V ier lange Tage, eine 48-Stunden-Schicht, jede Menge verwirrende Träume, wenn ich überhaupt schlafen konnte und viele, viele durchgrübelte Stunden waren vergangen, seit ich die Anwesenheit des neuen Wandlers und das Ziehen, das das Auftauchen meines Gefährten ausgelöst hatte, gespürt hatte.
Doch seitdem – Funkstille.
Außer einem permanenten Kopfschmerz und der Ahnung, dass irgendetwas bevorstand, hatte ich nichts mehr gefühlt.
Weder die Präsenz des unbekannten Wandlers noch das Ziehen, das die Nähe meines Gefährten wohl bei mir auslösen musste.
Ich hatte die kommenden drei Tage frei, sofern kein Notfall anstand und ich wollte noch auf ein Bier ins Haven , damit ich nicht mit meinen Gedanken in meinen vier Wänden alleine war. Sawyer wollte ich nicht anrufen, denn der war wegen eines Auftrags einen Tag aus der Stadt gewesen und wollte den Abend bestimmt mit Sean verbringen.
Schon, als ich eine Hand an die Tür legte, spürte ich dieses Kribbeln und Ziehen, diesen leichten Kopfschmerz. Außerdem bemerkte ich auch die Gegenwart des Fremden! Mir lief ein Schauer der Vorfreude über den Rücken. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass ausgerechnet heute dieser Mann im Haven war? Normalerweise mied ich diesen Laden seit fast einem Jahr, seit diesem Kuss. Seit ich Mason aus dem Weg ging, weil ich meine Gefühle einfach nicht unter Kontrolle hatte, wenn es um ihn ging. Diese unerwünschten und verwirrenden Gefühle, die ich diesem Kerl gegenüber hatte.
Es wurde Zeit, dass ich meinen Gefährten endlich kennenlernte, damit ich Mason, den nervenden, kleinen Bruder meines besten Freundes, aus dem Kopf bekam.
Wie würde es gleich werden, wenn ich jetzt den Raum betrat?
Würden sich unsere Blicke magisch anziehen und würde es sofort klick machen? Oder wäre es eher ein leiser, kleiner Moment, in dem wir uns sahen, anlächelten und vorsichtig kennenlernen wollten?
Meine Hände waren mit einem Mal schweißnass und ich wischte sie an der Jeans ab. Mein Magen zog sich zusammen und ich war nervös! Aber das war normal! Schließlich würde ich in wenigen Sekunden meinem Schicksal Aug in Aug gegenüberstehen.
Ich atmete einmal tief durch, schloss die Augen und drückte die Tür auf.
Im Inneren brauchte ich einen Moment, um mich an das Schummerlicht zu gewöhnen. Dann blickte ich mich um. An der Theke saßen ein paar Bekannte, ich winkte abwesend, erwiderte ihren Gruß, dann ließ ich meinen Blick weiterwandern, die Wand entlang, in die Nischen, die noch mehr im Dunkeln lagen als der Rest des Raumes. Dann schickte ich meine anderen Sinne auf Reisen, konzentrierte mich auf das Gefährtenband, das ich in den letzten Tagen immer wieder gespürt hatte. Und dann fand ich ihn!
Er saß lachend in einer der Nischen, locker, entspannt, zufrieden und schien mein Kommen noch nicht bemerkt zu haben. Ich machte einen Schritt auf ihn zu, wollte mich ihm vorstellen, wollte auf mich aufmerksam machen. Doch dann erstarrte ich mitten in der Bewegung, denn der Begleiter des Fremden hob in diesem Moment den Blick und starrte mich mit offenem Mund an.
Mason!
Mason?
Wieso saß ausgerechnet dieser Mann bei dem fremden Wandler? Wieso brachte er ihn zum Lachen? Wieso hatten ausgerechnet diese beiden Menschen eine gute Zeit? Diese beiden Männer, die mein Leben in den letzten Wochen und Monaten beeinflusst hatten?
Mason, weil ich ihn einfach nicht aus dem Kopf bekam, obwohl ich es so sehr wollte. Der diese seltsame und unerwünschte Anziehung auf mich ausübte, die ich nicht begründen konnte. Und dann der Fremde, von dem ich mir sicher war, dass er mein Gefährte war. Der mein Gefährte sein musste, weil sein Auftauchen in Banff mit all diesen Emotionen zusammenfiel!
Mason erhob sich, sah mich an und die Kopfschmerzen wurden größer, die Anziehung auch, der Fremde sah erstaunt zwischen Mason und mir hin und her, griff mit der Hand nach Mason und ich konnte all die Dinge, die mir durch den Kopf gingen, gar nicht einordnen.
Wieso fasste er Mason an? Was sagte er zu ihm?
Ich spürte Eifersucht und Fragen in mir aufsteigen.
Außerdem war ich verwirrt, ich konnte mir einfach keinen Reim darauf machen, was in meinem Kopf vorging.
Da war der Fremde, der, den ich neulich nachts gespürt hatte und doch konnte ich meinen Blick nicht von Mason losreißen. Es war, als wäre die Zeit stehengeblieben. Als wären Mason und ich in einer Art Blase gefangen. Die Geräusche um uns herum wurden in den Hintergrund gedrängt.
Doch wie war das möglich?
Ich versuchte, meinen Blick von Sawyers Bruder zu lösen, versuchte mein Hirn davon zu überzeugen, dass es nicht richtig arbeitete. Ich wollte den Fremden ansehen. Aber jede Faser meines Körpers schrie danach, dass das falsch wäre. Aus dem Augenwinkel erhaschte ich einen Blick auf den Mann, er erschien mir seltsam blass und nichtssagend im Verhältnis zu Mason. Langweilig, unwichtig und auf keiner Ebene anziehend. Dafür schien Mason zu leuchten, als würde ihn eine Aura des Lichts umgeben.
Schnell schüttelte ich den Kopf, um dieses Bild loszuwerden.
Hatte ich irgendwelche halluzinogenen Pilze gegessen, getrunken oder eingeatmet? Zu sagen, ich wäre verwirrt, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts!
Mit aller mir noch zur Verfügung stehenden Selbstbeherrschung riss ich meinen Blick von Mason los. Dazu benötigte es nicht viel, außer, dass ich mir die Fingernägel schmerzhaft in die Handflächen presste, damit der Schmerz mich aus dieser seltsamen Trance herausholte. Ich zwang mich, in Richtung Theke zu gehen, die Augen stur geradeaus gerichtet und die Gedanken auf die Geschehnisse vor mir fokussiert. Dabei fühlte ich mich seltsam fremdbestimmt, wie ein Zombie, der zwar tat, was er wollte, aber sich doch bewusst war, dass irgendetwas nicht stimmte.
An der Theke angekommen, hievte ich mich auf einen der Barhocker und wurde sofort offen und freundlich von Benny begrüßt. Augenscheinlich war niemandem mein befremdliches Verhalten aufgefallen und das, was für mich Stunden gedauert hatte, musste in wenigen Augenblicken vorbei gewesen sein. Zumindest sah mich niemand komisch an oder fragte, ob ich noch alle Tassen im Schrank hätte.
„Na, Doc, Lust auf das Tagesgericht? Ein oder zwei Portionen müssten noch da sein. Und ein Bier dazu?!“, Benny war wie immer, offen, nett, höflich, geschäftstüchtig und ich war froh über diese Normalität, die mich hoffentlich aus meinem Gedankenkarussell herausholte.
Ich nickte, bis mein Hirn die Worte begriff.
Wollte ich ein Bier?
Bier bedeutete hier, dass Mason es gebraut hatte.
Mason, der Mann, an den ich nicht denken sollte!
Doch Benny war schon weg, um meine Bestellung fertig zu machen.
Ich fixierte meinen Blick auf die Marmorierung der hölzernen Theke vor mir und versuchte, meinen Atem unter Kontrolle zu bringen. Immer noch fühlte ich die Anwesenheit meines Gefährten, der Drang, mich umzudrehen, war riesengroß. Aber ich traute meinen Gefühlen nicht über den Weg. Wie konnte es sein, dass ich den Blick nicht von Mason lösen konnte, obwohl der Fremde im Raum war?
Mein Hirn war nicht bereit, die einzig logische Konsequenz zu akzeptieren. Was, wenn nicht der Fremde, sondern …
Heilige Scheiße. Das konnte doch nicht wahr sein!
Wieso?
Warum? Konnte das tatsächlich so sein?
Noch einmal erforschte ich meinen Geist, fühlte, was um mich herum passierte. Nutzte jeden meiner Sinne und noch ein paar, von denen ich nicht gewusst hatte, dass ich sie besaß.
Ich fühlte nach wie vor die immer machtvollere Nähe meines Gefährten … aber der Fremde war nicht mehr da!
Scheiße nochmal!
Das konnte nur eines bedeuten!
Ich vergrub mein Gesicht in den Händen und stöhnte laut auf.
Ich war verdammt nochmal auf dem Holzweg gewesen.
Langsam, aber sicher fielen alle Puzzleteile, alle Emotionen, alle Verwirrungen der letzten Wochen und Monate an den richtigen Platz und ließen am Ende ein Bild zurück, mit dem ich nie in meinem ganzen Leben gerechnet hätte.
Mason Haven war mein Gefährte!
Ob er es schon wusste und spürte? Oder war er genauso überrascht wie ich in diesem Moment?
Lange musste ich auf die Antwort nicht warten, denn als ich wieder aufsah, stand Mason genau vor mir und starrte mich an. Ich konnte seinen Blick nicht genau lesen. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich eine Art von Traurigkeit oder Verletzbarkeit in seinen Augen zu lesen, doch im nächsten Moment war da wieder nichts als Arroganz und Überheblichkeit, der typische Mason-Blick eben!
„Mason…“, begann ich, ohne genau zu wissen, was ich sagen wollte oder sollte. Ich warf noch einmal einen Blick über die Schulter, um sicher zu sein, dass der Fremde tatsächlich verschwunden war. Eigentlich wäre das nicht nötig gewesen, denn ich spürte, dass er weg war, genauso wie ich nun spürte, dass Mason mein Gefährte war.
Bevor ich meinen Gedanken zu Ende denken konnte, hob mein Gegenüber die Hand, die Stimme war kalt, beherrscht und machte mich trotzdem an!
„Halt, schon gut, du musst nichts sagen, Wiesel! Ich habe verstanden. Mach dir keine Sorgen, ich bin schon drüber weg!“
Dann drehte er sich um und verschwand durch die Tür hinter der Theke.
Verdammt!
Was dachte er verstanden zu haben? Wieso wollte er nicht mit mir reden und über was war er hinweg?
Ohne einen weiteren klaren Gedanken zu fassen, sprang ich auf und lief ihm hinterher. Zum Glück kannten mich die Familienmitglieder der Haven-Familie gut genug, um mich nicht aufzuhalten. Sie fragten sich vielleicht, was passiert war, dass ich Mason nachrannte, aber sie ließen mich gewähren. So kam ich ungehindert durch den kleinen Flur in Richtung Hinterausgang.
Mittlerweile spürte ich Masons Präsenz so deutlich, dass ich mich fragte, wie ich jemals hatte glauben können, dass der Fremde mein Gefährte sein konnte. Mason war auf der Straße, nicht weit weg vom Haven . Er ging schnell, aber zumindest rannte er noch nicht, dann hätte ich nämlich keine Chance ihn einzuholen.
„Mason! Bleib verdammt nochmal stehen!“, rief ich ihm hinterher, als ich ihn gerade um eine Hausecke verschwinden sah. Er zögerte kurz, drehte sich aber nicht um, sondern entzog sich meinem Blickfeld.
Das konnte doch nicht wahr sein. Wollte er jetzt einen auf kindisch machen und vor mir davonlaufen?
Wusste er denn nicht, dass es unmöglich war, vor seinem Schicksal, vor unserem Schicksal davonzulaufen? Ich erhöhte mein Tempo und bog wenige Augenblicke später um dieselbe Ecke, hinter der Mason kurz zuvor verschwunden war.
Auf den ersten Blick war sie leer! Aber meine Sinne ließen mich nicht im Stich, ich fühlte seine Nähe, hörte im selben Moment das Klicken eines Feuerzeugs und erkannte die Glut einer Zigarette. Nun sah ich ihn auch. Er lehnte locker und äußerlich entspannt an einer Hauswand, eine Hand in der Tasche seiner Jeans, die andere hielt die Zigarette. Lässig, überheblich, leicht desinteressiert, sexy und durch und durch Mason.
Wieder starrten wir uns eine gefühlte Ewigkeit an, während Mason einen tiefen Zug nahm und nicht mit der Wimper zuckte.
Schließlich war er es, der die Stille beendete: „Was willst du, Wiesel?!“
Scheiße, wenn er nicht so arrogant und anmaßend, so kalt und abweisend wäre. Wieso nur musste er mich immer so reizen und auf die Palme bringen?
Wie so oft kam es mir vor, als würde seine Präsenz mir die Luft zum Atmen nehmen, als wären sein Ego und seine Persönlichkeit so groß, dass der Raum zu schrumpfen schien.
Ich schluckte nervös und fuhr mir mit der Zunge über die Lippen, um sie zu befeuchten.
„Meinst du nicht, wir sollten darüber reden?!“
Ich erntete nur ein lautes, höhnisches Lachen.
„Oh, der Herr Doktor will reden? Worüber denn, wenn ich fragen darf?“
Er nahm einen erneuten Zug von seiner Zigarette, inhalierte, hielt den Rauch und stieß ihn wieder aus, wiederholte es und warf den Stummel schließlich auf den Boden. All das hätte nicht erotisch und heiß auf mich wirken sollen – tat es aber! Noch heißer war es, als er nun auf mich zukam, langsam, beobachtend, wie das Raubtier, das er war. Kurz vor mir blieb er stehen und blickte auf mich runter. Wieso war mir noch nie aufgefallen, dass Mason ein Stück größer war als ich?
„Ich habe keinen Bedarf, mit dir zu reden, Wiesel. Ich denke, ich weiß, was du sagen willst und um mich zu wiederholen: Ich. Bin. Drüber. Weg!“
Die letzten Worte flüsterte er betont und deutlich und war mir dabei so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Wange spürte und für einen Moment glaubte, vor lauter Lust zu vergehen.
Verdammt, hatte der arrogante Kerl schon immer so gut gerochen?
Er machte Anstalten, sich an mir vorbeizuschieben, wollte offensichtlich verschwinden. Ich bekam seine Jacke aber im letzten Moment zu fassen und zog ihn zurück. Nun standen wir so nah, dass sich unsere Fußspitzen berührten und ich musste erneut meine ganze Willenskraft aufbringen. Diesmal allerdings, um nicht meine Arme um seinen Hals zu schlingen und ihn noch näher zu ziehen! Das Tier in mir wollte sich ihm vor die Füße werfen und ihm den Bauch präsentieren, wollte sich seiner arroganten Dominanz unterwerfen und ihn auf der Stelle als seinen Gefährten anerkennen. Dem dummen Eichhörnchen war es vollkommen egal, dass dieser Mann laut und arrogant, nervig und anmaßend war.
Mir aber nicht!
Zumindest wollte ich, dass es mir nicht egal war!
Ich wollte ihn nicht wollen! Scheiße, ich war mir nicht mal sicher, ob ich ihn mochte! Wir kannten uns von Geburt an, also 28 Jahre, seit Mason geboren worden war. Unsere Freundschaft, Bekanntschaft, Beziehung war in den letzten 20 Jahren immer spannungsgeladen gewesen. Diese Spannung war auch jetzt deutlich zu spüren, nur war sie mit einem Mal deutlich sexuell geladen.
„Was willst du, Wiesel?!“
Immer noch dieser arrogante, leicht genervte Unterton, doch ich bemerkte auch etwas in seiner Stimme, das mich aufhorchen ließ. Etwas Unterschwelliges, das unter dem wenig netten Spitznamen und der unwirschen Frage mitklang. Konnte es am Ende sein, dass Mason dieselben Ängste und Gedanken, Befürchtungen und Überlegungen hatte wie ich? Der Mann, der sonst so selbstsicher und abgeklärt war, der mich immer wieder den letzten Nerv gekostet hatte?
So antwortete ich nicht auf seine Frage, sondern hob meine Hand an seine Wange und hielt ihn mit der anderen nach wie vor an der Jacke fest. Nicht zu fest! Er könnte sich jederzeit von mir lösen und einen Schritt zur Seite oder nach hinten treten, um sich meiner Berührung zu entziehen. Tat er aber nicht!
Weder, als ich mit dem Daumen sanft über sein Kinn fuhr.
Noch, als ich über seine Unterlippe fuhr.
Dafür weiteten sich seine Pupillen und sein sonst so sicherer und abgeklärter Blick verschleierte sich. Ich sah Lust darin, aber auch Unsicherheit!
„Mason …“, begann ich wieder.
„Was willst du? Du hast doch schon oft genug deutlich gemacht, was du von mir hältst. Lass mich gehen“, ich wollte fragen, was er meinte, doch dann schloss er seinen Satz mit einem leisen „bitte!“ und das war es, was mir den nötigen Mut gab, den ich brauchte.
Ich beugte mich vor, hörte, wie er erschrocken aufstöhnte, doch er entzog sich mir nicht. Langsam, um ihm immer noch die Chance zu geben, mich abzuweisen, kam ich ihm immer näher. Ich sah ihm in die Augen, blinzelte nicht, hielt seinen Blick und senkte schließlich meine Lippen auf seine.
Im Gegensatz zu unserem Kuss vor einigen Monaten waren wir beide nüchtern und wussten, was wir taten. Es war kein Überfall wie Masons Kuss damals. Wir ließen uns Zeit, ich ließ mir Zeit, denn noch war Mason stocksteif und ließ mich einfach nur machen. Also nahm ich mir alle Zeit der Welt. Ich kostete seinen Mund, umspielte seine Lippen mit der Zunge, liebkoste ihn, streichelte ihn mit der Hand an der Wange, legte ihm die andere an den Hals und hielt ihn sanft. Fuhr ihm mit den Fingern über die Haut und öffnete meinen Geist für meinen siebten Sinn. Den, der ganz und gar meinem Tier gehörte.
Ich spürte Masons Zurückhaltung, aber auch, dass sie bröckelte! Also trat ich noch einen winzigen Schritt näher und vertiefte den Kuss, schob ihm meine Zunge in den Mund und freute mich, als ich ihn aufstöhnen hörte. Nur einen Moment später spürte ich seine Hände an meinen Hüften, wurde noch näher an ihn herangezogen und Mason vertiefte den Kuss. Er übernahm die Führung, presste seine Front an meine und ließ nun alle Hemmungen fallen. Langsam ging er vorwärts und schob mich zurück, bis mein Rücken an eine Wand stieß! Nun war ich gefangen zwischen Masons Körper und der Hauswand. Doch statt mir Angst zu machen, turnte mich das nur noch mehr an. Ich schaltete mein Hirn aus und überließ mich ganz meinen Instinkten. Das führte dazu, dass mein Bein sich zwischen Masons schob. Ich konnte einfach nicht genug von ihm bekommen, von seiner Nähe, seinem Geruch, seinem Geschmack. Ich ließ mich in die Umarmung sinken, fühlte mich schwach und genoss es, ich vertraute ihm. So blöd es klang, aber irgendwie, auf einer Ebene, die ich bisher nicht gekannt, noch nie erfahren hatte, wusste ich, dass Mason nie etwas tun würde, um mich zu verletzen. Zumindest nicht bewusst!
Doch genau das tat er dann!
Denn im ersten Moment küssten wir uns wie verrückt und im nächsten Moment ließ er mich los und war weg, stand einen Meter von mir entfernt und sah mich mit riesigen, verwunderten, verletzten Augen an. Er schüttelte den Kopf, riss sich die Jacke vom Leib und verwandelte sich. Sekundenbruchteile später saß der Uhu, den ich überall erkennen würde, vor mir, inmitten von Klamotten. Er starrte mich eine Weile an, legte seinen Kopf schief und blinzelte mir zu.
Ich kniete mich vor ihm nieder.
„Ich weiß, das ist alles viel, aber ich will das. Ich will dich als Gefährten, was auch immer das für uns bedeutet!“
Er tippelte von einem Fuß auf den anderen, dann hüpfte er ein wenig und erhob sich mit einem lauten Schrei in die Lüfte.
Ich klaubte die Klamotten zusammen, steckte Masons Handy, seine Schlüssel und sein Portemonnaie in meine Taschen und beschloss, erstmal alles mit nach Hause zu nehmen. Was sollte ich auch sonst tun?
Mason war verwirrt, das hatte ich gespürt. Aber er hatte auch den Kuss genossen!
Das Genießen konnte ich nachvollziehen, genauso wie die Verwirrung. Denn es gab Dinge, die leichter zu begreifen waren als die Tatsache, dass ausgerechnet Mason Haven und ich Gefährten sein würden.
Wir kannten uns so lange, wir hatten eine seltsame, etwas holprige Vergangenheit. Wir waren es so gewöhnt, uns zu hassen, uns auf die Nerven zu gehen, uns vielleicht sogar aus dem Weg zu gehen. Er und ich … niemand hätte je damit gerechnet, dass gerade wir ein Traumpaar sein würden, zumindest in den Augen des Schicksals.
Ich würde ihm ein bisschen Zeit lassen und dann würde ich ihn dazu zwingen, mit mir zu sprechen.