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M ilton und Hicks fuhren in die Stadt zurück, nachdem sie die Leiche vergraben hatten. Sie zündeten den gestohlenen Van an, zogen sich um und nahmen für den restlichen Weg zum Flughafen ein Taxi. Ziggy wartete im Starbucks auf sie.
„Alles gut gelaufen?“, fragte er.
„Es ist erledigt.“
„Was ist passiert?“
„Das ist unwichtig. Was ist mit der Polizei?“
„Ich habe den Funk abgehört. Josie hat euch fünf Minuten Vorsprung gegeben und es dann gemeldet. Sie hat angegeben, den Van nicht gut gesehen zu haben. Es läuft eine Fahndung, aber ohne jede Chance, euch rechtzeitig zu finden.“
„Und die andere Sache?“
Ziggy nahm einen Schluck Kaffee und nickte. „Sie haben die Leichen in Tondo identifiziert. Bruno Mendoza war einfach – das Auto war auf ihn angemeldet, und sie haben seine Zähne mit den Unterlagen abgeglichen. Die zweite Leiche wurde als John Smith identifiziert, ein kürzlich aus Bilibid entflohener Sträfling. Sie haben die Waffe mit Fingerabdrücken darauf gefunden und diese mit deinen abgeglichen, die sie dir bei deiner Verhaftung abgenommen haben. Hundertprozentig bestätigen können sie es nicht, aber die Indizien sprechen eine deutliche Sprache. Was die örtliche Polizei betrifft, ist John Smith tot, sie suchen jetzt nach jemandem, der ihn und Mendoza erschossen hat.
„Gut“, sagte er.
„Glaubst du, das wird reichen?“
„Ich bezweifle, dass sie irgendetwas haben, das ihnen dabei hilft, die Leiche als die von Logan zu identifizieren. Selbst wenn es ihnen gelingt, seine Fingerabdrücke zu bekommen, würde es mich wundern, wenn seine Abdrücke irgendwo registriert wären. Und ich habe eine Idee, wie wir die Sache noch besser absichern können.“
Hicks rieb sich die Augen. Keiner von ihnen hatte viel Schlaf bekommen.
Milton griff in seine Tasche und holte Hicks’ Ehering heraus. „Hier“, sagte er. „Vergiss den lieber nicht.“
Hicks nahm den Ring und steckte ihn sich wieder an den Finger. „Danke.“
Ziggy sah zur Abflugtafel hoch. „Wir checken besser ein. Der Flug geht in einer Stunde.“
„Ich danke euch“, sagte Milton. „Euch beiden. Ohne euch säße ich noch immer im Gefängnis.“
„Du wärst schon tot“, verbesserte ihn Hicks.
Milton nickte. „Ja, das ist wahrscheinlicher“, stimmte er zu. „Aber ich meine es ernst. Ich bin euch dankbar. Wirklich.“
„Vergiss es.“
Milton streckte die Hand aus und schüttelte erst Ziggys und dann die von Hicks.
„Was tust du jetzt?“, wollte Hicks wissen.
„Es gibt ein paar Leute, die ich besuchen muss“, sagte er.
„Und dann?“
„Das weiß ich noch nicht.“
Milton verabredete sich mit Josie in einem Café in der Nähe des Napindan Castle Hotels, in dem sie wohnte. Er traf vor ihr ein, stellte die Ledertasche, die er aus Mendozas Villa mitgenommen hatte, auf den Boden unter einem freien Tisch und ging sich dann etwas zu essen holen. Es gab ein Frühstücksbuffet, an dem er sich eine großzügige Portion Tocilog auffüllte. Er hatte nichts mehr gegessen, seit Ziggy und er sich am Abend zuvor die Sandwiches geteilt hatten, und die Schalen mit süßem Schweinefleisch, Eiern und gebratenem Reis dufteten zu appetitlich, um ihnen zu widerstehen. Er leerte seinen Teller zügig, und als er aufstand, um sich eine zweite Portion zu holen, entdeckte er Josie, die am Eingang stand und nach ihm Ausschau hielt.
Er winkte sie zu sich.
Sie hatte ihre Tasche in der linken Hand und ihre Krücke in der rechten, als sie auf ihn zuhumpelte, stellte dann die Tasche auf den Boden neben den Tisch und setzte sich. „Und?“
„Es ist erledigt.“
„Wo?“
„Wir haben ihn begraben. Niemand wird ihn finden.“
Sie wandte sich ab und biss sich auf die Lippe.
Er verspürte den Drang, sich zu rechtfertigen. „Es gab keine Alternative.“
Als sie ihn wieder ansah, war ihr Blick eiskalt. „Es tut mir nicht leid“, sagte sie. „Er hat bekommen, was er verdient hat.“
Milton wusste, dass sie lange darum gekämpft hatte, das Richtige zu tun, und seine Neuigkeit – das sichere Wissen, dass sie den Mord an de Lacey ermöglicht hatte – war der Beweis dafür, dass es ihr nicht gelungen war. Sie war wütend auf sich selbst, nicht auf ihn. Sie hatte den Vorhang zur Seite gezogen und gesehen, wie die Welt funktionierte.
„Es ist meine Schuld“, sagte sie, als hätte sie seine Gedanken gelesen. „De Lacey hat mich naiv genannt. Offenbar hatte er recht.“
Sie legte eine Hand auf ihr verwundetes Bein.
„Was ist mit Ihnen?“, fragte Milton. „Was ist hinterher passiert?“
„Nachdem Sie ihn mitgenommen haben? Sie haben uns auf die Wache gebracht und befragt. Aber Carlos hat meine Version bestätigt: der Unfall, Sie beide, die de Lacey entführt und mitgenommen haben. Unsere Geschichten stimmten überein, und sie haben gesagt, dass sie uns glauben. Was sollten sie auch sonst sagen?“
„Und dann?“
„Sie haben im ganzen Bezirk nach Ihnen gesucht. Ich sagte ihnen, dass ich den Van nicht gut hatte sehen können, aber es gab Augenzeugen, die eine recht gute Beschreibung abgaben. Wo ist der Wagen jetzt?“
„Verbrannt.“
Milton bemerkte, dass sie zur Tür schaute. Dort stand eine ältere Frau, die Josie erstaunlich ähnlich sah und einen kleinen Jungen an der Hand hielt.
„Mama!“, rief Josie und winkte ihr zu.
Die Frau drehte sich um. Auch der Junge wandte sich ihr zu, und als er Josie sah, riss er sich los und flitzte so schnell er konnte zu ihrem Tisch.
Josie schloss ihn in die Arme und verzog das Gesicht, als er gegen ihr Bein stieß. Dann ließ sie ihn langsam wieder los.
Die ältere Frau hatte ihren Tisch ebenfalls erreicht und warf einen Blick auf Josies ausgestrecktes Bein und die Krücke. Erschrocken schlug sie die Hand vor den Mund. Josie mühte sich auf die Beine und umarmte sie, bevor sie in ernstem Ton mit ihr sprach. Milton verstand kein Wort, erkannte aber, dass sie ihr versicherte, dass alles halb so schlimm sei. Der Junge entdeckte die Krücke ebenfalls, und auch auf ihn redete Josie beruhigend ein.
Die drei beendeten ihr Gespräch. „Sie haben mich nicht mehr gesehen, seit ich angeschossen wurde“, erklärte sie. „Ich bin nicht mehr zu Hause gewesen und hielt es für besser, ihnen am Telefon nichts davon zu erzählen. Sie hätten sich nur Sorgen gemacht.“
„Wissen sie, wer ich bin?“
„Nein.“ Sie deutete auf Milton und erzählte wieder etwas auf Filipino. Milton hörte seinen Namen am Satzende und wandte sich an Josies Mutter. „Hallo“, sagte er.
Die Frau musterte ihn mit unverhohlenem Misstrauen.
Josie sprach erneut mit ihr. „Meine Mutter hat einen starken Beschützerinstinkt. Sie wollte nicht unhöflich sein.“
„Ist schon in Ordnung“, sagte Milton. „Ich wäre auch misstrauisch.“ Er wandte sich dem Jungen zu. „Und das ist Ihr Sohn?“
Der Junge sah ihn verschüchtert an und blickte dann zwischen ihm und seiner Mutter hin und her, wobei er dasselbe Misstrauen wie seine Großmutter an den Tag legte.
„Angelo“, schalt ihn Josie liebevoll, „sag hallo.“
„Hallo.“
Milton hatte noch nie einen guten Draht zu Kindern gehabt. „Hallo“, sagte er. „Wie geht es dir?“
Der Junge zuckte mit den Achseln.
„Er ist schüchtern“, sagte Josie entschuldigend. „Aber er spricht schon recht gut Englisch.“
„Stimmt das?“, fragte Milton den Jungen.
„Mama sagt das“, antwortete Angelo leise. „Bist du ihr Freund?“
„Ja, bin ich.“
„Sie wurde beschossen“, sagte er mit großen Augen.
Milton lächelte.
„Mama“, sagte Josie und sprach dann auf Filipino weiter.
Die ältere Frau nickte, nahm den Jungen an der Hand und führte ihn vom Tisch weg.
„Ich habe sie gebeten, uns einen Augenblick allein zu lassen“, erklärte Josie.
Milton stand auf. „Ist schon in Ordnung. Ich werde gehen. Sie sollten bei den beiden sein. Ich möchte nicht stören.“
Sie ignorierte ihn. „Sie haben gefragt, was ich gestern nach dem Überfall getan habe. Ich war noch nicht fertig. Ich habe Dalisay im Krankenhaus besucht. Er kommt durch. Einen Zentimeter weiter links oder rechts und er wäre jetzt tot, so wie ich hätte tot sein können. Wir hatten beide Glück. Ich habe mit ihm gesprochen, und er hat mir bei einer Entscheidung geholfen. Also bin ich zurück an meinen Schreibtisch, habe meine Kündigung verfasst und abgeschickt. Ich bin raus.“
Milton hörte zu, und als sie fertig war, legte er seine Hand auf ihre.
„Das kann ich Ihnen nicht verübeln. Ich hätte dasselbe getan.“
Sie zog ihre Hand weg. „Prinzipien sind gut und schön, aber jetzt muss ich Essen auf den Tisch bekommen. Haben Sie irgendwelche Vorschläge?“
„Vielleicht“, sagte er.
„Ich bin gespannt.“
„Vorher gibt es noch eine letzte Sache, die Sie für mich tun können.“
„Was?“
„Man hat Logans Leiche identifiziert und glaubt, dass ich es bin.“
„Und Sie wollen, dass man das glaubt?“
„Ja. Ich habe meine Fingerabdrücke auf der Waffe am Tatort zurückgelassen. Sie passen zu denen, die Sie mir bei meiner Verhaftung abgenommen haben.“
„Ich soll also behaupten, dass ich gesehen habe, wie Sie erschossen wurden? Ein Unbekannter hat erst Sie und Mendoza erschossen und mich dann am Bein erwischt.“
„Könnten Sie das tun?“
„Natürlich. Was macht jetzt noch eine weitere Lüge? Ich stecke schon bis zum Hals in einem Berg davon.“
„Als ich mit Mendoza im Auto nach Tondo gefahren bin, habe ich ihn die Schnellstraße nehmen lassen. Funktionieren die Kameras an den Mautstellen?“
„Für gewöhnlich schon.“
„Wenn Sie die Aufnahmen überprüfen, werden Sie sein Auto finden. Ich habe in die Kamera gesehen. Wir waren auf der zweiten Spur von rechts. Sie können die Aufnahmen mit den Fotos von mir abgleichen und so beweisen, dass ich im Auto saß. Ich glaube nicht, dass Sie noch mehr brauchen.“
Sie nickte. „Okay. Ich werde es tun.“
„Vielen Dank.“
Milton nahm die Ledertasche vom Boden und reichte sie ihr. „Sie fragten, ob ich helfen könne. Das kann ich. Hier.“
Sie zog den Reißverschluss der Tasche auf. Ihr Unterkiefer klappte herunter, als sie hineinschaute. Milton konnte die dicken Geldscheinbündel sehen.
„Was ist das?“
„Ich dachte, Sie …“
„Woher haben Sie das?“
„Von Mendoza. Ich habe es unter den Dielen seiner Villa gefunden.“
Sie zog den Reißverschluss wieder zu und stellte die Tasche auf den Tisch. „Nein.“
„Sie sagten es selbst: Sie werden Geld brauchen.“
„Aber kein schmutziges.“
„Es ist nur Geld. Woher es kommt, ist völlig irrelevant.“
„Ist es nicht.“
„Behalten Sie es. Spenden Sie es. Machen Sie damit, was auch immer Sie wollen. Es gehört Ihnen.“
Sie starrte die Tasche an. Milton sah, dass sie es in Erwägung zog. Er hatte eine gute Vorstellung davon, welche Gedanken in ihr miteinander rangen: Sie wog ihre Integrität, die ihr sehr wichtig war, gegen die Notwendigkeit ab, ihren Sohn ohne ein geregeltes Einkommen zu versorgen.
„Danke“, sagte sie schließlich.
„Das war das Mindeste, was ich tun konnte.“
Er hielt ihr seine Hand hin, und sie schüttelte sie.
„Passen Sie auf sich auf, John.“
„Sie auch.“
Er wollte gerade gehen, als sie sich an die Stirn fasste. „Warten Sie“, sagte sie. „Ich hätte es beinahe vergessen. Ich habe Ihnen auch etwas mitgebracht.“
Ungeschickt griff sie nach unten und hob ihre Tasche vom Boden auf. Sie stellte sie auf den Tisch und schob sie zu Milton hinüber, der sie öffnete und hineingriff. Darin befanden sich die Dinge, die er bei seiner Verhaftung bei sich gehabt hatte.
Dazu gehörte auch seine Ausgabe des Blauen Buchs. Er blätterte durch die Seiten.
„Ich habe das aus der Asservatenkammer geholt“, sagte sie. „Ich dachte, Sie möchten es zurückhaben.“
„Ja, sehr gerne. Vielen Dank.“
Er sah die gelben Markerspuren an den Stellen, die ihm besonders viel bedeuteten. Sie erinnerten ihn daran, dass er zu einem Meeting gehen musste.
„Was werden Sie jetzt tun?“, wollte Josie wissen.
„Das habe ich noch nicht entschieden. Ich brauche etwas Zeit zum Nachdenken.“
„Dann auf Wiedersehen, Milton.“
„Viel Glück.“
Die alte Frau und der Junge warteten an der Straße vor dem Café. Milton blieb vor dem Jungen stehen und ging in die Hocke. „Deine Mutter ist sehr mutig“, sagte er. „Du musst gut auf sie aufpassen.“
Milton wusste nicht, ob der Junge ihn verstand, aber er streckte plötzlich den Rücken ein wenig mehr durch und nickte ernst. „Mach ich“, sagte er.
Milton lächelte ihn an und schüttelte seine kleine Hand.
Dann richtete er sich auf, verabschiedete sich von Josies Mutter und ging zurück zu seinem Auto.