Simon Parveter

Nachdem Lola und ich Tag für Tag Brathähnchen gegessen hatten und Lola beim Anblick desselben anfing zu würgen, statteten Claudine und »Simon Parveter« uns überraschend einen abendlichen Besuch ab. Ich ging seit längerem an die Uni, und für Lola hatte ich meine Unterlagen aus dem Alkoven ausgeräumt und in den Küchenschrank getan. Es war das erste Mal, dass der Mentor im Rochester-Komplex auftauchte, seit er und Claudine mir bei meinem Einzug geholfen hatten. Sie schleppten einen ziemlich schweren braunen Samtsessel herein, den Claudine auf einer ihrer Erkundungstouren aufgetrieben hatte. Mir war nicht bewusst gewesen, dass ich einen neuen Sessel gebrauchen konnte, und eigentlich hatte ich dafür auch keinen Platz, vor allem nicht, seit wir zu zweit im Bungalow lebten.

Ich half den beiden, den Sessel durch die Wohnungstür zu manövrieren. Nur vor den Fenstern zum Hauptweg war noch etwas Platz. Wir drehten den Sessel hin und her und stellten ihn schließlich diagonal davor, sonst hätte man über die Lehne klettern müssen, um zur Tür zu gelangen. Nacheinander setzten wir uns alle vier probeweise hinein und lobten die Robustheit und Bequemlichkeit des Sessels. Als ich an der Reihe war, schaute ich mich um in der Hoffnung, etwas Überflüssiges aussortieren zu können, aber jeder Gegenstand im Zimmer war notwendig. Ich stand wieder auf, und als Claudine die Sitzfläche ausklappte, verwandelte sich der Sessel in ein schmales Bett, wie gemacht für ein Kind, auch wenn es vielleicht ein bisschen hart war. Bis dahin hatten Lola und ich gemütlich zusammen in meinem Queensize-Bett geschlafen. Normalerweise hatte ich abends Einschlafschwierigkeiten, aber seit sie neben mir lag, schlief ich tief und fest.

Claudine und Simon Parveter blieben an diesem Abend nicht lange. Ehe sie gingen, zog Claudine einen kleinen Briefumschlag aus ihrer Jackentasche. Sie öffnete ihn, drehte ihn um, und zwei Ringe rutschten in ihre Hand. Sie hatte schlanke und elegante Hände, es waren die Hände einer Künstlerin, die aber auch etwas Insektenhaftes an sich hatten. Josh hatte ihr den Spitznamen »die harte Wespe« verliehen. Die Edelsteine wirkten in dieser Hand wie zusätzliche, funkelnde Gliedmaßen. Claudine sagte, es seien Erbstücke aus Träumen. Ich verstand nicht, wie sie das meinte, sah aber keinen Grund, daran zu zweifeln. Die Ringe ähnelten dem Ring, den ich bereits vom Mentor bekommen hatte. Sie stammten nicht aus unserer Epoche. Parveter machte uns auf die antiken Einfassungen und den Zuschnitt der Steine aufmerksam und sagte, sie seien das Ergebnis einer lang vergessenen Handwerkskunst.

Lolas Ring war aus Gold mit einem schweren Smaragd, der ihrer großen, erwachsen wirkenden Hand perfekt stand. Es war ein extravagantes Geschenk für eine Elfjährige, aber niemand zweifelte daran, dass sie den Ring tragen konnte. Der Ring sei grün, erklärte Claudine, weil das Lolas Farbe sei. Parveter sagte, es sei eine alte Farbe, »sehr, sehr alt, die älteste von allen, älter als Bernstein«. Ich schaute auf Claudines funkelnden Ring, einen Saphir, den sie heute am Zeigefinger trug. Der mitternachtsblaue Stein hatte die Form eines Katzenauges.

Der Ring, den sie mir schenkten, schien eher zu einer Königin als zu einer Erwachsenen mit der Hand einer Elfjährigen zu passen. Die Fassung enthielt drei Steine, einen Smaragd, einen Rubin und einen Saphir. Der Rubin in der Mitte war leicht erhöht und wirkte etwas größer als die beiden anderen, ein Effekt, der durch die leichte Krümmung des Rings hervorgerufen wurde. Meine Farbe, hieß es, sei ein dunkles Rosa. Das junge Dunkelrosa, sagte Claudine, werde von Blau und Grün gehalten.