Mittwoch, 19. Juni

Bei warmem Wetter sterben überdurchschnittlich viele alte Menschen. Wetterfrosch Piet Paulusma hat dreiunddreißig Grad vorhergesagt. Ich hoffe, ich erlebe den Abend.

Bei Anja in der Verwaltung gewesen, um mich zu erkundigen, ob sie uns schon auf der Spur sind. Die Direktorin war irgendwo auf einem Kongress über Innovationen in der Pflege, deswegen hatten wir das Reich für uns allein.

Tatsächlich beschäftigt sich eine interne Mitteilung mit der Frage, woher der Antrag auf Einsichtnahme in die Statuten und Vorschriften des Heims kommt. Die Direktorin hat gegenüber dem Vorstand ihrer Vermutung Ausdruck gegeben, dass »eine kleine, eng befreundete Gruppe unzufriedener Bewohner« dahintersteckt. Das sind wir.

Der Vorstand war erschrocken angesichts der Androhung einer einstweiligen Verfügung und hat sich nach dem möglichen Hintergrund erkundigt. Der Umstand, dass die Vorstände von Pflegeeinrichtungen in letzter Zeit gerne mal unfreiwillig in die Zeitung kommen, wirkt sich zu unserem Vorteil aus: Sie haben schreckliche Angst vor Negativschlagzeilen. Der Auftrag an die Stelwagen lautete dann auch: Alles Nötige unternehmen, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Sie hat versprochen, innerhalb kürzester Zeit Kontakt mit dem Anwalt aufzunehmen, der den Antrag eingereicht hat.

Ich habe später noch mit Eefje überlegt, was wir mit den Informationen anfangen sollen, die wir von Anja bekommen. Wir haben beschlossen, unsere Quelle vor unserem Anwalt geheim zu halten und auch vor den anderen Mitgliedern unseres Clubs, um sie nicht mit gefährlichem Wissen zu belasten. Wir wollen nicht, dass unsere Anja Appelboom in einem Atemzug mit Julian Assange, Edward Snowden und Bradley Manning genannt wird.

Ich muss zugeben, dass mich die ganze Sache ein bisschen nervös macht.