Montag, 4. März

Große Panik: Frau Schaar war aus der Demenzabteilung ausgebrochen. Sie hatte eine neue Praktikantin überzeugt, dass sie ohne Begleitung auf die Straße dürfe. Als Entschuldigung für die Praktikantin kann man einen IQ von fünfundfünzig anführen. Frau Schaar war anmutig zur Tür hinausspaziert. Sie ist der Meinung, dass sie adlig ist, und stellt sich selbst gerne als Fräulein von Schaar vor. Immer auf der Suche nach ihrem Landgut. Verrückt wie noch mal was, und Zucker hat sie auch noch.

Ein Gutteil des Personals wurde auf die Straße geschickt, um sie zu suchen. Jemand hatte die Stelwagen gefragt, ob man nicht die Polizei einschalten sollte. »Nein, das ist nicht nötig, dazu gibt es gar keine Veranlassung.«

Die Direktorin fürchtet nichts so sehr wie Negativschlagzeilen und wäscht die Schmutzwäsche grundsätzlich innerhalb der Mauern unseres Heims.

Später wurde durch die Abteilungsleiterin mitgeteilt, dass Frau Schaar wiedergefunden worden sei, aber das muss eine Lüge gewesen sein, um die Gemüter zu beruhigen, denn die Schaar war weit und breit nicht zu sehen. Evert machte die Probe aufs Exempel und erzählte einer Schwester beiläufig, er habe Fräulein von Schaar bei der Bushaltestelle stehen sehen. Zwei Minuten später zogen zwei vom Personal Richtung Bushaltestelle. Eindeutige Sache.

Nach einer Dreiviertelstunde kam Schwester »Compostella«, eine furchtbar goldige Frau mit unaussprechlichem spanischem Namen, und erzählte, dass man Frau Schaar gefunden habe. »Aber sie war doch schon wieder da?«, wunderte sich Herr Brentjesns. »Ja, aber jetzt ist sie wirklich zurück«, sagte sie strahlend.

Fünf Minuten später brachte man das Fräulein von Schaar durch die Hintertür ins Haus. Ganz schlammverschmiert. Später erzählte sie, sie sei bei einer Treibjagd auf ihrem Landgut stecken geblieben. Wie es aussah, war sie der Länge nach in den Schlamm gefallen und hatte nicht mehr aus eigener Kraft aufstehen können. Ein Mann, der seinen Hund Gassi führte, hatte sie gefunden und die Polizei benachrichtigt. Die Beamten, die sie zurückbrachten, waren bestimmt zwanzig Minuten im Büro der Stelwagen. Danach wurden alle Bewohner dringend ersucht, nichts über diesen Vorfall nach außen dringen zu lassen, in ihrem eigenen Interesse. Die Stelwagen kam extra noch einmal bei Evert vorbei, um ihm mitzuteilen, dass Frau Schaar nicht mit dem Bus gefahren sei.

»Das hab ich auch nie behauptet, Schwester. Ich hab sie nur an der Haltestelle stehen sehen.«

»Ich bin keine Schwester, und ich bezweifle Ihre Beobachtung. Ich würde Ihnen raten, in Zukunft vorsichtiger zu sein.«

Evert, der hier jede Mitarbeiterin grundsätzlich Schwester nennt, war offensichtlich auf Provokation aus: »Noch vorsichtiger geht kaum, Schwester.«

Die Stelwagen zögerte kurz, dann drehte sie sich um und ging davon.

Später hat sich das Personal noch bei allen möglichen Bewohnern erkundigt, ob Herr Duiker an diesem Tag noch einmal vor der Tür gewesen sei. Das war er. Herr Evert Duiker ist nicht verrückt.