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R obin blickte zufrieden in den Spiegel ihres Badezimmers. Der Abend verlief so, wie sie es geplant hatte. In einer lockeren Atmosphäre plaudert man immer ungezwungener. Der Traum eines Reporters. Robin machte ein paar Notizen in dem Collegeblock, den sie eigens für diesen Abend in dem Waschtisch des geräumigen Bads deponiert hatte. In der nächsten halben Stunde würde sie versuchen, das Gespräch auf Ercan Ayaz zu lenken. Sie wartete nur auf ein passendes Stichwort des Richters. Wie ein erfahrener Jäger pirschte sie sich langsam an ihre Beute heran. Ein kleines schlechtes Gewissen hatte die Journalistin schon, denn Siggi Buckmann gefiel ihr. Nicht nur optisch, sie mochte seine offene Art, immer das zu sagen, was er dachte. Wie schwer es dem Richter fiel, sich zu verstellen, hatte sie bei dem Interview am Vormittag bemerkt. Er war erkennbar bemüht gewesen, die Fragen über das Justizsystem möglichst diplomatisch zu beantworten. Ebenso die Frage, ob er sich selbst einmal strafbar gemacht hatte.

Ein klirrendes Geräusch aus dem Wohnzimmer riss Robin aus ihren Gedanken. Schnell versteckte sie Collegeblock und Kugelschreiber unter einem Handtuch im Waschtisch, warf einen letzten Blick in den Spiegel und öffnete einen weiteren Knopf der schwarzen Bluse. Dann ging sie zurück ins Wohnzimmer.

Siggi Buckmann stand neben dem niedrigen Couchtisch mit zwei Bierflaschen in der Hand und sah sie mit einem merkwürdigen Blick an. Sein Mund lächelte, seine Augen nicht.

»Sei mir nicht böse, aber es wird langsam zu spät für mich«, sagte der Richter und stellte die beiden Flaschen auf den niedrigen Couchtisch. »Ich werde jetzt gehen.«

Robin blickte erstaunt und enttäuscht.

»Das ist aber schade. Ist alles in Ordnung?«

»Ja, ja. Alles in Ordnung. Danke für den schönen Abend. Wir sehen uns dann morgen?«

Robin nickte und sah Buckmann an.

»Ist wirklich alles in Ordnung?«

Siggi ging bereits zur Wohnungstür und öffnete sie.

»Alles in Ordnung«, lächelte er. »Bin eben schon ein alter Mann. Gute Nacht.«