Kapitel 21

Alex

Der Gastronomiebereich ist gerammelt voll. Der Klangteppich aus kreischenden Kleinkindern und tratschenden Oberstuflern schabt hart an der Schallgrenze. Ich bediene mich beim Umhergehen an sämtlichen Kostproben, sondiere das Angebot und entdecke schließlich genau das, was ich gesucht habe.

Bulgogi Boyz. Zwischen einen Subway und einen Burgerladen gequetscht.

Die Typen Mitte zwanzig sind die absoluten Zauberer am Grill und am Schneidebrett, Fleisch und Gemüse fliegen durch eine Wolke aus Dampf und Rauch. Erinnert mich an den Foodtruck, nur deutlich weniger fettig, deutlich organisierter und mit deutlich mehr Platz.

»Ach geil, ja, da ist es«, sage ich, den Mund voller Chicken Teriyaki und Mini-Käsesteakhappen. Ich packe Molly beim Arm und führe sie rüber zum Koreaner, gefolgt von Beth. »Bulgogi Boyz hab ich im Sommer durch Natalie kennengelernt. Da war eines, ein paar Straßen weiter vom Tilted Rabbit, wo ich gearbeitet habe. Sie hat sich da ständig was geholt und seit ich dort weg bin, hab ich totalen Heißhunger drauf.«

Molly wirkt zögerlich, als wir uns einreihen, beißt sich auf die Lippe und dreht sich zu ihrer Mutter um. Mir fällt wieder ein, was sie vorhin in der Kabine zu sagen begonnen hat, und während ich mir einen der Kostproben-Zahnstocher in den Mund schiebe, folge ich ihrem Blick und sehe, dass Mrs Parker die Arme verschränkt und das Gesicht verzieht, als jemand vor ihrer Nase mit einem roten Tablett voller Reis und köstlichem, dampfendem Rindfleisch vorbeigeht.

»Wir können aber auch gern was anderes holen«, sage ich und tippe auf Mollys Arm. »Diese Mini-Käsesteaks waren superlecker.«

Mollys Augen huschen zu meinem Gesicht und sie schüttelt den Kopf. »Nein, nein. Alles gut.« Sie wirkt … fast rebellisch, wie sie ebenfalls die Arme kreuzt. »Ich will’s probieren.«

Als wir drankommen, lächelt uns der ältere Mann am Tresen breit an, nimmt unsere Bestellungen entgegen und gibt sie den jüngeren Typen am Grill weiter.

Dann blickt er an uns vorbei zu Mollys Mutter. »Was darf’s für Sie sein?«, fragt er.

Sie sagt nichts, wahrscheinlich, weil es hier mit den ganzen Restaurantbesuchern so laut ist.

Und dann … wiederholt er die Frage auf Koreanisch, weil er sich denkt, vielleicht läge da das Problem.

Ich sehe Molly zusammenzucken, als Beth ihn verachtungsvoll ansieht. »Ich spreche« – sie fuchtelt mit der Hand herum – »Ihre Sprache nicht.«

Ach Kacke.

Ein paar Leute, die auf ihr Essen warten, drehen sich zu uns um.

Beth schnappt sich ihre Taschen, nickt zu dem Burgerladen nebenan. »Ich hab so Lust auf einen Burger. Sucht ihr schon mal einen Tisch?«

Molly nickt und dreht sich wieder zu dem Mann hinter dem Tresen, der hauptsächlich verwirrt aus der Wäsche guckt. Kaum ist Beth außer Hörweite, entschuldigt sie sich hastig. »Entschuldigung wegen … eben. Sie ist nur … ich …« Ihre Wangen sind knallrot und ich sehe sie an ihrem Portemonnaie herumfummeln im Versuch, aus der kleinen Innentasche ihr Geld rauszufischen. Das ganze Ding fällt auf den Boden und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie sich nur wünscht, genau dort zu versinken.

»Ich mach schon.« Ich halte dem Mann einen Zwanziger hin, bücke mich nach dem Portemonnaie und hebe es für sie auf.

Die drei Dollar Wechselgeld stecke ich in die Trinkgeldbüchse und nehme Molly bei der Hand, um mit ihr zu warten, bis unsere Nummer aufgerufen wird.

»Alles okay?«, frage ich und mustere ihre roten Wangen, ihre leicht glasigen braunen Augen.

Sie nickt, aber als wir unser Essen abholen und einen Tisch organisieren, ist es ziemlich offensichtlich, dass das nicht der Fall ist. Ihre Mutter erscheint mit einem mit Burger und Pommes vollgeladenen Tablett, und Molly schweigt.

»Ich bin am Verhungern«, sagt Beth und schiebt einen überquellenden Pommesbehälter an den Tablettrand. »Bedient euch, Ladys!« Sie nippt an ihrem gezapften Getränk und beginnt zu essen, als wäre absolut nichts vorgefallen.

Molly blickt nicht einmal von ihrem Essen auf.

Ich schnappe mir eine Pommes und schiebe sie in den Mund im Versuch, die Peinlichkeit zu verscheuchen. »Wisst ihr, bei dem Foodtruck, wo ich arbeite, gibt es die besten Pommes«, sage ich. »Handgeschnitzt.« Ich hoffe, Molly zum Lächeln zu bringen, aber es funktioniert nicht.

»Ich liebe handgeschnitzte Pommes«, sagt Beth. »Au ja, ich muss mal vorbeikommen und mir da was zu essen holen! Oder, Molly? Das wär doch ein Spaß!«

Molly nickt, sagt aber nichts.

Beth flüstert vernehmlich: »Wer ist denn plötzlich wieder ganz schüchtern?«

Ich lächle ihr schmallippig zu und wechsle das Thema, indem ich sie zu ihrer Arbeit als Apothekerin befrage. Zum Glück beschäftigt sie das für den Rest des Essens. Sie erläutert mir sämtliche Details der Kleinstadtapotheke, in der sie arbeitet. Den Klatsch über Brittney und Dylan, die zwei technischen Mitarbeiter dort, die heimlich ineinander verliebt sind. Dass sie sämtliche Männer des Orts kennt, die sich Viagra verschreiben lassen. Und dass es vor ein paar Jahren einen Einbruch gab, der Dieb aber nie geschnappt wurde.

Molly hingegen bleibt still. Das Einzige, was sie sagt, ist ein gemurmeltes »Das ist wirklich richtig gut«, als ihre Mom aufsteht, um ihren Müll wegzubringen.

Als schließlich die Dämmerung kommt, fährt Beth uns zurück zum Unicampus, verabschiedet sich heiter und wartet, bis wir drinnen sind, bevor sie weiterfährt.

»Möchtest du noch hochkommen?«, fragt Molly und ich nicke. In ihrem Zimmer schnappt sich Molly gleich eine Gabel und springt auf ihr Bett, öffnet ihre mitgebrachten Bulgogi-Boyz-Reste.

Sie schließt die Augen beim Kauen, die Reaktion, die sie vorhin am Tisch noch unterdrückt hat, bricht sich nun endlich Bahn. »Ich könnte das jeden Tag essen, ehrlich. Kein Witz.«

»Möchtest du noch meinen Rest?«, biete ich an und hüpfe neben sie aufs Bett.

Sie bekommt ganz leuchtende Augen. »Wirklich?«

Ich reiche ihr meinen Styroporbehälter rüber. »Wirklich wirklich.«

Sie kippt sich den Inhalt auf ihren drauf und schüttelt den Kopf. »Ich hab gewusst, dass sie sich so aufführen würde. Das macht sie immer.« Sie stößt einen tiefen Seufzer aus. »Die einzige Frage war, ob sie jetzt beim Anblick des Essens die Nase rümpfen würde oder irgendeinen Kommentar absetzen, wie ekelhaft es doch sei, aber … das hier war definitiv noch schlimmer.«

Ich sage nichts, warte drauf, dass sie weiterredet. Oder aufhört. Ich werde sie bestimmt nicht drängen, darüber zu sprechen, wenn sie es nicht will. Besonders weil ich genau weiß, wie es ist, wenn die Mutter ein so schwieriges Thema ist.

»Sie hat einen total verkorksten Blick auf ihr kulturelles Erbe.« Molly stochert in ihrem Bulgogi herum. »Sie wurde aus Südkorea adoptiert und ist in einer weißen Familie aufgewachsen, in einem absoluten Drecksnest, und die Leute waren echt scheiße zu ihr …« Sie hält inne und windet sich. »Und ich kann’s zum Teil ja auch echt nachvollziehen. Wenn man seine Kindheit und Jugend hindurch rassistisch beschimpft wird und in der Grundschule in Dornenhecken geschubst oder auf dem Rückweg vom Supermarkt mit Luftpistolen beschossen, dann versteh ich, wieso man anfängt, diesen Teil seiner selbst zu verabscheuen und alles, was damit zusammenhängt.«

»Ist dir auch so was passiert?«, frage ich und mir tut alles weh bei dem Gedanken, bis Molly den Kopf schüttelt. »Nichts, was so schlimm gewesen wäre, aber … ich merke, wie mein Aussehen mich mein ganzes Leben von anderen getrennt hat, und manchmal führt das dazu, dass ich mich nicht wirklich leiden kann.« Sie zuckt die Schultern. »Selbst so was Simples wie das.« Sie hält eine Gabel Bulgogi hoch. »Ich weiß, das ist nur Essen, aber irgendwas in mir möchte es nicht mögen. Als würde ich, wenn ich es täte, die Leute einladen mich als Koreanerin zu sehen, und das fühlt sich manchmal immer noch an wie was Negatives. Ich möchte mich nicht dafür schämen, aber es ist schwer abzuschütteln, nachdem ich es mein ganzes Leben lang eingetrichtert bekommen habe«, sagt sie und schiebt sich das Bulgogi in den Mund. »Ich weiß, das klingt jetzt blöd.«

»Das klingt kein bisschen blöd«, entgegne ich und sehe ihr tief in die Augen, damit sie weiß, dass es mir ernst ist.

»Ich glaube, so fühlt sich meine Mutter, nur zehnmal schlimmer.« Sie seufzt tief auf. »Aber ich fass es trotzdem nicht, was sie da heute abgezogen hat. Das war so sauunangenehm.«

Ich schüttle den Kopf. »Keine Sorge. Peinliche Muttersituationen hatte ich auch mehr als genug.« Ich lache und lasse die Beine unter mir baumeln. »Meine Mutter ist ziemlich oft aus dem Applebees rausgeflogen, weil sie sich mit ihren Dollarita-Dollar-Strawberry-Margaritas unter den Tisch gesoffen hat.«

Ich höre auf zu kichern, als mir aufgeht, dass Molly nicht mitlacht. Ihr Gesicht ist ernst, sie sieht mich unverwandt an.

Es braucht eine Sekunde, bis mir aufgeht, was ich da gerade gesagt habe.

»Das muss echt furchtbar für dich gewesen sein. Was … was hast du gemacht?«

Ich räuspere mich, höre auf die Beine zu schwingen und grabe die Finger in ihre gemusterte Steppdecke. Im Zimmer ist es plötzlich sehr warm. »Ach, ich hab sie einfach nach Hause geschleppt, damit sie’s im Bett ausschlafen kann. War ganz normal.«

Mollys Augen werden schmal. »Hat sie immer viel getrunken?«

Ich kratze mir das Kinn. »Nachdem mein Dad weg ist, ist es viel schlimmer geworden, aber tja, dafür war Schluss mit dem dauernden Streit.«

Ich klebe mir ein Grinsen ins Gesicht, aber es hält nur ein paar Sekunden. Es ist zu schwer. Zu falsch. Ich hasse falsch.

Plötzlich komme ich mir vor wie eine klaffende Wunde, die auf den Teppich und die Decke und das Bett blutet, dieser versteckte Teil von mir, den ich gerade unmöglich weiter verstecken kann.

Ich hasse dieses Gefühl. Ich hasse es, mich schwach zu fühlen. Ich hasse es, mich verletzlich zu fühlen. Ich kann sie noch nicht mal anschauen, weil allein der Gedanke daran, Mitleid in ihren Augen zu sehen, mir die Nackenhaare aufstellt.

Genau deshalb verstecke ich alles und habe Geheimnisse, lasse Natalie im Dunkeln tappen. Wie ich es die ganze Beziehung über getan habe. Ich möchte kein offenes Buch sein. Ich kann es nicht. Weil unter meiner Oberfläche mit mir etwas nicht stimmt und tief in meinem Herzen habe ich Angst, dass sie es weiß.

Manchmal glaub ich echt, du endest genau wie deine Mutter.

Molly greift nach meiner Hand, ihre Finger haben meine kaum gestreift, da reiße ich meine weg, schaue übertrieben auf mein Handy.

»Ich hab total vergessen, dass ich noch was machen muss … für … meinen Kurs morgen früh«, murmle ich, starre auf das zersplitterte Display, die weißen Ziffern, das verschwommene Hintergrundbild. Überallhin, nur nicht zu Molly, deren Hand jetzt zwischen uns auf der Steppdecke liegt.

Ich springe vom Bett und schnappe mir die kleine Tüte mit Oberteilen, stopfe meine Füße in die Converse. »Und, äh, apropos Kurs morgen, bitte zieh etwas von den neuen Klamotten an, okay? Stufe zwei ist aktiviert und wir halten schon zu auf Stufe drei«, rufe ich noch über meine Schulter.

Sie hat kaum noch Zeit, mir zu winken, bevor die Tür hinter mir zuknallt. Ich nehme die Treppe statt den Aufzug, meine Schritte hallen laut durchs Treppenhaus. Ich rupfe mir mein Rad aus dem Ständer und wuchte es vom Gehweg, ehe ich draufspringe. Mit brennenden Schenkeln jage ich bald durch die Straße und den steilen Hügel hinauf, der mich um Schenley Park und zu meiner Wohnung führen wird.

Das ist der lange Weg, aber ich brauche Luft.

Ich sause an Schaufenstern und dem Botanischen Garten vorbei, an Straßenschildern und geparkten Autos, und alle Farben verschwimmen ineinander. Als ich zur Skyline von Oakland hinabblicke, zur Kathedrale des Lernens, geht mir auf, was ich da eigentlich getan habe.

Ich habe noch nie … einfach so jemandem davon erzählt.

Noch nicht mal Natalie. Sie hat es durch Zufall rausgefunden.

Es fühlt sich wie ein Verrat an, dieses Geheimnis mit jemand anderem zu teilen. Mich einfach so Molly anzuvertrauen statt ihr.

Ich kann nicht dagegen an, es macht mir ein schlechtes Gewissen.

Was soll die Scheiße, Alex?

Ich biege nach rechts ab und dann nach links, bremse vor meiner Wohnung langsam ab, stemme keuchend die Hände in die Brust und beäuge die grässliche rote Tür.

Natalie hat gesagt, sie würde heute anrufen, aber bislang hat sie das nicht getan. Vielleicht sollte ich sie anrufen. Mit ihr sprechen. Genau, wie vorhin mit Molly.

Ich springe vom Rad und schließe es ab, um dann zwei Stufen auf einmal zu nehmen, während ich schon mal das Handy hervorhole und auf das Anrufzeichen unter Natalies Namen tippe.

Ich fühle mich … verzweifelt. Als müsste ich irgendetwas heil machen, was ich noch nicht mal kaputt gemacht habe.

Mit dem Handy am Ohr öffne ich die Tür und schließe sie dann mit der Ferse, während ich das Licht anschalte.

Es läutet einmal. Zweimal. Fünfmal.

Ich lasse mich aufs Bett fallen, um wenigstens eine Nachricht zu hinterlassen, da geht sie ran.

»Hey, Alex.«

»Natalie! Hallo. Wie geht’s?« Ich stehe auf und beginne im Zimmer auf und ab zu gehen, hin und her und wieder hin und her. »Wie war’s gestern noch in Kansas City?«

»Gut.« Ich höre, wie sie etwas kaut. »Ich hab mir nur grad noch was zu essen geholt, bevor wir weiter nach Des Moines fahren.«

»Cool. Cool. Klingt super.« Ich mache auf dem Absatz kehrt und drehe noch eine Runde.

»Was gibt’s?«

»Nichts, ich hab nur … Du hast gesagt, du rufst heute an …«

»Tja, jetzt hast du mich angerufen. Also?« Noch mehr Kauen. Das Klappern von Eiswürfeln am Boden eines Colabechers.

»Ich hab nur …« Sag irgendwas, Alex. Eben hast du Molly deine ganze verdammte Lebensgeschichte erzählt. »Ich wollte reden. Also wirklich reden. Über uns. Darüber, wie du dazu stehst. Ich weiß, wir wollten warten, bis du nach Pittsburgh kommst, aber ich hab das Gefühl, in letzter Zeit ist der Wurm drin bei uns, und ich wollte dir alles sagen, was ich dir am letzten Abend in Philly nicht gesagt habe. Was ich für dich empfinde. Wie ich …«

Das Kauen hört auf, weil Natalie mir das Wort abschneidet.

»Warum fängst du jetzt damit an?«, fragt sie misstrauisch.

»Weil du mir fehlst. Weil ich es nicht gesagt habe, damals …«

»Der Zug ist abgefahren, Alex«, sagt sie und seufzt laut. »Ich hab dir in der Nacht die Chance gegeben und du hast sie nicht ergriffen. Ich hab dir so lange so viele Chancen gegeben. Wir machen das nicht jetzt, nur weil es dir gerade in deinen Terminkalender passt, okay?«

»Ja. Okay. Sorry. Ich hab nur …«

»Wir sehen uns in Pittsburgh, Alex«, sagt sie und die Verbindung ist tot.

Ich nehme das Handy vom Ohr, sehe nur meinen Startbildschirm. Das Gespräch ist vorbei.

Toll. Einfach nur verdammt toll.

Ich schleudere das Handy aufs Bett und will schreien. Ich hoffe so sehr, dass ich Natalie in neunzehn Tagen, wenn sie nach Pittsburgh kommt, irgendwie begreiflich machen kann, wie anders ich jetzt bin.

Gerade will ich ins Bad, um mich abzuschminken, als mein Handy aufleuchtet, laut auf meiner Überdecke vibriert. Ich sause durchs Zimmer und hebe es hoch, hoffe auf Natalies Namen, aber es ist ein … Videoanruf. Von meiner Mutter.

Das gab’s noch nie.

Ich nehme den Anruf an und die blauen Augen und das schulterlange Haar meiner Mutter erscheinen auf dem Display.

»Hallo, Mom. Jetzt ist es gerade nicht so ide …«

Ich kann ihren glasigen Blick sehen, ihren Kopf, der aus dem Bild raus- und wieder hineinschwankt. Grandiose Scheiße.

»Alex, hör mal …«, lallt sie mir ins Wort. »Ich brauch nur bisschen Ge –«

»Nein«, sage ich, immer noch aufgewühlt durch meinen Zoff mit Natalie und innerlich völlig leer. »Nicht jetzt. Ich …« Ich schüttle den Kopf. »Ich kann jetzt einfach nicht.«

»Aber ich hab dir geschrieben! Jeden Tag!«

Ich beiße die Zähne zusammen und wende mich ab, kämpfe gegen die Tränen, denke daran, wie Mollys Mutter einfach so zum Mittagessen aufgekreuzt ist, weil sie ihr gefehlt hat. »Das reicht einfach nicht. Das sollst du eigentlich tun wollen. Es sollte dir ein Bedürfnis sein, mit mir zu sprechen. Es sollte dir ein Bedürfnis sein zu wissen, wie’s mir geht. Du solltest dich um mich sorgen statt andersrum, statt immer nur andersrum.«

»Natürlich will ich wissen, wie’s dir geht. Ich hab doch nur …«

»Nur, wenn du was von mir willst«, sage ich.

Und zum ersten Mal in meinem Leben beende ich einfach ein Gespräch mit ihr und kaum wird das Display schwarz, kommen die Tränen.