Die Reisfelder dehnen sich hier bis fast an den Rand des Dschungels. In einem Teich sielen sich ein paar Wasserbüffel, bis zum Rücken eingesunken im schlammigen Wasser. Ab und zu schlenkert einer mit den Ohren. Auf einem Feldweg ein einzelner Büffel, der vor einen zweirädrigen Wagen gespannt ist, sein Kopf ist tief gesenkt als schlafe er im Stehen. Eine kleine Gruppe von Reisbauern, die nur mit großen Strohhüten, Hemden und Lendentüchern bekleidet sind, arbeitet vornübergebeugt, die Beine bis zu den Waden im Wasser. Wenn einer einen Fuß vorwärts setzt, schmatzt es, sonst kein Laut, sie arbeiten schweigend, wie Stumme. Wortlos pflanzen sie die frischen Setzlinge von Reispflanzen in den Schlamm unter Wasser. Außer dass sich der Tag seinem Ende zuneigt, manifestiert sich keine Zeit, als sei sie etwas Verbotenes — noch nicht einmal eine wirkliche Gegenwart scheint zu existieren, weil jede getane Handbewegung bereits Vergangenheit ist, und jede unmittelbar folgende Zukunft. Alle sind hier außerhalb der Geschichte, die in ihrer Verschwiegenheit kein Präsens erlaubt. Der Reis wird gepflanzt, geerntet, wieder gepflanzt. Königreiche verflüchtigen sich in Dunst. Stille. In die Verstummtheit von Ewigkeiten fallen auf einmal Schüsse. Die Bauern fliehen.
Vom Rand des Dschungels brechen Onoda und seine zwei Soldaten ins Freie. Jeder weiß, was er zu tun hat. Onoda feuert noch einen Schuss hinter den Fliehenden her, Kozuka schießt dem vor den Wagen gespannten Büffel unzeremoniell eine Kugel in den Kopf, Shimada macht sich sofort daran, mit schnellen Handgriffen die Hinterbeine des getöteten Tiers abzutrennen. Sie sind eingespielt, haben das alles schon oft gemacht. Kozuka schneidet lange Streifen von Fleisch entlang der Wirbelsäule ab. Aus dem entfernten Weiler kommen keine Angreifer. Die Wasserbüffel im Schlamm, gelangweilt, zeigen keine Regung. Dann, mit ihrer schweren Beute beladen, treten die Soldaten den Rückzug an. Zu der Ladung Fleisch oben auf seinem Rucksack trägt Onoda das gesamte hintere Bein des Büffels in seinen Armen, als bringe er einen blutenden Verwundeten in Sicherheit. Die Männer wissen, in der sich herabsenkenden Dunkelheit wird ihnen nicht einmal ein gut bewaffneter Trupp des Gegners hinein in den Urwald folgen.
»Unser bester Freund ist der Nebel«, bemerkt Onoda, während er ein qualmendes Feuer weiter mit Holz schürt. Der gesamte Dschungel ist von Nebel durchzogen, leichter Nieselregen fällt. Nur in ihm können die Männer den Rauch und damit ihren Standort verheimlichen. Shimada legt immer wieder Stücke einer Baumrinde in die Glut hinein, die den dunklen Qualm weiß verfärbt, genau in der Farbe des Nebels. Auf einem provisorischen Gerüst hängen Streifen von Fleisch zum Räuchern. Im feuchtheißen Klima würde unbehandeltes Fleisch innerhalb von ein, zwei Tagen verfaulen. Es gibt eine Zeit für Fleisch, eine für Kokosnüsse, eine für Reis. Onoda überfällt die Ernten, wobei er gewöhnlich zwei Sack Reis konfisziert, nie mehr. Er will nicht, dass zu viele gegnerische Soldaten auf ihn angesetzt werden, er will die Insel von philippinischen Truppen so weit wie möglich freihalten. Die kaiserliche Armee soll bei ihrer Rückkehr nicht auf zu viele gegnerische Truppen treffen. Als er einmal nachts bis ins Innere von Tilik vordringt, kommt es zu einem direkten Schusswechsel. Es gibt Verwundete auf Seiten der philippinischen Armee, und Shimada wird am linken Bein verletzt, was ihm lange zu schaffen machen wird. Von da an ist die Zahl der Gegner deutlich erhöht, der Druck auf die drei nicht zu fassenden japanischen Soldaten spürbarer. An Stellen, die Onoda mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwann passieren wird, kommt es immer wieder zu Hinterhalten, kurzen Schusswechseln. Onodas Vorsicht ist die Vorsicht eines wilden Tiers. Die mit Dschungel überwucherten Steilhänge sind recht sicher, aber es gibt keine einzige Wasserstelle mehr auf Lubang, bei der nicht Gefahr lauern könnte. Doch gibt es auch Momente, in denen Onoda plötzlich aus dem Dschungel heraustritt und einen Schuss über die Köpfe der erschrockenen Dorfbewohner abfeuert, nur um zu zeigen, dass er noch da ist, dass er die Insel Lubang weiterhin militärisch besetzt hält. Er wird zum Mythos. Für die Einheimischen ist er der Geist im Wald, von ihm wird nur im Flüsterton gesprochen. Für die philippinische Armee, die seiner nicht habhaft werden kann, ist er eine dauernde Erinnerung an ihre Unfähigkeit, aber zugleich sprechen die Truppen von ihm auch mit der Zuneigung, die man einem Maskottchen zukommen lässt. Zwei Soldaten, die bei einem Zusammenstoß mit ihm absichtlich weit über seinen Kopf zielen, werden gemaßregelt. Und doch gibt es auch Tote auf Seiten der philippinischen Streitkräfte und unter den Einheimischen. Onoda hat sich nie detailliert dazu geäußert, und auch von philippinischen Behörden gibt es keine offiziellen Auskünfte. Und in Japan wiederum halten die Zeitungen seinen einsamen Krieg im ständigen Bewusstsein des Volkes, wobei man auf den Mythos des tapferen, einsamen Soldaten anspielt, so aber gleichzeitig einen schmerzhaften Hinweis auf die Niederlage Japans im Weltkrieg lebendig hält.