Onoda und Kozuka kriechen in hohem Gras vorwärts, schleichen sich so an, wie man das von Löwinnen kennt, die Beute vor sich haben. Einige Palmen, dazwischen Papayabäume. Gelächter von den Männern bei der Arbeit.
»Wo sind die beiden Wächter?«, flüstert Onoda.
Kozuka hat sie ausgemacht. »Zur Linken, kaum zu sehen, unter dem Stück Zeltplane als Sonnenschutz.«
Onoda horcht angestrengt. »Ich höre Musik.«
»Ein Radio? Wie kann ein Radio hier draußen im Freien funktionieren?«, flüstert Kozuka. Onoda beschließt, anzugreifen. Er springt auf, eröffnet das Feuer. Die Bauern schreien, fliehen in alle Richtungen. Einer der Feldwächter versucht, einen Schuss abzugeben, aber offensichtlich ist sein Gewehr gar nicht geladen. Der andere schießt wahllos in die Richtung von Onoda, trifft nur kleine Steine am Boden, die auseinanderspritzen, aber ein Querschläger trifft Onoda am Fuß. Erst eine Stunde später wird er feststellen, dass er in seinen Stiefel hineinblutet. Schon ist das Feld verlassen von seinen Verteidigern. Kozuka packt einen Sack mit Reis, eine Machete, mehrere Papayas. Onoda findet das kleine Kurzwellenradio, das noch immer Musik von einem örtlichen Sender spielt. Die Stimme eines Discjockeys in Tagalog verbreitet hemmungslos Frohsinn. Der Lautsprecher ist ziemlich schwach, und Onoda müht sich eine Weile vergeblich, den Knopf zu finden, mit dem sich das Gerät abschalten lässt. Er will nicht bei seinem Rückzug durch die Musik verraten werden.
»Desde la Capital del Tango, desde Buenos Aires …«, hört Onoda aus dem Lautsprecher, als er schließlich in einem sicheren Versteck unter einem Felsvorsprung versucht, einen Sender zu finden. Wie das möglich sei, Buenos Aires zu hören, wundert sich Kozuka, über solche Entfernung hinweg. Onoda ist eher belustigt darüber, was Kozuka denn in der Schule gelernt habe. Dies seien Kurzwellen, die von der Stratosphäre aus auf die Erde zurückgeworfen würden und sich im Zickzack um den Erdball herum fortpflanzten. Weil der Ton so leise ist und leiert, nimmt Onoda das Gerät auseinander und kommt zu dem Schluss, dass die Batterien schwach sind. Aber etwas erstaunt ihn: Dieses Radio hat keine Röhren, es muss sich um eine unbegreifliche Fortentwicklung handeln. Er wischt die Kontakte der Batterien sauber und setzt sie wieder ein. Viel Statik, verworrene Bruchstücke fremder Sprachen, dann auf einmal, für weniger als eine Minute, das Crescendo eines Klavierkonzerts von Beethoven. Dann eine japanische Station. Weil der Ton so schwach ist und an- und abschwillt, legen beide Männer ihre Ohren nah an den kleinen Lautsprecher, drängen ihre Köpfe zusammen. Ein Pferderennen wird übertragen.
»Und hier«, verkündet der Sprecher, »das zweite Ereignis des Abends, das Kyoto Grand. Kirschblüte ist der Favorit, die Stute …«
»Ein Galopprennen, unglaublich, ich weiß kaum mehr, wie ein Pferd aussieht«, flüstert Kozuka.
»Ein Beweis«, frohlockt Onoda, »dass Japan siegreich durch den Krieg kommt, wie sonst könnte es Pferderennen geben?«
Der Empfang setzt immer wieder aus, aber eindeutig ist es ein Pferderennen. »Und hier, Hokkaidos Stolz … übernimmt die Führung, das Feld ist in der Schlusskurve weit auseinandergezogen …«
Weil die Batterien so schwach sind, wärmt sie Onoda unter seinen Achselhöhlen.
»Dies ist das Feld bei Rennen Nummer vier: Gefiederter Pfeil, Raubvogel, Weißer Schatten, der bereits das Tokyo Open gewonnen hat, nervös tänzelnd …«
»Wir könnten darauf setzen, wer gewinnen wird«, schlägt Kozuka vor.
»Wie denn, ich weiß nichts über diese Rennpferde«, wendet Onoda ein. Kozuka nickt.
Aber Onoda geht dennoch auf den Vorschlag ein. »Ich setze auf Weißer Schatten, er klingt wie ein Sieger.«
Kozuka setzt auf Raubvogel. Aber aus dem Lautsprecher dringt eine Überraschung.
»Nein, nein, nein, NEIN«, überschlägt sich die Stimme aus dem Radio, »Weißer Schatten ist aus der Startbox ausgebrochen, hat seinen Reiter abgeworfen. Weißer Schatten setzt mit leerem Sattel über das Gatter des Geläufs und galoppiert Richtung Parkplätze. Stallburschen haben die Verfolgung aufgenommen, aber wie finden sie den Hengst zwischen zwanzigtausend geparkten Autos? Das Rennen muss jetzt ohne ihn starten.«
»Zwanzigtausend, unglaublich«, sagt Kozuka.
»Als ich einmal auf der Rennbahn war«, erinnert sich Onoda, »gab es da viele Busse und vielleicht zweihundert Automobile, höchstens.«
Dann macht er lächelnd einen Vorschlag: »Solltest du ein Siegerpferd korrekt vorhersagen, spräche das für deine überlegene Intelligenz, und das würde für einen Tag dich zu meinem Vorgesetzten machen.«
Mehrmals liegen die beiden Männer falsch mit ihren Wetten, aber dann, in einem Rennen, das fast nicht mehr hörbar ist, setzt Kozuka auf Samurai Eins. Im Radio fällt kein Wort über das Pferd, aber dann plötzlich sagt der Reporter atemlos: »Shinjuku hält die Führung, aber er hat sich verausgabt. Wie aus dem Nichts prescht Samurai Eins nach vorne. Er rollt das gesamte Feld auf, geht in Führung, hält die Führung bis ins Ziel. Das war knapp.«
Onoda gratuliert Kozuka zu seiner Intuition. Am nächsten Tag ist Kozuka der Anführer, aber er weiß mit der Beförderung nichts anzufangen. Seine Rolle hat in den Jahrzehnten derart von ihm Besitz genommen, dass er kaum in der Lage ist, auch nur einen einfachen Befehl zu erteilen. Aber die Männer lachen, es wird ein schwereloser Tag der kleinen Missgeschicke. Weil die Batterien bereits aufgebraucht sind, schlägt Kozuka vor — und befiehlt es nicht —, den Hauptort Lubang anzugreifen und neue zu erbeuten.
»Kozuka«, wendet Onoda ein, »du bist heute zwar mein Vorgesetzter, aber wir können Lubang nicht angreifen. Wir hätten mehrere Kilometer flaches, freies Gelände zu überwinden, und es gibt achthundert Einwohner, das ist meine Schätzung, wahrscheinlich liege ich damit noch zu tief.«
»Entschuldigung«, beeilt sich Kozuka, »das war nur ein Gedanke.«