Montag, 14. Januar

Noch mehr Tierquälerei: Frau Schreuder hat beim Käfigsaubermachen versehentlich ihren Kanarienvogel eingesaugt. Als sie nach nervenaufreibenden Minuten mit zitternden Händen endlich den Staubsauger aufbekommen hatte, war von ihrem fröhlichen Sänger nicht mehr viel übrig. Vielleicht hätte sie den Staubsauger aber auch gleich ausschalten müssen. Ihr Pietje hatte noch ein bisschen gelebt, aber nach ein paar Minuten den Kampf dann doch verloren. Schreuder ist untröstlich und wird zerfressen von Schuldgefühlen.

Jeder hier hat eine dezidierte Meinung über Kekse in einem Aquarium. Aber wenn man jemanden fragt, was er zum Krieg in Syrien sagt, schaut er einen an, als hätte man ihn gebeten, ihm die Relativitätstheorie zu erklären. Ein paar Fische, die tot auf dem Rücken schwimmen, sind schlimmer als ein Bus voll Frauen und Kindern, der in einem fernen Land in die Luft gesprengt wird.

Aber ich will hier nicht groß heucheln: Ich genieße den Fischskandal in vollen Zügen, das kann ich nicht leugnen. Die Bestürzung, die sämtliche Bewohner des Heims befallen hat, ist beeindruckend. Ich gehe gleich mal wieder in den Gemeinschaftsraum, um gemütlich über Fische zu plaudern.

Der Winter ist da. Noch ist keine Schneeflocke liegen geblieben, aber gestern hab ich schon den ersten älteren Herrn gesehen, der sich Wollsocken über die Schuhe zieht, bevor er nach draußen geht. Damit er nicht ausrutscht.