Einer der faszinierendsten Aspekte beim Verfassen dieser Romanserie bestand darin, die Ursprünge zweier der größten Generale der Geschichte nachzuerzählen – woher sie kamen, was ihr Hintergrund war und wie der historische Kontext dazu beitrug, ihren Charakter zu formen und die Möglichkeiten zu bestimmen, die ihnen offenstanden. Ketten und Macht behandelt diesen entscheidenden Zeitraum ihrer Karrieren, da Bonaparte und Wellesley ihr Handwerk als Befehlshaber von Armeen erlernten. Und als welch furchterregende Armeen sich diese erweisen sollten!
Die Männer, die Napoleon bei seiner Ankunft in Italien antraf, waren hungrig, krank, schlecht ausgerüstet und ohne Sold, und sie waren einem besser bewaffneten und ausgebildeten Feind zahlenmäßig unterlegen. Doch wie Robert E. Lees Virginia-Armee errangen sie gewaltige Siege, weil sie schärfer marschierten und härter kämpften und daneben einen grandiosen Elan besaßen. Das hatten sie Napoleon zu verdanken. Von Beginn an wusste er, was Männer motivierte, und unternahm jede Anstrengung, ihren Respekt zu gewinnen. Er sorgte dafür, dass guter Dienst und Tapferkeit belohnt wurden, und er duldete ein Maß an Ungezwungenheit seitens seiner Männer, die ihnen das Herz wärmte und dazu führte, dass sie sich mit seinen militärischen Zielen und letztendlich mit seinen politischen Ambitionen identifizierten.
Im Gegensatz dazu war Wellesley äußerst professionell und verstand schnell, dass unermüdlicher Drill und Vorbereitung ihm eine Armee an die Hand geben würden, die angesichts weit größerer feindlicher Kräfte nicht wankte. Als die britischen Truppen auf ihren Gegner trafen, waren sie diesem in puncto Disziplin und Ausbildung um Längen überlegen, mit dem Ergebnis, dass eine Handvoll Europäer über ganz Indien herrschte, als die Wellesley-Brüder den Subkontinent verließen. Während Napoleon ein gerissener Menschenführer war, war Wellesley ein Meister penibler Logistik, auf dem Schlachtfeld wie außerhalb davon.
Wenn man beider Laufbahn betrachtet, ist es wichtig, die verschiedenen Umstände nicht aus den Augen zu verlieren, unter denen sie jeweils vorwärtszukommen versuchten.
Für Napoleon war es ein großer Glücksfall, dass er sich zur Zeit des royalistischen Aufstands in Paris aufhielt. Das verschaffte ihm eine Reputation, die auszubeuten er keine Sekunde zögerte. Tatsächlich war ihm das Glück bei seinem kometenhaften Aufstieg zum Ersten Konsul auf Schritt und Tritt hold.
Für Wellesley, der in einem weitaus starreren politischen und militärischen Umfeld feststeckte, war die Aussicht auf Beförderung viel begrenzter als bei seinem großen Rivalen – zumindest bis er nach Indien kam, wo ihm die britischen Ambitionen, den Einfluss der Ostindien-Kompanie auszudehnen, endlich die Gelegenheit verschafften, mit seinen Vorstellungen von militärischer Führung zu experimentieren und sie zu perfektionieren. Seine Vorgesetzten lernten seine natürliche Ausstrahlung und unermüdliche Hingabe an seine Berufung bald zu schätzen, und sie legten die starren Regeln des militärischen Aufstiegs oft großzügig aus, um ihm bei den Feldzügen, an denen er teilnahm, einen Kommandoposten zu sichern. Anders als der aufbrausende Napoleon verkörperte Wellesley den ruhigen, gesammelten Befehlshaber, wie seine Offiziere und Soldaten in Berichten und Briefen nach Hause häufig bemerkten.
Mit Napoleon als Herr über Frankreich und gewichtiger Machtfaktor in Europa sowie Wellesley als Held Indiens ist die Bühne bereitet, auf der sich jeder der beiden Männer seinen Platz in der Geschichte erobern kann. Während Napoleon danach trachtet, Frankreich zur unbestritten stärksten Macht in Europa zu machen, ist Arthur entschlossen, Frankreich zu besiegen und seinem Land das Chaos und Blutvergießen der Revolution zu ersparen.
Ich schließe mit der üblichen Warnung. Auch wenn Ketten und Macht ein fiktives Werk ist, habe ich mich nach Kräften bemüht, den Tatsachen treu zu bleiben. Es gab jedoch Fälle, wo ich die Historie ein wenig verfälschen und die Zeit raffen musste, damit die Geschichte funktioniert. Bei allen Puristen entschuldige ich mich dafür, aber ich wollte meine Begeisterung für diese beiden überragenden historischen Gestalten so flott und lesbar wie möglich vermitteln. Sie lebten in außergewöhnlichen Zeiten und waren außergewöhnliche Menschen, und genau diesem Aspekt wollte ich mit meinem Roman gerecht werden.
Simon Scarrow
Januar 2007