Eines ist ganz klar: Die Ungleichheiten der alten kolonialen Ordnung leben weiter. Sie spiegeln sich in den Standorten der weltweit größten Plattformen und Cloud-Dienste oder in den Eigentumsverhältnissen der Unterseekabel wider, die uns das Internet ins Haus bringen,[1] auch in den politischen Verhältnissen, die es Big-Tech-Unternehmen mit Sitz im Globalen Norden ermöglichen, den Staaten des Globalen Südens ihre Bedingungen zu diktieren. Oder in der Struktur globaler Handelsabkommen, die heute dem Rest der Welt die Bedingungen des Globalen Nordens für die Datenextraktion aufzwingen.[2] China mag ein Neuling auf diesem Gebiet sein, aber als das wohl älteste Imperium der Welt verhält es sich in der Ära von Big Data nicht weniger kolonialistisch als der Westen.
Infolgedessen werden die schlimmsten Auswirkungen des Datenkolonialismus wahrscheinlich im Globalen Süden zu spüren sein. Im Globalen Norden werden sie vor allem diejenigen treffen, deren Vorfahren schon auf der Verliererseite des historischen Kolonialismus standen. Dabei sind die Überschneidungen zwischen den Folgen des historischen Kolonialismus und den Effekten des Datenkolonialismus nicht immer einfach auszumachen.
Es ist, als ob zwei Flüsse, der Datenkolonialismus und der historische Kolonialismus – der eine neu, der andere schon alt –, nebeneinanderher laufen. Im Moment können wir den Verlauf der beiden Ströme nur verfolgen und beobachten, wie sie mit der Zeit zusammenfließen. Aber es ist der Beitrag des neuen Flusses, dem wir die größte Aufmerksamkeit schenken müssen, nicht weil er am Ende wichtiger sein wird (wer kann das schon sagen?), sondern weil er gerade jetzt den Fluss der Kolonialgeschichte verstärkt.