Eine halbe Stunde später lag Lucy Davis’ Leiche in einem zwei Meter langen und achtzig Zentimeter breiten cremefarbenen Plastiksack mit Reißverschluss in der Mitte. Hätte auf seiner Rückseite nicht in riesigen roten Buchstaben VALENTINO gestanden, hätte sich die für Kleider gedachte Hülle kaum von einem richtigen Leichensack unterschieden.

»Wie passend«, hatte die Gastgeberin mehr zu sich selbst gemurmelt. Auf Sophies Vorschlag hin stellte sie Markou die Hülle ihres Hochzeitskleids zur Verfügung, das seit ihrer Heirat im Rathaus von Nissos vor elf Jahren im Schrank hing.

Markou vermutete, dass ihr »Wie passend« damit zusammenhing, dass ihre Ehe genau wie Lucy Davis »tot« war. Mike hatte ihm erzählt, dass sich Milandi vor zwei Jahren von ihrem Mann hatte scheiden lassen.

Ein Problem war also gelöst, doch ihre Improvisationskünste waren weiterhin gefragt. An einem Tatort sollten keine Spuren vernichtet werden. Angesichts der besonderen Umstände in diesem Fall mussten sie jedoch Kompromisse eingehen und vielmehr versuchen, so wenige wie möglich zu vernichten. Wind hin oder her, das Team der Mordermittlung aus Athen würde es auf keinen Fall rechtzeitig nach Nissos schaffen. Deshalb brauchte Markou mehr praktische Lösungen im Valentino-Stil.

Er trug dem jungen Kadetten auf, mit einer leeren

Durch diese unorthodoxen Methoden riskierten sie nicht nur, ihre Funde zu verfälschen, sondern auch, genetisches Material zu vermengen und den Tatort aktiv zu kontaminieren.

Aber wie heißt es so schön? Not macht erfinderisch. Und unter den gegebenen Umständen hatten sie keine andere Wahl. Das Wasser sickerte bereits langsam, aber unaufhaltsam durch Ritzen im alten Steinfußboden in den Untergrund. Bei diesem Tempo und der zu erwartenden morgendlichen Hitze würde der Boden rasch trocknen.

Es wäre zum Schießen, dachte Markou, wenn es nicht so schrecklich wäre. Die Ärztin, die neben dem Valentino-Sack stand, sagte seufzend: »Wir haben noch ein Problem.«

»Das ist ja ganz was Neues«, bemerkte Markou. Doch seine Ironie traf keinen Nerv.

»Wo sollen wir die Leiche lagern, bis sie nach Rhodos gebracht werden kann? In der Krankenstation haben wir nur eine Kühlkammer, und die ist bereits belegt«, erklärte sie Mike. »Von Antigone, der Stammlerin. Sie wird morgen früh beerdigt. Aber bis dahin haben wir keine Möglichkeit, die Leiche zu kühlen. Und selbst wenn es der Hubschrauber in den nächsten Stunden auf die Insel schafft, können wir sie bei dieser Hitze nicht einfach offen herumliegen lassen.«

Mike, der immer noch auf der Treppe hockte, sprang auf und sah seinen Cousin fragend an. »Bei Mitsenas vielleicht?«

Bevor Markou fragen konnte »Wer zum Teufel ist Mitsenas?«, nickte die Ärztin bereits. »Gute Idee.«