Als ich erwachte, war sie nicht da.
Der dicke Nebel der letzten drei Tage war zu einem diesigen Schleier verdunstet. Es war später Morgen.
Gewöhnlich kam sie nachts durch das Gartenfenster herein. Ich hatte draußen einen kleinen Holztisch unter das Fenster gestellt, damit sie hochspringen und zwischen den schmiedeeisernen Gitterstäben hindurchschlüpfen konnte. Das vertraute Geräusch ihrer Pfoten und das Klappern der Tischbeine auf dem Terrakottaboden, ihr wunderbar runder Kopf, der in mein Zimmer spähte, ihr samtiges graues Fell, das blau schimmerte. Sie weckte mich immer zu früh, im ersten Morgengrauen, aber ich hatte mich daran gewöhnt. Als ich jetzt die Augen öffnete, wusste ich instinktiv Bescheid. Nicht zum ersten Mal war sie nicht da, wenn ich erwachte, aber an diesem Morgen füllte ihre Abwesenheit mein mönchisches Zimmer ganz aus.
Ihr Sohn lag friedlich neben mir. Vielleicht hatte er sie nachts draußen nicht gesehen. Oder er hatte sie gesehen, aber nicht ganz begriffen, was mit ihr los war. Vielleicht hatte er, was auch immer ihr passiert sein mochte, für etwas Natürliches gehalten, ein Element der städtischen Wildnis. In rasender Eile zog ich mich an. Ich musste sie befreien, aus welcher Falle auch immer. Ich lief über die Thayer Avenue in Richtung Norden und überquerte die Fahrbahn. Etwas Graues lag am Ende der Straße auf dem Rasen. Meinem ersten Impuls folgend, wollte ich das Geschehene ungeschehen machen, ihre Eingeweide zurück in den Kadaver schieben, sie im Arm halten, ihren Samtkopf küssen, aber die Nachbarin, die herauskam, weil der Schrei nicht endete, hielt mich zurück. Möglicherweise gab es Tollwut. Später sah ich Büschel grauen Fells, die sich von unserer Hauseinfahrt etwa fünfzig Meter die Straße hinunter bis zu der Stelle verteilten, an der sie gelegen hatte. Vielleicht waren die Kojoten geflüchtet, bevor sie ihre Mahlzeit beenden konnten. Fünfzig Meter maß die Strecke, die sie gebraucht hatten, um sie zu töten.
Ich weiß nicht mehr, wie ich zurück in mein Zimmer kam, zum Bett, ich wickelte mich in die Decke. Ihr Sohn kam und legte sich neben mich, so, wie er immer neben seiner Mutter gelegen hatte. Wir mussten stundenlang so dagelegen haben, die Schatten der Blautanne veränderten sich, das Licht wurde schwächer, bis irgendwann am späten Nachmittag meine Tochter aus der Schule kam. Und während dieser ganzen Zeit konnte ich an nichts anderes denken als daran, dass ich es ihr sagen musste. Ich musste ihr erzählen, was mit der Katze passiert war, die sie einmal gerettet hatte, mit dem Kätzchen, das auf ähnliche Weise zu ihr gekommen war wie meine Tochter vor zehn Jahren zu mir.
Aus dem Blauen heraus.
Nachdem die Kojoten die Katze geholt hatten, kam der Nebel zurück und blieb mehrere Tage. Es war, als würde er nie mehr verschwinden.
Am Abend zwang ich mich, aufzustehen, um an den Bäumen in der Thayer Avenue und der gesamten Nachbarschaft große Schilder aufzuhängen. Ich hatte den Text auf Pappen geschrieben, und meine Tochter malte wortlos die Buchstaben aus. Sie hatte aufgehört zu weinen. Als ich ihr erzählt hatte, was passiert war, schien sie es schon geahnt zu haben, als hätte sie längst verinnerlicht, dass dem natürlichen Lauf der Dinge wenig entgegenzusetzen war. Ich versuchte, sie zu trösten, und sagte ihr, die Nachbarin habe angeboten, sich um unsere Katze zu kümmern und eine schöne Urne für ihre Asche auszusuchen. Meine Tochter bestand darauf, ihrem Kätzchen seine Decke und das Körbchen zu bringen. Das Kätzchen war ihr Schützling, und sie würde es bis zum Ende begleiten.
Unsere Schilder sollten die Nachbarn vor den Kojoten warnen, sie daran erinnern, wachsam zu sein, ihre Tiere im Haus zu behalten, sie bei Sonnenuntergang hereinzuholen und nicht vor dem Morgengrauen wieder herauszulassen, wenn überhaupt.
Als alle Schilder aufgehängt waren, sah ich auf dem Rückweg zu unserem Haus eine halb geöffnete Büchse Katzenfutter unter einem Busch versteckt und große Stücke Weißbrot ringsum auf dem Rasen. Nicht weit von dort entfernt hatte unsere Katze gelegen. Der gezackte Deckel schien eilig aufgerissen worden zu sein.
Es sah aus wie ein Köder.
Als ich am nächsten Morgen durch den windigen Canyon fuhr, die Luft roch nach Salbei und Meer, stand vor mir auf der Straße ein Kojote. Ich hatte den starken Impuls, Gas zu geben. Ich hätte ihn mühelos überfahren können. Kurz vor ihm bremste ich ab und brachte das Auto zum Stehen. Wir starrten uns durch die Windschutzscheibe an. Reglos und lange, wie es schien. Dann machte er kehrt und rannte ins verdorrte Gebüsch.