Kapitel 30

Irgendwo über meinem Kopf hörte ich ein lautes Knarren, dann fiel eine Tür zu. Eine Autotür. Auto. Auto im Straßengraben. Auf mich, es stürzt ab, es stürzt auf mich und wird mich zermalmen. WEG – ICH MUSS AUS DEM STRASSENGRABEN KLETTERN – ICH MUSS HIER RAUS.

Ich suchte Halt an der Böschung. Dunkel, ich kann nichts sehen, warum ist es so dunkel ... muss die richtige Seite erwischen – ja – Gras, keine Hecke, gut, Gras ist gut, aber da ist etwas an meiner Seite, meiner Hüfte – Auto, es ist das Auto – nein – warte, nicht das Auto, falsche Seite, das ist Beton – hart – Sperre – für das Regenwasser, viel Regenwasser – zieh dich auf den Seitenstreifen, auf Händen und Knien, ja ... ja ...

Mit dem Gesicht nach unten lag ich auf dem Seitenstreifen. Immer noch da. Ich bin noch da. Lebe noch. Haha. Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? Niemand! Und wenn er kommt? Dann laufen wir! Kalt. Warum ist mir kalt? Es ist Sommer. Weiß eigentlich nicht ... warum ich hier bin. Ich bin nicht mit Eustace spazieren gegangen. Nein. Nicht mitten in der Nacht. Das wäre dumm.

Zweige knackten. Ich sah hoch. Das Geräusch kam aus der Nähe des Autos. Mist. Jemand hat versucht, mich umzubringen. Die Andersons, da wollte ich hin, weil ... weil ... Füße. Hatte ich nicht eine Tür gehört? Eine Autotür? Das hieß, jemand war ausgestiegen. Wenn es die Andersons sind, spare ich mir den Weg, dachte ich törichterweise. Aber er ist der Pfarrer und würde nicht versuchen, andere Leute zu überfahren.

Unter dem Auto schimmerte Licht. Es kam von der anderen Seite. Eine Taschenlampe. Ich erkannte die Umrisse einer großen, dunklen Limousine, deren Motorhaube in der Hecke vergraben war und deren Vorderräder über dem Abgrund hingen. Das Licht verschwand für einen Augenblick, dann tauchte es am Heck des Wagens wieder auf. Ich hielt eine Hand gegen das Licht vor die Augen, konnte aber nicht erkennen, wer die Taschenlampe hielt.

Das Licht tat mir in den Augen weh. Es kam näher. Warum machten sie es nicht aus? Jetzt war es über mir, leuchtete direkt nach unten. Blendete mich so, dass ich nicht hinschauen konnte. Ich senkte den Kopf. Füße vor mir. Schuhe. Hübsch. Keilabsätze mit Riemchen. Nicht Mrs. Andersons Schuhe, dachte ich. Oder ihre Fußnägel. Sie würde ihre Fußnägel nie rot lackieren.

»Steh auf.«

Die Frau, die nicht Mrs. Andersons Füße hatte, stand ganz nah und hielt die Taschenlampe zwischen uns, und als ich aufstand, sah ich, von unten beleuchtet, in dem harten, gelben Licht ihr Gesicht. Es war bleich und hager mit dunklen Ringen unter den Augen, als wäre sie krank gewesen, eingerahmt von grauen, drahtigen Haarsträhnen. Ich kenne dich, dachte ich. Du bist die Hexe aus dem Bilderbuch, die auf dem Berg getanzt hat, nur dass du jetzt alt bist.

»Du hast mich angerufen«, sagte sie. »Das war dumm. Aber eigentlich warst du nie besonders schlau, nicht wahr?«

»Eigentlich nicht«, sagte ich, und dann verschwand die Welt um mich herum und mit ihr die Hexe.