf ihrem Nacken (sie berührte ihn jetzt), sein Unwille ihr gegenüber, den sie gespürt hatte bei den ersten Malen, als sie ihn getroffen hatte. Nein, nicht Unwille, ein Mangel an Interesse, Irritation angesichts einer verheirateten Frau unter ihnen. Sie waren vorgebeugt wie Tiere, und er hatte ihren Nacken ins Joch gezwungen, so daß sie in ihrer Erregung nicht atmen konnte.
Ihr Mann brachte ihr das Glas auf einer Untertasse, aber sie konnte die Arme nicht heben, sie zitterten, befreit. Er setzte ihr ungeschickt das Glas an den Mund, so daß sie das chlorierte Wasser schlucken konnte, wobei Tropfen ihr vom Kinn rannen, auf ihren Bauch fielen. Als sie sich zurücklegte, blieb ihr kaum Zeit, über das nachzudenken, was sie erlebt hatte, rasch sank sie in einen tiefen Schlaf.
Das war das erste Erkennen gewesen. Sie erinnerte sich im Laufe des nächsten Tages daran, doch da war sie beschäftigt, und sie wollte sich nicht lange mit dessen Bedeutung abgeben, verbannte es aus ihren Gedanken; eine rein zufällige Konfrontation in einem wilden nächtlichen Traum, mehr nicht.
Ein Jahr später kamen die anderen, die friedlichen Träume, weit gefährlicher. Und selbst im ersten dieser Träume erinnerte sie sich der Hände auf ihrem Nacken und wartete darauf, daß die gelassene Stimmung zwischen ihnen in Gewalt umschlug.
Wer streut die Krumen, die einen locken sollen? Zu einer Person hin, über die man nie nachgedacht hat. Ein Traum. Später dann eine weitere Reihe von Träumen.
Er sagte später, es sei das Nahesein. Nahesein in der Wüste. Es habe diese Wirkung hier, sagte er. Er liebte das Wort – das Nahesein von Wasser, das Nahesein von zwei oder drei Körpern in einem Wagen, der sechs Stunden lang durch das Sandmeer fährt. Ihr schwitzendes Knie neben der Schaltung des Lasters, ein Knie, das schlenkerte und bei Unebenheiten hochfuhr. In der Wüste hat man Zeit, überall hinzuschauen, Zeit, über die Choreographie der Dinge um einen herum zu theoretisieren.
Wenn er so redete, haßte sie ihn, ihr Blick blieb zwar höflich, aber innerlich drängte es sie, ihn zu schlagen. Ständig verspürte sie den Wunsch, ihn zu schlagen, und sie machte sich klar, daß auch das sexuell war. Für ihn ordneten sich die Beziehungen nach Mustern. Man kam in die Kategorie des Naheseins oder in die des Abstands. So wie für ihn die Historien Herodots alle Gesellschaftsformen erhellten. Er glaubte, sich in den Belangen der Welt auszukennen, die er im wesentlichen vor Jahren hinter sich gelassen hatte, seit der Zeit ständig bemüht, die halb erdichtete Welt der Wüste zu erforschen.
Auf dem Kairoer Flugplatz luden sie die Ausrüstung in die Fahrzeuge, ihr Mann blieb noch, um die Benzinleitungen der Moth zu überprüfen, bevor die drei Männer am nächsten Tag abreisten. Madox ging zu einer der Botschaften, um ein Telegramm aufzugeben. Und er wollte sich in der Stadt einen antrinken, der übliche Abschlußabend in Kairo, erst zu Madame Badin’s Opera Casino, später würde er dann in den Straßen hinter dem Pasha Hotel untertauchen. Packen würde er noch vor dem Abend, was ihm erlaubte, am nächsten Morgen in das Lastauto zu steigen, verkatert, wie er war.
Und so fuhr er sie in die Stadt, die Luft feucht, der Verkehr um diese Zeit dicht und stockend.
»Es ist so heiß. Ich brauche ein Bier. Sie auch?«
»Nein, ich muß in den nächsten Stunden noch eine Menge erledigen. Sie müssen mich entschuldigen.«
»Schon gut«, sagte sie. »Ich wollte mich nicht aufdrängen.«
»Ich trinke eins mit Ihnen, sobald ich zurück bin.«
»In drei Wochen, nicht?«
»Etwa.«
»Ich wollte, ich könnte mit.«
Er sagte nichts darauf. Sie fuhren über die Bulaq-Brücke, und der Verkehr nahm noch zu. Zu viele Karren, zu viele Fußgänger, denen die Straße gehörte. Er fuhr den kürzesten Weg südlich am Nil entlang zum Semiramis Hotel, wo sie wohnte, genau hinter der Kaserne.
»Sie werden diesmal bestimmt Zarzura finden.«
»Ich finde es diesmal bestimmt.«
Er war wieder er selbst. Er sah sie während der Fahrt kaum an, auch nicht, als sie irgendwo mehr als fünf Minuten steckenblieben.
Am Hotel gab er sich übertrieben höflich. Wenn er sich derart benahm, mochte sie ihn noch weniger; sie alle mußten so tun, als wäre diese Pose Verbindlichkeit, angenehme Manieren. Es erinnerte sie an einen Hund, den man in Kleider gesteckt hat. Zum Teufel mit ihm. Müßte ihr Mann nicht mit ihm zusammenarbeiten, würde sie ihn am liebsten nicht mehr wiedersehen.
Er zog ihr Gepäck von der Rückbank und wollte es in die Eingangshalle tragen.
»Das kann ich schon selbst nehmen.« Ihre Hemdbluse war naß im Rücken, als sie vom Beifahrersitz stieg.
Der Portier erbot sich, das Gepäck zu nehmen, aber er sagte: »Nein, sie möchte es selbst tragen«, und wieder war sie verärgert über seine Arroganz. Der Portier zog sich zurück. Sie wandte sich ihm zu, und er reichte ihr die Tasche, so daß sie ihm ins Gesicht sah, mit beiden Händen hielt sie nun linkisch das schwere Gepäckstück vor der Brust.
»Dann auf Wiedersehn. Viel Glück.«
»Ja. Ich passe auf sie alle auf. Es ist ungefährlich für sie.«
Sie nickte. Sie war im Schatten, und er, als bemerkte er das grelle Sonnenlicht nicht, stand mittendrin.
Dann trat er auf sie zu, näher, und sie dachte einen Moment lang, er werde sie umarmen. Statt dessen streckte er den rechten Arm vor und fuhr damit an ihrem bloßen Hals entlang, so daß ihre Haut von der ganzen Länge seines feuchten Unterarms berührt wurde.
»Auf Wiedersehn.«
Er ging zum Lastauto zurück. Sie konnte jetzt seinen Schweiß spüren, wie Blut von einer scharfen Klinge, die seine Geste mit dem Arm nachgeahmt zu haben schien.
Sie nimmt sich ein Kissen und legt es als Schutzschild gegen ihn auf ihren Schoß. »Wenn du mit mir schläfst, werde ich darum nicht zum Lügner. Wenn ich mit dir schlafe, werde ich darum nicht zum Lügner.«
Sie drückt das Kissen an ihr Herz, als wollte sie jenen Teil ihrer selbst ersticken, der sich losgerissen hat.
»Was haßt du am meisten?« fragt er.
»Eine Lüge. Und du?«
»Eigentumsrecht«, sagt er. »Wenn du mich verläßt, vergiß mich.«
Ihre Faust schwingt gegen ihn und schlägt hart auf das Jochbein unter seinem Auge. Sie zieht sich an und geht.
Jeden Tag kam er nach Hause und besah sich die schwarze Prellung im Spiegel. Er wurde neugierig, nicht so sehr wegen der Prellung als vielmehr wegen der Form seines Gesichts. Die langen Augenbrauen hatte er vorher nie wirklich wahrgenommen, die grauen Strähnen in seinem sandfarbenen Haar. Er hatte sich seit Jahren nicht so im Spiegel angeschaut. Wahrlich eine lange Augenbraue.
Nichts kann ihn von ihr fernhalten.
Wenn er nicht mit Madox in der Wüste ist oder mit Bermann in den arabischen Bibliotheken, trifft er sich mit ihr im Groppi Park – an den ausgiebig bewässerten Pflaumengärten. Sie ist hier am glücklichsten. Sie ist eine Frau, der das Feuchte fehlt, die immer niedrige grüne Hecken und Farne geliebt hat. Wohingegen ihm dieses viele Grün wie Ausschweifung vorkommt.
Vom Groppi Park gehen sie im Bogen zur Altstadt, in den Süden Kairos, über Märkte, wohin sich nur wenige Europäer verirren. In seiner Wohnung sind die Wände von Landkarten bedeckt. Und trotz seiner Versuche, die Zimmer einzurichten, haben sie noch etwas von einem Basislager.
Sie liegen da, einander umarmend, der vibrierende Schatten des Ventilators auf ihnen. Den ganzen Vormittag haben er und Bermann im archäologischen Museum gearbeitet, haben arabische Texte und europäische Geschichtsdarstellungen miteinander verglichen im Bemühen, Widerhall, zeitliches Zusammentreffen, Namensänderungen zu erkennen – noch vor Herodot bis zum Kitab All Durr Makmuz, wo Zarzura nach der sich waschenden Frau in einer Wüstenkarawane benannt ist. Und auch dort war das langsame Blinken eines Ventilatorschattens. Und auch hier der vertraute Austausch und Widerhall von Kindheitsgeschichte, von Narben, von Art und Weise des Küssens.
»Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich weiß nicht, was ich tun soll! Wie kann ich deine Geliebte sein? Er wird verrückt werden.«
Eine Liste von Wunden.
Die unterschiedlichen Farben der Prellung – helles Rotgelb, das zu Braun wechselte. Der Teller, mit dem sie durch das Zimmer ging, das Essen darauf wegschleudernd, und der dann auf seinem Kopf zerbrach, wobei Blut sich ins blonde Haar hochzog. Die Gabel, die hinten in seine Schulter eindrang und Stichspuren hinterließ, von denen der Arzt vermutete, sie stammten von einem Fuchs.
Er schloß sie in die Arme und registrierte als erstes, was an beweglichen Gegenständen bereitlag. Er traf sie öffentlich in Gesellschaft, hatte Prellungen oder einen Verband um den Kopf und erklärte, wie das Taxi so abrupt angehalten habe, daß er mit dem Kopf gegen das offene Seitenfenster geprallt sei. Oder er hatte Jod auf dem Unterarm, um Striemen zu verbergen. Madox wunderte sich, daß er mit einemmal zu Unfällen neigte. Sie feixte still über die Dürftigkeit seiner Erklärungen. Vielleicht wird er ja alt, vielleicht braucht er eine Brille, sagte ihr Mann und stieß dabei Madox an. Vielleicht ist es eine Frau, die er kennengelernt hat, sagte sie. Seht mal, ist das nicht der Kratzer von einer Frau, oder etwa ein Biß?
Es war ein Skorpion, sagte er. Androctonus australis.
Eine Postkarte. Das Rechteck ist ausgefüllt mit ordentlicher Schrift.
Die Hälfte meiner Tage ertrage ich
es nicht, Dich nicht zu berühren.
Die übrige Zeit habe ich das
Gefühl, es ist egal, ob ich Dich je
wiedersehe. Es ist nicht die Moral,
es ist, wieviel Du ertragen kannst.
Kein Datum, kein Name.
Manchmal, wenn sie die Nacht mit ihm verbringen kann, werden sie durch die drei Minarette der Stadt geweckt, von denen vor Anbruch des Tages das Gebet ertönt. Er geht mit ihr durch die Indigo-Märkte, die zwischen dem Süden Kairos und ihrem Zuhause liegen. Die schönen Glaubensgesänge dringen in die Luft ein wie Pfeile, ein Minarett antwortet dem anderen, als breiteten sie das Gerücht aus über die zwei, wie sie da durch die kühle Morgenluft spazieren, und der Geruch von Holzkohle und Haschisch macht schon die Luft schwer. Sünder in einer heiligen Stadt.
Er schiebt mit dem Arm Teller und Gläser quer über einen Restauranttisch, damit sie woanders in der Stadt vielleicht aufschaut, wenn sie dieses Lärmen hört. Wenn er ohne sie ist. Er, der sich nie einsam gefühlt hat in den Kilometern und Kilometern zwischen den Wüstenstädten. Ein Mann in der Wüste kann Abwesenheit in seinen hohlen Händen halten und wissen, daß sie etwas ist, was ihn mehr nährt als Wasser. Er weiß von einer Pflanze nahe bei El Tadsch, deren Herzstück, wenn man es herausschneidet, durch eine Flüssigkeit ersetzt wird, die alles Lebenswichtige enthält. Jeden Morgen kann man die Flüssigkeit trinken, soviel wie das fehlende Herz. Die Pflanze sprießt noch ein Jahr, bevor sie an irgendeinem Mangel eingeht.
Er liegt in seinem Zimmer, von den verblaßten Landkarten umgeben. Ohne Katharine. Sein Verlangen will all die gesellschaftlichen Regeln mit Feuersmacht austilgen, alle Höflichkeit.
Ihr Leben mit anderen interessiert ihn nicht mehr. Er möchte nur ihre staksige Schönheit, das Theater ihres Ausdrucks. Er möchte das genaue und geheime Wechselspiel zwischen ihnen, die Schärfentiefe minimal, die gegenseitige vertraute Fremdheit, wie zwei Seiten eines geschlossenen Buchs.
Sie hat ihn aufgelöst.
Und wenn sie ihn dazu gebracht hat, wozu hat er sie gebracht?
Sobald sie innerhalb des Schutzwalls ihrer Gesellschaftsklasse ist und er neben ihr in einer größeren Gruppe, erzählt er Witze, über die er selbst nicht lacht. In einer für ihn nicht charakteristischen Raserei greift er die ganze Geschichte der Erforschung an. Wenn er unglücklich ist, macht er das. Nur Madox erkennt diese Verhaltensweise. Aber sie gönnt ihm nicht einmal einen Blick. Sie lächelt jedem zu, den Gegenständen im Raum, rühmt das Arrangement der Blumen, belanglose, unpersönliche Dinge. Sie faßt sein Verhalten falsch auf, glaubt, daß es das ist, was er will, und verdoppelt den Wall, um sich zu schützen.
Aber jetzt kann er diesen Wall in ihr nicht ertragen. Du hast auch deinen Wall errichtet, sagt sie zu ihm, und darum habe ich meinen eigenen. Sie sagt das strahlend in einer Schönheit, die er nicht ertragen kann. Sie im schönen Kleid, mit ihrem blassen Gesicht, das jeden anlacht, der sie anlächelt, einem unsicheren Grinsen für seine wütenden Witze. Er hört nicht auf, entsetzliche Erklärungen abzugeben über dies und das bei einer Expedition, was ihnen allen sattsam bekannt ist.
Kaum wendet sie sich im Vestibül der Groppi’s Bar von ihm ab, nachdem er sie begrüßt hat, ist er außer sich. Er weiß, die einzige Art, in der er es hinnehmen kann, sie zu verlieren, ist, wenn er sie weiter halten kann oder von ihr gehalten wird. Wenn sie einander behutsam da herausholen können. Nicht mit einem Wall.
Sonnenlicht ergießt sich in sein Kairoer Zimmer. Seine Hand schlaff auf dem Herodot-Tagebuch, die ganze Anspannung ist im übrigen Körper, und so schreibt er Wörter falsch hin, die Feder spreizt sich dabei, als wäre sie ohne Rückgrat. Er kann kaum das Wort Sonnenlicht hinschreiben. Das Wort verliebt.
Im Zimmer ist nur das Licht vom Fluß und von der Wüste dahinter. Es fällt auf ihren Nacken ihre Füße die Impfnarbe auf ihrem rechten Arm, die er so liebt. Sie sitzt auf dem Bett, umfängt ihre Blöße. Er streicht mit der offenen Handfläche an ihrer schweißbedeckten Schulter entlang. Das ist meine Schulter, denkt er, nicht die ihres Mannes, das ist meine Schulter. Als Liebende haben sie sich Partien ihrer Körper zum Geschenk gemacht, wie diese hier. In diesem Zimmer an der Peripherie des Flusses.
In den wenigen Stunden, die sie haben, hat sich das Zimmer bis auf diesen Lichteinfall verdunkelt. Gerade noch das Licht vom Fluß und von der Wüste. Nur wenn es den seltenen Platzregen gibt, gehen sie zum Fenster und halten die Arme weit ausgestreckt hinaus, um soviel von sich wie möglich benetzen zu lassen. Der Regenguß wird mit lauten Rufen überall auf den Straßen begrüßt.
»Wir werden einander nie wieder lieben. Wir können einander nie wiedersehen.«
»Ich weiß«, sagt er.
Die Nacht, in der sie auf Trennung besteht.
Sie sitzt, in sich gekehrt, im Panzer ihres schlechten Gewissens. Er kann da nicht durchdringen. Nur sein Körper ist ihr nahe.
»Nie wieder. Egal, was passiert.«
»Ja.«
»Ich glaube, er wird verrückt. Verstehst du?«
Er sagt nichts und gibt den Versuch auf, sie in sich hineinzuziehen.
Eine Stunde später gehen sie durch die trockene Nacht. Sie können die Grammophon-Schlager aus dem Music-for-All-Kino weiter weg hören, dessen Fenster wegen der Hitze offenstehen. Sie müssen sich trennen, bevor es schließt und Bekannte von ihr dort herauskommen könnten
Sie sind im Botanischen Garten, in der Nähe der Cathedral of All Saints. Sie entdeckt eine Träne und beugt sich vor und leckt sie ab, nimmt sie in den Mund. So wie sie das Blut von seiner Hand aufgenommen hat, als er sich einmal schnitt beim Kochen für sie. Blut. Träne. Er hat das Gefühl, alles fehle seinem Körper, hat das Gefühl, in ihm sei Rauch. Was allein am Leben ist, ist die Gewißheit von Verlangen und Mangel in der Zukunft. Was er sagen will, kann er dieser Frau nicht sagen, deren Offenheit einer Wunde gleicht, deren Jugend noch nicht vergänglich ist. Er kann das nicht ändern, was er am meisten an ihr liebt, ihre Kompromißlosigkeit, wo der Zauber der Gedichte, die sie liebt, noch mit Leichtigkeit in der realen Welt liegt. Jenseits dieser Eigenschaften, weiß er, existiert keine Ordnung in der Welt.
Diese Nacht, in der sie auf Trennung besteht. Der achtundzwanzigste September. Der Regen in den Bäumen, der bereits vom warmen Mondlicht getrocknet ist. Kein einziger kühler Tropfen, der auf ihn fallen könnte wie eine Träne. Diese Trennung am Groppi Park. Er hat nicht gefragt, ob in jenem hohen Lichtviereck, auf der anderen Straßenseite, ihr Mann zu Hause ist.
Er sieht die Reihe der hochgewachsenen Fächerpalmen über ihnen beiden, deren gespreizte Hände. Die Art, wie Katharines Kopf und ihr Haar über ihm waren, wenn sie auf ihm lag.
Jetzt kein Kuß. Nur eine Umarmung. Er reißt sich von ihr los und geht weg, dreht sich dann um. Sie steht noch da. Er kommt bis auf wenige Meter zu ihr zurück, den Zeigefinger erhoben, um etwas klarzustellen.
»Ich möchte nur, daß du es weißt. Noch vermisse ich dich nicht.«
Sein Gesicht, beim Versuch zu lächeln, ist furchtbar für sie. Ihr Kopf schwingt weg von ihm und schlägt gegen die Seite des Torpfostens. Er sieht, wie es ihr weh tut, bemerkt das Zusammenzucken. Aber sie haben sich schon getrennt und in sich zurückgezogen, hinter den Wall, als sie auf Trennung bestand. Ihr Reflex, ihr Schmerz, ist zufällig, ist beabsichtigt. Ihre Hand fährt an die Schläfe.
»Du wirst es tun«, sagt sie.
Von diesem Augenblick in unserem Leben an, hatte sie ihm früher zugeflüstert, werden wir entweder unsere Seelen finden oder sie verlieren.
Wie passiert so etwas? Sich zu verlieben und aufgelöst zu werden.
Ich lag in ihren Armen. Ich hatte den Ärmel ihrer Bluse bis zur Schulter hochgeschoben, damit ich die Impfnarbe sehen konnte. Ich liebe sie, sagte ich. Diese blasse Aureole auf ihrem Arm. Ich sehe, wie das Instrument die Haut ritzt und dann das Serum hineintreibt und dann abgleitet, von ihrer Haut befreit, das war vor Jahren, da war sie neun und in einer Turnhalle.