Ganz schön voll hier, dachte Mehmet Ersen. Fast wie auf Mariamas Party. Nur mit einem Gast weniger.

Während er darauf wartete, verhört zu werden, ließ er den Blick über die Gesichter der Anwesenden wandern.

Alle haben sie die Köpfe gesenkt. Alle sehen sie schuldig aus … Ist wirklich vorstellbar, dass einer von ihnen Lucy erschlagen hat?

Im Tequila- und Marihuananebel der vergangenen Nacht ließ er noch einmal alles Revue passieren: alles, was ihm an diesem verhängnisvollen Abend aufgefallen war – auf der Terrasse und bei den zwei Gelegenheiten, als er wegen der Lieferungen das Haus hatte verlassen müssen. Es gab nichts, worauf er konkret den Finger legen konnte, aber … irgendetwas ließ seinem verkaterten Hirn keine Ruhe. Eigentlich etwas ganz Banales, etwas, das wahrscheinlich nur auf den Tequila zurückzuführen war.

Die Italienerin stand auf, stellte sich ans Fenster und schaute nach draußen. Ersens Blick fiel auf ihre langen, gebräunten Beine. Und wanderte von dort nach oben zu ihren Pobacken, die gerade so von ihrem zerknitterten weißen Leinenkleid bedeckt wurden.

Und plötzlich machte es klick. Er kniff die Augen zusammen und versuchte, sich an dieses winzige Detail zu erinnern. Ja! Ein randvoll gefülltes Glas, eine abrupte Bewegung, ein Fastzusammenstoß und dann … dieser Unterschied.

Er versuchte, sich zu konzentrieren, aber er hatte einen Riesenkater und scheute vor den Konsequenzen dessen zurück, was ihm gerade klar geworden war. Dennoch stellte sich ihm die drängende Frage: »Was soll ich jetzt tun?«

Diesem Kommissar alles erzählen? Und wenn ich mich täusche? Wenn ich in die Sache hineingezogen werde? Wenn sie anfangen, sich genauer mit mir und meinen Geschäften zu befassen?

Er beschloss, nichts zu sagen. Je weniger er in diese Geschichte verwickelt wurde, umso besser. Und überhaupt, vielleicht bildete er sich ja alles nur ein; vielleicht spielte ihm sein Verstand einen Streich. Doch das glaubte er nicht. Im Gegenteil, er war sich ganz sicher. Immerhin war das sein Job.

Er beschloss, einen Köder auszuwerfen, um eine Reaktion zu bekommen. Um dann sein weiteres Vorgehen darauf abzustimmen. Vielleicht gibt es bei der Sache sogar was zu gewinnen, dachte er.

Er wandte sich der aufgetakelten Frau neben ihm zu und rief mit aufgesetztem Lächeln: »Sie sind die bestangezogene Frau der ganzen Insel! Einfach phänomenal!«