Am nächsten Morgen schlief Athelstan lange. Im Morgengrauen wachte er das erste Mal auf, und jeder Knochen tat ihm weh; seinem Arm allerdings ging es schon besser. Noch immer waberte draußen der Nebel. Aus dem Fenster seiner Dachkammer konnte er nicht einmal die Kirche sehen.
»Gott verzeih mir«, murmelte er. »Aber ich fühle mich schrecklich.« Er ging die Treppe hinunter, fachte das Feuer an, trank einen Schluck Wein und ging wieder hinauf ins Bett. Er schlief mehrere Stunden und erwachte erst, als Watkin eine Stunde vor Mittag an seine Tür hämmerte. Athelstan zog sich eine dünne Decke um die Schultern und hastete hinunter. Er schob den Riegel beiseite und lächelte, als er das erstaunte Gesicht des Mistsammlers sah.
»Pater, habt Ihr geschlafen?«
Athelstan führte ihn in die Küche. Hinter Watkin sah er die anderen Gemeindemitglieder, die sich auf der Kirchentreppe versammelten. Sogar Marston war da und schaute mit banger Sorge zum Pfarrhaus herüber. Athelstan ließ sich am Tisch auf einen Schemel fallen.
»Pater, was habt Ihr denn? Sonst seid Ihr immer auf. Seid rasiert, gebadet, habt die Messe gelesen und die Kirche gefegt.« Watkin verbarg seine Liebe zu dem sanftmütigen Pfarrer hinter seiner üblichen Großmäuligkeit.
Athelstan lächelte schmal. »Watkin, ich war letzte Nacht mit Sir John auf dem Fluß.«
»Ihr wart dort, Pater?«
»Ich war, Gott helfe mir, auf der Holy Trinity, als die Franzosen angriffen.«
Watkin marschierte zur Tür und stieß sie auf.
»Der Pater ist ein Held!« brüllte er den anderen Pfarrkindern zu. »Er und der Fettarsch - ich meine, er und Sir John Cranston - haben letzte Nacht auf dem Fluß gegen die verdammten Franzosen gekämpft!«
Athelstan verbarg das Gesicht in den Händen.
»Unser Pfarrer ist ein richtiger Held!« blökte Watkin. »Es stimmt also doch, was Moleskin uns erzählt hat. Crim, lauf zum Fluß hinunter und sag Moleskin, es täte mir leid, daß ich ihn einen verlogenen Furz genannt habe.«
»Aber der Pater braucht mich hier!« maulte Crim.
»Wirst du wohl, du freche kleine Krabbe!« Watkin schlug die Tür hinter dem Jungen zu und watschelte zu Athelstan zurück. »Pater, Ihr seht blaß und erschüttert aus.«
»Ehrlich gesagt, Watkin, ich fühle mich schon viel besser. Und übrigens war ich kein Held, sondern ein sehr ängstlicher Pfaffe.«
»Bescheiden wie immer, bescheiden wie immer.« Herablassend klopfte Watkin ihm auf die Schulter. »Wir werden Huddle ein Bild malen lassen und es dann in der Kirche aufhängen; es soll Bruder Athelstan in der großen Seeschlacht darstellen. Ganz Southwark wird alles wissen wollen.« Er atmete geräuschvoll durch haarige Nasenlöcher. »Überall im Watt jagen sie Franzosen. Die Galgen hängen voll, und auf der London Bridge stecken sie Piratenköpfe auf Stangen.«
Die Tür ging auf. Athelstans Gemeindekinder drängten sich herein und reckten die Hälse, um einen Blick auf ihren heldenhaften Priester zu werfen.
»Geht weg! Geht weg!« befahl Watkin großartig. »Bruder Athelstan braucht jetzt Zuspruch und Trost. Ich, als Oberhaupt des Pfarrgemeinderates, werde euch die Neuigkeit später vortragen.« Er schlug die Tür zu. »Verpißt euch!« brüllte er, als sie gleich wieder aufging.
Benedicta kam herein. Watkin wich zurück, und seine Hände baumelten herunter. Er ließ den Kopf hängen wie ein ungezogener Junge.
»Mistress Benedicta…« Er scharrte mit den großen, schlammigen Stiefeln. »Euch habe ich nicht gemeint.«
Die Witwe lächelte. Als sie Athelstans blasses, unrasiertes Gesicht sah, nahm sie einen Schlüssel vom Haken neben der Tür.
»Watkin, schließ die Kirche auf, damit ihr mit eurer Arbeit fortfahren und die Bühne für das Spiel bereitmachen könnt. Sag den Leuten, Bruder Athelstan wird gleich kommen. Geh schon.«
Der Mistsammler huschte an ihr vorbei. Als er draußen war, verkündete er gleich großartig, er habe nun das Kommando über die Kirche; er werde Pater Athelstans Geheimnisse bewahren, und alle sollten tun, was er sagte. Pike, der Grabenbauer, erhob sofort Einwände. Athelstan lächelte, als der übliche Streit ausbrach. Die Stimmen verhallten in der Ferne. Benedicta kam und hockte sich vor ihn.
»Für einen Helden seht Ihr gar nicht übel aus«, sagte sie leise.
»Ich bin kein Held, Benedicta. Ich hatte Angst. Ich bin auf dem Deck ausgerutscht, und mehr habe ich nicht getan. Ein Franzose wollte mich töten, doch dann grinste er und wandte sich ab.« Athelstan starrte in das verlöschende Feuer. »Hoffentlich ist er davongekommen. Hoffentlich kann er zu seinen Lieben heimkehren. Ich werde seiner in der Messe gedenken.«
»Und Sir John?«
Athelstan schüttelte den Kopf. »Der Mann ist ein Berg von Legenden. Er rülpst wie ein Schwein und säuft, als wäre morgen der letzte Tag, aber er hat das Herz eines Löwen.«
Und mit kurzen Worten erzählte Athelstan, was Cranston vollbracht hatte.
»Oh Gott«, sagte Benedicta, als er fertig war. »Da wird er platzen vor Angeberei.«
»Das hat er verdient«, sagte Athelstan. »Und erinnert mich daran, daß ich eines nicht vergesse: Moleskin muß belohnt werden. Wenn er nicht gewesen wäre, dann hätten die Franzosen uns überrascht.«
»Was habt Ihr jetzt vor, Pater?«
»Ich gehe nach oben. Ich muß mich waschen, rasieren, umziehen, und dann muß ich die Messe lesen. Ach, übrigens, wo ist Bonaventura?«
»Er ist bei Ashby«, sagte Benedicta. »Lady Aveline hat ihren Liebsten mit allen Behaglichkeiten des Lebens versorgt, auch mit einem Krug kalter Milch. Bonaventura kann sein Glück kaum fassen.«
»Cranston hat recht«, brummte Athelstan. »Dieser Kater ist ein verdammter kleiner Söldner.« Er sah Benedicta an. »Aber Ihr solltet nicht hier sein. Die Leute werden reden.«
»Über Euch?« Benedicta lächelte.
»Das würde mich nicht kratzen«, antwortete Athelstan. »Ich denke dabei an Euch.«
Benedicta wandte sich lächelnd ab und kauerte sich vors Feuer. Sie streute ein paar Späne hinein, legte ein frisches Scheit auf und grinste ihn über die Schulter an.
»Sie können reden, was sie wollen, aber von Euch werden sie nichts Schlechtes glauben. Wie Pike, der Grabenbauer, es so wortgewandt ausdrückte: Man könnte Bruder Athelstan in ein Zimmer voller Huren sperren, und er wüßte nicht, was er tun soll.«
Athelstan errötete und stieg die Treppe hinauf. Benedicta ging, immer noch leise lachend, in die Speisekammer und bereitete das Frühstück zu.
Eine Stunde später begab sich Athelstan, rasiert und sehr viel frischer, hinüber in die Kirche, wo er die Messe las. Seine Gemeinde, angelockt von den Gerüchten über die Heldentaten des Pfarrers, drängte sich in das Gotteshaus. Aber Athelstan hatte sich gelobt, nichts zu sagen. Er wollte eben die Hand heben, um sie zu entlassen, als er Watkins gekränktes Gesicht sah. Er ließ die Hand sinken und lächelte.
»Es tut mir leid, daß ich verschlafen habe«, sagte er. »Ich war letzte Nacht in der Schlacht auf dem Fluß. Doch ein Held war ich nicht.«
»Unfug!« rief Tab, der Kesselflicker.
»Aber Sir John war einer«, fuhr Athelstan fort.
»Der gute alte Fettarsch!« schrie jemand.
»Gut gemacht, Roßzermalmer!« zwitscherte Crim.
Athelstan schaute sie stirnrunzelnd an. »Ihr seid hier im Haus Gottes«, tadelte er. »Sir John ist ein sehr tapferer Mann, und Moleskin ebenfalls; vielleicht bekommt er einen Brief vom Bürgermeister, von einer angemessenen Belohnung ganz zu schweigen.«
Athelstan schaute hinüber zu Ashby, der im Chor auf einem Sims saß. Der junge Mann war rasiert und trug saubere Kleider, und er war von Kissen und Decken umgeben. Athelstan sah ein Buch, eine Schale Obst und einen großen Krug, den Bonaventura, der hinten in der Ecke hockte, aufmerksam beobachtete. Aveline war ebenfalls da; sie kniete fromm am Boden, die Hände im Schoß gefaltet, den Kopf gesenkt.
»Ich danke euch auch dafür«, fuhr Athelstan fort und bemühte sich dabei, die Heiterkeit in seiner Stimme zu unterdrücken, »daß ihr euch um unseren Bruder Ashby gekümmert habt, dessen Not vielleicht bald ein Ende haben wird. Jetzt aber« - er spähte durch den Lettner zu der behelfsmäßigen Bühne hinüber und hob die Hand - »ist die Messe zu Ende. Wir haben Arbeit vor uns.«
Der Ordensbruder ging in die Sakristei und legte die Gewänder ab. Er half Crim und Ashby, die Kerzen und Tücher vom Altar zu räumen, hängte ein neues Ewiges Licht über das Tabernakel und ging dann zu Ashby und Aveline. Wie immer saßen sie in einer Ecke des Altarraums und wisperten miteinander. Athelstan zog den Schemel heran, den Crim während der Messe benutzte.
»Lady Aveline«, begann er, »ich habe sehr traurige Neuigkeiten über Euren Stiefvater.«
Und er berichtete knapp, welche Schlußfolgerungen er über Sir Henry Osprings frevelhaftes Treiben gezogen hatte. Ashby schnappte nach Luft. Aveline wurde noch blasser als gewöhnlich, und Tränen traten ihr in die Augen.
»Damit sagt Ihr mir, Bruder«, flüsterte sie, als Athelstand geendet hatte, »daß mein Stiefvater ein Verräter und Mörder war.«
»Das sind Eure Worte, Mylady, aber - Gott verzeih mir - die Wahrheit ist so, wie ich es geschildert habe.«
»Wird die Krone sein Vermögen beschlagnahmen?« wollte Ashby wissen.
»Das bezweifle ich«, sagte Athelstan. »Sir Henry starb, bevor irgendwelche Anschuldigungen erhoben wurden, und er ist nicht mehr da, um sich dagegen zu verteidigen.« Er zuckte die Achseln. »Die Krone wird ganz sicher, vertreten durch das Schatzamt, ihr Silber zurückfordern.« Er lächelte schmal, als er an die harten Revisoren Peter und Paul dachte. »Ich empfehle mit Nachdruck, Lady Aveline, daß Ihr oder die Testamentsvollstrecker Eures Stiefvaters die Summe verdoppelt und sie als Schenkung abschreibt.« Er starrte den jungen Mann an. »Ihr aber, Ihr wart sein Knappe. Es kann leicht sein, daß man Euch Fragen stellt.«
»Ich werde beschwören«, sagte Ashby, »und ich habe Zeugen dafür, daß ich mit Sir Henrys Geschäften nichts zu tun hatte.« Er verzog das Gesicht. »Jedenfalls nicht mit den Männern, die ihn mitten in der Nacht zu besuchen pflegten.« Er nagte an seiner Lippe und grinste dann. »Ich bezweifle, daß Marston das gleiche sagen könnte.«
Athelstan nickte. »Nichtsdestoweniger, wie Sir John immer sagt, hat jede dunkle Wolke auch einen Silberstreif. Gott verzeih mir, Lady Aveline, aber ich glaube nicht, daß irgend jemand - und der König ganz bestimmt nicht - um Euren Stiefvater weinen wird. Infolgedessen glauben Sir John und ich, daß man Euch beide wegen Sir Henrys Tod großzügig begnadigen wird.« Er brachte ihr aufgeregtes Jauchzen mit erhobener Hand zum Schweigen. »Gleichwohl, Master Ashby, seid Ihr immer noch ein gesuchter Verbrecher.« Athelstan zupfte sich ein Stück Kerzenwachs vom Handrücken. »Aber keine Sorge. Ehe der Tag noch viel älter ist, werde ich Marston etwas zum Nachdenken geben.«
»Können wir noch etwas tun?« fragte Ashby.
»Kanntet Ihr eigentlich Bracklebury?«
Ashby schüttelte den Kopf. »Kaum. Ein düsterer, gewalttätiger Mann, Pater. Er konnte mit dem Messer umgehen. Wie sein Kapitän fürchtete er weder Gott noch die Menschen. Warum fragt Ihr?«
»Wir haben herausgefunden«, sagte Athelstan, »daß Roffel das Silber stahl und es auf der God’s Bright Light versteckte. Um es kurz zu machen: Es kann sein, daß Bracklebury die Mannschaft entließ und nur die zwei zurückbehielt, damit er in Ruhe das Schiff durchsuchen konnte.« Athelstan machte eine Pause; er ignorierte die unbeantworteten Fragen, die immer noch an ihm nagten. »Gott weiß, was dann geschah. Vielleicht hat Bracklebury die beiden Matrosen ermordet und sich danach an Land geflüchtet. Das Problem ist nur, die God’s Bright Light hat weiter Signale gegeben, und niemand hat gesehen, daß ein Boot vom Schiff wegfuhr.«
»Bracklebury könnte über Bord gesprungen sein«, erwog Lady Aveline. »Und dann ist er zum Kai geschwommen.«
»Nein, das ist unmöglich«, widersprach Ashby.
Athelstan sah ihn an. »Warum?«
»Pater, könnt Ihr schwimmen?«
Athelstan erinnerte sich an die goldenen Kindertage, als er und sein Bruder Francis, nackt, wie sie auf die Welt gekommen waren, im Fluß geschwommen waren.
»Nun, Pater?«
»Ja«, sagte Athelstan, ein bißchen verlegen. »Wie ein Fisch. Meine Eltern hatten einen Bauernhof, und ein Fluß zog sich dort durch das Weideland. Warum?«
»Seht Ihr, Pater, ein Mann wie Bracklebury ist wahrscheinlich in den Armenvierteln von London oder Bristol aufgewachsen. Viele Leute glauben, jeder Seemann könne schwimmen, aber dem ist nicht so. Sie kommen als Knaben aufs Schiff. Wenn sie das Mannesalter erreichen, fürchten sie die See, Pater -sehr viel mehr als wir. Sie haben ihre Macht gesehen.« Ashby zuckte die Achseln. »Kurz gesagt, Bracklebury konnte wie so viele seinesgleichen nicht schwimmen.«
»Woher wißt Ihr das?« fragte Athelstan. »Ist es eine Vermutung oder eine Tatsache?«
»Oh, eine Tatsache, Pater. Bracklebury hat es mir selbst gesagt. Ich vermute, das gleiche gilt für Cabe, für Coffrey und sogar für den armen alten Roffel selbst. Ihr könnt fast alle Seeleute fragen: Wenn sie von Bord springen müssen, nehmen sie immer etwas mit, woran sie sich festhalten können.«
Athelstan spähte in die Kirche hinunter, wo seine Pfarrkinder bienenfleißig um die behelfsmäßige Bühne herumwimmelten.
»Gott helfe uns«, flüsterte er. »Wie hat dann der verfluchte Bracklebury, um den berühmten Cranston zu zitieren, das verfluchte Schiff verlassen?«
»Angenommen, er hatte einen Komplizen«, meinte Ashby. »Jemanden, der mit einem kleinen Boot längsseits kam?«
»Ohne daß es jemand gesehen hat?« fragte Athelstan.
»Und wenn es von Southwark herüberkam?«
Athelstan nickte und stand auf. »Aye, und wenn Schweine fliegen könnten? Würdet Ihr Cabe vertrauen?«
»Ungefähr so weit, wie ich spucken kann. Vom gleichen Holz wie Bracklebury. Die beiden hielten zusammen wie Pech und Schwefel, und das galt für alle Offiziere. Das sind harte Männer, Pater. Sie haben alle eine dunkle Vergangenheit, die sie lieber verborgen halten.«
Athelstan dankte ihm, schärfte beiden ein, vorsichtig zu sein, und ging hinaus ins Kirchenschiff. Eine Zeitlang stand er da und schaute bewundernd zu, wie der Karren in eine Bühne verwandelt wurde. Ringsum waren Pfosten aufgestellt worden, an denen die große Leinwand festgebunden war, die als Hintergrund und Seitenkulisse dienen würde. Sie hing jämmerlich herunter. Huddle legte letzte Hand an sein Gemälde vom klaffenden Höllenschlund und ignorierte selig die Bemerkungen und Ratschläge der anderen. Lächelnd schlich Athelstan vorbei. Er war auf halbem Wege zu Philomels Stall, als ihm schuldbewußt einfiel, daß er das alte Schlachtroß im »Heiligen Lamm Gottes« vergessen hatte.
»Oh, es wird ihm schon gutgehen«, tröstete er sich. Er kannte den Wirt als warmherzigen Mann, und solange Philomel es warm und trocken hatte und genug Futter in Reichweite seines grauen Mauls fand, war es ihm gleichgültig, wo er stand.
Athelstan ging zum Haus zurück; Benedicta und die Kurtisane Cecily hatten es ausgekehrt und aufgeräumt. Er holte Brot und Käse aus der Speisekammer und setzte sich an den Tisch; düster dachte er an die Schlacht der vergangenen Nacht.
»Was«, fragte er das Feuer im Herd, »was hat Crawley gemeint, als er sagte, alles war so ordentlich?«
Er schüttelte den Kopf und steckte sich ein Stück Käse in den Mund. Was hatte Bracklebury mit den beiden Matrosen gemacht? Wie war er vom Schiff gekommen? Und wenn er das Silber schon hatte, warum hatte er dann Bernieia ermordet? Ein Klopfen an der Tür riß ihn aus seinen Gedanken. Der Bezirksbüttel Bladdersniff kam großspurig herein; sein fleischiges Gesicht bebte vor Wichtigtuerei.
»Pater, ich bringe Euch eine Nachricht von Sir John Cranston. Ein Rathausdiener hat sie mir gebracht.« Der Büttel schürzte affektiert die Lippen. »Sir John Cranston, Coroner der Stadt London, wünscht Euch im ›Heiligen Lamm Gottes‹ zu sehen.« Bladdersniff hüstelte. »Er hat auch etwas vom Haus eines Arztes erwähnt.«
Athelstan stöhnte. Bladdersniff sah ihn argwöhnisch an.
»Was hat das zu bedeuten, Pater?«
»Gar nichts, Master Bladdersniff.« Athelstan wartete, bis der Büttel gegangen war. »Gar nichts«, wiederholte er brummend, »außer, daß ich wieder eine Nacht fern von meiner Gemeinde zubringen werde.«
Seufzend ging er nach oben, streifte die Sandalen ab, zog eine Wollhose unter seine Kutte und stieg in ein Paar alte, verschlissene Stiefel. Dann bedeckte er das Feuer mit Asche, schloß die Fensterläden, nahm Mantel und Stock und ging hinaus auf den Kirchenvorplatz. Crim und ein paar andere hockten auf der Kirchentreppe und schoben Spielmarken hin und her.
»Crim! Komm her!«
Der Junge kam herbeigerannt, nicht ohne zuvor seinen Freunden zuzuschreien, daß er als nächster an der Reihe sei.
»Crim, sag Benedicta, daß ich heute abend vielleicht nicht zurückkomme.«
»Sind es wieder die französischen Piraten, Pater?«
»Nein, diesmal nicht. Aber sag deinem Vater, er soll die Kirche abschließen. Nur Lady Aveline darf hinein.«
»Die sind verliebt, nicht wahr, Pater? Ich habe gesehen, wie sie sich küßten! Das ist eine Sünde in der Kirche, oder?«
Athelstan lächelte das schmale, schmutzige Gesicht an. »Nein, das ist keine Sünde«, sagte er dann feierlich. »Doch es ist eine Sünde, in der Kirche zu spionieren, Crim.«
»Ich habe ja nicht spioniert, Pater. Ich habe mich vor meiner Schwester hinter einer Säule versteckt.«
Athelstan zauste dem Jungen das Haar und drückte ihm einen Farthing in die Hand. »Geh zu Merryleg und kauf ein bißchen Marzipan. Gib deiner Schwester auch etwas ab, und deinen Freunden«, fügte er düster hinzu, »obwohl sie gerade deine Marken verschieben.«
Crim fuhr herum und rannte schreiend zurück.
»Vergiß nicht, deinem Vater auszurichten, was ich gesagt habe, Crim«, rief Athelstan ihm nach.
Dann bog er in die Gasse. Marston saß mit zwei Kerlen in der Tür der Schenke »Zum Gescheckten«. Als er den Priester erblickte, räusperte er sich geräuschvoll und spuckte aus. Athelstan schwenkte seinen dicken Stab, ein Geschenk von Cranston, und ging auf ihn zu.
»Es ist besser, wenn du verschwindest, Marston«, sagte er.
»Ich kann mich verdammt nochmal aufhalten, wo ich will, Pater.« Marston grinste höhnisch. »Das hier ist nicht Eure Kirche.«
»Nein«, antwortete Athelstan. »Ich mache mir nur Sorgen um dein Wohlergehen.«
»Wieso?« Das Grinsen verflog.
»Nun«, sagte Athelstan leise, umfaßte seinen Stock und beugte sich vor, »wir wissen jetzt, daß Sir Henry Ospring nicht das war, was er zu sein behauptete.
Manche Leute sagen, er war ein Dieb. Einige nennen ihn einen Verräter. Man munkelt sogar, daß auch noch andere an seinen Verbrechen beteiligt waren und daß sie hängen sollten.«
Marston wurde blaß. »Was wollt Ihr damit sagen?«
Athelstan zuckte die Achseln. »Klatschgeschichten, weiter nichts. Aber vielleicht ist es doch besser, du kehrst nach Kent zurück, holst dir, was dein ist, und bringst dann einen möglichst großen Abstand zwischen dich und Sir John Cranstons Adlerauge.«
Athelstan ging weiter. Auf halber Strecke die Gasse hinunter blieb er bei Basil, dem Schmied, stehen. Basil arbeitete mit seinem braunhäutigen älteren Sohn in einem großen, offenen Schuppen neben seiner Hütte. Ein stumpfnasiger Lehrling mit schmutzverschmiertem Gesicht betätigte den Blasebalg und ließ das Schmiedefeuer lebhaft aufflackern. Basil schwang den Hammer, seine mächtige Gestalt war hinter einer Schürze aus Bullenleder verborgen, und seine behaarten Beine steckten zum Schutz vor den Funken in Lederschäften. Er drehte sich um und sah Athelstan.
»Guten Morgen, Pater. Was kann ich für Euch tun?«
»Wir brauchen dich in der Kirche, Basil«, sagte Athelstan. »Du mußt ein paar Eisenklammern machen, mit denen man die Leinwand hinter der Bühne unseres Mysterienspiels befestigen kann.«
Basil wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. »Ich habe diesem dickköpfigen Hund Watkin schon gesagt, daß sie für so lange Stangen ein paar Eisenklammern brauchen.« Er deutete mit dem Hammer auf Athelstan. »Was Ihr da auf dem Fluß gemacht habt, Pater, war heldenhaft. Dafür mache ich es umsonst. Ich mache Euch Eisenklammern für Eure Stangen.« Als Athelstan sich abgewandt hatte, fügte er mit gedämpfter Stimme hinzu: »Diesem dämlichen Ochsen Watkin hämmere ich sogar eine in den Kopf.«
Athelstan ging lächelnd weiter. Der graue Tag neigte sich bereits dem Ende zu, aber die schäbigen Stände und Marktbuden trieben immer noch munteren Handel, und in den Bierschenken drängten sich ausgelassene Gäste, die den Sieg der vergangenen Nacht feierten. Athelstan huschte still vorüber und weiter zur London Bridge. Am Torhaus sah er sich brutal an die Schlacht erinnert. Etliche der französischen Piraten waren enthauptet worden, und ihre Köpfe hatte man auf Stangen gespießt, die auf dem Torhaus aufgerichtet wurden. Robert Burdon, der kleinwüchsige Torhüter, tanzte umher und beaufsichtigte das grausige Spektakel. »Stellt den dorthin!« brüllte er einen Gehilfen an. »Nein, du Idiot - umdrehen sollst du ihn, damit er zu unseren Schiffen hinausschaut!« Er erblickte Athelstan. »Ein arbeitsreicher Tag, ein sehr arbeitsreicher Tag, Pater. Es heißt, es seien hundert Franzosen gefallen. Hundert, Pater, aber wie viele Köpfe habe ich? Nicht mehr als ein Dutzend. Schrecklich, was? Diese verfluchten Beamten! Köpfe sollten da sein, wo sie hingehören! Als Warnung für alle anderen!«
Athelstan schloß die Augen, machte ein Kreuzzeichen über den Mann und hastete weiter. Er war froh, Southwark hinter sich zu lassen, als er sich auf der anderen Seite durch die Menge drängte. Das »Heilige Lamm Gottes« in der Cheapside war gerammelt voll. Cranston saß an seinem Lieblingsplatz, prachtvoll gekleidet in seiner besten Seidenjacke, einem feinen, weißen Leinenhemd und einer bunten Hose. So hielt er Hof und gab eine anschauliche Schilderung der Schlacht auf der Themse.
»Und Ihr habt gegen Eustace, den Mönch, gekämpft?« schrie Leif, der den Stichwortgeber spielte.
»Oh ja - und was für ein Riese er ist«, antwortete Cranston. »Sechs Fuß und sechs Zoll groß, Augen wie glühende Kohlen, und ein Gesicht, so dunkel wie der Satan! Schwert gegen Schwert, so standen wir einander gegenüber.«
»Und dann?« fragte Leif atemlos.
»Die Wogen der Schlacht rissen uns auseinander.« Cranston, der bei seinem vierten Becher Rotwein war, behielt wachsam die Tür im Auge - für den Fall, daß Lady Maude erscheinen sollte. Jetzt gewahrte er Athelstan, der auf einem Schemel hinten in der Menge stand. »Ehre, wem Ehre gebührt«, dröhnte er. »Mein Secretarius und Schreiber, Bruder Athelstan, ein Mann von wunderbarer Tapferkeit!«
Alle Köpfe wandten sich um. Athelstan wurde puterrot.
»Er ging zu Boden«, fuhr Cranston fort, »und kämpfte immer noch wie ein Löwe. Da kommt ein Franzose herbeigestürzt, hebt sein Schwert…«
»Und?« drängte Leif.
»Der Mann taumelt zurück, außerstande, den tödlichen Streich zu führen!«
»Ein Wunder!« rief Leif.
»Aye.« Sir John senkte die Stimme zu einem dramatischen Flüstern. »Gottes Engel stieg herab und hielt seinen Arm fest, genau wie er Davids Arm festhielt, als dieser den Bastard Judas Iskariot erschlagen wollte.«
Athelstan biß sich auf die Lippe, um nicht zu lachen. Cranston warf wie üblich alle Bibelstellen durcheinander.
»Einen Trinkspruch!« schrie Leif. »Sir John, laßt uns auf Bruder Athelstan trinken!«
Cranston nickte bereitwillig und hielt dem Bettler eine Münze hin. Der ergriff sie und drückte sie gleich dem Schankwirt in die Hand.
»Ihr habt gehört, was Mylord Coroner gesagt hat. Feiern wir seinen Sieg!«
Cranston sah Athelstans warnenden Blick und klatschte in die Hände.
»Genug für heute! Genug ist genug. Los, trinkt nur, aber laßt mich jetzt in Ruhe.« Er raffte sich auf. »Dienstgeschäfte, Dienstgeschäfte erwarten mich.«
Die Menge wandte sich widerstrebend ab, und Athelstan schob sich neben Sir John auf die Bank.
»Ein großartiger Sieg, Sir John.«
Cranston schaute ihn durchtrieben an. »Aye, Bruder. Nur fünf Galeeren haben das offene Meer erreicht. Wir haben Eustace, dem Mönch, einen Klatsch auf den Arsch verpaßt, den er so bald nicht vergessen wird.«
»Aber jetzt haben wir einen Verbrecher zu fangen«, erinnerte Athelstan ihn.
»Aye«, brummte Cranston. »Unser glorreicher Medicus Theobald ist verreist, und das Gerücht wird verbreitet.« Er machte schmale Augen. »Glaubst du, der Gauner wird heute nacht zuschlagen, Bruder?«
Athelstan nickte. »Allerdings, Sir John. Seit seinem letzten mörderischen Verbrechen ist einige Zeit vergangen, und der Kampf auf dem Fluß hat die Stadt abgelenkt. Wie geht es Crawley?«
»Er ist in St. Bartholomew und säuft sich um den Verstand.«
»Und Lady Maude und die beiden Kerlchen?«
»Stolz wie die Pfauen! Stolz wie die Pfauen!« Cranston senkte die Nase in den Rotweinbecher. »Seltsam«, knurrte er dann und schmatzte.
»Was denn, Sir John?«
»Unser Untersheriff meldet, wie erwartet, daß niemand ein Boot zur God’s Bright Light gemietet hat. Aber der Menschenfischer, dieser wahnsinnige Halunke, schickt mir da eine Nachricht…«
»Was will er?«
»Er will mich sehen. Doch da wird er warten müssen.«
Athelstan dankte dem Schankwirt, der ihm einen Krug Ale vorsetzte.
»Sir John, seid Ihr sicher, daß sich in der Nacht, als Bracklebury verschwand, kein anderes Boot der God’s Bright Light genähert hat?«
Cranston nickte. »Übrigens, bevor du fragst, Bruder: Ich habe dafür gesorgt, daß Moleskin von der Stadt eine Belohnung erhält. Aber um deine Frage zu beantworten: Es fuhr kein Boot zum Schiff.«
»Wie ist Bracklebury dann heruntergekommen?« fragte Athelstan. »Vergeßt nicht, er war schwer mit Silber beladen.«
»Wahrscheinlich ist er geschwommen.«
»Er konnte nicht schwimmen. Das hat Ashby mir erzählt.«
Cranston machte ein ernstes Gesicht. »Feentitten!« knurrte er. »Daran hatte ich nicht gedacht. Aber ich habe eine Proklamation herausgegeben und in der ganzen Stadt verbreiten lassen: Bracklebury soll dingfest gemacht werden, und zwar nach Möglichkeit lebend.«
So saßen sie eine Weile da und erörterten die Möglichkeiten und Pläne, während der Tag langsam zu Ende ging. Cranston bestellte eine Schüssel Gemüse und teilte sie mit Athelstan.
Dann verließen sie die Schenke. Sie überquerten die dunkle, kalte, menschenleere Cheapside und wanderten durch ein Labyrinth von Straßen zum Hause Theobald de Troyes’. Der Verwalter öffnete ihnen mit überraschter Miene die Tür.
»Sir John, Master Theobald ist verreist.«
»Das weiß ich«, sagte Cranston. »Und wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse, was?«
Der Verwalter sah ihn verwirrt an.
»Wo sind denn alle?« fragte Cranston.
Der Verwalter deutete durch den Korridor zur Küche. »Wir essen gerade zu Abend.«
Cranston hob die Stumpfnase und schnupperte die würzigen Düfte.
»Was ist das, Mann?«
»Kapaun, Sir John, in Weißwein und Kräutern eingelegt.«
»Davon will ich zwei Teller«, verlangte Cranston sofort. »Und zwei Brote außerdem. Bringt alles auf den Dachboden. Und jetzt verläßt niemand mehr das Haus, dich eingeschlossen! Und niemand kommt herauf, bis ich es sage. Sei brav, verpiß dich und tu, was ich dir gesagt habe.«
Der Verwalter eilte davon. Athelstan und Cranston begaben sich durch das verschwenderisch eingerichtetete Haus auf den tristen Dachboden hinauf. Der Verwalter brachte das Essen, erfüllt von Ehrfurcht vor Sir John. Cranston befahl ihm, noch Kerzen zu bringen, und außerdem die dicksten Wolldecken, die er finden konnte. Der Verwalter gehorchte. Cranston und Athelstan machten es sich bequem.
Anfangs ließ der Coroner sich nicht davon abbringen, noch einmal eine Schilderung der Schlacht auf dem Fluß und jedes einzelnen Hiebes abzugeben, gewürzt mit anekdotischen Verweisen auf die glorreichen Tage, da er unter Prinz Edward gegen Philip von Frankreich zu Felde gezogen war. Als er sich schließlich den Bauch mit Kapaun vollgeschlagen und sich großzügig aus seinem Weinschlauch bedient hatte, döste er ein. Eine Zeitlang saß Athelstan im Dunkeln und dachte an die Zeit, die er selbst in Frankreich verbracht hatte, und an seinen Bruder Francis, der dort gefallen war. Dann schüttelte er den Kopf, um die immer noch schmerzhaften Erinnerungen zu vertreiben, und dachte statt dessen an seine Pfarrgemeinde. Er betete, daß Basil, der Schmied, und Watkin, der Mistsammler, keine Prügelei vom Zaun brechen würden. Die Augen wurden ihm schwer, und auch er schlief ein Weilchen. Jäh fühlte er sich von Cranston heftig geschüttelt; dicht vor sich sah er das fette Gesicht des Coroners, der einen Finger an den Mund hielt. Athelstan war durchfroren und verkrampft, und der Arm tat ihm ein bißchen weh. Er spitzte die Ohren, hörte vereinzelte Geräusche aus dem Haus unter ihnen, und dann ertönte der Ruf des Nachtwächters.
»Zwölf Uhr und Mitternacht! Kalt und rauh, doch alles wohl!«
»Das wird Trumpington sein«, flüsterte Cranston.
Athelstan war kurz davor, wieder einzudösen, als er eine Bewegung hörte, ein leises Scharren auf den Dachpfannen über ihnen. Cranston packte ihn beim Arm und zischelte: »Kerzen ausblasen! Nicht bewegen!«
Athelstan spähte zwischen den Dachbalken hindurch zu den Dachpfannen hinauf. Ob es nur eine Katze war? Doch dann krampfte sich sein Magen zusammen, als eine der Dachpfannen beiseitegeschoben wurde. Eine zweite wurde losgestemmt, und dann noch eine, und nach kurzer Zeit war ein viereckiges Loch geöffnet, durch das der Sternenhimmel hereinfunkelte. Athelstan sah den Abendstern und fragte sich unwillkürlich, warum er wohl da sei, als sich plötzlich eine dunkle Gestalt hereinbeugte und einen Sack herabließ. Man hörte ein Klirren, ein Seil schlängelte sich durch das Loch, und die Gestalt rutschte daran herunter, lautlos wie eine jagende Katze.
Cranston wartete. Der Mann kauerte auf dem Dachboden; seine Stiefel waren mit weichen Lappen umwickelt. Er bewegte sich auf die Tür zu, als Cranston sich mit einer Gewandtheit auf ihn stürzte, die sogar Ahtelstan überraschte.
Der Mann fiel unter der vollen Last des massigen Coroners krachend zu Boden, daß es ihm den Atem verschlug.
»Du bist verhaftet!« brüllte Cranston und packte den Mann beim Genick. »Ich, der Coroner John Cranston, habe dich erwischt!«
Der Mann wollte sich loswinden, aber Cranston riß ihm die Kapuze herunter und packte ihn bei den Haaren.
»Du sitzt in der Falle, mein Hübscher!« dröhnte er und schlug den Kopf des Einbrechers auf die Dielen. »Einmal für mich!« Er schlug ihn noch einmal aufs Holz. »Einmal für Bruder Athelstan!« Und noch einmal. »Und das ist für die arme Magd, die du ermordet hast, du herzloser Dreckskerl!«
Cranston zerrte den Mann auf die Beine. Mit einer geschickten Bewegung zog er ihm den Dolch aus dem Gürtel, stieß ihn dann durch die Bodenluke und schleifte ihn die Treppe hinunter in den darunterliegenden Korridor. Athelstan zündete eine Kerze an und folgte den beiden. Er hielt dem Verbrecher die Flamme vor das zerschundene, benommene Gesicht.
»Den habe ich noch nie gesehen.«
»Nein, und ich auch nicht«, sagte Cranston. »Aber ich wette, der Mistkerl ist ein Dachdecker.«
Türenschlagen und Geschrei in den unteren Stockwerken zeigten, daß der Haushalt geweckt war. Cranston trat an die Treppe und brüllte hinunter. »Ruhe!«
Er hielt den Einbrecher mit einer Hand fest und schüttelte ihn, wie eine Katze eine Ratte schüttelt. »Wir sind noch nicht fertig, nicht wahr?«
Der Mann konnte zur Antwort nur stöhnen. Cranston marschierte die Treppe hinunter und schleifte seinen Gefangenen mit sich. Athelstan folgte und flehte Sir John an, er möge doch vorsichtig sein.
»Ich bin ja vorsichtig, verdammt!« schrie der Coroner.
Die Dienerschaft war zusammengelaufen; ihre Gesichter schimmerten fahl im Kerzenlicht. Cranston schüttelte den Kerl noch einmal, legte den Finger an den Mund, damit alle still waren, und wartete in der Haustür. Nach einer Weile hörte Athelstan draußen das Knirschen von Stiefelschritten und die Stimme des Büttels Trumpington.
»Die Mitternacht ist vorüber. Kalt und rauh, doch alles wohl!«
Cranston riß die Tür auf und schleifte den Einbrecher hinter sich her.
»Oh nein, ganz und gar nicht, Freundchen!« schrie er. »Die Zeit ist verdammt reif, einmal zu sagen, daß längst nicht alles wohl ist!«