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E ine halbe Stunde später schleppte Jeremias einen Karton, in dem sich mehrere Aktenordner, zwei Notebooks und ein Smartphone befanden, eilig zu dem Kofferraum seines Cabriolets, das er ausnahmsweise vor seiner Villa am Straßenrand geparkt hatte. Der Anruf seines Vaters war eindeutig gewesen. »Schaff alles weg, was auf Lutz hinweist! Sofort!« Und so wanderten einige Kontoauszüge, Spesenrechnungen, Fotos von Firmenreisen und die beiden Notebooks, auf denen sich noch diverse E-Mails befanden, in den nächstbesten Karton. Jeremias würde ihn bei irgendeinem Freund abstellen und später endgültig verschwinden lassen. Ebenso sein Smartphone, was ihn besonders ärgerte, aber es befanden sich zu viele Fotos darauf. Fotos von ihm, Bariato und Dimitris. Und einigen leicht bekleideten Damen in einem von Dimitris’ bevorzugten Nachtlokalen.

Jeremias wollte gerade den Kofferraumdeckel zuschlagen, als er hinter sich eine tiefe Stimme hörte.

»Guten Tag, Polizei, mein Name ist Polizeioberkommissar Otte.«

Jeremias drehte sich erschrocken um. Vor ihm stand ein uniformierter Polizeibeamter. Offensichtlich war er soeben aus einem Streifenwagen gestiegen, den Jeremias in der Aufregung nicht gehört hatte.

»Ja?«, fragte Jeremias ängstlich.

»Darf ich fragen, wer Sie sind?«, erkundigte sich der hochgewachsene Polizist freundlich, aber bestimmt.

»Mein Name ist Laak. Ich wohne hier«, sagte Jeremias unsicher und war kurz davor, sich entweder vor Aufregung zu übergeben oder in die Hosen zu machen. Vielleicht auch beides.

»Können Sie sich ausweisen?«, fragte der erfahrene Streifenpolizist, dem Jeremias’ nervöses Benehmen nicht entgangen war.

»Äh … ich bin der Sohn des Ministerpräsidenten«, setzte Jeremias an. Diese Formulierung hatte ihm schon des Öfteren Ärger und unangenehme Fragen erspart.

»Das freut mich sehr«, erwiderte der Polizeioberkommissar trocken und unbeeindruckt. »Dann sind Sie bestimmt im Besitz eines gültigen Personalausweises.«

Obwohl Jeremias spürte, wie sich Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten, riss er sich zusammen und holte die wildlederne Brieftasche hervor. Mit nur leicht zitternden Händen zog er seinen Ausweis heraus und übergab ihn dem Polizeibeamten.

»Vielen Dank, Herr Laak«, sagte der Polizeioberkommissar, nachdem er das Dokument routiniert geprüft hatte. »Wir sind hier zurzeit regelmäßig auf Streife, weil vor ein paar Tagen in Ihrer Nachbarschaft eingebrochen wurde. Schönen Tag noch!« Er drückte Jeremias den Ausweis in die Hand und tippte an seine Schirmmütze.

Jeremias wartete, bis sich der Streifenwagen wieder entfernt hatte. Dann setzte er sich erleichtert an das Steuer seines Autos und fuhr mit allem, was auf seine Beziehung zu Bariato hätte hinweisen können, davon.