79

26 FEDERAL PLAZA

Seine Hände waren mit Fesseln an den Ledergürtel um seine Taille gekettet, der wiederum mit einer vier Fuß langen Kette aus gehärtetem Chromstahl an den Fußfesseln seiner Knöchel befestigt war. Das ermöglichte ihm nur ein zappelndes Schlurfen, aber da er jetzt an einen Tisch gefesselt war, vermutete er, dass diese Einschränkung kein erklärtes Ziel seiner Häscher war. Stattdessen war es der Beginn des Wartespielchens.

Kirby Clibbon wusste, dass am anderen Ende der Kamera in der Ecke ein ganzer Raum voller aufgeregter Menschen saß, die sich gegenseitig auf die Schulter schlugen, weil sie ihren Job so gut erledigt hatten.

Sie hatten die Temperatur gesenkt, und die Luftfeuchtigkeit stieg an, und Kirby erkannte darin den recht plumpen Versuch einer psychologischen Kriegsführung. Wenn sie wirklich seine Aufmerksamkeit erregen wollten, müssten sie ihn mit LSD vollpumpen, ihn in eine Zweihundert-Liter-Tonne mit einem Beutel von Walzenspinnen stecken, Michael Bolton auflegen, den Lautstärkeregler aufreißen und ihn eine Woche im Boden eingraben. Da ihnen diese Art von Entschlossenheit abging, würde das eine sehr einseitige Konversation werden.

Die Tür schwang auf, und eine große schwarze Braut in einem Hosenanzug kam herein. Das war keine von diesen dunkelblau gekleideten Arschlöchern, die immer einen auf Strahlemann machten, nein, dieses Mädchen war eine gute alte Amerikanerin, diese weit verbreitete Melange, die der Verschmelzung von zu geil und zu blöd entsprang, die jede Innenstadt im ganzen Land füllte. Sie sah angepisst aus, aber das taten sie alle. Es war eine dieser charakteristischen Eigenschaften, die sie trotz aller Erziehung nicht kaschieren konnten.

Die zweite Person war ein weißer Kerl, der echt was hermachte. Er trug einen Anzug, den er sich sicher nicht von seinem FBI-Gehalt leisten konnte, und hatte die geschmeidigen Bewegungen eines wohlhabenden Internatsschülers. Kirby hatte ein paar Typen wie ihn in der Army gesehen, alles Senatoren oder Gouverneure oder andere nutzlose Grüßauguste auf Besuch. Männer, die nicht einmal einen Reifen hätten wechseln können, wenn ihr verdammtes Leben davon abgehangen hätte. Er sah ruhig und konzentriert aus. Kirby verstand etwas von Ruhe. Und von Gelassenheit. Dieser Kerl hatte beides. Von den beiden musste er auf den weißen Kerl im Anzug aufpassen. Seine Sorte war darauf spezialisiert, den einfachen Arbeiter zu verarschen; so wurden sie einfach erzogen.

Aber das hier war das FBI, deshalb hatte Kirby das alte Spiel guter Cop – böser Cop nicht erwartet, sondern eine höfliche Unterhaltung, denen Drohungen von tiefen dunklen Löchern für den Rest seines Lebens folgten. Standard-Plattitüden des Regierungssprecher-Klischees. Darauf hatte er sich bereits seit einer Weile vorbereitet. Dass es sie so lange Zeit gekostet hatte, ihn zu fangen, war schon fast ein Wunder. Der Rest hing jetzt von ihm ab.

Die schwarze Braut setzte sich ihm gegenüber, und der schicke Anzug nahm in der Ecke des Raumes Platz. Aber nichts davon spielte eine Rolle, weil Kirby im Augenblick ohnehin nichts anderes vorhatte.

»Mr. Clibbon, ich bin Special Agent Whitaker. Das ist der für Manhattan zuständige Special Agent Brett Kehoe.«

Kirby starrte einfach nur auf seine Unterarme, die jeweils mit einer linken beziehungsweise rechten Mr.-Horsepower-Tätowierung verziert waren. Seine drei Jahre Erfahrung mit Haji-Sandniggern in Afghanistan und die daran anschließende Zeit, in der er den verdammten chassidischen Juden in der Garage die Eier geschaukelt hatte, hatten ihn viel darüber gelehrt, wie man Menschen ignorierte.

Die Nubier-Braut stimmte ihren Sermon an. »Sie wissen, warum Sie hier sind. Wir wissen, warum Sie hier sind. Die AR-15 in ihrem Gitarrenkoffer bestimmt, wie wir anfangen. Zunächst einmal werden sie wegen illegalen Besitzes einer Feuerwaffe angeklagt, gemäß Strafgesetzbuch Abschnitt 265.01-b. Die Waffe ist nicht registriert, das heißt glatte fünf Jahre, wenn wir die Sache vor Gericht bringen. Und das werden wir. Die Anklage wegen Waffenbesitzes gibt uns alles in die Hand, was wir brauchen, um Sie ein paar Tage einsitzen zu lassen, während wir Ihr Leben auf den Kopf stellen, Stück für Stück. Wir werden Sie schließlich des Mordes an sechs Vollstreckungsbeamten und zwei Zivilisten überführen, einschließlich der beiden Morde, die Sie vor drei Jahren in Wyoming begangen haben. Wir haben Aufnahmen von Ihnen an drei Tatorten, bevor die Morde passierten, was eindeutig Absicht und Vorsatz beweist. Wenn Sie nicht den Rest ihrer Tage auf dem Boden eines dunklen schwarzen Loches in einem unserer Bundesgefängnisse verbringen wollen, dann sollten Sie vielleicht in Erwägung ziehen, ob Sie uns helfen wollen.« Whitaker öffnete ihre Hände, um ihm zu zeigen, dass sie an einem Punkt ihres Monologs angekommen war, wo sie eine Art von Reaktion erwartete.

Kirby konnte den Mangel an Phantasie einfach nicht fassen, den sie an den Tag legten. Die beiden hätten nicht einmal eine Katze erschrecken können. Er starrte weiter auf seine Tätowierungen, die Woody Woodpecker entfernt ähnelten und in deren Schnäbeln dicke Zigarren steckten.

»Möchten Sie vielleicht etwas dazu sagen?«, setzte Whitaker nach.

Kirby hob den Blick und warf ihr einen starren Tausend-Meter-Blick unter gesenkten Augenlidern zu. Mit wem zum Teufel glaubten diese Leute eigentlich, hatten sie es hier zu tun?

Nach dreißig Sekunden Schweigen wandte er den Kopf und sprach zur Kamera. »Ich will einen Anwalt. Einen weißen Anwalt.« Dann schloss er die Augen und versenkte sich in sich selbst.