4 – Stéphany Orain-Pélissolo
In den Klauen der Depression
Selbst als Psychologe kann man eine Depression bekommen und Hilfe benötigen, um sich davon zu befreien!
»Sie haben das Glück, Psychologin zu sein! Sie helfen uns, aber letztlich wissen Sie nicht, was es heißt zu leiden!« Worte von Patienten, die man oft mitten in einer Sitzung hört … Worauf ich antworte: Unser Beruf immunisiert uns in keiner Weise gegen den Schmerz und schützt uns auch nicht vor schwierigen Phasen (Trauer, Trennung, Mobbing, Aggression, Krankheit, Arbeitsplatzverlust, Überarbeitung). Sie gehören zum Leben jedes Menschen dazu, und es ist vollkommen normal, in solchen Augenblicken Trauer, Angst und Wut zu empfinden. Niemand kann sie verhindern noch vorhersagen, wie er mit der Gewalt der auftretenden Emotionen umgehen wird, und das gilt zuallererst für mich selbst.
Kann man Leid bändigen?
Wie soll man akzeptieren, was einem widerfährt? Wie damit leben? Am Anfang meiner Berufstätigkeit geriet ich vor Jahren in eine Depression, als ich am Arbeitsplatz gemobbt wurde. Ich war davon überzeugt, nichts wert zu sein. Damals dachte ich, dass ein Antidepressivum, eine »Glückspille«, die Sache regeln würde (kein schlechtes Vorurteil für eine Psychologin). Tatsächlich kam nach einer zweimonatigen Behandlung und mithilfe der Unterstützung vieler Freunde und Kollegen meine Energie allmählich wieder zurück; meine Gedanken und meine Traurigkeit überwältigten mich nicht mehr. Aber die Freude und Begeisterung, die ich gewöhnlich empfand, waren weg, und der Gedanke »Ich bin nicht viel wert«, der bei dem Ereignis aufgetaucht war, nagte ernsthaft an mir. Wenn ich nichts wert bin, warum halten meine Freunde dann noch zu mir, warum ist mein Mann noch an meiner Seite? Ich sagte mir: »Das tun sie nur aus Freundlichkeit.« Das einzige Gebiet, auf dem ich mich selbstsicher fühlte, war mein Beruf. Er schenkte mir große Freude und Befriedigung, und deshalb investierte ich viel Zeit in ihn. Ich konnte zwar meinen Patienten wirksam helfen, aber nicht mir selbst.
Einige Jahre später war ich infolge meiner Arbeitsüberlastung physisch so erschöpft, dass ich ein so genanntes Burnout-Syndrom entwickelte. Ich verlor schleichend meine Motivation und meine Freude am Tun. Mein Hauptgedanke »Ich bin wertlos« tauchte wieder auf und verfolgte mich Tag und Nacht, begleitet von den Gedanken: »Ich werde es nie schaffen«, »Ich bin nicht imstande, Job, Kinder, Familie und Freunde unter einen Hut zu bringen.«
Dieses Mal entschied ich mich, mich an einen wohlwollenden befreundeten Psychiater zu wenden, der mir ein Antidepressivum verschrieb, mir zu einer Psychotherapie riet und von einer neuen Methode erzählte: einer einwöchigen Einführung in die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie. Diese Erfahrung hat mir so viel genützt, dass ich hier davon berichten möchte.
Die Depressionsspirale
Trauer, Motivationsverlust, starke Müdigkeit, Appetitlosigkeit, drei Stunden Dämmerschlaf, der Eindruck, meiner Umgebung zur Last zu fallen, das Gefühl, in meinen eigenen Gedanken gefangen zu sein, intensiver emotionaler Schmerz – all das waren Symptome, die ich während meiner Depression Tag für Tag erlebte. Die Grübeleien, in die ich verfiel und die mein Denken vergifteten, waren mir besonders lästig. Diese Endlosschleife negativer Gedanken steigerte meine Traurigkeit noch mehr: »Wo ist die Aus-Taste? Ich arbeite zu viel, ich verbringe zu wenig Zeit mit meiner Familie, ich bin eine schlechte Mutter, eine schlechte Ehefrau, eine schlechte Freundin … Ich nehme mir zwar Zeit, jeden Tag meine Patienten anzuhören; ich bin geduldig und ihnen zugewandt, doch wenn meine Familie, meine Freunde oder meine Kinder wollen, dass ich ihnen freundlich zuhöre, habe ich nicht mehr die Energie, ihre Erwartungen zu erfüllen. Ich komme abends erschöpft nach Hause, habe keine Lust mehr zu reden und interpretiere alles falsch. Sie fallen mir nicht um den Hals, wenn ich nach Hause komme, ich bin ihnen egal, ich bedeute ihnen nichts. Ich bin erbärmlich! Schließlich bin ich nichts wert.« Dieser unaufhörliche innere Monolog nagte an mir. Ich bestand nur noch aus diesen unerträglichen Gedanken.
Nicht mehr denken, nicht mehr leiden
Ich versuchte mit allen mir bekannten Mitteln, diesen Zustand zu ändern, anfangs allein. Ich probierte vor allem ein Verfahren, das man im Fachjargon »kognitive Umstrukturierung« nennt.
Die kognitive Umstrukturierung: Funktionsweise und Prinzip
Die kognitive Umstrukturierung besteht darin, dass man seine negativen Gedanken einem Realitätstest unterwirft: Wie weit ist dieser Glaube, den ich habe, realistisch? Welches sind die konkreten Beweise für oder gegen ihn? Diese »rationale« Methode besteht darin, die negativen Überzeugungen zu relativieren und auf diese Weise die daraus entstehenden leidvollen Emotionen zu reduzieren.
Ich schrieb also meine Glaubenssätze gewissenhaft in ein Notizbuch und fragte mich, wie weit sie auf einer Skala von 0 bis 100 realistisch seien. Das Resultat? Es lag bei 100 Prozent. Ich fand nur Beweise für und keinen gegen sie. Es war nichts zu machen, ich steckte im Strudel meines Pessimismus und meiner Traurigkeit fest. Die kognitive Umstrukturierung ist eine sehr wirksame Methode, wenn die Symptome der Depression noch leicht ausgeprägt sind, wenn man noch Abstand von ihnen nehmen kann oder schon wieder auf dem Wege der Besserung ist, die Heilung festigen und einem Rückfall vorbeugen will. Bei mir waren die Symptome schon zu stark, und ich hatte keine Energie mehr, um gegen sie zu argumentieren. Die Traurigkeit hatte mich fest im Griff, und ich sah alles durch ihre Brille.
Ich begann eine medikamentöse Behandlung. Einen Monat später kehrte meine Energie wieder zurück, und ich konnte zwei therapeutische Verfahren mit seltsamen Namen beginnen: EMDR und MBCT!
Der notwendige Zwischenschritt der Antidepressiva
Wenn man sehr depressiv, konfus sowie von emotionalem Leid und Pessimismus zurückgeworfen oder überwältigt ist, ist eine psychologische Therapie oft eine Überforderung. Ein Antidepressivum kann dann die entscheidende Hilfe sein, um therapiefähig zu werden.
Die Befreiung von schmerzhaften und unverarbeiteten Lebensereignissen durch EMDR
Was ist EMDR?
EMDR, die englische Abkürzung für Eye Movement Desensitization and Reprocessing (übersetzt etwa: »Desensibilisierung und Neuverarbeitung mithilfe von Augenbewegungen«), wurde von der amerikanischen Psychiaterin Francine Shapiro Ende der 1980er Jahre mit dem speziellen Ziel entwickelt, seelisches Leid nach traumatischen Ereignissen zu behandeln.
Die meisten unserer Erinnerungen, seien sie positiv, neutral oder negativ, sind gewöhnlich im Langzeitgedächtnis abgespeichert. Manchmal fällt uns spontan eine negative Erinnerung ein. Das ist unangenehm, aber reaktiviert keine negativen Emotionen, weil wir wissen, dass das Ereignis erledigt ist; es ist »verarbeitet«. Doch bei ganz bestimmten negativen Erinnerungen ist das anders: Sie lösen immer noch intensive Emotionen aus. Vor allem tauchen sie tendenziell dann auf, wenn wir sie nicht haben wollen! Diese schmerzbesetzten Erinnerungen sind im Langzeitgedächtnis nicht korrekt abgelegt. Sie befinden sich gewissermaßen noch im »Rohzustand«, in dem wir das Ereignis erlebt haben, und sind mit Bildern, negativen Gedanken über uns selbst, Emotionen und körperlichen Empfindungen verknüpft.
Die Erinnerung ist in einem solchen Fall keine Sachinformation (»Ich weiß, dass dieses oder jenes um diese Uhrzeit passiert ist«), sondern eine Art Albtraum, den man immer wieder als Ganzes erlebt, als würde man mittendrin stecken. Da die Erinnerung unverarbeitet und nicht abgelegt ist, hängt sie sich ständig an alles, was wir erleben, und taucht in Zusammenhängen auf, die oft gar nichts mehr mit den Zusammenhängen des Geschehens zu tun haben. Jedes Signal, das an die Umstände des ursprünglichen Geschehens erinnert, reaktiviert die damit verbundenen Emotionen, so wie mein Burnout die düsteren Gedanken wiederbelebte, die seit der ersten Episode der Depression in mir lauerten.
Die schmerzhafte Erinnerung neu verarbeiten
EMDR zielt darauf ab, die schmerzhafte Erinnerung »neu zu verarbeiten«, das heißt, sie von den damit verbundenen oder fest daran haftenden negativen Emotionen und Empfindungen zu befreien. Nach einer minutiösen Vorbereitung bittet der Therapeut den Patienten während einer EMDR-Sitzung, sich in Gedanken den visuellen, intellektuellen, emotionalen und sensorischen Komponenten der traumatischen Erinnerung zu öffnen, während der Patient sich gleichzeitig auf die Hand des Therapeuten konzentriert, die dieser horizontal vor den Augen des Patienten hin- und herbewegt. Nach einer Sequenz von Augenbewegungen von etwa 30 Sekunden fragt der Therapeut den Patienten, was er erlebt hat: Manchmal tauchen Bilder, Emotionen, Gedanken, körperliche Empfindungen auf, manchmal nichts. Das produzierte »Material« wird vom Therapeuten nicht interpretiert; er bittet den Patienten, sich auf das von ihm Erlebte zu konzentrieren, während eine weitere Sequenz von Stimulationen durchgeführt wird. Dieses Verfahren wird so lange wiederholt, bis sich der durch die Stimulation offenbarte Inhalt positiv verändert, was (erstaunlicherweise) fast von allein geschieht. Wenn man dann auf die ursprüngliche traumatische Erinnerung zurückkommt, reaktiviert sie kein unangenehmes Bild, kein negatives Urteil und auch keine schmerzhafte Emotion mehr.
Eine EMDR-Behandlung ließe sich mit einer Zugfahrt vergleichen. Wir fahren vom Bahnhof ab mit Waggons, beladen mit negativem Material; an jeder Station lädt der Patient etwas davon ab, und allmählich wird positives Material eingeladen. Damit ist die Reise zu Ende. Die unangenehme Erinnerung kann im Langzeitgedächtnis abgelegt werden; sie wird sich nicht mehr an die Gegenwart oder die Zukunft heften.
Was EMDR mir gebracht hat: meinen Frieden mit negativen Erinnerungen machen
Wenn auch meine Energie allmählich wieder zunahm, spürte ich doch, dass mein Selbstwertgefühl geschwächt blieb (»Die anderen sind besser als ich, ich tauge nichts«), besonders in persönlichen Dingen. Als kleines Mädchen war ich heiter, fröhlich, gesellig, sportlich und wurde von anderen anerkannt. Was hatte diesen Bruch, dieses Gefühl von Entwertung, verursacht?
Der in »Ich bin wertlos« gipfelnde Gedankenstrom war eine Folge des Mobbings, das ich am Arbeitsplatz erlebt hatte. Sobald ich diese entfernte Erinnerung heraufbeschwor, war mir die Kehle wie zugeschnürt, und blitzartig tauchten Bilder auf. Aus komplexen Gründen hatte mich jemand, den ich schätzte, den ich intellektuell brillant fand und mit dem ein Jahr lang alles zum Besten gestanden hatte, plötzlich ignoriert. Er hatte auf dem Absatz kehrtgemacht, sobald er mich sah, mich keines Wortes mehr gewürdigt, mir hasserfüllte Blicke zugeworfen und mich bei meinen Kollegen angeschwärzt. Ich war zum schwarzen Schaf geworden! Ein totales Unverständnis, eine große und tiefe Traurigkeit ergriffen allmählich von mir Besitz. Seine Haltung mir gegenüber überzeugte mich schließlich davon, dass ich tatsächlich nicht viel wert war.
Diese Mobbing-Episode war eine unverdaute traumatische Erinnerung, die mit EMDR verarbeitet werden konnte. Ich ging mit meiner Psychotherapeutin ans Werk. Das Bild, das auftauchte, war so präzise wie ein Foto: ich in seinem Büro, sein Gesicht rot vor Wut, hasserfüllte Augen, angespannter Kiefer, seine Faust, die auf den Tisch schlug. Der damit verbundene negative Gedanke war das berüchtigte »Ich bin nichts wert«. Ich spürte eine tiefe Traurigkeit, den Wunsch zu weinen und einen Kloß im Hals. Die Tränen kamen tatsächlich sehr schnell, aber mithilfe der Bewegung meiner Augen, die dem Stab folgten, den die Therapeutin vor mir hin- und herführte, empfand ich echte Erleichterung und einen mir bisher unbekannten Trost.
Man muss bereit sein, sich mit seiner Verletzlichkeit zu konfrontieren, wenn man EMDR machen will.
Es nahm drei einstündige Sitzungen in Anspruch, bis das erste Bild sich langsam auflöste, bis der neue Gedanke – »Ich habe Wert« – für mich glaubwürdig wurde und die Traurigkeit verschwand, ein Prozess, den ich zum ersten Mal selbst in meinem Körper erlebte. Ich hatte oft sehr positive Resultate bei Patienten beobachtet, bei denen ich diese Methode angewandt hatte, und zum ersten Mal empfand ich endlich selbst diese Erleichterung und Leichtigkeit, von der sie mir berichtet hatten. Ich hatte meine Lebensfreude wiedergefunden! Diese rasche Veränderung ist tatsächlich ziemlich verblüffend, aber äußerst angenehm zu erleben. Doch es haftet ihr nichts Wunderartiges an, denn während der drei Sitzungen ging ich durch schmerzhafte Augenblicke und starke emotionale Reaktionen; ich ging vor allem durch eine immense Traurigkeit und große Wut. Eine solche Arbeit ist nicht leicht, und man muss bereit sein, sich mit seiner Verletzlichkeit zu konfrontieren, wenn man EMDR machen will.
Gelassenheit und Akzeptanz durch Meditation finden
Was ist Achtsamkeit?
Die MBCT (Mindfulness-Based Cognitive Therapy oder »achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie«) wurde vor etwa zehn Jahren von dem amerikanischen Wissenschaftler Jon Kabat-Zinn entwickelt. Er definierte sie als »einen Bewusstseinszustand, der daraus resultiert, dass die eigene Aufmerksamkeit bewusst und ohne zu urteilen auf den gegenwärtigen Augenblick gerichtet wird, auf die Erfahrung, wie sie sich Augenblick für Augenblick entfaltet«. Diese Bewusstheit steht im Gegensatz zum Funktionieren »per Autopilot«.
Sehr oft machen wir im Alltag mehrere Dinge auf einmal, wir funktionieren im automatischen Modus, wir sind selten da, wo wir sind. Kaum haben wir uns morgens aus dem Bett erhoben, sind wir schon dabei, an alles zu denken, was wir tagsüber zu tun haben. Unter der Dusche, während wir unseren Kaffee trinken oder zur Arbeit fahren, geht es dann so weiter. Sie haben sicher schon einmal die Erfahrung gemacht, dass Sie auf der Fahrt zur Arbeit keine Notiz von Ihrer Umgebung oder der Anzahl der Ampeln genommen haben und sich auch hinterher nicht daran erinnern konnten. Als Sie am Ziel waren, stellten Sie erstaunt fest, dass Sie schon angekommen waren.
Das Prinzip der Achtsamkeit besteht darin, uns zu lehren, innezuhalten und Augenblick für Augenblick für das präsent zu sein, was wir erleben. Sie werden einwenden, es sei Zeitverschwendung, jeweils nur eine Sache zu erledigen. Es stimmt, dass vieles uns dazu treibt, wie ein Schmetterling von einem Gedanken zum nächsten und von einer Aufgabe zur anderen zu gaukeln. Aber wenn wir mehrere Sachen gleichzeitig machen, sind wir auf jede einzelne weniger konzentriert. Wir verbrauchen auch mehr Energie, denn unsere Aufmerksamkeit hüpft die ganze Zeit hin und her. Wir laufen insbesondere Gefahr, Details zu übersehen, und kommen weniger schnell voran. Und vor allem riskieren wir »Entgleisungen«, ein Vom-Wege-Abkommen, wenn negative Gedanken, die gegen unseren Willen auftauchen, weitere nach sich ziehen und schließlich unserer willentlichen und bewussten Kontrolle entgehen, was zu dem berühmten Grübeln führt.
Das Krafttraining des Geistes besteht darin, die eigene Aufmerksamkeit immer wieder zum gegenwärtigen Augenblick zurückzubringen.
In der heutigen Gesellschaft, die von uns verlangt, hyperaktiv zu sein, ist es schwer, die Gewohnheit, auf »Autopilot« zu schalten, abzulegen. Dazu müssen wir üben, unsere Aufmerksamkeit wiederherzustellen, wie man einen verstauchten Knöchel wiederherstellt, indem man Krafttraining macht. Das Krafttraining des Geistes besteht darin, bei Achtsamkeitsübungen (während der Meditation, beim Stretching, Laufen, Essen, Sport), die eigene Aufmerksamkeit immer wieder zum gegenwärtigen Augenblick zurückzubringen: Beim Joggen tauchen Gedanken auf, ein völlig normaler Prozess, denn unser Gehirn ist eine Gedankenproduktionsmaschine, die nicht stillsteht! Doch haben Sie die Wahl, diesen Gedanken zu folgen, zu grübeln, über etwas Zukünftiges nachzudenken und Selbstgespräche zu führen (also die Lautstärke des Radios zu erhöhen) oder einfach zu beobachten, dass die Gedanken da sind, ohne sich in sie zu verstricken, indem Sie Ihre Aufmerksamkeit dem vollen Gewahrsein der körperlichen Empfindungen, Ihrer Muskulatur, Ihrem Atem zuwenden (was so viel heißt wie die Lautstärke Ihres Radios herunterzudrehen, bis nur noch ein unhörbares Grundrauschen da ist).
Zum gegenwärtigen Augenblick zurückkehren
Wie Sie sehen, zielt diese Methode nicht darauf ab, alle negativen Gedanken loszuwerden, sondern einfach zur Kenntnis zu nehmen, dass sie da sind, ohne ihnen zu folgen, und die Aufmerksamkeit auf den Atem und den Körper zurückzulenken. Wir schulen unseren Geist darin, im gegenwärtigen Augenblick zu bleiben, statt unaufhörlich in der Zeit – in der Vergangenheit oder Zukunft – umherzuschweifen.
Wir lernen, die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind.
Eine 30- bis 45-minütige Achtsamkeitsmeditation zu machen heißt auch, eine Übung durchzuführen, ohne etwas Besonderes zu erwarten (Wohlbefinden, Trance etc.). Je mehr wir auf etwas Bestimmtes hoffen, desto weniger sind wir in der Gegenwart, denn unsere Aufmerksamkeit richtet sich dann auf Zeichen, die unsere Erwartung bestätigen sollen. Stattdessen durchlaufen wir verschiedene vorübergehende Zustände, die sich von einem Tag zum anderen nie gleichen, wie Ungeduld, Reizbarkeit, den Wunsch aufzustehen, tiefe Entspannung, Gedankenstille, Trauer, Wut. Wir lernen, bei diesen Zuständen zu verharren, sie zu beobachten, ohne sie ändern zu wollen oder gegen sie anzukämpfen, wie wir es gewöhnlich tun. Wir lernen, die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind, seien sie angenehm oder unangenehm. Diese Akzeptanz wird durch die urteilsfreie Feststellung erleichtert, dass unsere Gedanken, Emotionen und physischen Empfindungen dank unserer distanzierten und urteilsfreien Beobachtung einen vorübergehenden Charakter haben.
Wie kann uns die Achtsamkeit im Alltag helfen?
Wenn wir traurig, ängstlich oder wütend sind, haben wir oft Angst, dass diese unangenehmen Emotionen andauern, und fangen an, Selbstgespräche über die Angst zu führen: »Ich wusste, dass das wiederkommen würde, ich werde nie gelassen sein, es wird mir nie gelingen. Warum bin ich nicht glücklich? Warum bin ich nicht wie die anderen?« Diese Grübeleien und negativen Erwartungen verstärken nur die unangenehmen Emotionen, die ihrerseits die Grübeleien und negativen Erwartungen verstärken. Das ist ein Teufelskreis!
Die Meditation erlaubt uns, unsere Emotionen kennenzulernen und die Angst vor ihnen zu verlieren. Wir machen die Erfahrung, dass sie vergänglich sind, wenn es uns gelingt, sie »wohlwollend« aufzunehmen, das heißt ohne die Denkmaschinerie einzuschalten und ohne sie verjagen zu wollen, sondern indem wir versuchen, sie im Körper zu erleben und mit dieser Empfindung, die manchmal unangenehm ist, aber schließlich von allein vergeht, zu atmen. Die unangenehme physische Empfindung willkommen zu heißen, die mit einer schmerzlichen Emotion verknüpft ist, erlaubt uns, unseren Zustand bewusst wahrzunehmen und für uns so Sorge zu tragen, wie wir uns um den Schmerz eines uns nahestehenden Wesens kümmern würden. Wenn Ihnen ein Freund sagt, er sei traurig, entgegnen Sie ihm dann, das sei nichts, und lassen ihn allein weiterleiden? Vermutlich nicht. Sie bitten ihn, Ihnen zu erzählen, was los ist, nehmen ihn vielleicht in den Arm, schenken seinem Leiden Gehör.
Es ist normal, in bestimmten Situationen traurig zu sein, aber diese Traurigkeit verschwindet mit der Zeit von ganz allein. Aus physiologischen Gründen sind alle Emotionen, positiv oder negativ, vorübergehend, wenn man ihren natürlichen Fluss nicht hemmt. Auch deshalb ist es unerlässlich zu lernen, aus dem gegenwärtigen Augenblick Nutzen zu ziehen, indem wir Tag für Tag das genießen, was das Leben uns an Positivem bietet. Es nützt nichts, auf irgendein Ereignis zu warten, um sich dann erst zu erlauben, glücklich zu sein. Es gibt zu viele Hindernisse, die dieses Warten unendlich machen könnten. Der Zustand des Wohlbefindens ergibt sich eher aus der Summe der kleinen Glücksmomente als aus den Augenblicken intensiven Glücks, die im Laufe eines Lebens sehr viel seltener auftreten. Diese Realität zu akzeptieren – und das ist einer der Schlüssel der Meditation – erlaubt uns, unsere Energie auf die positiven Augenblicke zu konzentrieren und mit den negativen besser zurande zu kommen.
Für wen ist Achtsamkeit geeignet?
Achtsamkeit eignet sich für uns alle, aber sie ist besonders nützlich für Menschen, die an Angst oder Depression leiden. Tatsächlich hindern diese Zustände Menschen im Allgemeinen daran, im gegenwärtigen Augenblick zu sein. Die meiste Zeit über klammern sich die Betroffenen an negative Gedanken (Bedauern, Grübeleien, ängstliche Erwartungen) und lassen sich von ihnen und ihren Emotionen überschwemmen.
Was mir die Achtsamkeit gebracht hat: mehr Aufmerksamkeit mir und meinen körperlichen Signalen gegenüber
Die auf Achtsamkeit basierende kognitive Therapie ist keine leichte Methode. Sie erfordert sehr viel Disziplin, und ich muss gestehen, als mir der besagte Psychiater riet, an einem MBCT-Training teilzunehmen, war ich zunächst abgeneigt: fünf Tage Ausbildung, fünf Tage, in denen wir meditieren, die Stille erproben, lernen würden, nur dort zu sein, wo wir waren, und uns mit dem zufriedenzugeben, was da war, ohne es ändern zu wollen. Stundenlang schweigend dasitzen erschien mir ziemlich unvorstellbar. Bis zu meinem Burnout hatte ich sorgfältig Augenblicke der Inaktivität vermieden, um nicht mit meinen leidbesetzten Gedanken konfrontiert zu werden. Ich war hyperaktiv, ich stand nie still, ich suchte unaufhörlich nach Stimulation. Und vor allem hatte ich damals das Bedürfnis, mit jemandem über diese teuflischen Gedanken, die mir Leid bescherten, zu sprechen. Jetzt aber würde ich in die Stille eintauchen!
Bei den ersten Meditationssitzungen nahmen die Gedanken meine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch, doch indem ich mich auf meinen Atem und meine körperlichen Empfindungen konzentrierte, half die Achtsamkeit mir allmählich, mich nicht mehr in meine negativen Gedanken zu verstricken. Ich beobachtete, dass sie da waren, ohne sie hinauszuwerfen: Ich nahm zur Kenntnis, worin sie bestanden, und lenkte meine Aufmerksamkeit permanent zurück auf meinen Körper.
Ich erinnere mich sehr genau an jene Meditationssitzung, in deren Verlauf sich viele Knoten lösten. Die dunklen Gedanken kamen ständig wieder, ich versuchte, meine Aufmerksamkeit auf meinen Körper zurückzulenken, der sich immer mehr verspannte, aber ich ließ einfach die Schmerzen zu, ohne wissen zu wollen, was sie dort machten. Und ganz plötzlich spürte ich die Wut, sie war es, die meinen Körper peinigte. Mir wurde bewusst, dass meine angesammelte Erschöpfung mich schleichend auffraß. Stopp! Ich durfte nicht so weiterarbeiten, wie ich es tat, ohne auf meine Grenzen Rücksicht zu nehmen. Mein Problem war nicht, dass ich insgesamt zu nichts in der Lage war, sondern dass ich zu viel arbeitete, um nicht nachdenken zu müssen, und das ging auf Kosten meiner Gesundheit, meiner Familie und meiner Freunde. Dieser unfruchtbare Kampf gegen meine negativen Gedanken verzehrte meine ganze Energie, statt dass ich darauf hörte, was sie mir sagen wollten: »Du bist müde, gib auf dich Acht.« Ich nahm meinen Atemrhythmus bewusst wahr; ich achtete auf meine Empfindungen, und nach mehreren Minuten waren die Gedanken verschwunden.
Diese Erfahrung machte mir bewusst, dass ich die Realität gefiltert durch ein Prisma sah, das Prisma meiner Traurigkeit und Müdigkeit.
Unsere Gedanken werden durch unser Befinden beeinflusst
Wir alle kennen einen Zustand der Erschöpfung. Wir haben erlebt, wie wir an den Tag herangehen, wenn unser Akku leer ist oder wir mit dem falschen Fuß zuerst aufgestanden sind. Meist sind wir dann empfindlicher und reizbarer als sonst und bekommen alles in den falschen Hals. Wenn wir einen Kollegen treffen, der uns grüßt, ohne stehen zu bleiben, denken wir: Was ist los? Ich muss etwas getan haben, das ihm nicht gefallen hat. Er schätzt mich nicht mehr. Und so weiter. Diese Gedanken käuen wir den ganzen Tag wieder. Und die Gefahr, dass wir all das im Äußeren auswählen, was diese Gedanken bestätigt, ist groß! Am Ende des Tages ziehen wir dann die Schlussfolgerungen: »Ich bin allein«, »Ich bin nicht gut genug« oder »Ich habe etwas falsch gemacht.« Wenn wir heiter und gut aufgelegt sind, geht dasselbe Ereignis spurlos an uns vorüber, und wir sagen uns einfach: »Er hat es eilig« oder »Er hat wohl einen Termin.«
Die Gedanken, die uns durch den Kopf gehen, sind nicht die Wirklichkeit! Und doch klammerte ich mich an sie, als es mir schlecht ging. Es sind diese Gedanken, die unsere Angst und Traurigkeit verstärken und uns in den Abgrund der Depression stürzen. Aber die Gedanken sind nur eine Interpretation der Realität, sie sind keine Tatsachen! Diese Idee ist wesentlich, wenn man die Identifikation mit ihnen aufgeben will. Ich bin nicht, was sie sagen. Ihre Anwesenheit zeigt mir lediglich an, dass ich erschöpft, traurig, wütend oder ängstlich bin. Das ändert alles. Diese Emotion hat einen Grund für ihr Dasein; ich muss für mich Sorge tragen, und sie wird vergehen.
Was man sich merken muss, um eine Depression zu überwinden
Wann hat man wirklich eine Depression?
Traurigkeit, Freudlosigkeit, Einschlafstörungen reichen nicht aus, um die Diagnose einer Depression zu stellen. Der krankhafte Zustand der Depression ist durch das gleichzeitige Auftreten von mehreren charakteristischen Merkmalen definiert, die einen Menschen in seinem Alltag nachhaltig beeinträchtigen.
Man geht im Allgemeinen davon aus, dass es sich bei diesen Beeinträchtigungen um eine Depression handelt, wenn sie mindestens zwei Wochen lang kontinuierlich jeden Tag auftreten.
Zwei Symptome sind in einem depressiven Zustand beinahe immer vorhanden, entweder allein oder gleichzeitig: Schwermut und Lust- oder Freudlosigkeit. Die Schwermut äußert sich als Trübsal, als Lust zu weinen, als ein seelischer Schmerz, der der Trauer bei einem Todesfall ähnelt, aber manchmal um vieles stärker ist. Diese Schwermut kann ständig da sein, nur in bestimmten Augenblicken auftauchen oder den Morgen bzw. den Abend überschatten. Die Freudlosigkeit, die die Psychologen Anhedonie nennen, ist begleitet von einem Desinteresse an gewöhnlich befriedigenden Aktivitäten (Hobbys, Kino, Lesen etc.), die entweder ganz aufgegeben oder nur unter Schwierigkeiten aufrechterhalten werden, indem man sich dazu zwingt. Das kann auch die Begegnung mit Familie, Freunden und sexuelle Aktivitäten betreffen.
Zusätzlich zu diesen hauptsächlichen Beeinträchtigungen ist eine Depression oft durch mehrere der folgenden Symptome gekennzeichnet:
– Störungen des Appetitverhaltens, im Allgemeinen in Richtung Appetitverlust mit einer unerwünschten Gewichtsveränderung (beispielsweise fünf oder mehr Prozent Gewichtszunahme oder -abnahme in einem Monat);
– Schlafstörungen, Abnahme oder Zunahme der Zeit des Schlafens (Schlaflosigkeit oder übermäßiges Schlafbedürfnis);
– Konzentrationsstörungen, Gedächtnisstörungen, Entscheidungsschwierigkeiten;
– Handlungsschwierigkeiten mit Rastlosigkeit oder Verlangsamung, die von der Umgebung wahrgenommen werden können;
– Kraftlosigkeit, Gefühl der Müdigkeit oder des Energiemangels, jede Anstrengung wird zum Problem;
– Schuldgefühle oder Selbstentwertung;
– düstere Gedanken und Selbstmordgedanken, die von einem vagen Wunsch zu sterben bis hin zum realen Willen reichen können, seinem Leben ein Ende zu setzen.
Beklommenheit und Ängstlichkeit sind in dieser Liste nicht aufgeführt, weil sie auch bei vielen anderen Krankheitsbildern außer der Depression auftreten können, aber sie sind gleichfalls bei Depressionen sehr häufig (Sorgen um die Zukunft, Grübeleien, Phobien etc.).
Was tun, wenn man an einer Depression leidet?
Bei einer echten Depression braucht man Hilfe von außen, denn es ist illusorisch und manchmal sogar gefährlich, sie allein überwinden zu wollen oder darauf zu warten, dass sie von selbst vergeht. Wenn Sie nur eine leichte Depression haben, kann die Psychotherapie die beste Methode sein, um damit fertigzuwerden. Aber bei einer schweren Depression sind der psychische Schmerz und die Erschöpfung so stark, dass Sie für eine Psychotherapie wenig zugänglich sind. In diesem Fall ist eine Behandlung mit Antidepressiva sehr nützlich, um nicht zu sagen unerlässlich. Dennoch sträuben sich viele Menschen dagegen, Medikamente zu nehmen: »Ich will keine Tabletten, ich will nicht abhängig werden.« Aber eine Psychotherapie ohne medikamentöse Behandlung fortzusetzen ist so, als würden Sie mit einem leeren Tank eine Reise unternehmen wollen. Die medikamentöse Behandlung erlaubt, die Akkus neu aufzuladen, indem sie einen Teil der Abwehr wieder aufbaut und innerlich für ein wenig Ruhe sorgt, ohne Ihre Funktionsfähigkeit zu beeinträchtigen (die heutigen Antidepressiva machen weder müde noch abhängig). Sie ist eine Krücke, die Ihnen ermöglicht, vollen Nutzen aus den Wohltaten der Psychotherapie zu ziehen.
Was die Wahl der Psychotherapie angeht, so haben sich die kognitiven Verhaltenstherapien in der Behandlung der Depression als wirksam erwiesen. Wenn Ihre Depression durch einen Trauerfall, eine Aggression, eine schwierige Kindheit, einen Unfall, eine Trennung oder eine Kündigung ausgelöst wurde, die für Sie noch schmerzhaft sind, sobald Sie daran denken, kann EMDR bei der Verarbeitung dieser negativen Lebensereignisse wirksam sein. Die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie hat sich als wirksam bei der Vorbeugung des depressiven Rückfalls erwiesen.
Einer Depression und ihrem Rückfall vorbeugen
Halten Sie mindestens 30 Minuten am Tag inne, um Ihr Befinden zu prüfen
Um eventuelle Anzeichen eines Rückfalls zu entdecken, müssen Sie innehalten. Der Psychiater Edel Maex sagte bei einem Vortrag: »Wenn Sie eine Stadt kennenlernen wollen, reicht es nicht aus, mit dem Auto hindurchzufahren. Sie müssen anhalten, einen Parkplatz suchen, aussteigen, durch die Straßen laufen und neugierig auf das sein, was Sie dort erwartet.« Wenn Sie sich selbst kennenlernen wollen, müssen Sie aus der täglichen Tretmühle aussteigen und versuchen, nur eine Sache zur Zeit zu tun. Wählen Sie sich einen Augenblick am Tag, an dem Sie sich hinsetzen und sich fragen, wie es Ihnen geht! Sie sind bereit, sich diese Zeit zu nehmen, um Ihre Angehörigen und Freunde anzuhören, nehmen Sie sie auch für sich!
Versuchen Sie während dieser dreißig Minuten Ihre Aufmerksamkeit so gut wie möglich auf die verschiedenen Körperteile und darauf zu richten, wie der Atem durch Ihren Körper fließt. Sehr oft wird Ihre Aufmerksamkeit durch bestimmte Gedanken oder Empfindungen vom Körper abgelenkt, das ist völlig normal. Beobachten Sie, ohne zu urteilen, was im Augenblick da ist: »Ah, ich habe einen Krampf«, »Ah, die Übung ärgert mich« oder »Ah, da ist wieder mein Lieblingsgedanke: Ich schaffe das nie.« Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit immer wieder auf Ihren Körper zurück. Erinnern Sie sich daran, dass die Gedanken nur Schöpfungen Ihres Geistes sind und zum Ausdruck bringen, in welchem Zustand Sie sich in dem Augenblick befinden, in dem Sie die Übung machen.
Wenn es Ihnen sehr schwerfällt, Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Körper und Ihren Atem zurückzulenken, ist Ihnen die Übung deshalb nicht misslungen, sondern Sie sind einfach nur müde oder gestresst. Wenn Sie dies feststellen, fragen Sie sich also, auf welche Weise Sie für sich sorgen können, und notieren Sie die Gedanken in einem speziellen Notizbuch unter »Erörterung und Analyse meiner Gedanken«. Fragen Sie sich bei jedem Gedanken, woher er kommt. Welches Ereignis hat sein Auftauchen provoziert? Inwieweit ist es realistisch, dass Sie infolge dieses Ereignisses so von sich denken? Welches sind die Beweise für oder gegen diese Behauptung?
Ein Tagebuch als Wegbegleiter
Schaffen Sie sich einen Wegbegleiter an, ein hübsches Tagebuch, das Ihnen helfen soll, sich Ihr Glück bewusst zu machen und Ihnen in den schwierigeren Augenblicken Ihres Lebens zu dienen. Sie sollten es immer zur Hand haben. Notieren Sie darin:
– Was andere gut an Ihnen finden.
– Die Aktivitäten, die Ihnen gewöhnlich ein gutes Selbstbild vermitteln (aufräumen, Papiere sortieren, Sport treiben), und solche, die Ihnen Freude machen (ein gutes Essen kochen, ein Bad nehmen, ins Kino gehen, einen Freund anrufen, einen Waldspaziergang machen, im Garten arbeiten, Musik machen, mit Freunden ausgehen). Diesen Aktivitäten sollten Sie sich widmen, wenn Sie anfangen, sich schwermütig und motivationslos zu fühlen. Achtung, Sie wissen wahrscheinlich, dass Sie zu nichts mehr Lust haben, wenn es Ihnen schlecht geht. Warten Sie nicht darauf, Lust zu haben, um Dinge zu unternehmen, die Ihnen guttun: Tun Sie sie, und die Motivation und das Vergnügen kommen von selbst wieder.
– Mindestens ein positives Ereignis am Tag. Beachten Sie: Suchen Sie nicht unbedingt nach großen Ereignissen. Das Glück ist manchmal in einem Lächeln, einem Geruch, einer Landschaft, dem Wetter, einem Telefongespräch, einem guten Essen zu finden. Wenn die negativen Gedanken erneut auftauchen, lesen Sie diese kleinen Glücksaugenblicke wieder.
Sie können auch etwas schreiben oder zeichnen und Artikel, die Ihnen gefallen haben, oder Fotos einkleben.
Schenken Sie Ihren Bedürfnissen und Wünschen mehr Aufmerksamkeit. Achten Sie sich!
Wagen Sie es, sich Zeit für sich zu nehmen! Sie verbringen viel Zeit damit, den Bedürfnissen Ihrer Familie, Ihres Freundeskreises und Ihrer beruflichen Umgebung Aufmerksamkeit zu schenken, und reagieren auf sie zulasten Ihrer physischen und psychischen Gesundheit. Auch Sie haben Bedürfnisse (Liebe, Aufmerksamkeit, Anerkennung, Freude, Ausruhen), und es ist wichtig, dass Sie sie berücksichtigen.
Die psychologische Behandlung, die EMDR-Therapie und die Achtsamkeit haben mir die Türen zur Gelassenheit geöffnet und mir beigebracht, für mich zu sorgen, was unerlässlich ist, wenn man auch ein gutes Verhältnis zu anderen, seiner Familie, seinen Freunden und Patienten haben will.
Diese Erfahrung nützt mir im Alltag: Indem sie mich an eine düstere Phase erinnert, erlaubt sie mir, umso mehr das Leben und die Augenblicke des Glücks wertzuschätzen, die ich vorher nicht wahrgenommen habe. Ich verliere mich nicht mehr in unaufhörlichen Kämpfen, ich weigere mich, meine Zeit und meine Energie mit so etwas zu verschwenden. Der einzige Kampf, den ich mir zugestehe, ist der gegen das Leid, denn selbst wenn die Ereignisse des Lebens zur Folge haben, dass es uns allen eines Tages begegnet, gibt es zahlreiche Methoden, die uns ermöglichen, besser damit zurechtzukommen. Angesichts eines Menschen, der leidet, verstehe ich, was er durchmacht und empfindet, und ich mobilisiere an dieser Stelle all meine Energie, um ihn zur Gelassenheit zu führen.
Was meine Erfahrung lehrt
Niemand möchte leiden, und dennoch bringt es das Leben mit sich, dass wir alle irgendwann auf unserem Weg Leid erfahren. Als ich mitten in meiner Depression steckte, war mein emotionales Leiden intensiv. Ich hielt es für schwierig, mich aus diesem Sumpf zu befreien. Nach einem Jahr EMDR und täglicher Meditationspraxis hatte ich endlich wieder das Gefühl, ich selbst zu sein. Was für ein Glück! EMDR erlaubt einem, sich von »altem Mist« zu befreien, wie man es umgangssprachlich ausdrückt, und sich mit sich selbst zu versöhnen. Die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie hat mir den Weg der Akzeptanz eröffnet, denn auch wenn EMDR die falschen Glaubenssätze ausräumt, bleibt dennoch unsere Persönlichkeit mit ihren Vorzügen und Mängeln bestehen. Doch die Meditation erlaubt uns, unsere Fehler mit Distanz, um nicht zu sagen mit Humor anzugehen: »Da bist du wieder! Du kriegst mich nicht.« Sie hat es mir auch erlaubt, das Leben und die anderen so anzunehmen, wie sie sind.
Zum Abschluss
Selbst als »Spezialistin« auf dem Gebiet der Heilung und Psychotherapie musste ich auf äußere Hilfe zurückgreifen, um zu verstehen, was in mir vorging, und mich aus einer schwierigen Phase zu befreien. Man sollte also Hilfe in Anspruch nehmen, wenn es einem schlecht geht, trotz allen Sträubens, das man vielleicht empfindet (die Angst vor Psychologen, die Furcht, sich jemandem anzuvertrauen, die Kosten etc.). Im Übrigen werden die verschiedenen Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie und die emotionalen Ansätze wie die, die ich beschrieben habe, oft von bestimmten Psychologen und Psychiatern diskreditiert, die der Meinung sind, dass es sich nicht um »tiefgreifende« Behandlungen der psychischen Probleme handelt (im Gegensatz zu anderen Methoden wie der Psychoanalyse). Meine persönliche Erfahrung und diejenige zahlreicher Patienten belegt ganz im Gegenteil, dass die Arbeit an sich selbst und den eigenen Emotionen den Weg für eine wirklich nachhaltige Veränderung freimacht, die sich positiv auf die Zukunft auswirkt und für ein Wohlbefinden sorgt, nach dem wir alle streben.
Möge ich die Gelassenheit haben, die Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann, den Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, beides voneinander zu unterscheiden.
Nach Reinhold Niebuhr