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D a vorn links abbiegen.« Ich wusste selbst nicht, weshalb ich schon wieder Robin fahren ließ. Auf zusätzlichen Nervenkitzel konnte ich in der gegenwärtigen Lage gut verzichten. Robin bog links ab, und die Sportreifen des Minis quietschten.

»Hey, hier ist dreißig«, sagte ich vorwurfsvoll und schaute auf den Tacho. »Und das bedeutet nicht: dreißig pro Person.«

»Ist ja gut«, grinste Robin und nahm den Fuß vom Gas. Fast einen ganzen Millimeter.

»Da vorn ist die Hofeinfahrt. Unter dem großen Schild.«

Der Mini flog durch die Einfahrt, und Robin lenkte den Wagen geschickt und mit hoher Geschwindigkeit auf den einzigen freien der fünf Parkplätze des Hinterhofes. Wir stiegen aus dem roten Flitzer, und Robin sah sich neugierig um. Der Hof war auf allen Seiten von dreistöckigen Gebäuden umgeben, die jeweils über eine Hintertür verfügten. Zwei Altbauten und zwei neu errichtete Wohnhäuser. Aus der Tür eines Altbaus trat ein Mann in meinem Alter mit grauen Haaren und einem leichten Bauchansatz in den Hof. Er trug eine Jeans und ein hellblaues Sporthemd. In der linken Hand hielt er einen langen schmalen Koffer in Tarnoptik.

»Hallo, Herr Richter«, rief er und winkte mit der anderen Hand.

»Hallo, Herr Stein«, erwiderte ich seinen Gruß und ging auf ihn zu. »Haben Sie, worum ich gebeten habe?«

»Natürlich, Herr Richter!«

Er legte den Koffer auf den Boden, öffnete die Verschlüsse und klappte ihn auf. Das Innere war mit einer schwarzen Schaumstoffeinlage ausgekleidet, die den brisanten Inhalt schützte.

»Eine Mauser mit Zielfernrohr«, erklärte Herr Stein. »Wie gewünscht.«

Genau so ein Gewehr hatte Jochen auf dem Hochsitz dabeigehabt, als er … Ich begutachtete den Verschluss und den Kolben der Waffe und nickte zufrieden. Herr Stein verschloss den Koffer wieder.

»Übermorgen bringe ich es spätestens zurück«, sagte ich und nahm den Koffer in die Hand.

»Lassen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen!«, entgegnete Herr Stein und ging zurück zum Haus.

Ich öffnete die Beifahrertür und verstaute den Gewehrkoffer auf der Rückbank. Dann stieg ich ein, und Robin setzte sich wieder hinter das Steuer.

»Wie kommt er an das Ding ran?«, fragte sie und sah mich interessiert an.

»Als Richter lernt man ganz unterschiedliche Menschen kennen. Diebe, Räuber, Mörder und auch …« Ich machte eine Kunstpause. »… Waffenhändler.«

Robin machte große Augen. »Und woher kennst du ihn?«

»Ich habe ihn verurteilt.«

Robin wollte etwas erwidern, aber ich kam ihr zuvor.

»Können wir weiterfahren?«