Es war einer der schwersten Wege, als ich mich am nächsten Morgen im Polizeirevier von Kingsview einfand. Die Gemäuer erinnerten mich noch stark an den Tag meiner Verhaftung. Es war ein scheußliches Erlebnis, wieder hier sein zu müssen und sich an die Nacht im Knast zu erinnern.
Ich zählte auf meinen Anwalt, den ich vorab angerufen hatte. Er würde jeden Moment auf dem Revier eintreffen müssen. Doch wie das Schicksal so spielte, kam mir der weiße Cop zuvor. Er erkannte mich auf dem Flur und rief sofort nach seinem Kollegen. Allerdings war es nicht nötig, mich so gewaltsam auf den Stuhl in den Verhörraum zu bringen, um mich dort festzuhalten. Dennoch taten sie es.
Wie bei einem typischen Déjà-vu saß ich vor ihnen und dachte daran, was geschehen war. Nur diesmal sprach ich kein Wort – selbst dann nicht, als der Schwarze Polizist den Raum betrat, der deutlich Freundlichere der beiden. Ich wartete auf Mr. Mayson, denn ihm vertraute ich.
Doch das schien die zwei Cops keineswegs zu interessieren und so begannen sie das Verhör erneut ohne ihn. Allerdings bombardierten sie mich bei diesem Mal nicht mit lästigen Fragen, sondern redeten untereinander. Ich wettete, es sollte mich provozieren – und das tat es auch.
»Larry«, fing der weiße Cop an, »wir haben noch einen Zeugen gefunden, der den mutmaßlichen Täter …«, er machte absichtlich eine Pause, um mich anzusehen, »… der ihn genau beschreiben kann.«
Ich erstarrte. Wer könnte das bitte gewesen sein? Wir trugen Nylonstrumpfhosen über unseren Köpfen. Eigentlich hätte uns niemand sehen dürfen. Das mit dem Pullover war ein Fehler, das gab ich zu, aber es war sicherlich keiner in der Lage, mich detailliert zu beschreiben – oder doch?
»Weißt du, Ed«, gab ihm Larry dann als Antwort, »es gibt in der Tat noch eine weitere neue Erkenntnis.«
»Welche?«, fragte Ed und ich wusste nicht, ob sie mir etwas vorspielen wollten oder ob es tatsächlich eine ihm unbekannte Information war. Dennoch sah ich den beiden gespannt zu. Ich wollte nichts verpassen.
Larry winkte seinen Kollegen zu sich heran und tippte mit dem Finger auf ein Dokument, das ich von meinem Platz aus nicht sehen konnte. Ich machte mich größer, aber selbst so konnte ich nichts erkennen. Das war auch nicht nötig, denn Larrys Worte sprachen Bände. »Er ist aus dem Koma erwacht.«
Jetzt zuckte ich tatsächlich zusammen. Ich sah die Situation in der Bank genau vor mir. Wie der Bankchef die Tür schloss und mich im Vorbeigehen eindringlich musterte. Er könnte mich erkannt haben, da war ich sicher. Eine Welle der Erleichterung fiel von mir ab. Er war nicht tot, das war gut. Ich dachte an meinen Besuch bei ihm im Krankenhaus und seine so verblüffend warme Hand. Doch gleichzeitig versetzte mich sein Wachzustand auch in Panik. Er könnte ihnen bestätigen, wer ich war und dann war ich dran.
»Er ist allerdings noch nicht vernehmungsfähig«, sprach Larry schließlich und sie blickten mich beide an, ehe er weitersprach. »Er ist übel zugerichtet.«
Ich zuckte zusammen. Sie hatten ja keine Ahnung, dass mich dieser Vorfall genauso schockierte. Vermutlich hatten sie es oft mit Tätern zu tun, die angeblich von nichts wussten und auf ihre Unschuld pochten. Aber diesmal lagen sie einfach falsch. Ich hatte ihn nicht angeschossen. Das würde ich beweisen müssen. Ihre eiskalten Blicke trafen mich und ich begann erneut einen folgenschweren Fehler.
»Ich war das nicht!«, schrie ich und merkte erst, als es ausgesprochen war, was ich damit auslöste.
»So, du warst es also nicht?«, fragte Ed und ging auf mich zu. Er beugte sich vor mich und blickte mir in die Augen. »Wenn du es nicht gewesen sein willst, wieso weißt du dann so viel darüber?«
»Ich war dabei, das habe ich doch schon gesagt.« Ich redete mich in Rage. Sie provozierten mich. Wo blieb Mr. Mayson? Verdammte Scheiße!
»Dann können Sie uns ja bestimmt den Namen des angeblich wahren Täters sagen.« Larry zückte seinen Stift, doch ich verstummte.
»Was ist?« Ed stand erneut drohend vor mir. »Willst du mir jetzt wieder weismachen, du wüsstest es nicht?« Ich gab keinerlei Mucks von mir. »Weißt du was? Wenn du uns keinen Mörder nennen kannst, wirst du es wohl selbst gewesen sein.«
»Nein!«, schrie ich. Ich durfte nicht mehr reden, das war mir klar, aber ich konnte nicht anders. Das wollte ich so unter keinen Umständen stehen lassen.
»Dann sag uns den Namen!«, zischte er mich an, als Mr. Mayson endlich den Verhörraum betrat. Er wirkte abgehetzt. Ed stellte sich auf, doch mein Anwalt hatte erkannt, was hier abging.
»Sie haben schon wieder ohne mich angefangen?« Er schien wütend zu sein und knallte seinen Aktenkoffer auf den Tisch. »Ich möchte meinen Mandanten zunächst unter vier Augen sprechen.«
Die beiden blickten sich an, nahmen dann jedoch ihre Notizen und die Kaffeebecher und verschwanden wortlos. Jetzt war ich alleine mit Mr. Mayson und ich wusste, dass ich ihm nun alles beichten musste.
***
Es dauerte eine ganze Weile, bis ich meinem Anwalt jedes Detail erzählt hatte. Er war der Erste, dem ich von Tyson berichtete, und er war der Einzige, der den genauen Ablauf kannte. Mein Verteidiger machte mir deutlich, dass ich mit der Sache auspacken musste.
»Ich kann nicht. Tyson hat mir klar gesagt, dass er mich finden wird. Er hat Connections. Er wird mich töten.« Es war keine gespielte Angst. Ich hatte sie wirklich. Nach allem, was Tyson mir und den Menschen in der Bank angetan hatte, konnte ich es keinesfalls ausschließen. Er war nicht mehr er selbst.
»Sie müssen«, sagte Mayson. »Wenn Sie es nicht machen, werden Sie für diese Tat in den Knast wandern.« Er sprach deutlich lockerer mit mir und ich gewann sein Vertrauen. Es war schön, endlich mit jemandem über all die Sorgen sprechen zu können.
»Aber ich war es nicht.«
»Das sieht die Polizei anders. Es spricht zu viel gegen Sie, schließlich sind Sie auf den Kameras zu sehen. Außerdem gibt es den Komapatienten, die ältere Dame und einen weiteren Zeugen aus South Brooks.« Er seufzte und ich hatte den Eindruck, er empfand ehrliches Mitgefühl. Das konnte nur eines bedeuten: Er glaubte mir.
»Aber ich war es nicht«, protestierte ich wieder, als ob ich nur noch diesen Satz kennen würde.
»Ich weiß.« Er lächelte mich aufmunternd an. »Doch das wird die Polizei nicht interessieren. Es sprechen zu viele Indizien gegen Sie. Es ist besser, wenn wir jetzt eine Taktik ausarbeiten, um das Schlimmste zu verhindern.«
»Und das wäre?«, fragte ich und schluckte hart.
»Sie könnten lebenslang kriegen. Es ist Ihr Glück, dass es hier keine Todesstrafe gibt.«
Obwohl ich es schon vermutete, war ich nach Paul Maysons Aussage wie gelähmt. Ein Leben lang hinter Gittern, ohne richtiges Tageslicht, ohne Leben und ohne Liebe. Das konnte und wollte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag und das war mir wohl deutlich anzusehen.
»Kommen Sie, wir machen eine Pause.« Paul hatte ein ausgezeichnetes Gespür und ich war froh, ihn an meiner Seite zu haben. Aber wenn das Urteil besiegelt war, dann würde ich wieder alleine sein – und zwar für den Rest meines Lebens.
Das Schlimmste war jedoch: Ich musste vielleicht für eine Tat büßen, die ich nicht mal begangen hatte. Wut stieg in mir auf und löste die Angst ab. Wie konnte ich mich nur so heftig in Tyson und Myles getäuscht haben?
***
Nachdem wir eine Pause gemacht hatten, wurde das Verhör verschoben. Ich wollte erst einmal in Ruhe nachdenken und sicherstellen, dass ich mich richtig entschied. Doch das war gar nicht so leicht, schließlich ging der Alltag weiter und mit ihm das College.
Vor meinem erneuten Gang zur Uni war ich total nervös. Ich hatte niemandem von dem Gespräch mit Ashlyns Vater erzählt. Was hätte sie nur von mir denken sollen? Es war das Beste, dass sie und auch sonst keiner etwas wusste. Außer Tommy natürlich, der nur die halbe Wahrheit kannte. Am Morgen hatte er mich immer wieder dazu überreden wollen, nochmals einen dieser Vorbereitungskurse zu besuchen.
Durch die ganzen Polizeiangelegenheiten kam mein eigentliches Ziel viel zu kurz: Ich wollte raus aus South Brooks und ein besseres Leben beginnen. Plötzlich war ich mir nicht mehr sicher, ob es dafür nicht längst zu spät war. Immerhin hatte mich meine Vergangenheit fest im Griff und ließ mich nach allem, was ich jetzt wusste, auch bestimmt nicht so schnell los. Obwohl ich zu versinken drohte, wollte ich weiterkämpfen – ganz egal, was Ashs Vater gesagt hatte.
»Kommst du?« Ich musste wohl kurz vor dem Uni-Gebäude stehen geblieben sein, denn Tommy rief mir zu. Ich schüttelte mich, um in die Realität einzutauchen, die zumindest optisch so viel besser aussah als meine Vergangenheit. Doch es gelang mir nicht. Wohin ich auch ging, die Schuld saß tief in mir und versuchte, mich völlig aus der Bahn zu werfen. Ich musste verdammt noch mal stark sein.
»Ich komme!«, schrie ich Tommy zu, der beinahe im Strudel der Studenten versank. Heute stand ein weiterer Kurs auf dem Plan. Diesmal handelte es sich um Physik. Tommy hatte mich dazu überredet, denn er wollte, dass ich über den Tellerrand hinaussah. Doch wenn ich so an meine Schulzeit dachte, war Physik sicherlich nicht die beste Wahl. Allerdings wusste ich, dass Tommy mich niemals in Ruhe gelassen hätte, wäre ich nicht wenigstens einmal hingegangen.
»Wir sprechen heute für alle Anfänger noch mal die Grundlagen durch. Also keinen Grund zur Sorge«, ermunterte er mich, während wir uns dem Hörsaal näherten.
Ich nickte nur, war aber gedanklich wieder woanders. Ich fragte mich nach wie vor, wer wohl der weitere Zeuge war und was er wusste. Vielleicht waren es die Angestellten. Anders konnte ich mir das Ganze nicht erklären.
Wir betraten den imposanten Vorlesungssaal, der zu meiner Überraschung prall gefüllt war. Diesmal war ich nicht zu spät und dank Tommy würde ich mich hier gut zurechtfinden. Aber ich vergaß einmal mehr, dass Tommy nicht der beliebteste Student war. Im Gegensatz zur letzten Vorlesung war die riesige Tafel wild bekritzelt. Ich erkannte Gleichungen, die so gar nicht nach den Grundlagen aussahen, und fragte mich, ob Tommy womöglich zu schlau war, um das zu erkennen.
Tommy ließ sich in der ersten Reihe nieder, wo nach wie vor viele Plätze frei waren. Offenbar wollte nicht jeder gleich vor dem Professor sitzen, der im Übrigen noch nicht anwesend war.
»Siehst du«, sagte Tommy, drückte seine Brille zurück auf den Nasenrücken und deutete mit seinem Zeigefinger auf die obere linke Ecke der Tafel. Ich nahm neben ihm Platz und blickte auf die Wirrwarr-Gleichungen.
»Was ist denn da?«
»Das ist Atomphysik. Wir berechnen heute, wie viele Neutronen, Protonen und Elektronen die jeweiligen Atomkerne haben.« Ich nickte nur stumm und konnte noch immer nicht fassen, was das für ein Chaos an der Vorlesungstafel war.
»Woher weißt du das alles?«, fragte ich.
»Mr. Gibbs hat es mir gesagt.« Ich sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. »Wir unterhalten uns in den Pausen öfters. Es macht Spaß, mit ihm zu diskutieren.«
Ich schüttelte fassungslos den Kopf. Tommy war definitiv ein waschechter Streber. Und ausgerechnet ich war sein Freund. Das würde mir in South Brooks niemand glauben. Ich hätte in diesem Moment gerne Miss Middletons Gesicht gesehen. Ich lachte innerlich vor mich hin, als meine Gedanken von einem aufprallenden Aktenordner zerstört wurden. Es war Tommys Hefter, der zu Boden fiel.
»Hey!«, hörte ich ihn schreien und sah den lässig vorbeigehenden Mitch samt Anhang, der ein heuchlerisches »Ups!« ausstieß. Tommy stand unterdessen auf und sammelte die losen Papiere ein. Auch ich sprang auf – und zwar mit einem Satz gleich über die Sitzbank – und machte mich direkt vor Mitch breit.
»Uhhh!«, raunten er und seine Mitläufer sarkastisch. Doch das ignorierte ich.
»Was sollte das?« Ich sah ihm unentwegt in die Augen. Er war in zweierlei Hinsicht mein Feind. Er war Ashlyns Freund und ich wusste nach wie vor nicht, was sie an ihm fand. Außerdem machte er Tommy das Leben schwer, und zwar völlig grundlos. Plötzlich wurde es still im Hörsaal. Alle schauten uns gebannt an.
»Ich bin wohl hängengeblieben«, gab Mitch mir nicht minder belustigt zu verstehen.
»Lass Tommy in Ruhe!«, schrie ich eindringlich, doch von ihm kam wieder nur ein weiteres »Uhhh«.
»Soll ich jetzt etwa Angst vor dir haben?«, fragte er gespielt ängstlich und stemmte dabei den einen Arm auf die Hüften. In der anderen Hand hielt er seine Mappe.
Ich schaffte es nicht, ihm zu antworten, da betrat Mr. Gibbs den Raum und die Gruppe rund um Mitch löste sich auf.
Er und ich, wir sahen uns ein letztes Mal an. Er wollte mir wohl weismachen, dass er stark war, aber ich hatte keinen Schiss vor ihm.
Als sich der Physikprofessor räusperte, gingen wir getrennte Wege, was die Auseinandersetzung nur vorübergehend beendete.
Die weitere Vorlesung versuchte ich mich zu konzentrieren, was mir schlichtweg nicht gelang. Meine Gedanken waren auf Rache aus, was ich dringend unterdrücken musste, schließlich hatte ich größere Probleme als Mitch.
***
»Du hättest das wirklich nicht tun sollen«, wies Tommy mich an, als wir wieder in der Mensa saßen und zusammen aßen. Diesmal kam ich tatsächlich zum Essen und diese gefüllten Paprika mit Reis waren in der Tat der Wahnsinn.
»Ich hätte was nicht tun sollen?«, fragte ich nach, doch es war klar, was Tommy meinte.
»Mitch und seine Leute gehen mir schon seit drei Semestern auf den Geist.«
»Solange hat er es durchgehalten?«, scherzte ich und stopfte mir erneut eine volle Ladung des Mensaessens in den Mund.
»Ja, aber er hat es wohl nicht so richtig geschafft. Geld nimmt hier einen wichtigen Stellenwert ein, und nicht zu vergessen: Vitamin B. Ich denke, sonst wäre er längst woanders untergekommen. Er besucht noch die Orientierungskurse, deshalb trefft ihr euch auch so oft.«
Ich wurde wütend. Wenn ich eines gelernt hatte, spielte Kohle hier eine größere Rolle, als mir bislang bewusst war. Es war zum Kotzen.
»Hey, Jungs, kann ich mich zu euch setzen?« Es war Ashlyn, die uns anstrahlte und dieses knallrote Oberteil trug. Sehr sexy! Ich hatte sie seit unserem kleinen Ausflug nach South Brooks nicht mehr gesehen. Sie wusste noch immer nix von all dem Zeug, der Polizei und den Überfällen. Sie dachte vermutlich, ich hätte bloß Heimweh bekommen. Aber konnte sie so blind für all das sein?
»Ähm, klar.« Tommy zögerte etwas. »Wird Mitch auch kommen?«
»Nein.« Sie lachte. »Er ist leider wieder mal beim Training.« Sie schaute kurz ein wenig traurig, fasste sich dann jedoch zügig und nahm Platz. »Wie geht es dir, willst du immer noch nach Hause?« Sie sah mich besorgt an, allerdings setzte ich schnell ein Lächeln auf.
»Ach quatsch. Ich bleibe.« Ob sie das wohl ihrem Vater sagen würde? Vermutlich redete sie nicht viel mit ihrem Dad, was mir recht war und mich kurzzeitig beruhigte.
»Das ist ja großartig.« Wir lächelten uns an und aßen dann weiter. Sie hatte anscheinend überhaupt keine Ahnung.
Wir sprachen über das College, lachten alle drei über einige Professoren mit komischen Macken. Da war zum Beispiel Mrs. Wilbur, die nach jedem Zwischenruf verächtlich schnaubte. Es war wohl ein kleines Spiel geworden, immer mehr dazwischenzurufen, sodass es wie ein seltsames Musikstück klang. Auch wenn ich mir das nur schwer vorstellen konnte, fand ich den Gedanken recht lustig. Leider konnte ich nicht so viel zum Gespräch beitragen und so lauschte ich der Unterhaltung überwiegend stumm. Ich war ihnen dankbar für diese Ablenkung.
Als ich mit dem Essen fast fertig war, kamen wir auf eine Museumsausstellung zu sprechen, die heute erst anfing, und für Studenten gratis war.
»Klingt cool!«, hörte ich mich bedeutend zu schnell sagen. »Das würde ich mir auf jeden Fall ansehen.«
»Echt? Sollen wir vielleicht zusammen hingehen?«, fragte Ash plötzlich und mein Herz machte einen Hüpfer.
Ich nickte und konnte mein Glück kaum fassen. »Was ist mit dir, Tommy?«
»Lass mal«, kam es abwehrend von ihm zurück, während er weiter auf seinem Teller herumstocherte.
»Schade«, betonte Ash es noch einmal, freute sich aber auf den gemeinsamen Museumsbesuch. Damit stand sie nicht alleine da.
***
Ash musste nach dem Essen zu einer anderen Vorlesung, Tommy und ich hingegen konnten für heute ausspannen. Vorausgesetzt: Tommy hätte das zugelassen. Als wir seine Wohnung betraten, platzte es nur so aus ihm heraus.
»Du kannst dich nicht so an Ashlyn ranmachen!« Er schrie mich an, während er seine Jacke auf den Sessel feuerte.
»Das tue ich nicht!«
Er zog die Augenbrauen hoch. »Ach nein? Ich denke, ihr wollt später ins Museum gehen? Wie schön für euch.« Er fuchtelte mit den Armen, als ob er den Verstand verloren hätte, und ging in Richtung Küche.
»Ja, und ist das ein Problem?« Ich folgte ihm.
»Ja, ist es!« Er drehte sich zu mir um und starrte mich an, als ob jetzt der besagte Groschen fallen müsste, aber das tat er nicht. Ich verstand die Aufregung nicht.
»Du kannst doch mitkommen«, bot ich ihm nochmals an, allerdings schien ihn das offensichtlich zu verärgern.
»Herrgott, Skyler!« Er riss die Arme in die Höhe und ging weiter zur Arbeitsplatte.
Dort nahm ich mir eine Dose Cola, die auf dem Tresen stand. Als ich sie öffnete, zischte sie angenehm.
»Verstehst du denn nicht? Sie ist die Freundin von Mitch. Der Mitch, der es auf uns abgesehen hat.« Er überreagierte, wie ich fand.
»Ja, und?« Ich trank einen Schluck und es tat gut, wie es meinen Rachen hinunterlief. Ein kaltes Getränk wäre mir allerdings deutlich lieber gewesen, also stellte ich die Dose zurück auf den Tresen.
»Ich will dir damit sagen, dass du dich nicht an sie ranmachen kannst, während sie mit ihm zusammen ist.«
»Das mache ich auch nicht.«
»Ach nein? Ich sehe doch, wie du sie anschaust. Ich kann mir nicht noch mehr Ärger einhandeln.« War er eigentlich schon immer so verkrampft? Ich wollte lediglich mit Ash ins Museum, weil sie Kunst liebte. Ja, ich mochte sie, aber ich kannte meine Grenzen.
»Beruhig dich!«
»Versprich mir, dass du nichts mit ihr anfangen wirst.«
»Warum sollte ich?«
»Versprich es mir einfach!« Er erwartete wohl tatsächlich eine Antwort.
»Na schön, ich verspreche es.«
»Danke.«