cbj ist der Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House

Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform.

1. Auflage 2014

© 2014, cbj München

Alle Rechte vorbehalten

Umschlagbild und Innenillustrationen: Ute Krause

Umschlaggestaltung: Anette Beckmann

hf · Herstellung: uk

Satz und Innengestaltung: Anette Beckmann

Reproduktion: Lorenz & Zeller, Inning a.A.

ISBN 978-3-641-12945-3

www.cbj-verlag.de

Inhalt

Immer Ärger mit Lucy

Was tun?

„Vier Pfoten“

Die letzte Chance

Immer Ärger mit Lucy

Das ist Minus Drei ...

... und das ist Lucy, sein Haustier.

Papa Drei hatte Lucy in einer Tierhandlung entdeckt und als Überraschung für Minus mitgebracht.

Minus hatte sich schon ganz lange ein Haustier gewünscht …

… und sich sehr über Lucy gefreut.

Und Lucy freute sich, weil Minus sich jetzt um sie kümmerte.

Lucy war zwar klein für ein Haustier, aber dafür hatte sie die besten Einfälle.

Manches konnte sie sogar besser als Minus ...

Und eine Sache konnte sie ganz besonders gut … Sie konnte richtig gut Geräusche nachmachen.

Minus fand das toll, Mama aber leider nicht. Sie wollte, dass Lucy damit aufhört.

Aber Lucy hörte nicht auf. Stundenlang krächzte sie wie ein Urvogel, heulte wie ein Orkan oder donnerte wie ein Gewitter.

Und das klang sogar ziemlich echt.

Eines Tages hatten Mama und Papa genug.

„Wenn Lucy nicht sofort mit diesem schrecklichen Lärm aufhört, muss sie zurück in die Tierhandlung!“, rief Mama.

„Oder ins Tierheim“, sagte Papa.

Inzwischen ahnte er, warum Lucy damals so wenig gekostet hatte.

„Bitte nicht!“, rief Minus. „Lucy hört damit auf. Versprochen.“

Was tun?

Aber Lucy hörte nicht auf und deswegen musste Minus schnell eine Lösung finden.

Die erste Lösung gefiel Lucy nicht.

Die zweite Lösung gefiel Minus nicht.

Und die dritte Lösung fanden beide langweilig.

Es war doch nicht so einfach, wie Minus gehofft hatte.

Vielleicht weiß ja Herr Fossil Rat, dachte Minus. Schließlich war Herr Fossil der Besitzer von T.R. und T.R. war ein sehr gut erzogenes Haustier – und noch dazu ein sehr großes.

Da wusste Herr Fossil bestimmt, wie man so ein winziges Haustier erziehen musste.

Herr Fossil kratzte sich nachdenklich an der Nasenspitze. Schließlich sagte er: „Vier Pfoten.“

„Vier Pfoten?“, fragte Minus.

„Das ist eine Schule für Haustiere.“

„Verstehe.“ Minus war erleichtert. Das würde vielleicht helfen.

Lucy freute sich, dass sie bald in die Schule kommen würde.

„Ich möchte mein Haustier anmelden“, sagte Minus zur Besitzerin der Tierschule.

Sie hieß Frau Winzig. Überrascht betrachtete sie Lucy über den Rand ihrer Brille.

„Es ist aber noch sehr klein“, sagte sie.

„Eigentlich zu klein für die Schule.“

„Aber sie wird nicht viel größer“, antwortete Minus. „Außerdem muss sie dringend gutes Benehmen lernen.“

„Also gut“, sagte Frau Winzig. „Dann kommt heute Nachmittag um vier Uhr vorbei.“

„Vier Pfoten”

Um Viertel vor vier betrat Minus mit Lucy die Schule „Vier Pfoten“.

„Hallo, Minus!“, rief Frau Urgestein, die mit ihrem Stegosaurus da war. Es war Stigi, Minus erkannte ihn wieder.

„Wo ist denn dein Haustier?“, fragte ein Junge.

Minus öffnete die Pfote. Der Junge lachte.

„Sieht eher aus wie eine Vorspeise für meinen Gorgo!“, rief er.

Neugierig schob sich Gorgo nach vorne. Das Wort „Vorspeise“ hatte ihn hungrig gemacht.

Das gefiel Lucy aber gar nicht.

Sie machte:

Erschrocken rannten alle davon: das Herrchen, die Frauchen und alle Haustiere.

Da kam Frau Winzig.

„Wo sind denn die anderen?“, fragte sie. „Gut, dass wenigstens ihr pünktlich seid.“

Frau Winzig war übrigens ein bisschen kurzsichtig.

Langsam kamen die anderen aus ihrem Versteck gekrochen und der Unterricht konnte beginnen.

Frau Winzig verteilte Süßigkeiten.

Gorgo bediente sich selbst.

Dann übte Frau Winzig mit allen „Komm“.

Und dann war Lucy an der Reihe.

„Das reicht!“ rief Frau Winzig. „Jetzt üben wir etwas, das keinen Lärm macht. Jetzt üben wir alle ‚Sitz‘!“

Gorgo gehorchte und setzte sich sanft auf den Schoß seines Herrchens.

Und dann war wieder Lucy dran ...

Frau Winzig war etwas blass geworden.

„Ich glaube, das reicht für heute. Morgen üben wir ‚Pfötchen geben‘ und sind dabei GANZ leise.“

Aber Lucy war nicht leise.

Später übten sie „Bei Fuß“.

Und Lucy war schon wieder nicht leise.

Langsam wurde es Frau Winzig zu viel.

Aber Lucy wurde es nicht zu viel.

Frau Winzig riss der Geduldsfaden.

„So geht das nicht weiter. Lucy muss die Schule verlassen!“

„Bitte, bitte nicht!“, rief Minus. „Wenn Lucy nicht lernt still zu sein, darf ich sie nicht behalten. Bitte geben Sie ihr noch eine letzte Chance!“

Die letzte Chance

Am nächsten Tag bekam Lucy ihre letzte Chance. Frau Winzig übte mit ihnen „Gib Laut“. Das würde Lucy bestimmt gefallen.

Als erstes kam Stirko an die Reihe.

Aber Lucy war viel lauter als er.

Jetzt wurde es Minus ganz mulmig. Wenn das so weiterging, würde Frau Winzig Lucy tatsächlich aus der Schule werfen.

Also gut! Beim nächsten Mal half Minus ein bisschen nach.

Und dann war Lucy an der Reihe. Vorsichtig gingen die anderen schon mal in Deckung.

„Gib Laut“, flüsterte Minus.

Aber Lucy schwieg.

„Gib Laut!“, sagte Minus noch einmal. Diesmal etwas lauter.

Lucy schwieg immer noch.

„GIB LAUT, LUCY!“, donnerte er.

Doch Lucy schwieg immer noch.

Es dauerte eine ganze Weile, bis Minus begriff. Alle Probleme waren gelöst! Durch Zufall hatten sie den Befehl gefunden, mit dem man Lucy zum Schweigen bringen konnte.

Minus strahlte. Auch die anderen nahmen jetzt die Finger aus den Ohren und kamen näher. Alle freuten sich sehr.

Am nächsten Tag gab es eine schöne Abschlussfeier in der Tierschule. Mama und Papa Drei waren ganz stolz auf Minus und Lucy, als sie ihre Urkunde bekamen.

Darin stand:

Lucy hat ihre Aufgaben überwiegend gut erledigt. Sie kann jetzt sogar manchmal still sein.

Und so war es auch. Ab jetzt musste Minus nur „Gib Laut“ sagen und Lucy war sofort still. Mama und Papa waren sehr zufrieden.

Aber am zufriedensten war Minus, denn er durfte Lucy behalten.

Natürlich hörte Lucy nicht auf, Geräusche zu machen. Manchmal erlaubte es Minus sogar. Zum Beispiel wenn sie Gewitter spielten.

Und dann passierte eines Tages etwas Überraschendes.

Minus und Lucy gingen gerade am Haus von Frau Meso vorbei. Da horchte Lucy auf.

Frau Meso summte ein Liedchen. Lucy lauschte. Und dann summte sie mit. Sie summte und sang, bis sie nach Hause kamen.

„Gib Laut“, sagte Minus, als sie eintraten.

„Was summt deine kleine Lucy denn da?“, rief Mama.

„Ein Lied!“, sagte Minus.

„Das ist aber sehr schön“, sagte Mama.

„Bitte Lucy, summ das noch mal.“

Und Lucy summte.

Ab jetzt summte sie, wenn Mama und Papa Hausarbeit machten. Dann summten und sangen sie alle zusammen.

Minus ging nun öfters mit Lucy vor Frau Mesos Haus spazieren.

Dabei lernte Lucy noch viele neue Lieder.

Und weil Lucy eine so schöne Stimme hatte, sprach es sich schnell herum, und bald wollten alle Lucy summen und singen hören …

Ute Krause, 1960 geboren, wuchs in der Türkei, Nigeria, Indien und den USA auf. An der Berliner Kunsthochschule studierte sie Visuelle Kommunikation, in München Film und Fernsehspiel. Sie ist als Schrift­stellerin und Illustratorin erfolgreich. Ihre Bilder- und Kinderbücher wurden in viele Sprachen übersetzt und für das Fernsehen verfilmt. Ute Krause wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. von der Stiftung Buchkunst, und für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.