R obin parkte den roten Flitzer ein paar Häuser vor der Laak-Villa. Auf dem Beifahrersitz saß ihre Freundin. Maria war im gleichen Alter wie Robin, ebenso schlank, wenn auch bei Weitem nicht so gut trainiert, mit blonden Haaren und einem Kinngrübchen, das immer dann zum Vorschein kam, wenn Maria nervös wurde. Gerade jetzt hatte es Kratertiefe.
»Willst du das wirklich machen?«, fragte Robin und sah ihre Freundin besorgt an.
»Auf jeden Fall«, antwortete Maria und klang beinahe entschlossen.
»Es ist nicht ungefährlich …«, setzte Robin an.
»Gib mir schon das Foto!«
Robin nahm den Ausdruck des Fotos, auf dem sich Jeremias Laak, Lutz Bariato und Dimitris Stogarev befanden, aus ihrem Rucksack und reichte ihn Maria. Als Maria das Bild ergreifen wollte, zog es Robin wieder zurück.
»Also noch mal: Du sagst, du bist eine Kollegin von Karsten und hast in seinen Unterlagen dieses Foto gefunden. Und dann fragst du, ob er dir dazu ein Interview geben würde. Mehr nicht.«
Maria nahm ihrer Freundin das Foto aus der Hand und lächelte. »Schon klar. Ich mach das.«
»Ich würde ja selbst mit ihm sprechen, aber er kennt mich schon.« Nach einem Moment fügte Robin hinzu: »Und er hat mich in schmerzhafter Erinnerung.«
»Mach dir keine Sorgen.«
»Wenn du in zehn Minuten nicht wieder zurück bist, rufe ich die Polizei und hole dich da raus.«
Maria nickte und kniff ein Auge zu. Dann holte sie tief Luft und stieg aus dem Mini. Selbstbewusst ging sie auf das Tor der Einfahrt zu und klingelte. Robin sah, dass sich Marias Lippen bewegten, aber sie konnte auf die Entfernung unmöglich verstehen, was sie sagte. Nach einer kurzen Weile drückte Maria das Tor auf und betrat das Grundstück. Offensichtlich hatte sie Jeremias’ Neugier geweckt. Die eiserne Tür fiel ins Schloss. Robin blickte auf die Uhr des Armaturenbretts. Es war genau zwölf Uhr mittags. In zehn Minuten würde sie die Polizei verständigen. Falls Maria bis dahin nicht wieder zurückgekehrt wäre.
Bereits während der zweiten Minute kam Robin zu dem Ergebnis, dass sie sich auf fünf Minuten hätten einigen sollen. Der Sekundenzeiger der Uhr schien zu kriechen. In Minute drei holte Robin das Smartphone aus der Tasche und überprüfte die Batterie und den Empfang. Dies wiederholte sie noch einige Male während Minute vier. Dann stieg sie aus dem Auto und ging langsam in Richtung der Villa. Sie sah auf die Uhr. Fünf Minuten waren vergangen. Da hörte sie das knirschende Geräusch der Kieselsteine, die auf dem Weg zwischen der Toreinfahrt und der Villa lagen. Sekunden später öffnete sich die eiserne Tür der Hofeinfahrt, und Maria trat hinaus. Als sie Robin erblickte, bedeutete sie ihr, zurück zum Wagen zu gehen. Robin verstand und setzte sich wieder an das Steuer ihres Minis. Einige Augenblicke später öffnete Maria die Tür und nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Ihr Gesicht war bleich, das Blut schien aus den Lippen gewichen zu sein. Marias Hände zitterten.
»Und? Was ist passiert? Sag schon!«
Maria blickte Robin nicht an, sondern starrte auf die Straße. Es dauerte einen Moment, bis sie auf die Frage reagierte. Maria sprach sehr leise, fast flüsternd.
»Er hat ihn umgebracht.«