Kapitel 6

Eigentlich wollte ich Unkraut jäten, nachdem ich die Tiere versorgt hatte, doch stattdessen verbrachte ich den Nachmittag mit einem Sonnenbad. Ich habe keine Ausrede, denn es war in letzter Zeit so heiß, dass ich so braun geworden bin wie sonst nicht mal in den Ferien. Ich ziehe immer alles aus; und jeder unerwartete Besucher kann sich also satt sehen, doch das ist mir egal.

Als ich mit Jeff verheiratet war, habe ich mich immer oben ohne auf dem Dach seines Ateliers gesonnt, bis er eines Tages zu mir heraufkam, um mit mir zu reden, und den Kerl mit dem Fernglas entdeckte, das in der Sonne blinkte. Ich fand es witzig, stand auf und winkte dem Typ, aber Jeff drehte durch und zerrte mich praktisch die Treppe hinunter. Er verlor ständig den Halt, weil ich von all der Sonnenmilch so glitschig war und mich wand wie verrückt. Am Ende musste er mich loslassen, und ich rannte den Flur entlang direkt in einen Mann von einer Werbeagentur, einen seiner besten Kunden. Da habe ich gemerkt, dass Jeff eigentlich keinen Sinn für Humor hat, weil er sich eine Woche lang weigerte, mit mir zu sprechen. Doch schließlich musste er zugeben, dass es gut fürs Geschäft gewesen war, denn danach gab ihm der Kunde noch mehr Aufträge.

Ich versuchte zu lesen – Harold Robbins –, aber es war sinnlos, denn ich wollte auf dem Rücken liegen, und ich lese so langsam, dass ich vergessen habe, was am Anfang passiert ist, wenn ich halb durch bin, also gab ich auf und dachte darüber nach, wie es wäre, wenn mein Leben eine andere Richtung genommen hätte. Nicht nur mit Lenny, sondern wenn ich gut in der Schule gewesen wäre und einen Abschluss gemacht hätte. Ich wäre gern Krankenschwester für Tiere geworden oder ... keine Ahnung, irgendwas mit Tieren. Ich hätte ganz gut sein können, aber ich war auf der Hauptschule, und da wurde man nicht besonders gefördert. Damals habe ich nie daran gedacht, dass man Prüfungen braucht, und meine Noten waren sowieso immer so schlecht, dass die Lehrer gedacht hätten, bei mir ist eine Schraube locker, wenn ich gefragt hätte, ob ich bleiben kann.

Aber eigentlich habe ich nichts dagegen. Wie ich schon sagte, ich mag anders aussehen, als ich bin, aber ich habe nichts dagegen, das zu sein, was ich bin, solange es sinnvoll ist. Das ist etwas, was ich an Lenny nie verstanden habe: Er brachte Millionen Menschen zum Lachen, und sie beteten ihn an, aber er wollte nicht der sein, der er war. Er war sehr ... wie sagt man? Sich selbst beobachtend. Selbstkritisch, das ist es. Viel mehr als Jack. Sowohl was die Arbeit als auch was ihn selbst betraf. Ich meine, Jack fing einfach an, tat seine Arbeit und war fertig, und das war's. Lenny war nie zufrieden. Er machte sich immer Notizen, wie er etwas verbessern könnte, und Jack ließ ihn einfach machen. Wenn er etwas für eine gute Idee hielt, sagte er: »Super, machen wir«, aber er mischte sich eigentlich nie ein. Lenny hatte immer das Gefühl, er müsste alles erst mal testen, so als ... ach, ich weiß nicht. Als versuchte er irgendwie, sicherzugehen, dass es echt war.

Ich habe immer zu ihm gesagt: »Sei nicht dumm, ich liebe dich, weil du du bist«, und er sagte: »Wie kannst du nur.«

Manchmal kam mir der Gedanke, dass er sich nur so benahm, damit ich genug von ihm bekam und ihn verließ und er sagen konnte: »Siehst du, ich wusste, dass du mich nicht wirklich liebst.«

Aber ich dachte, es läge an mir, deshalb versuchte ich, die perfekte Freundin zu sein, doch je mehr ich es versuchte, desto schlimmer wurde er. Schließlich gab ich auf. Wenn ich heute zurückblicke, denke ich, es läuft alles auf eines hinaus: Entweder man ist der Typ, der glücklich sein kann, oder man ist es nicht. Und wenn man es nicht ist, kann das ganze Land über deine Witze vor Lachen brüllen, es ändert kein bisschen. Jawohl. Nur rauf auf die Couch, Doktor Alice ist gleich für Sie da.

Aber so wollen die Leute die Komiker haben. In der Seele unglücklich. Der Tod von Tony Hancock ist Lenny richtig nahe gegangen. »Armer Teufel«, sagte er immer wieder. »Armer Teufel.«

Dann wedelte er mir mit der Zeitung vor der Nase herum und sagte: »Das wollen die Leute. So sollen wir sterben.«

Ich entschloss mich, den vertrödelten Nachmittag wieder gutzumachen und in der Küche das Zaumzeug der Pferde zu putzen. Dort mache ich alles. Die Küche und das Badezimmer sind die einzigen Räume, die ich im unteren Stockwerk benutze, es sei denn, ich habe Gäste. Ich brauche die anderen Zimmer nicht, weil die Küche so groß ist und außer dem Küchenzeug auch ein Tisch und ein Sofa drinstehen.

Seit einer Woche schob ich das Reinigen des Zaumzeugs schon vor mir her, aber eigentlich war es sehr befriedigend. Ich hörte Radio, Eustace schnarchte auf dem Teppich, und ich setzte gerade das zweite Zaumzeug wieder zusammen, als es an der Tür klingelte. Eustace sprang auf und schoss in die Diele, wobei er wie immer beinahe auf dem Läufer ausrutschte. Ich fasste ihn am Halsband, ehe ich die Tür öffnete, weil es für die meisten Menschen nicht unbedingt zu einem herzlichen Willkommen gehört, von einem Hund abgeschleckt zu werden. Deshalb beugte ich mich hinunter, und das Erste, was ich sah, war ein Koffer, und dann, daneben, Beine und Füße. Männlich.

»Keine Angst, er beißt nicht«, sagte ich automatisch, als Eustace nach vorne drängte, um die Schuhe zu beschnüffeln. Ich konnte mich nicht aufrichten, weil ich ihn sonst hätte loslassen müssen, so dass ich durch die Haare nach oben schielte und Beine, den Schritt einer Hose, eine Brust, einen Hals sah, und dann –

»Hallo, Bunny Alice.«

Es war Jack! Mit einem Strauß Rosen stand er unter der Lampe auf meiner Veranda.