Zwischen physikalischer und wahrnehmungstheoretischer Bestimmung
Physikalischer Raum – Wahrnehmungs- und Erlebnisraum
Die elementare Grundbedingung von Theater ist die gleichzeitige Anwesenheit von Zuschauern und Akteuren an ein und demselben Ort. Der diesbezügliche theatrale Raumbegriff ist ambivalent: Zum einen bezeichnet er einen fest umrissenen physikalischen Raum mit bestimmten geographischen, topographischen und architekturalen Strukturen. Dazu zählen Theaterbauten im engeren Sinne, aber auch alle anderen räumlichen Bereiche (Straßen, Plätze, Fabrikhallen, Lokale, U-Bahnstationen usw.), an denen es zu theatralen Darbietungen kommt. Zum anderen konstituieren die an diesen Orten vollzogenen Handlungen jeweils einen dynamischen Erlebnisraum, der durch die stetige Erzeugung und Veränderung von Wahrnehmungsbezügen definiert ist und der die festen Raumkoordinaten überschreitet. Dass Bühnenkunst in genau diesem Sinne Raumkunst ist, hat Max Herrmann bereits zu Beginn der 1930er Jahre einschlägig formuliert:
Dieser Raum ist aber niemals oder doch kaum je identisch mit dem realen Raum, der auf der Bühne existiert […] Der Raum, den das Theater meint, ist vielmehr ein Kunstraum, der erst durch eine mehr oder weniger große innerliche Verwandlung des tatsächlichen Raumes zustande kommt, ist ein Erlebnis, bei dem der Bühnenraum in einen andersgearteten Raum verwandelt wird. (Herrmann 1931/1998, 271)
Szenografie
Damit ist dem Theaterraum neben einer rein funktionalen zugleich eine spezifisch ästhetische Erlebnisdimension zugesprochen, die nicht unabhängig von der semiotischen Zeichenhaftigkeit der im Raum versammelten Momente gedacht werden kann. Letztere verweisen auf den engeren Bereich der Szenografie: im Sinne der auf künstlerischen Überlegungen beruhenden Bereitstellung sämtlicher bildlicher und plastischer Elemente auf der Bühne. Szenografie, die das Bühnenbild wie die Licht- und Kostümgestaltung umfassen kann, wird jedoch, anders als der umgebende Raum, selber nicht zu den konstitutiven Bedingungen von Theaterkunst gezählt (vgl. Balme 2005, 322ff.; vgl. Leacroft 1985).
Raum und Kultur
Die jeweilige Wechselwirkung der genannten räumlichen Aspekte ist theoriegeschichtlich aufs Engste mit den historisch und kulturell variablen Auffassungen von Theater als einer gesellschaftlichen Institution verbunden. Denn die
wohl wichtigste Grundbedingung der Möglichkeit einer räumlich konditionierten Bedeutungszuweisung ist die Existenz kulturbedingter Raumordnungen. Raum ist […] eine der grundlegenden ,symbolischen Formen ‘. Wie bei allen Symbolen ist auch Raum in hohem Maße kulturabhängig: Jede Kultur hat ihre eigene Art und Weise, Raum zu organisieren und semantisch zu belegen. (Balme 2008, 151; vgl. Cassirer 1964; vgl. Carlson 1989)
Die Aufteilung des gemeinsamen Raums
Antikes Theater
In der griechischen Antike entwickelte sich das Theater als Produkt der Polis-Kultur aus der gemeinschaftlichen Kultfeier heraus und erfuhr als besonderer Veranstaltungsort erstmalig eine dementsprechend topographisch-architekturale Exponierung. Die zunächst viereckige, dann runde Bauform des griechischen Theaters, das als Massentheater konzipiert war, zentrierte sich um die kreisrunde Orchestra, den Auftrittsort des Tragödienchors. An der offenen Seite der Gesamtfläche, die etwa deren Viertel beanspruchte, befand sich eine flache Bühne mit dem Bühnenhaus (skene). Drei Viertel der baulichen Fläche nahm das theatron, der Zuschauerraum mit seinen regelmäßig angeordneten ansteigenden Sitzreihen ein. Diese Form, die erst in römischer Zeit durch die pompöse Ausgestaltung der Bühnenrückwände (scenae frons) und eine auch baulich hierarchisierte Sitzgliederung variiert wurde, machte es den Zuschauern möglich, sich gegenseitig als Individuen und darüber hinaus als versammelte Gemeinschaft wahrzunehmen. Sie erfüllte eine integrative Funktion im Hinblick auf eine sich in der griechischen Antike erstmals konstituierende städtische Öffentlichkeit. So kam es auch erstmalig zur Bildung eines Überschneidungsfeldes zwischen der Praxis des Dichtens mit der räumlichen Darstellungspraxis des Theaters (vgl. Lehmann 1991), die dem Sprechen und dem Darstellen von mythologischen Gehalten vor einem am selben Ort versammelten Publikum ein besonderes Maß an öffentlicher Wirksamkeit sicherte.
Simultanbühne
Die vorherrschende Raumform des europäischen Mittelalters war die Simultanbühne. Auf provisorisch verfertigten Holzpodesten waren sämtliche Handlungsschauplätze (Welt, Himmel, Hölle) gleichzeitig nebeneinander angeordnet. Bei den Passionsspielen im deutschsprachigen Raum waren die Spielorte (loci) über den gesamten Marktplatz verteilt. In England gruppierten sich die sogenannten Wagenbühnen (pageants) kreisrund um die Zuschauer. Solche Bühnenformen mobilisierten den Zuschauer also auch körperlich, indem sie ihn im Verlauf des Spiels von Podest zu Podest wandern ließen. Diese reale Bewegung im umgebenden öffentlichen Raum sowie die stete Neuordnung des Verhältnisses von Szene und Wahrnehmung waren ein wesentlicher Teil der sinnlichen Dynamik des Spiels (vgl. Roselt 2005b, 261). Das grundlegende Spezifikum sowohl der antiken Darbietungen, die sich unter freiem Himmel über den Verlauf eines ganzen Tages erstreckten, als auch des auf öffentlichen Plätzen gespielten Theaters des Mittelalters war das eines zwischen Bühne, Akteuren und Zuschauern „geteilten Raums, der geteilten Zeit und der geteilten Sprache“ (Müller-Schöll, 2005, 144).
Räumliche und geistige Neu-Orientierung
Diese raumästhetischen und raumsozialen Strukturen wurden in der Renaissance im Zusammenhang mit der Wiederentdeckung der antiken Dramentheorie und der Konstituierung einer geregelten Gattungspoetik entscheidend verändert. In Auseinandersetzung mit den Zehn Büchern über die Architektur (De architectura libri decem, 1486) des römischen Architekten Vitruv (ca. 30 v. Chr.), wurden drei theatrale Standarddekorationen (Palastarchitektur für die tragische Szene, Straßenbild für die komische Szene und Waldlandschaft für die Schäferspiel-Szene) verbindlich festgeschrieben. Sowohl in den Reglements der Gattungspoetik wie in der ihr entsprechenden räumlichen und dekorativen Bühnenordnung schlug das neuzeitliche Bedürfnis nach geistiger (Neu-)Orientierung durch: Das Prinzip der An- und Überschaubarkeit – vor allem in intellektueller Hinsicht – bestimmte fortan das Verhältnis von Theaterraum, Szenografie und Publikum. Dies führte äußerlich zum Prinzip visueller Konzentration, freilich um den Preis einer Dividierung des vormals gemeinsamen Raumes in Form einer räumlichen Distanzierung.
Sukzessionsbühne
Die mittelalterliche Simultananordnung wurde entsprechend durch die sogenannte Sukzessionsbühne verdrängt, die zunehmend in festen Saalbauten errichtet wurde. Die verschiedenen Spielorte wurden nunmehr nacheinander auf ein und derselben Bühne präsentiert, Ortswechsel von Akteuren wie von den Zuschauern nicht mehr konkret vollzogen, sondern durch Auf- und Abtritte der Spieler, durch sprachliche Ankündigungen sowie mehr und mehr durch Veränderung der Kulisse angezeigt. Das Publikum erlebte diese Variationen nur noch beobachtend und reflexiv-intellektuell nach, das innere Vorstellungsvermögen des Menschen und der Vorgang des reinen unbeteiligten Blickens wurden eng aufeinander bezogen. Es ging in der Tat um die „lückenlose Konstruktion eines Imaginationsraumes, der seinen Konstruktionscharakter vergessen lässt“ (Müller-Schöll 2005, 144), auf Kosten von Theater als Raum konkreter leiblich-sinnlicher Anteilnahme und gefühlter körperlicher Gemeinschaft.
Proszenium und Guckkasten
Zwischen Bühne und Publikum wurde – als funktionales Element wie als strukturelle Metapher dieser neuen Anordnung – ein Rahmen eingefügt, das Proszenium (zusammen mit der sogenannten Rampe), das sich durch seitlich verschiebbare Kulissen nach hinten fortsetzte und so den Blick der Zuschauer leitete. Hinzu kam als weiteres Trennungselement der Theatervorhang. All dies bedeutete eine entscheidende Wende zugunsten der Vorherrschaft des rein Visuellen im Theater, welche das Verhältnis von Bühnen- und Zuscherraum in Form einer den Blick gleichsam in Beschlag nehmenden Guckkastenbühne bis zum Ende des 19. Jahrhunderts festlegte. In dieser Bühnenform ist nicht nur die Integration der Darsteller in die mimetisch-fiktionale Welt des Bühnengeschehens vorrangig, sondern es ist damit eine entsprechende, ab dem 18. Jahrhundert verstärkte Forderung an das Publikum verbunden, sich imaginativ in diese abgeschlossene Illusion einer Welt hineinzuversetzen (vgl. Balme 2008, 144).
Theorie der Perspektive
Die Trennung von Bühnen- und Zuschauerraum wurde begleitet und forciert durch die ab der Mitte des 15. Jahrhunderts entwickelte Theorie der Perspektive. Sie fand um 1600 erstmalig Eingang in die Szenengestaltung und wurde im Jahre 1545 durch Sebastiano Serlio in der einflussreichsten Abhandlung über den Theaterbau der Renaissance (Di architettura, 1545) in systematischer Form fixiert. Die Entwürfe sahen dabei jedoch noch keineswegs ein eigenes Theatergebäude, sondern eine in Festsälen oder im Hof installierte Szene vor, deren Bühnenbild aus winkelförmigen und auf zwei Flächen bemalten Kulissen bestand (Winkelrahmen). Eine Aufteilung in eine Hinterbühne, welche als Dekorationsfläche fungierte, und eine als Spielfläche konzipierte Vorderbühne erbrachte eine reliefartige Anordnung, in der die reine Bildwirkung der Bühne prononciert wurde (vgl. Pochat 1990). Ihre erstmalige praktische Umsetzung erfuhren die neuen Vorstellungen in Andrea Palladios Teatro Olimpico in Vicenza (1530).
Raum und Text
Insgesamt entfaltete sich in der europäischen Renaissance trotz der vorrangig fiktiv-bildlichen Tendenz jedoch ein Verständnis von Theater als einer räumlichen Veranstaltungsform, die gerade in Bezug auf das Verhältnis von Text und Szene einem Paradigmenwechsel gleichkam. Hatte das Mittelalter noch einen sehr weiten und unscharfen Theaterbegriff, der sehr verschiedene Lebensbereiche abzudecken vermochte, so wurde Theater nun als institutionalisierter Ort und als Praxis wahrgenommen, in dem und durch welche eine für die szenische Umsetzung konzipierte Literatur anschaulich präsentiert wurde. Die spezifische Raumkonzeption des Dramas, die sich aus der für die Textsorte konstitutiven strukturellen Trennung zwischen Haupt- und Nebentext ergibt, wurde dabei zum ersten Mal durch die Institutionalisierung des Theaters als räumliche Veranstaltungsform auf den Prüfstand gestellt. Entwirft der Nebentext der szenischen Anweisungen intentional den Schauplatz und seine gegenständliche Ausstrahlung, so konstituiert er zugleich einen geometrisch begrenzten Raum als Aktionsfeld für die Figuren und ihre Äußerungen. Zum einen musste diesem Textsortenspezifikum fortan in wesentlich verstärkter Weise Rechnung getragen werden, zum anderen aber der Tatsache, dass die ,Lektüre des Raumes‘ ganz anderen wahrnehmungsspezifischen Bedingungen unterworfen ist als die Lektüre eines geschriebenen Textes. Die Bezugnahme auf den Theaterzuschauer, die spezifische Art seiner Ansprache und seiner Stimulation, war das wesentliche Kriterium, das aus der Wieder-Entdeckung von Theater nachhaltig in die Zukunft wirken sollte.
Dynamisierung des Blicks
Blieben die Bühnenbilder bis zum Ende des 17. Jahrhunderts streng zentralperspektivisch gehalten, so führte der Bühnenmaler und Architekt Ferdinando Galli-Bibiena sowohl praktisch als auch theoretisch (Architettura civile, 1711) die Winkelrahmenbühne ein, die durch die sogenannte Periaktenbühne des Giacomo Barozzi da Vignola nochmals technisch raffiniert wurde. Die bis dato streng mathematisch-symmetrische Tiefenperspektive, deren visueller Fluchtpunkt in einem am Ende der Bühnenmitte gedachten Fixpunkt lag, wurde zugunsten einer Verteilung auf verschiedene Blickwinkel modifiziert. Das Bühnengeschehen wie der darauf gerichtete Blick des Zuschauers erfuhren so eine Dynamisierung. Entsprechend des Zusammenhangs von Blick und innerem Vermögen sollte die Streuung und Flexibilisierung von optischen Vektoren zugleich die imaginativen und assoziativen Fähigkeiten des Betrachters über die rein sinnliche Anschauung hinaus stimulieren. Diese Tendenz stand nicht zuletzt, wie die barocke trompe l’oeil - Malerei, in Zusammenhang mit der Auffassung von der äußeren, Welt als Schein‘, die dem Barockzeitalter über nationale und kulturelle Divergenzen hinweg eine gewisse ideengeschichtliche Einheitlichkeit sicherte.
Oper und Bühnenmaschinerie
Die Entwicklung der Oper zum herrschenden Bühnengenre an den europäischen Höfen antwortete darauf mit der Erfindung ausgeklügelter Bühnenmaschinerien, die blitzartige Verwandlungen und den größtmöglichen spektakulären Effekt garantierten. Einer Initialzündung kam dabei die Entwicklung eines Kulissen-Verwandlungssystems durch Giovanni Battista Aleotti gleich, das im Jahre 1618 im Teatro Farnese in Parma erstmals zum Einsatz kam. Die Bevorzugung der Operngattung darf freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bühne des Barock vor allem als pikturales Kunstwerk konzipiert war. Das spezielle musikdramatische Genre war der Inbegriff einer die Gesamtheit von Darstellungsmitteln und rezeptiven Vermögen aktivierenden totalen Kunst, die den barocken Theatrum mundi -Gedanken in die Anschaulichkeit der Szene übertrug. Dennoch bedurfte dieses opulente Genre, das in Paris unter dem Bühnenbildner Jean-Nicholas Servandoni schließlich vollkommenste szenografische Autonomie erlangte, zu seiner Organisation im Sinne höfischer Repräsentation einer ästhetischen Dominante. Die durchweg lenk- und beherrschbare optische Komponente erfüllte diese Forderung – anders als die sich im Raum ungehindert ausbreitende Akustik – passgenau.
Illusionsraum und Vierte Wand
Mit der Herausbildung des bürgerlichen Theaters ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurden Theater endgültig institutionalisiert; die entsprechenden Räumlichkeiten verloren ihren baulichen Mehrzweckcharakter und erhielten einen repräsentativen Platz in der städtischen Topographie (vgl. Matthes 1995). Während an den Hoftheatern weiterhin vor allem die Gattung der Oper gepflegt wurde, kamen die wesentlichen Impulse für die Szenengestalt vonseiten eines bürgerlichen Theaters. Dieses wich zwar vom barocken Spektakel in entscheidendem Maße darin ab, dass es so gut wie völlig auf theatralische Effekte verzichtete. Doch auch sein wesentliches Anliegen bestand darin, die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf die Bühne und die dort gebotene Handlung zu fokussieren. Als gemeinsamer Fluchtpunkt dramenpoetischer, schauspieltheoretischer und räumlich-szenografischer Überlegungen fungierte dabei nunmehr die Herstellung einer überzeugenden Illusion im Dienste der Identifikation mit dem Gezeigten durch das Publikum. Das betraf einmal die Ausstattung auf der Szene, zum anderen die Zuordnung von Szene und Saal. Denis Diderot etwa stellte in seinem Discours sur la poésie dramatique (1758) Überlegungen zu einer Vierten Wand an: Die Bühne wäre dementsprechend durch eine transparente imaginäre Mauer vom Publikum geschieden. Der Zuschauer erlebt die Szenen-Handlungen quasi wie ein unentdeckter, Voyeur‘ mit, was bedeutet: Seine Anwesenheit beeinflusst den Ablauf der dramatischen Aktion nicht; die Schauspieler agieren in diesem Sinne ,natürlich‘, d.h. als ob sie sich der Anwesenheit eines Publikums nicht bewusst wären.
Bildwirkung und Dreidimensionalität
Freilich stand diese Idee in unmittelbarem Zusammenhang mit der Literaturfundierung der aufgeklärten Theatertheorie, welche das empfindende und reflektierende Subjekt in den Mittelpunkt seiner Ästhetik rückte. Eine direkte sinnliche Konfrontation des Zuschauers mit dem Bühnengeschehen im Sinne einer Überwältigung durch seine Effekte war ebenso wenig erwünscht wie eine realkörperliche Gemeinschaftserfahrung innerhalb des Publikums. Die emotionale Wirkung der Aufführung sollte vielmehr einen intellektuellen Prozess stimulieren, der sich im einzelnen Subjekt abspielte. Auf der anderen Seite aber trug die Forderung nach einer Vierten Wand einem Paradox Rechnung, welches mit der optischen Erschließung des Bühnenraums und ihrer Radikalisierung im Barock einherging: Die an ein bewegtes Gemälde erinnernde optische Geschlossenheit des Bildeindrucks der Bühne, die durch die enge Zweiteilung in Bühne und Publikum evoziert wurde, stand im Gegensatz zur leiblichen Dreidimensionalität des Akteurs (vgl. Haß ²2005, 282). Löste das barocke Theater diesen Widerspruch durch die Verpflichtung des Akteurs auf kodifizierte Posen und repräsentative Stellungen, die das plastische Raumwesen des Spielers der visuellen Gesamtwirkung als ,Bild‘ integrierbar machte, so erbrachte die Divergenz zwischen der Bildwirkung des Guckkastens und dem dreidimensionalen Illusionsraum bereits für das bürgerliche Theater des 18. Jahrhunderts Schwierigkeiten. Sie schlugen sich am Übergang zum 19. Jahrhundert in vereinzelten Überlegungen zum Bühnenbild als Raumproblem nieder (vgl. Balme 2005, 323), aber erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts sollte es zu entscheidenden Veränderungen im Verhältnis Bühne, Publikum und Szenografie kommen.
Raumbühne und Szenografie
Theater als Raumkunst
Im Zuge der Theatermoderne um 1900 avancierte Szenografie zu einer eigenständigen Raumkunst. Obwohl mit Christopher Balme davon auszugehen ist, dass der Begriff der Szenografie insofern eine transhistorische Dimension aufweist, als die Erzeugung eines visuellen Gesamteindrucks für szenisches Geschehen immer schon Bestandteil allgemeinerer Überlegungen zur Raumgestalt des Theaters waren, so kann von Szenografie im eigentlichen Sinne erst ab 1900 gesprochen werden (vgl. Balme 2005, 322). Nachdem der Bühnennaturalismus im Ausgang von der Milieutheorie Emile Zolas eine möglichst exakte und ebenso natur- wie detailgetreue Abbildung der Realität auf der Bühne gefordert hatte, setzte mit den symbolistischen und ästhetizistischen Strömungen eine dezidierte Gegenbewegung zum Illusionsprimat des dramatisch-literarischen Theaters ein. Innerhalb der avancierten Literatur entworfene und über sie hinausweisende Konzepte von der Bühne als „Tempel des Traums“ (Maurice Maeterlinck) oder als „Traumbild“ (Hugo von Hofmannsthal) markieren dabei bereits begrifflich eine Affinität zu spezifisch anti- oder über-illusionistischen Vorstellungen von räumlicher Ausstrahlung.
Bewegung und Plastizität
Zentral für einen bis heute nachhaltig zu Buche schlagenden Paradigmenwechsel war die Ablösung der Zweidimensionalität der Raumkonzeption durch eine Reflexion auf den ontologischen Status der Theaterkunst. In Auseinandersetzung mit dem Gesamtkunstwerkskonzept Richard Wagners und aus der Kritik an der historistischen Bühnendekoration auf den Bühnen des ausgehenden 19. Jahrhunderts entwickelte der Schweizer Adolphe Appia (La mise en scène du drame wagnérien, 1892; Die Musik und die Inszenierung, 1899) eine Vorstellung vom Wesen des Theaters, welches er durch das Prinzip der Bewegung im Raum definierte. Dem komplementär ging die Einsicht, dass ein vor gemalten Kulissen agierender lebendiger Darsteller unweigerlich zu einer wahrnehmungsästhetischen Störung führen müsse, die den räumlichen Charakter von Theaterkunst konterkariere. Als Folge seiner Entdeckung der Diskrepanz von Bild und Bühne ersetzte Appia die gemalten Kulissen durch plastische Elemente. Deren Dreidimensionalität wurde durch Licht und Schatten analog zu der in der Musik vermittelten Stimmung prononciert, mithin nicht mehr malerisch-illusionistisch, sondern konkret und raumatmosphärisch funktionalisiert. Leitend war hierbei der in Auseinandersetzung mit Wagners Gesamtkunstwerksidee gewonnene Gedanke vom Raum als einer umfassenden, das Gesamt der Mittel harmonisch synthetisierenden Größe.
Musikalische Raumorganisation und Abstraktion
Da Appia – infolge seiner Auseinandersetzung mit dem Wagner’schen Musikdrama – die abstrakte Organisationsweise der Musik zum Vorbild von Theaterkunst bestimmte, verwarf er auch jeglichen natürlichen Handlungs- und Bewegungsverlauf, das heißt jedwede Form realistisch nachahmenden Körperspiels und damit das Illusionsprinzip im Allgemeinen. Szenische Aktion wurde durch Appia also nicht nur in die Plastizität eines praktikablen Raums verlegt, sondern vom Primat einer realistisch perspektivierten Handlung zwischen dramatisch vorentworfenen Personen gelöst: Bühnengeschehen im Sinne des Bewegungsprimats lässt prinzipiell auch visuelle Relationen, Allianzen und Spannungen zwischen menschlichem Darsteller und rein dinglichen Bestandteilen zu und ermöglicht somit umfassende Abstraktion. Diese bedeutete für den menschlichen Akteur eine in erster Linie topographische Orientierung, und zwar in dem Sinne „daß der durch die Terrainbeschaffenheit hervorgerufene Ausdrucksgehalt der Stellungen und Bewegungen von diesem auch ganz erschöpft“ (Appia 1899, 71f.) werden konnte bzw. musste.
Licht als aktive Gestaltungskraft
Die von Appia an musikalischen Prinzipien orientierte „rhythmische“ Gliederung des neuen szenischen Terrains und der in ihm befindlichen Gegenstände und Darsteller fand dabei ihre vorrangige Entsprechung in einer Aufwertung des Lichts zu einer aktiven Kraft:
Der größte Laie in Dingen der Bühnenausstattung sieht ein, dass Malerei und Beleuchtung zwei Elemente sind, die einander ausschließen; denn wenn man ein vertikales Bild beleuchtet, macht man es bloß sichtbar, und das hat nichts mit der aktiven Rolle des Lichts gemeinsam, ja es widerspricht ihr sogar. (Appia 2000b, 314)
Appia betrachtete das Licht als bewegliche, vielfarbige und symbolträchtige Größe, deren szenische Qualität er analog zur Musik zwischen suggestiv-evokativer Kraft und konkreter Sinnlichkeit verortete. Beiden wäre, wie Appia betonte, „jene überaus lenksame, weiche Flüssigkeit zu eigen, durch welche sie imstande sind, alle Ausdrucksgrade vom bloßen Vorhandensein bis zur überströmenden Intensität zu durcheilen“ (Appia 1899, 82). Licht fungierte somit nicht mehr als bloße Beleuchtung oder als Illustration eines äußeren Vorgangs. Ihm kam vielmehr die wesentliche Rolle zu, die Wahrnehmung des Raumes zu dynamisieren; zugleich sollte es die inneren, d.h. assoziativ-imaginativen Bezüge des szenischen Geschehens offenlegen.
Moving Screens
Analog zu Appia bestimmte auch der englische Theaterreformer Edward Gordon Craig den „geist der bewegung“ (Craig 1969, 68) im Sinne eines nicht nur das Spiel der Akteure, sondern den Gesamtraum organisierenden Prinzips zum Kern einer neuen Theaterkunst. Auch bei ihm schloss der Gedanke an eine abstrakte Synthese der theatralen Mittel im und durch den umgebenden Raum den Vorrang einer illusionistischen, auf dem gesprochenen Dialog basierenden Theaterästhetik kategorisch aus. Dies brachte ihn schließlich über Versuche mit stilisiert agierenden, marionettenhaften Darstellern zu Experimenten mit moving screens, d.h. Szenen, die rein durch die mechanische Bewegung von Elementen der Bühnenarchitektur zustande kamen. Die dahinter stehende Idee war die einer perfekten Theaterraummaschinerie, welche das Bühnengesamt zu einem autonomen, in sich dynamischen Komplex vereinigte.
Räumliche Gesamtkomposition
Mit diesen Neubestimmungen im Verhältnis von Theaterkunst, Raum und Szenografie war eine Ausgangsbasis geschaffen, die durch die europäischen Avantgarden und ihre Abstraktionstendenzen sowie durch nachfolgende Strömungen bis heute in verschiedener Weise aufgegriffen, variiert und radikalisiert wurde. Es verwundert daher nicht, wenn der Darsteller in seiner Körperlichkeit fortan zum integralen Bestandteil einer räumlichen Gesamtkomposition aus verschiedenen szenischen Mitteln reduziert wurde, in deren Zentrum zumeist das Zusammenspiel von Bewegung, Licht und Form stand. Das gilt für die Theaterentwürfe im Umkreis des französischen Kubismus, im italienischen Futurismus, in der Bauhaus-Bewegung und auch für die konstruktivistischen Ansätze innerhalb der russischen Regiekunst, etwa bei Wsewolod E. Meyerhold oder Alexander Tairow. Auch die sogenannte Stilbühne von Georg Fuchs (Die Schaubühne der Zukunft, 1905; Die Revolution des Theaters, 1909), die aufgrund ihrer a-perspektivischen Flächigkeit als Reliefbühne bezeichnet wird, schreibt den Darsteller in die räumliche Anlage an. Er agiert hier durch stilisierte Posen, die seine Dreidimensionalität zugunsten formaler Bezüglichkeiten zurücktreten lassen. Avancierte theaterpraktische und auch -theoretische Strömungen haben durch das 20. Jahrhundert hindurch bis heute die Kritik an den ästhetischen Defiziten eines perspektivisch-illusionistisch gestalteten Bühnenraums weiter getragen und die jeweils eigenen Konzepte dezidiert mit neuen Wirkungsvorstellungen verbunden. Modelle von Theater als sinnlich-evokativer „Poesie im Raum“ (so bei Antonin Artaud) stehen Seite an Seite mit technizistischen Utopien, in denen der Theaterraum zum Paradigma einer neuen industriellen Erlebniskultur avancierte (so bei den italienischen Futuristen).
Theater und bildende Kunst – Bildertheater
Ein wesentliches Spezifikum solcher Tendenzen war die Annäherung von Theater und bildender Kunst: Maler und Bildhauer wie Picasso, Kandinsky, Schlemmer, Depero und andere interessierten sich für das Theater als Ort, an dem ihre Entwürfe dreidimensional umgesetzt werden konnten. Diese Tendenz reicht über das sogenannte Bildertheater der 1960er und 1970er Jahre (vgl. Rischbieter 1968; Simhandl 1993; Vom Bruch 1996) bis heute. Sie wird fassbar bei Künstlern wie Robert Wilson, Robert Lepage und auch bei Romeo Castellucci, die auf hochstilisierte, gleichsam pikturale Theaterszenerien setzen.
Wissenschaftliche Bestimmungen des Raums
Phänomenalisierung des Bühnenraums
Für die theatertheoretische und -wissenschaftliche Auffassung von Theater nicht nur als eines dreidimensionalen Erlebnis-, sondern auch als eines spezifischen Wahrnehmungsraumes boten alle diese Vorstöße eine nachhaltige Anregung (vgl. Flemming 1952). Dabei bemüht sich die moderne Theaterwissenschaft um eine „Phänomenalisierung des Bühnenraums“, welche „sowohl historische Erscheinungsformen als auch überzeitliche Strukturmerkmale untersucht“ (Lazarowicz/Balme 2000, 404).
Performativer Raum
Übereinstimmung besteht heutzutage darin, dass der Bühnenraum erst durch die auf ihm stattfindende szenische Aktion als solcher identifizierbar wird, wobei diese Konkretisierung in ihrer Anbindung an das Prinzip der Bewegung stets nur vorläufig, variabel und fluktuierend zu denken ist: ein von Zeitlichkeit durchdrungener und von ihr abhängiger Raum. Die Szene avancierte damit im 20. Jahrhundert auch zu einem ästhetischen Freiraum, in dem Bedeutungsbildung als transitorisches Zusammen- und Widerspiel von Signifikanz und körperlich-materieller Eigenpräsenz erprobt und nachvollzogen wird. Sie ist, entsprechend dem zeitlichen Verlauf, der als zweites wesentliches Konstituens des Theaters mit dessen Raum unauflöslich verknüpft ist, rekodierbar, in ihrer Zeichenhaftigkeit multiplizierbar oder einfach rein atmosphärisch konstituierbar. Trotz oder besser: gerade aufgrund ihrer sinnlichen Konkretheit und deren Anbindung an Zeit und Bewegung kommt den im Raum versammelten Komponenten – auch dort, wo nach wie vor realistisches Theater produziert wird – keine perspektivisch-illusionistische oder semantische Konsistenz mehr zu. In diesem Sinn ist der Bühnenraum ein genuin performativer Raum, der durch den stetigen Wechsel und Entzug von Bedeutungen und durch das ambivalente Zusammenspiel von bzw. durch die Spannung zwischen Bedeutung und Materialität gekennzeichnet ist.
Heterotopien
Michel Foucault hat in einem Vortrag von 1967 (deutsch: Andere Räume, 1990) wesentliche Perspektiven auch für die theaterwissenschaftliche Konzeption von Raumerleben vorgegeben (vgl. Roselt 2005, 266f.). Er subsumiert das Theater, zusammen mit Friedhöfen, Bordellen, Festsälen, Museen etc., denjenigen Raumarten, die von einer Gesellschaft in ihren jeweiligen alltäglichen Lebenszusammenhang eingebunden werden, sich jedoch durch das, was auf bzw. in ihnen stattfindet, von alltagspragmatischen Bezüglichkeiten lösen. In diesen von ihm als „Heterotopien“ definierten Räumen würden „die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet“ (Foucault, 1990, 39). Zu unterscheiden sind die einzelnen heterotopischen Bereiche entsprechend der Form von Zeitlichkeit, die sie erfahrbar machen. Im Falle des Theaters wäre das die Flüchtigkeit aller in ihm gezeigten Geschehnisse. An solchen Vorgaben geschult sind (kunst)soziologische Konzepte von Raum, die die Momentanität und radikale Disponsibilität der räumlichen „Konstellation von festen Punkten“ und damit die dynamische Veränderlichkeit von Räumen selbst hervorheben (de Certeau 1990, 218). Dabei ist zu beachten, dass der Eindruck von Räumlichkeit im Theater stets an die spezifische Form der Zuordnung von Zuschauern, Szene und Akteuren sowie an das gegenseitig wahrgenommene Wechselspiel ihrer wechselnden Ausstrahlungen gebunden ist, mithin auf einer Syntheseleistung beruht (vgl. Löw, 2001).
Raum-Atmosphäre
Auch die ganz aktuelle Theatertheorie hat ihre Begrifflichkeiten an solchen Vorstellungen ausgerichtet. Das von Gernot Böhme übernommene Konzept der Atmosphäre (Atmosphäre, 1995) etwa bemüht sich um die Erfassung – durchaus diffuser – phänomenaler, sinnlicher und emotiver Qualitäten, die sich aus der räumlichen Anordnung ergeben. Dabei wird die mediale Grundkonstellation von Theater in Rechnung gestellt. Raum meint unter dieser Perspektive eine spezifische Begegnungs- und Konfrontationsstruktur, die sich als dynamische Zuordnung von wechselnden theatralen Ausstrahlungen und ihrer unmittelbaren Rezeption fassen lässt.
Aufhebung der räumlichen Trennung zwischen Bühne und Saal
Mit dieser Perspektive wird nicht zuletzt einer weiteren wesentlichen Entwicklung innerhalb des theaterpraktischen Raumdiskurses begegnet. Die genannten historischen Tendenzen seit Beginn des 20. Jahrhunderts gingen einher mit der Ablehnung einer hierarchischen Ordnung des Zuschauerraums und der Aufhebung seiner eindeutigen Trennung von der Bühne. Im Bestreben, den Zuschauer zu aktivieren, d.h. zu tangieren und auch sinnlich zu affizieren, bemühte man sich in verschiedensten räumlichen Variationen darum, das Geschehen unmittelbarer als bisher auf ihn einwirken zu lassen. Angefangen von der Findung neuer Spielräume ohne strenge Differenzierung zwischen Bühne und Saal über die Integration der Zuschauer in die topographische Anlage des Spielortes bis hin zur völligen Auflösung des als Theaterraum definierten Bereiches. Den Beginn markieren im frühen 20. Jahrhundert die Versuche, die Strukturmerkmale asiatischer Bühnenformen zu nutzen. So wurde der von der Rückwand des Theaterraums durch die Zuschauerreihen bis hin zur Bühne führende Auftrittssteg des japanischen Kabuki und Nô-Theaters, der hanamichi, als Möglichkeit erprobt, die starre Zuordnung von Bühne und Saal zu durchbrechen, so etwa durch Max Reinhardt (Sumurun, 1910/11 im Münchner Künstlertheater).
Raumkonzepte des 20. und 21. Jahrhunderts
Auf räumliche Neurorientierung zielten auch die futuristischen und dann die dadaistischen Aktionen jenseits etablierter Theaterräume, etwa in Cafés und Kabaretts, die polydynamischen Bühnenentwürfe innerhalb der futuristischen Szenografie, die raumaffinen Gesamtkunstwerkskonzepte des Bauhaus-Kreises sowie die Entwicklung von Theatern mit mehreren beweglichen Bühnen (Erwin Piscator, Walter Gropius’ Totaltheater). Die Modellierung eines neuen, avancierten Theaters wurde in den letztgenannten Fällen rundweg als vorrangig architektonische Herausforderung gefasst, Theaterkunst wurde als strukturelles Äquivalent zur Baukunst verhandelt. Später ergingen Forderungen nach gänzlich leeren Bühnen (Peter Brook: Der leere Raum, 1969), es kam zu kurzzeitigen Versuchen der Wiederbelebung der Gerüst-Bühnenform der Commdia dell’arte und zur Erneuerung der Simultanbühnenstruktur durch Richard Schechners environmental theatre (Environmental Theatre, 1973), schließlich zur breiten Etablierung von Black-Box-Theatern, die als schmucklose Räume für szenische Experimente konzipiert sind. Aber auch die Entgrenzungsbestrebungen der Happening- und Performancekunst sind hier zu nennen, für die (im weitesten Sinne theatrale) Aktion immer und überall an Alltagschauplätzen realisierbar scheint. Theaterraum ist damit nicht mehr als vorab auf darstellendes Spiel hin konzipierter Ort bestimmt, sondern als ein jeglicher Raum, in dem Theater stattfindet. Und auch wenn mit dem Bildertheater seit den 1960er Jahren und dem pictorial turn scheinbar ein ausbalanciertes Verhältnis zwischen dramaturgischer und szenografischer Praxis eingeläutet schien und die avancierte Regie sich bildlicher Elemente erneut als einer Art ,Sprache‘ im Sinne eines kulturell-symbolischen Gedächtnispools bediente, so ist doch die Spannung zwischen den im Raum versammelten und von ihm umfassten Komponenten nach wie vor unhintergehbar (vgl. Balme 2005 324f.).
Realer und virtueller Raum
Dem Umstand eines keineswegs entschiedenen Verhältnisses zwischen Bild und Theaterraum trägt nicht zuletzt das multimediale Experiment Rechnung. Sowohl die Performancekunst und das avancierte experimentelle Theater als auch etablierte Häuser bedienen sich längst der Möglichkeit, über Film- und Videozuspielungen oder über die zeitgleiche Übersetzung von Bühnengeschehen in die Projektionsform die Modalitäten von Wahrnehmen und Erkennen, sinnlicher Empathie und bewusstseinsmäßiger Integration zu überprüfen (vgl. De Marinis 1985; Büscher 1994). Dabei steht – vor dem Horizont einer durchweg medialisierten, ja virtualisierten Gesellschaft – die Bindung unseres Weltbegreifens an den realen Raum und die Dreidimensionalität des Körpers und der Gegenstände erneut und verschärft in Frage. Diese Frage ist – vor allem unter dem Stichwort der Intermedialität – von theaterwissenschaftlicher Seite breit, aber wohl noch keineswegs erschöpfend beantwortet worden.