Dienstag, 17. Dezember

»Sie sollten lieber aufhören mit dem Vorlesen. Ich glaube nicht, dass Frau Brandt Sie noch hört.«

Eefje hat nur noch selten die Augen auf und reagiert kaum mehr, also hat die Schwester vielleicht sogar recht. Aber ich denke mir, es wäre trotzdem möglich, dass sie aus der Stimme neben ihrem Bett rein gefühlsmäßig noch einen vagen Trost ziehen kann. Dass das Vorlesen sie beruhigt. Und wenn ich sowieso jeden Tag zweimal ein halbes Stündchen dort sitze, kann ich ihr genauso gut vorlesen und sie Musik hören lassen. Und wenn es sie weder beruhigt noch tröstet, dann hilft es zumindest mir ein bisschen. Man kann nicht gleichzeitig vorlesen und grübeln.

Dabei habe ich gerade ein neues Buch angefangen: Wir fangen gerade erst an. Es handelt von fünf Senioren in einem Altenheim, die einen Überfall verüben. Ich glaube, das ist ein nettes Buch mit Hauptpersonen, in denen man sich wiederfinden kann.

Alt ist in. Zumindest gibt es in Hülle und Fülle Filme, Bücher, Dokumentationen und Zeitungsartikel über alte Menschen. Im täglichen Leben merken wir nichts von dieser Aufmerksamkeit, im Gegenteil. Es gibt weniger Geld und weniger Pflege als noch vor ein paar Jahren.

Die nächste Generation von Senioren beginnt, sich ein wenig Sorgen zu machen. Sie sehen ihre Väter und Mütter vereinsamen oder haben sie schon begraben. Die reichen, mächtigen Sechziger von heute werden nicht mehr in ein Heim gehen, um dort langsam zu verkümmern.