Als er Markou sah, versuchte Arnaud Cadena von der Couch aufzustehen. Der Kommissar bedeutete ihm, sitzen zu bleiben.

»Kommissar, das nenne ich eine Überraschung! Niemand hat mir gesagt, dass Sie kommen.«

Markou nickte und wandte den Blick von den besorgten hellblauen Augen des alten Mannes ab, um sich im Raum umzuschauen. An der Wand rechts von ihm hing ein gerahmtes Foto, das noch vor wenigen Tagen in der Galerie ausgestellt gewesen war. In der Mitte des Fotos stand ein Fischer auf seinem Boot und überprüfte sein Netz. Der von seinem Hut auf sein Gesicht geworfene Schatten stand in krassem Gegensatz zu der extrem hellen, überbelichteten Umgebung.

»Schönes Foto«, bemerkte der Kommissar, bevor er den Blick auf den Boden neben der Truhe senkte, wo er vor wenigen Tagen die drei Bilderrahmen und die gerahmte Stickerei gesehen hatte. Jetzt war die Stelle leer.

»Ja«, antwortete Cadena kurz angebunden angesichts der Kälte des Kommissars.

»Gibt es irgendetwas Neues? Sind Sie deshalb hier?«, fragte er nach kurzem Schweigen. Er folgte Markous Blick durch das Zimmer, der schließlich auf den Büchern haften blieb.

»Ja«, antwortete der Kommissar nur. Er ging zum Bücherregal und griff nach dem gerahmten Foto von Cadena und Lucy Davis.

Cadena sagte nichts. Er sah schweigend zu, wie Markou das Foto ins Regal zurückstellte.

»Hier sind nirgendwo ältere Fotos von Ihnen zu sehen. Als ob Sie nie jung gewesen wären.«

»Die sind alle in Paris«, sagte Cadena.

»Fast könnte man meinen, Sie versuchen zu vergessen, dass Sie einmal jung waren.«

»Möchten Sie einen Kaffee?«, fragte der alte Mann, um das Thema zu wechseln, und rief: »Archondia!« Er erinnerte Markou an ein Kind, das nach seiner Mutter rief, damit sie ihm aus einer schwierigen Situation half. Wahrscheinlich ahnte er bereits, dass das Spiel aus war. Markou fragte sich, wie er reagieren würde.

»Sie ist nicht hier«, sagte der Kommissar. »Ich habe sie nach Hause geschickt. Sie wollte Sie zwar nicht allein lassen und hat mich nach dem Grund gefragt. Aber ich habe darauf bestanden.«

Das Schweigen wurde immer bedrückender. Sogar Cadenas Atem schien stillzustehen.

»Wirklich schöne Fotos«, sagte der Kommissar und deutete mit dem Finger auf das Bild des Fischers an der Wand, dann auf das im Regal.

»Mein Lieblingsbild ist allerdings das hier«, fuhr er fort und zog die Fotokopie aus seiner Tasche. Er entfaltete sie langsam, bis die Szene von der Mariä-Himmelfahrts-Prozession vom 15. August 1965 vollständig zu sehen war. Cadena schaute kurz auf sein jüngeres, in Schwarz-Weiß festgehaltenes Selbst, bevor er sich wieder dem Kommissar zuwandte.

Er streckte die Hand nicht aus, um nach dem Blatt Papier zu greifen, das ihm Markou hinhielt. Stattdessen stand er mit

Er ging mit großen Schritten an Markou vorbei und steuerte auf die Tür zu. Beim Kommissar schrillten die Alarmglocken.

Wollte er fliehen? Aber wohin? Auch wenn Cadena in wesentlich besserer körperlicher Verfassung war, als er vorgab, wäre er nicht in der Lage, einem Mann Mitte dreißig davonzulaufen. Und selbst wenn, wo sollte er sich verstecken? Cadena streckte die Hand nach dem Tisch neben der Tür aus. Dort lag neben einem Zigarettenetui ein großer bemalter Stein. Doch bevor Cadena ihn zu fassen bekam, stand Markou schon hinter ihm. Drei Opfer mit Kopfverletzungen, die ihnen mit einem Stein oder Hammer beigebracht worden waren, waren eindeutig zu viele. Er würde nicht zulassen, dass Cadena ihn angriff.

Der alte Mann fuhr erschrocken zusammen, als ihn der Kommissar am Handgelenk packte. Er hatte gerade das Etui aufschnappen lassen, um eine Zigarette herauszunehmen.