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aphael verschließt die Tür seines Büros hinter mir. „Sollte ich mich mit Pauline unterhalten?“
„Wozu?“
„Damit sie ihren Assistenten die Anerkennung für die Artikel zukommen lässt, die sie verfassen.“
Ich starre ihn an und verarbeite seinen Vorschlag.
„Ich habe deinen Vertrag überprüft“, sagt er. „Deine Gehaltsstufe beinhaltet nur Korrekturlesen und Formatierungen.“
„Ich bin froh, dass Pauline mir anspruchsvollere Aufgaben gibt“, sage ich.
„Ja, aber dein Name wird im Nachrichtenblatt lediglich unter Layout
erwähnt.“
„Und das ist für mich vollkommen in Ordnung.“
Er wirkt verblüfft. „Ich würde sehr diplomatisch damit umgehen, wenn du dir Sorgen darüber machst, dass wir einen Verdacht bei ihr erwecken –“
„Es geht nicht nur um den Verdacht“, sage ich. „Ehrlich gesagt ist es mir egal, wie meine Arbeit im Nachrichtenblatt anerkannt wird. Ich bin nur hier, bis ich meinen Doktor habe und einen Job im akademischen Bereich finde.“
„Das weiß ich.“ Er runzelt die Stirn. „Aber es ist trotzdem nicht richtig, dass jemand die Anerkennung für deine Arbeit einkassiert.“
„Die Sorge um deinen Fußsoldaten ist löblich.“ Ich zwinkere ihm zu. „Wie wäre es, wenn du sie eher auf diejenigen ausweitest, mit denen du nicht schläfst?“
„Ich habe Sando Marniers Fall mit meinen Beratern diskutiert“, sagt er. „Es könnte sein, dass ich ihm eine zweite Chance gebe.“
Ich strahle.
Er lächelt mich an und zieht mich in eine Umarmung. „Wir haben zwei Stunden, bis ich die Stadt verlassen muss.“
Seine Hände beginnen meinen Rücken zu streicheln. Mit flacher Hand und gespreizten Fingern wandern sie hoch zu meinem Nacken, gleiten über meine Schulterblätter hinunter, drücken sanft auf meinen unteren Rücken und umschließen meinen Hintern. Während seine Hände beliebig herumwandern und dabei keinen Zentimeter unberührt lassen, fährt er mit seinen Lippen über mein Gesicht, hungrig und fordernd.
Ich liebe diesen Teil.
Was nicht heißen soll, dass ich das, was folgt nicht mehr liebe, aber da ist etwas in Raphaels Berührungen, das alle richtigen Punkte bei mir trifft. Selbst die, von denen ich nicht wusste, dass ich sie überhaupt hatte. Es ist, als hätten seine Hände die exakt richtige Größe, Wärme und Kraft, die meine Nervenenden benötigen. Und es fühlt sich immer so an als hätte er mehr als zwei – wie eine Hindu-Göttin – wenn er mich so streichelt.
Während er mich nach hinten auf seinen massiven Eichenholz-Schreibtisch drückt, spüre ich wie er an meinem Bauch hart wird.
Meine Augen schließen sich. „Werde ich dich dieses Wochenende sehen?“
„Ich befürchte leider nein.“ Er hinterlässt eine Spur aus heißen Küssen auf meinem Nacken. „Ich werde das ganze Wochenende und die komplette nächste Woche weg sein.“
Ich wage es nicht zu fragen, wo er hinfahren wird.
Oder mit wem.
Liegt es daran, weil ich von diesem Mann eingeschüchtert bin? Unter der Berücksichtigung, dass er erst neunundzwanzig ist, fällt es einem schwer nicht von dem eingeschüchtert zu sein, was er bereits erreicht hat. Es ist nicht einfach, nicht von seinem Status und seinem Vermögen beeinflusst zu werden, ganz zu schweigen von seinem blauen Blut und seinem unverschämt guten Aussehen.
Aber es sind nicht die einschüchternden Merkmale, die mich an ihm festhalten lassen. Wann immer ich es vergesse von ihnen geblendet zu sein, verschwindet Le Big Boss
und ein süßer, karottennasiger Schneemann tritt an seine Stelle.
Der Sex mit ihm schafft das jedes Mal.
Raphael schlingt einen Arm um meine Hüften, während er die Akten auf seinem Schreibtisch zur Seite wischt. Ich vermute, dass er mich hochheben wird und mich mit dem Gesicht zu ihm vor sich platzieren wird, wie wir es bereits zuvor getan haben, aber stattdessen dreht er mich um. Bevor ich realisiere, was er vorhat, hat er mich bereits über den Schreibtisch gebeugt. Indem er eine Hand zwischen meinen Schulterblättern platziert hat, presst er mich weiter nach unten, bis meine Wange auf dem polierten Holz ruht.
Er hält mich fest in dieser Position und schiebt mit der anderen Hand den Saum meines Rockes nach oben. Ich trage heute einen Bleistiftrock, also ist Raphaels Aufgabe nicht so leicht, wie sie sich anhört, vor allem, wenn sie einhändig ausgeübt wird.
Aber er gibt nicht auf bis mein Rock schließlich an meiner Hüfte gebündelt ist und mein Höschen um meinen rechten Knöchel herum liegt.
Er stöhnt, als er über meine entblößte Haut fährt.
Ich fühle mich mit meinem Hintern, der so herausragt, bloßgestellt und verletzlich.
Wir haben es natürlich zuvor bereits im Doggy Style getan. Aber wir waren im Bett und es war anders. Der Raum war viel dunkler und ich war vollkommen entspannt und hemmungslos nach dem schmackhaften Wein und dem exquisiten Verwöhn-Programm seiner Zunge.
Davon hatte ich heute nichts.
Und dieses Büro ist mit Licht durchflutet.
Raphael streicht über die Hinterseite meiner Schenkel und über meinen Hintern. Während er Ermutigungen murmelt, greift er nach meinen Hüften und drückt meinen Po etwas höher, schiebt sein Knie zwischen meine Beine und drückt sie weiter auseinander. Ich lasse ihn. Mit seinem rechten Arm greift er an meine Vorderseite, reibt mich mit seinen Fingern und dann vergraben sie sich in mir. Gerade als ich mit Verlangen zu stöhnen beginne, geht er einen Schritt zurück.
Das Ticken der Uhr an der Wand und sein unregelmäßiger Atem sind alles was ich höre. Und ich muss sein Gesicht nicht sehen, um zu wissen, auf was er starrt.
„Dein Anblick ist unvergesslich, Mia“, sagt er.
Ich erröte.
Ein Teil davon ist wie eine Belohnung.
Sein Kompliment ist die Belohnung für die schrecklichen Brazilian Waxing Termine, denen ich mich seit Januar unterzogen habe.
Ich höre, wie er seinen Gürtel und den Reißverschluss seiner Hose öffnet. Als das Geräusch einer zerreißenden Kondomfolie an meine Ohren dringt, bin ich nur allzu bereit für das was kommt – ich sehne mich danach.
Er greift erneut nach meinen Hüften und dringt in mich ein.
Die pure Entzückung lockt ein leises, ächzendes ahh
von irgendwo tief aus meiner Brust.
Raphael beginnt in mich zu stoßen.
Ich drücke mich nach hinten, um seinen Stößen entgegenzukommen und ihm dabei zu helfen, tiefer eindringen zu können. Meine Brüste sind gegen die warme Oberfläche des Schreibtisches gepresst und mein Geist ist wunderbar leer. Mein Körper ist so benommen von dem was er mit ihm macht, dass ich mich dabei ertappe, wie ich mir wünsche, dass er noch tiefer eindringt und mich komplett ausfüllt.
Ich bin wild vor Lust.
„Oh oui“,
atme ich mit jedem Stoß aus. „Oh oui. Oh oui. Oh oui.“
„Klingt, als würde dir das gefallen“, grollt er, indem er sich nach vorne lehnt.
Gefallen?
Ich denke, ich sterbe vor Vergnügen.
Er richtet sich auf und ein brennender Klaps landet auf meinem Hintern.
„Was ist damit, Mia?“, fragt er. „Gefällt dir das auch?“
Eigentlich nicht.
Aber da ist ein Kloß in meinem Hals, der mich davon abhält, diese Worte auszusprechen.
Er versetzt mir noch einen Klaps.
Ich versteife mich.
Er hört auf zu stoßen.
Einige Sekunden später sitzt er mit dem Rücken an den Schreibtisch gelehnt und ich habe es mir auf seinem Schoß gemütlich gemacht.
„Mia, Baby, bist du in Ordnung?“ Er streichelt mein Gesicht, hält mich an seiner Brust. „Die Klapse haben dir nicht so sehr gefallen, oder? War ich zu grob zu dir?“
Das war er nicht. Seine Klapse waren leicht und spielerisch. Sie sollten mir sicherlich nicht wehtun. Sie taten nicht
weh.
Warum also, haben sie dann meine Erregung zerstört?
Und warum fühle ich mich so… billig?
Vielleicht liegt es an der Katastrophe
, gepaart mit der Tatsache, dass ich seine Untergebene bin, die über seinen Schreibtisch gebeugt war und keine Ahnung hatte, mit wem er die nächste Woche verbringen würde…
Raphael hebt mein Kinn an, sodass ich gezwungen bin, ihm in die Augen zu sehen. „Bitte, Mia, ich muss es wissen. Waren es die Klapse?“
Ich nicke. Es ist einfacher ja zu sagen, als etwas versuchen zu erklären, was ich nicht mal selbst verstehe.
Sein Ausdruck wird ernst. „Schlag mich.“
Ich blinzle überrascht von seinem komischen Angebot.
„Schlag mich zwei Mal wohin du willst“, sagt er.
„Sei nicht dumm.“
„Bitte.“ Er sieht mich flehend an. „Dann sind wir quitt und wir werden uns beide besser fühlen.“
Werden wir das?
Ach, was zur Hölle.
Ich lehne mich zurück und verpasse ihm eine Ohrfeige.
„Autsch.“ Er reibt sich die Wange.
„Gib mir deinen Arm“, sage ich verschmitzt.
Er hebt seinen linken Arm hoch.
Ich fahre mit der Hand über seinen ausgeprägten Bizeps – jeder Vorwand, um seinen Bizeps zu berühren, ist jederzeit willkommen – und dann zwicke ich ihn so fest ich nur kann.
Er zuckt zusammen.
Ich lasse seinen Arm los. „Fertig.“
„Fühlst du dich besser?“
„Überraschenderweise tue ich das.“
„Gut, ich auch.“ Er vergräbt seine Finger in meinen Haaren und streichelt mich. „Nächstes Mal, wenn ich etwas Abnormales ausprobieren möchte, werde ich sicherstellen, dass ich dich vorher frage.“
„Stehst du auf Abnormales?“
„Nein“, sagt er, bevor er hinzufügt, „es ist nur, ich war noch nie so lange mit einer Frau zusammen.“
„Wir treffen uns noch nicht einmal seit fünf Monaten.“
„Wie ich eben sagte, ich war noch nie so lange mit einer Frau zusammen.“
„Wie steht das in Zusammenhang mit Abnormalem?“
„Ich dachte, ich versuche etwas Neues, damit es nicht langweilig wird.“
Mein Herz sinkt in die Knie. „Fange ich an dich zu langweilen?“
„Nicht im Geringsten.“ Er durchsucht mein Gesicht. „Ich hatte den Eindruck, ich würde anfangen dich zu langweilen.“
Was?
„Wie kommst du auf die Idee?“
Sein Blick ist an mich geheftet. „Du wirktest reserviert und… in letzter Zeit etwas distanziert. Ich dachte, du würdest abkühlen.“
Ich seufze. Wenn er nur wüsste, wie weit das von der Wahrheit entfernt liegt!
Meine Reserviertheit ist das Ergebnis der zunehmenden Sorge wegen der australischen Briefe. Ich kann nicht anders. Jedes Mal, wenn ich meinen Briefkasten oder mein Postfach im Büro öffne, erwarte ich einen neuen Brief zu finden. Was wird er beinhalten? Wird mein „heimlicher Bewunderer“ verkünden, was er von mir will? Wird er Geld wollen? Wie viel? Werde ich es aufbringen können?
Ich wünschte, ich könnte Raphael von meiner bedrohlich näherkommenden Erpressung erzählen. Aber das würde voraussetzen, dass ich die Gründe dafür offenlegen muss.
Und das kann ich nicht.
Ihm von der Katastrophe zu erzählen würde mich auf der sozialen Nahrungskette noch weiter nach unten befördern. Ich würde von der „kleinen Assistentin mit akademischen Ambitionen“, die er vögelt, wenn er gerade einen freien Moment hat, direkt in die Schlampenzone
rutschen. Und nicht nur die durchschnittliche und gewöhnliche Schlampe, aber eine fortgeschrittene mit Gang Bang Erfahrung und einem Sexvideo auf dem Kerbholz.
Diese Art von Geständnis würde den Spalt zwischen uns nicht nur vergrößern. Es würde den Spalt zu einer Kluft werden lassen.
„Keine Sorge“, sage ich und zwinge mich zu einem Lächeln. „Du bist für mich immer noch so attraktiv, wie als ich dich zum ersten Mal in deinem Fleece-Overall gesehen habe.“
Er lächelt zurück, aber die Falte zwischen seinen Augenbrauen ist nicht verschwunden. „Was ist es dann? Was bedrückt dich?“
Vielleicht kann ich ihm einen Teil der Wahrheit verraten. „Es sind meine Finanzen“, sage ich. „Ich muss einen zweiten Job finden.“
„Ich kann dir Geld –“
Ich lege meine Hand auf seinen Mund. „Auf keinen Fall.“
„Alles klar.“ Er nickt und gibt einen nachdenkliches „Hm“ von sich. „Wie wäre es, wenn ich dir diesen zweiten Job anbiete?“
Ich rümpfe die Nase. „Als was?“
„Kellnerin.“ Er lächelt mich breit an. „Seb und ich besitzen eine Bar im Zentrum, Le Big Ben. Es ist ein Herrenclub im englischen Stil.“
Ich grinse. „Wie schick.“
Und wie aufschlussreich, dass er das niemals zuvor erwähnt hat. Oder mich dorthin mitgenommen hat.
„Der Manager sagte neulich, dass er nach einem weiteren Kellner für die Abendschicht Ausschau halte.“
„Dann planst du also etwas Vetternwirtschaft zu betreiben und mich dem armen Mann vorzusetzen?“
„Hast du schon einmal gekellnert?“, fragt er.
„So oft.“
„Dann ja, ich werde etwas Vetternwirtschaft betreiben.“
Ich öffne meinen Mund, um ihm zu sagen, dass er das nicht tun sollte, als wir laute Stimmen vor der Tür hören.
Es ist Anne-Marie und ein Mann.
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