»Nadine, meine Liebe, wir haben uns seit deiner Ankunft noch kein einziges Mal getroffen«, brach der grauhaarige Mann das Schweigen im Wartezimmer. »Nicht einmal auf einen Kaffee oder einen Drink«, fügte er lächelnd hinzu.

Nadine Hazera-Fasteau, deren Bein immer noch nervös wippte, erwiderte mit einem trockenen Lächeln: »Nein, Pierre, haben wir nicht.«

»Offensichtlich hält dich dein kleiner Patrick ganz schön auf Trab«, setzte er nach.

Jacques Moreno, der neben ihm saß, blickte auf.

»Ja«, antwortete Hazera-Fasteau, deren Ton bei der Erwähnung ihres vierjährigen Sohns geringfügig freundlicher wurde. Aber sie schaute sofort wieder auf ihr Handy. Sie ließ den Kleinen nicht gern allein, wobei »allein« relativ war. Das Kindermädchen ließ ihn keine Sekunde aus den Augen, aber trotzdem …

»Ein richtig süßes Kerlchen«, fügte Pierre de Saintsimon hinzu.

Zum ersten Mal seit Beginn ihrer Unterhaltung würdigte ihn Nadine Hazera eines Blickes. »Danke.«

Sie fragte sich, ob sie sein Kompliment erwidern sollte, wo ihm doch so selten eines über die Lippen kam. Aber wozu? De Saintsimon und Moreno hatten keine Kinder. Jemand hatte ihr mal erzählt, dass Jacques sich nach einer

»Sein Vater muss sehr stolz auf ihn sein«, fuhr de Saintsimon fort. Nur Jacques Moreno entging die leichte Veränderung, der Anflug von Ironie in seinem Ton nicht. Mit einem lauten und langen Seufzer versuchte er, sein Missfallen daran zum Ausdruck zu bringen, was jetzt vermutlich gleich kommen würde. Aber vergeblich.

Ohne den Seufzer und den Rippenstoß seines Partners zu beachten, fuhr de Saintsimon unbeeindruckt fort: »Ja, ein richtig hübscher kleiner Kerl. Von wem er das wohl hat?«

Nadine Hazera-Fasteaus Lächeln verflog abrupt.

»Versteh mich bitte nicht falsch, auch du bist hübsch«, setzte de Saintsimon nach, »aber deine Hautfarbe hat dein Sohn nicht. Und die von Olivier auch nicht. Mit seinen blonden Haaren und den blauen Augen sieht Patrick aus wie ein slawisches Püppchen.«

»Genau wie mein Vater«, konterte Hazera-Fasteau schroff und wandte den Blick von seinem Gesicht ab.

Sie stand auf und flüsterte, das Handy an ihr Ohr gedrückt: »Entschuldigung.« Damit verließ sie den Raum und knallte die Tür hinter sich zu.

Und Jacques Moreno quittierte de Saintsimons boshaftes Lächeln mit einem missbilligenden Kopfschütteln.