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ie Wachen führten Milton tiefer ins Gefängnis.
Sie kamen durch die äußere Tür des Verwaltungstrakts und folgten einem dämmerigen Flur, der in das nächste Gebäude führte. In regelmäßigen Abständen mussten sie Gittertüren durchqueren, die die Wachen mit einem Schlüssel an ihrem Gürtel öffneten. Milton schaute sich um: Alles, was er sah, erinnerte ihn an seine verlorene Freiheit: die Gitter, die mit dicken Riegeln verschlossenen Tore zu beiden Seiten, die Wachen mit ihren khakifarbenen Uniformen und Schirmmützen, einer Waffe im Holster und Schlagstöcken, die in Schlaufen von ihren Gürteln hingen.
Sie erreichten das dritte Gitter, und diesmal mussten die Wachen in eine kleine Gegensprechanlage reden, statt es einfach aufzuschließen. Milton entdeckte eine Kamera über sich, deren glänzend schwarzes Auge ihn fixierte. Die Wachen unterhielten sich kurz, doch er verstand kein Wort abgesehen von der Erwähnung des Namens „Smith“. Kurz darauf ertönte ein Summen, und die Tür ließ sich öffnen. Die Wachen traten beiseite und bedeuteten Milton, dass er hindurchgehen sollte.
Der neue Raum wirkte, als sei er der letzte vor dem Hauptkomplex. Eine Wache in derselben Uniform wie alle anderen saß hinter einem Pult, auf dem ein Klemmbrett voller Zettel lag. Der Mann erinnerte Milton an einen Maître d’, der die Gäste in einem Restaurant in Empfang nahm, auch wenn der Vergleich in dieser Situation etwas grotesk wirkte.
Der Mann nahm die Überführungspapiere von einer der Wachen entgegen, die Milton begleiteten, und nahm ihn damit in seine Obhut. Er warf einen Blick auf die Unterlagen und gab einige Details in den Computer ein, der auf einem kleinen Tisch neben dem Pult stand. Sobald er fertig war, bedeutete er den Wachen, dass sie Milton um das Pult herumbringen sollten. Er nahm Miltons rechte Hand, drückte seine Finger auf ein Stempelkissen und übertrug seine Abdrücke dann auf einen Papierstreifen, der in seiner Akte in den Tiefen der Gefängnisbürokratie landen würde.
Er wurde an die Wand geschoben und bekam ein Stück schwarze Pappe in die Hände gedrückt, das er sich vor die Brust hielt. Darauf stand eine Reihe aus Ziffern und Buchstaben: 13653-S.
„Das ist dein Name. Nicht Smith. Du bist 13653. Verstanden?“
„Ich habe verstanden“, sagte Milton.
Die Wache deutete mit dem Kinn auf die Tür hinter ihm, die jemand von der anderen Seite geöffnet hatte.
Milton ging hindurch.
Auch hinter dieser
Tür nahm ein Wachmann Milton in Empfang. Er war so übergewichtig, dass sein straffer Bauch die Knöpfe des khakifarbenen Hemdes herausdrückte. Er war in Schweiß gebadet, unter den Achseln hatte er dunkle Halbmonde, sein Gesicht glänzte und Tropfen sammelten sich in den Härchen seines Schnurrbarts.
„Willkommen in New Bilibid, 13653.“ Der Mann lachte, als hielte er dies für einen besonders gelungenen Witz. „Woher kommst du?“
„London.“
„Und du bist ein Mörder.“
Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Milton erwiderte nichts.
„Du hast eine Frau ermordet. Bete lieber dafür, dass das hier niemand erfährt.“
Der Flur war dunkel, und es dauerte eine Weile, bis Miltons Augen sich darauf eingestellt hatten. Es waren noch andere Männer anwesend: eine Wache, die Hand auf dem Griff der Pistole, ein Insasse, der ein Wägelchen herumschob, auf dem sich ein Eimer, ein Wischmopp und andere Reinigungsutensilien befanden. Ein zweiter Insasse hockte auf den Knien, dicht über den Boden gebeugt, um ihn mit Seifenwasser und einer Bürste abzuschrubben. Der Insasse – Milton sah erst jetzt, dass es sich im Grunde noch um ein Kind handelte – sprang auf die Füße und stand stocksteif, als Milton und die Wache sich näherten.
„Du bist ein schönes Leben in London gewohnt, was? Saubere Kleidung? Ein weiches Bett? Gutes Essen, edle Getränke? Richtig?“
Milton ging weiter.
Der Mann drehte den Kopf zur Seite und spuckte an die Wand. „So etwas wirst du hier nicht finden. Es ist dreckig, es stinkt, und die Männer hier drin werden dich töten, wenn du nicht aufpasst.“
Kurz darauf kamen sie an einer Gruppe von vier Häftlingen vorbei, die nach einer Geste der Wache in die Hocke gingen und sich mit dem Rücken an die Wand drängten, den Kopf in einer Geste der Unterwürfigkeit gesenkt.
„Du wirst bald vor Gericht kommen. Und wenn du dann verurteilt wurdest, wirst du hier deine Strafe absitzen. Wenn du Glück hast, kommst du in den Raum, in dem wir die Spritzen verabreichen. Du solltest für diese Strafe beten. Lebenslang hier drin – falls du das bekommst, wird es im Vergleich dazu wirklich schlimm werden.“
Sie erreichten die Tür am Ende des Gangs. Die Wache klopfte mit den Knöcheln dagegen und trat einen Schritt zurück, als sie von der anderen Seite entriegelt und aufgezogen wurde. Milton blinzelte, als ihn grelles Licht traf. Er hatte erwartet, dass seine Zelle im Hauptgebäude liegen würde, doch da hatte er sich geirrt. Der Gang führte auf einen großen Hof mit einem Gitterwerk aus Maschendrahtabsperrungen, die ihn in einzelne Sektionen teilten. Der Boden war nackt, die Erde so lange in der Sonne getrocknet, dass sie hart wie Beton war.
Die Wache brachte Milton zu einem Gebäude, das mit einem Schild als Haus Nummer eins markiert war. Es war länglich, über mehrere Stockwerke hoch und rechteckig. Der Eingang lag auf halber Höhe der langen Seite, und als sie zwischen zwei Maschendrahtwänden hindurch darauf zugingen, zählte Milton zwanzig Fenster. Jedes war sehr schmal und so schmutzig, dass man kaum hindurchsehen konnte. Gitter befanden sich vor den dunklen Öffnungen, und eine zusätzliche Lage Drahtgitter machte sie noch sicherer und, vermutete Milton, noch weniger lichtdurchlässig.
Er hörte ein lautes metallisches Klirren und wie jemand Befehle bellte. Als er sich zum Hof umdrehte, sah Milton eine Gruppe von fünfzig oder sechzig Gefangenen, die in die Mitte des Geländes getrieben wurden. Sie waren alle aneinandergekettet, jeder mit Fußfesseln, die ihn mit seinem Vorder- und Hintermann verbanden. Die Häftlinge trugen ausgeblichene orangefarbene Shorts und kein Hemd. Ihre Haut war der sengenden Sonne schutzlos ausgeliefert, die Schädel waren rasiert und die Haut schweißnass. Die Truppe wurde von einer Gruppe Wachen herumgescheucht; die Männer hielten ihre Schlagstöcke in der Hand, damit sie gelegentlichen Nachzüglern Beine machen konnten und den anderen jeden Gedanken an Widerstand sofort austrieben.
„Siehst du die?“, fragte die Wache. „Das sind castigados
. Sie haben die Gefängnisregeln gebrochen. Vielleicht etwas reingeschmuggelt oder gespielt, versucht zu fliehen oder widernatürlichen Sex gehabt. Sie werden bestraft.“
„Wie werden sie bestraft?“
„Harte Arbeit. Sie müssen Steine klopfen. Sie arbeiten in der Sonne, bis sie zusammenbrechen, und kommen dann in Isolation. Und das wiederholen wir so lange, bis sie eingestehen, dass die Regeln befolgt werden müssen. Verstanden?“
„Ja“, sagte Milton.
Die Wachen brachten die Gruppe zum Stehen und umkreisten die Gefangenen, während sie sie untersuchten. Einer der Insassen weigerte sich, auf eine Frage zu antworten, die der Wachbeamte ihm gestellt hatte. Die Wache zog ihren Stock aus der Schlaufe und schlug dem Mann mit einer kräftigen Handbewegung gegen die Schienbeine. Der Gefangene sah auf und spuckte der Wache vor die Füße. Der Wachbeamte stieß einen Ruf aus, und zwei seiner Kollegen kamen mit gezückten Schlagstöcken herbeigelaufen. Die drei Männer droschen wieder und wieder auf den Gefangenen ein, trafen seine Beine, den Oberkörper, die Schultern und Arme, als er versuchte, seinen Kopf zu schützen. Der Gefangene sank auf die Knie, aber das Zeichen von Schwäche schien seine Peiniger nur noch mehr zu motivieren, und sie schlugen immer weiter auf ihn ein, bis er mit dem Gesicht im Staub lag und Blut aus einer großen Platzwunde am Schädel floss.
„Los, rein“, sagte die Wache zu Milton.
Der Eingang von Haus Nummer eins war eine breite Öffnung in der Wand. Es gab zwei Türen hintereinander, die auf Schienen zur Seite weggezogen werden konnten. Die erste Tür bestand aus zwei massiven Stahlteilen, die zweite aus zwei Reihen Eisenstäbe. Beide waren halb aufgezogen worden, damit sie hindurchgehen konnten. Vor den Türen saß eine Wache zusammengesunken auf einem Plastikstuhl. Der Beamte starrte Milton mürrisch an, als er hineingestoßen wurde.
Hinter dem Eingang lag ein sechseckiger Bereich, von dem ebenso viele Flure abgingen. Eine Treppe führte zum ersten Stock hinauf zu einem nach links und rechts verlaufenden Gang, der, wie Milton vermutete, der Hauptzugang zu den Zellen sein musste. Er wurde in beide Richtungen von Eisentüren versperrt, die mit Vorhängeschlössern gesichert waren. Im Halbdunkel stand ein Tisch, an dem zwei Wachen saßen, die in ein Brettspiel vertieft waren, das Milton noch nie zuvor gesehen hatte. Keiner von ihnen schenkte ihm die geringste Beachtung, als Miltons Wache ihn zu der Tür rechts von ihnen führte.
Sie war unverschlossen, und Milton trat hindurch.
Der Flur war aus nackten Betonblöcken gebaut worden und führte in einen weiträumigen Bereich, in dessen Mitte eine nach oben führende Treppe errichtet worden war. Milton blickte hinauf. Die Treppen führten bis zur vierten Etage hoch über ihnen. In jedem Stock gab es einen Absatz, und jeder Absatz führte zu einem offenen Gang voller Zellen. Milton betrachtete die Zellen im Erdgeschoss. Links und rechts von ihm waren Türen aus stabilen Metallstangen, zwischen denen Drahtgitter gespannt waren. Es gab einen offenen Vorraum, in dem eine weitere Gruppe von Wachen sie erwartete. Die Männer führten ein kurzes Gespräch, und einer der Wachleute stand von seinem Plastik-Klappstuhl auf und nahm einen großen Schlüsselring von einem Wandhaken. Er ging voraus zu den Treppen und stieg dann zum zweiten Stock hinauf. Milton wurde den offenen Gang entlanggeschubst, bis er eine Zelle auf der rechten Seite erreichte. Die Wache entriegelte mit einem Schlüssel die Tür und zog sie auf.
Dann trat der Beamte beiseite. Milton wehrte sich nicht. Er spürte einen harten Stoß im Rücken und stolperte durch die Tür in die Dunkelheit dahinter.