Kapitel 13
Pixie
Glocken, Hochzeit, Weihnachten, Hochzeitssuite, Schmuck
Das Ende des Semesters war schneller gekommen, als ich darauf vorbereitet gewesen war. An diesem Tag würden Zac und ich bereits zu seiner Familie fahren. Momentan stand ich mit einer kleinen Reisetasche vor dem Verbindungshaus, wartete darauf, dass er mich abholte, und fragte mich, was zum Teufel ich mir dabei gedacht hatte, der Wette je zuzustimmen.
Pixie: Bin ich wahnsinnig? , fragte ich in die Chatgruppe von Bailey, Jamie, Lea und mir. Natürlich hatte ich ihnen von allem berichtet, was passiert war … hatte nur die Tatsache ausgelassen, dass ich glaubte, mich Hals über Kopf zu verlieben, auch wenn ich mir geschworen hatte, dies nie zu tun. Als Kind hatte ich immer gedacht, mein Vater sei liebes-, nicht alkoholkrank, schließlich hatte die Trauer um meine Mutter zu seinem Zustand geführt. Ich hatte nie so enden und mich nie wieder so verlassen fühlen wollen wie in dem Moment, als ich begriff, dass ich mit meiner Mom auch meinen Dad verloren hatte.
Du bist es wert.
Zacs Worte geisterten schon die ganze Zeit in meinem Kopf herum, seit er mich mit zu meinem Vater begleitet hatte. Ob er wusste, dass er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte? Denn genau so hatte es sich immer angefühlt – als wäre ich nicht wichtig genug gewesen, damit mein Vater für mich kämpfte.
Nur zu gern spielte ich Selbstvertrauen vor, tat so, als berührte mich nichts, aber im Grunde sehnte ich mich nur danach … anzukommen, es wert zu sein, geliebt, anstatt verlassen zu werden.
Bailey: Wahnsinnig, weil du mit dem sexy Eishockeystar in den Weihnachtsurlaub fährst? Nö. Genieß es!
Jamie: Frohe, sexy … äh besinnliche Weihnachten!
Lea: Und berichte uns. Alles.
Als ich die Antworten meiner Freundinnen las, lächelte ich in meinen Schal hinein, und mir wurde klar, dass ich mit ihnen meine eigene, verrückte, perfekte Familie gefunden hatte. In unserem Fall war Wasser dicker als Blut oder so ähnlich. Und ging es bei Weihnachten nicht genau darum? Liebe, Familie, Geborgenheit?
Während Schneeflocken auf mein Haupt purzelten, spürte ich, wie sich Wärme in meinem Innern ausbreitete. Pixie: Ihr seid die Besten. ♥ , tippte ich in mein Handy, bevor ich es zurück in die Tasche meines schwarzen Wollmantels steckte.
Kurz darauf sah ich in der Ferne die Umrisse eines Geländewagens, sodass ich meine Tasche schulterte. Sobald Zac vor mir hielt, öffnete ich die Tür zum Rücksitz, schmiss meine Tasche hinein, danach stieg ich neben ihm ein und setzte mich auf den Beifahrersitz.
„Ich hätte dir geholfen …“, murmelte er, wobei er etwas überrumpelt klang. Zugegebenermaßen hatte ich ihm keinerlei Zeit gelassen, mir zur Hand zu gehen, aber es war einfach so verdammt kalt, ich hatte so schnell ins warme Auto gewollt wie nur irgend möglich.
„Danke, aber eine Sekunde länger da draußen und mir wäre der Arsch abgefroren.“
„Na, das wäre aber eine Schande.“ Mein Herz setzte einen Schlag aus, als er sich zu mir beugte und mich mit einem Kuss begrüßte. „Deinen Hintern kann ich gut leiden“, murmelte er an meinen Lippen.
„Du solltest dich manchmal hören!“ Kichernd ließ ich meinen Kopf zurück gegen den Sitz fallen.
Grinsend wandte er sich wieder nach vorn und schaltete auf Drive , sodass wir uns in Bewegung setzten. „Ich habe Snacks für die Fahrt.“ Per Kopfnicken deutete er auf das Armaturenbrett, erst da bemerkte ich die bunt bedruckte Pappschachtel von Dunkin’ Donuts . Innerlich schmolz ich zu einer bemitleidenswerten Pfütze, doch mit den kleinen Aufmerksamkeiten zeigte er mir, dass es ihn kümmerte, wie es mir ging. Mein Herz schlug beinahe Purzelbäume, gleichzeitig knurrte mein Magen bei dem herrlichen Duft des zuckrigen Gebäcks.
„Hast du noch nicht zu Mittag gegessen? Sollen wir schnell in einen Drive-in?“ Seinen sorgenvollen Blick saugte ich geradezu auf. Diese verfluchte Sehnsucht.
„Hab es vergessen“, murmelte ich, dabei war ich in Wahrheit zu aufgeregt gewesen, um auch nur einen Happen hinunterzubekommen. Das war mir noch nie passiert! Normalerweise konnte ich essen bis zum Umfallen, egal in welcher Situation. War wie ein Wolf, der sich einen Puffer für schlechte Tage anfraß, man konnte schließlich nie wissen. Dad hatte oft vergessen einzukaufen, das Geld war knapp gewesen, und manchmal hatte er es für Alkohol ausgegeben statt für Lebensmittel.
„Mir reichen die Donuts.“
„Aber mit dem Weihnachtsverkehr werden wir vermutlich fünf statt vier Stunden brauchen.“ Seine Stirn legte sich in Falten, sein dunkelblondes Haar war an den Seiten kürzer als oben, sodass ihm ein paar Strähnen in die Stirn fielen. Seine Kieferlinie war markant, erst recht in diesem Moment, während er die Zähne zusammenbiss. Aus dem Profil erkannte ich, dass er sich seine Nase schon einmal gebrochen haben musste; ein paar kleinere Narben fanden sich auf seinen Zügen – Eishockey war nun mal ein sehr körperbetonter Sport –, in meinen Augen ließen sie ihn jedoch nur männlicher aussehen.
Weil ich mich dabei erwischte, ihn anzustarren, schnappte ich mir schnell die Packung Donuts vom Armaturenbrett, um einen Blick hineinzuwerfen.
„Das sind zwölf Donuts – das wird uns für die paar Stunden reichen.“ Lachend schüttelte ich den Kopf über ihn. Er war fürsorglich. Wie sehr hatte ich mich zu Beginn nur von meinen Vorurteilen täuschen lassen? Zac Goldwin war ganz anders, als ich ursprünglich gedacht hatte.
„Na ja, dein Magen scheint ein schwarzes Loch zu sein“, gab er schmunzelnd zu bedenken, seine tiefe Stimme vibrierte auf wunderbare Weise durch mich hindurch, sodass sich ein Kribbeln auf meiner Haut ausbreitete. Dennoch boxte ich ihn gegen die Schulter.
„Wie kann ein so kleiner Mensch wie du nur so viel essen?“, neckte er mich weiter, lachte nur, als ich ihn noch einmal boxte.
„Ich könnte dir jetzt die Dichte von Donuts berechnen und dir beweisen, dass sechs Donuts echt nicht viel ist.“
„Ha!“ Bellend vor Lachen schüttelte er den Kopf. Und ich? Grinsend sah ich zu ihm auf, freute mich plötzlich auf die gemeinsamen Tage, die uns bevorstanden. Es gab keinen Grund, Angst zu haben, bei Zac fühlte sich die Welt heil an. Plötzlich fiel die Aufregung von mir ab, langsam atmete ich aus und lehnte mich entspannt in dem Sitz zurück.
„Meinst du, deine Eltern werden mich mögen?“
Zac lachte schon wieder. „Oh, sie werden dich lieben!“
Was sollte das denn heißen?
Zacs Elternhaus befand sich in einer der perfekt gepflegten Vorstädte von Boston, es war klar, wer hier lebte: reiche Familien, der Vater arbeitete in der Stadt, die Mutter spielte die perfekte Vorzeigeehefrau, war im Vorstand verschiedener Wohltätigkeitsorganisationen und eine Nanny kümmerte sich um die Kinder … Und ich war zugegebenermaßen ziemlich zynisch. Als Kind hatte ich immer von einem dieser perfekten Häuser geträumt, in dem alle glücklich waren, wie es uns im Fernsehen eben vorgespielt wurde. Schon bald hatte ich gelernt, dass sich dieser Traum nie erfüllen würde, vielleicht hatte ich deswegen eine Abneigung gegen derartige Bilderbuch-Gegenden entwickelt.
Vorsichtig sah ich mich in der Nachbarschaft um, in der Zac groß geworden war, und verzog das Gesicht. Wir kamen aus zwei gänzlich verschiedenen Welten – wie Spock und Uhura aus Star Trek .
„Wir beißen nicht.“
Bei seinen Worten sah ich mich ruckartig zu Zac um, offenbar hatte er meinen Blick bemerkt. Er zwinkerte mir zu, bevor er ausstieg, um den Wagen herumkam und die Beifahrertür öffnete. Nachdem ich mich abgeschnallt hatte, wollte ich gerade aussteigen, da packte er mich an der Taille und hob mich heraus. Vor Schreck sog ich scharf die Luft ein, doch da stellte er mich bereits auf dem Boden ab.
„So klein, dass ich nicht allein aus dem Auto aussteigen kann, bin ich nun wirklich nicht“, grummelte ich. „Meine Stiefel sind im Übrigen auch total gut dazu geeignet, jemandem gegen das Schienbein zu treten, wenn dieser jemand mich ärgert.“
„Notiert“, sagte er lediglich in unbekümmertem Ton, holte meine Reisetasche von der Rückbank und seine eigene aus dem Kofferraum. Beide schulterte er, als wögen sie nichts, dabei hatte ich sowohl meinen Uralt-Schlepptop … äh, Laptop, als auch zwei dicke Physikbücher dabei. Mit einer Hand griff er nach meiner und zog mich die Einfahrt seiner Eltern hinauf. Es war das einzige Haus in der Straße, dessen Vorgarten nicht von lächerlich vielen Weihnachtsdekorationen überfüllt war. Ein paar Lichterketten hingen an den Fenstern und über der großen Tanne neben dem Haus. Draußen war es bereits dunkel, sodass ein wunderschönes Glitzern auf der frischen Schneedecke entstand.
„Sag mir nicht, dass es bei euch einen Wettbewerb für die schönsten Weihnachtsdekos gibt?“
„Du meinst wie in kitschigen Liebesfilmen?“
Ich nickte.
„Jep, genau das gibt es hier bei uns.“ Ein selbstironisches Grinsen schwebte auf seinen Lippen, sodass ich das Grübchen auf seiner rechten Wange und die Lachfältchen um seine Augen bewundern konnte, die ihn umso attraktiver machten.
„Bilderbuch“, murmelte ich kopfschüttelnd.
Ehe ich auch nur noch ein Wort sagen konnte, erreichten wir die Haustür, die auch sogleich aufgerissen wurde. „Sie sind da!“, rief eine Frau, die Zacs Mutter sein musste. Sie strahlte uns entgegen, die Freude in ihren Augen wirkte ehrlich, dabei hatte ich Sorge gehabt, Zacs Eltern würden es nicht sonderlich toll finden, wenn irgendeine Fremde ihr familiäres Weihnachtsfest störte.
„Mom, das ist Pixie, meine Freundin.“
Ruckartig riss ich den Kopf zu ihm. Seine was?
„Deine Freundin ?“ Sie betonte das Wort bedeutungsschwer, das Lächeln auf ihrem Gesicht wurde nur noch breiter.
„Ist mir auch neu“, fühlte ich mich verpflichtet zu sagen, wobei ich Zac einen Blick zuwarf, voll nach dem Motto What the fuck? . Eine Vorwarnung wäre nett gewesen. Trotz allem spürte ich, wie sich eine verräterische Wärme in mir ausbreitete. Glück. Freude.
Als hätte ich einen guten Witz gerissen, klopfte mir seine Mutter auf die Schulter und kicherte. „Kommt rein, wir können gleich essen. Ich hoffe, ihr habt Hunger mitgebracht!“
Die Taschen stellte Zac im Flur ab, sobald wir die Haustür hinter uns geschlossen hatten. Nachdem wir Schuhe und Mäntel ausgezogen hatten, führte er mich ins Esszimmer. Das ganze Haus roch wunderbar, seine Mutter musste noch einmal die köstlichen Plätzchen gebacken haben, die sie ihm geschickt hatte, was mir ein heimeliges Gefühl vermittelte. Auch die vielen Fotos und gemalten Kinderbilder an den Wänden trugen dazu bei. Ich hatte eine teuer eingerichtete Villa erwartet, in der ich mich nicht getraut hätte, irgendetwas anzufassen, stattdessen fühlte es sich einfach wie ein richtiges Zuhause an.
In meinem Hals bildete sich ein Kloß. Wie schwer das ultimative Weihnachtserlebnis für mich sein würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Als könne Zac meinen inneren Konflikt spüren, legte sich eine seiner großen Hände gegen meinen unteren Rücken, die Geste seltsam versichernd.
„Hi, ich bin Jordan!“ Eine etwas jüngere, weibliche Version von Zac tauchte vor mir auf und streckte mir eine Hand entgegen. Etwas erschrocken riss ich die Augen auf, erwiderte ihre Begrüßung aber.
„Du siehst gar nicht aus wie der Typ Frau, die mein Bruder sonst vorzieht.“
„Du meinst, ich bin nicht vollbusig, dumm und sehe ihn mit Herzchenaugen an?“, schoss es aus mir heraus. Erst als es zu spät war, fiel mir auf, dass ich die Worte laut ausgesprochen hatte. Oh-oh. Entsetzt riss ich die Augen auf, um mich herum war es vollkommen still im Raum. In Anwesenheit seiner Familie hätte ich mich vielleicht besser zurückhalten sollen.
Einen Sekundenbruchteil später brachen alle Anwesenden in schallendes Gelächter aus. „Also ich mag sie!“, sagte Jordan, die mir zuzwinkerte, bevor sie sich von mir abwandte, um ihren Bruder zur Begrüßung zu umarmen.
Erleichterung bewirkte, dass meine Schultern nach unten sackten, derweil fuhr Zac beruhigend mit einer Hand auf meiner Wirbelsäule auf und ab. Nachdem mir auch Mr. Goldwin die Hand geschüttelt hatte, saßen wir schon bald um den Esstisch versammelt.
Auf dem Kaminsims entdeckte ich weitere Familienfotos, zudem hingen Weihnachtsstrümpfe herab, die am Morgen des fünfundzwanzigsten gefüllt sein würden. Im Hintergrund lief Last Christmas von Wham! ; normalerweise wollte ich mir die Gehörgänge rausreißen, wenn der Song im Radio spielte, doch in diesem Moment passte er irgendwie.
„Hab ich’s nicht versprochen?“ Zac beugte sich zu mir, flüsterte dicht an mein Ohr. Ein wohliger Schauder lief über meinen Rücken, vor allem stellte ich aber fest, dass er mich viel zu gut lesen konnte. Offenbar wusste er, dass ich weich wurde. Am Ende dieser Wette würde ich Weihnachten womöglich genauso sehr lieben wie er.
„Pixie, das ist ein ungewöhnlicher Name …“ Mr. Goldwin runzelte die Stirn, während er mir über den Tisch hinweg einen fragenden Blick zuwarf.
„Ich heiße eigentlich Penelope, aber“, ich zeigte auf meine Haare, „wegen meines Pixie-Cut nennen mich alle Pixie.“ Außerdem passte der Name viel besser, Penelope war mein altes Ich, als meine Mutter noch gelebt hatte, mit mir geträumt und gelacht hatte. Aber das kleine Mädchen von damals gab es nicht mehr. Der Krebs hatte mir nicht nur die Mutter genommen, sondern auch das Leben, das Mom und ich uns damals für mich ausgemalt hatten.
„Zac hat erzählt, dass du wie er auf der Columbia studierst?“ Zu meiner Überraschung sah ich keinerlei Zweifel oder Verurteilung in den Augen seiner Mutter, obwohl ich nicht gerade wie ein Musterstudent von der Eliteuni aussah.
„Ja, ich studiere Physik.“
„Ist das nicht auch sehr mathelastig?“, wollte sein Vater wissen, woraufhin ich zustimmend nickte.
„Pixie studiert nicht nur, sie verbessert die Professoren.“ Belustigung klang in Zacs Stimme mit, aber ich bildete mir ein, auch Stolz darin zu erkennen, was sich anfühlte wie sanfte Schneeflocken auf meiner Haut.
Dennoch stieß ich ihm in die Seite. „Nur wenn sie es verdient haben“, verteidigte ich mich, sodass seine Familienmitglieder lachend die Augen aufrissen oder die Brauen hochzogen.
„So, so“, murmelte Mr. Goldwin schmunzelnd.
„Wer hat es denn verdient?“ Mit vor Neugier leuchtenden Augen lehnte sich Jordan vor in meine Richtung.
„Professor Smith zum Beispiel, Zac hätte eine viel bessere Note in seiner Hausarbeit bekommen sollen, aber er ist ja nur ein dummer Sportler …“ Bei der Erinnerung kam wieder Ärger in mir auf, den Sieg unserer ersten Wette hatte sich Zac wirklich verdient gehabt. Hausarbeiten zu schreiben, bedeutete immer verdammt viel Recherchearbeit, man musste alle Argumente mit Quellen belegen und so zu seinen eigenen Thesen hinführen. Und er hatte geliefert … nur nicht die verdiente Note dafür bekommen.
„Er hält auch die Statistikvorlesung für die BWL-Studenten“, klärte Zac auf. „Nicht mein bestes Fach.“
Ha, ha , dachte ich innerlich, das war wohl die Untertreibung des Jahres. Offensichtlich hatte Zac seinen Eltern nicht erzählt, wie knapp es ausgegangen war, vielleicht hatte er die gute Weihnachtsstimmung nicht verderben wollen.
„Was hat der dumme Sportler denn für eine Note bekommen?“ Seine Mutter verzog den Mund, als sie meine Bezeichnung von zuvor wiederholte. Ihr war anzusehen, dass ihr ganz und gar nicht gefiel, wenn jemand ihren Sohn unterschätzte.
„Zwei Minus.“ Unter dem Tisch streichelte Zac über mein Knie, sodass ich für einen Moment erstarrte, bevor ich das Stück Kartoffel, das ich bereits aufgespießt hatte, weiter zu meinem Mund führte. Ich konnte kaum glauben, dass es Weihnachtsabend war und ich gerade ein selbst gekochtes, superleckeres Essen verspeiste, anstatt den Abend allein mit einem Buch im Bett zu verbringen oder Ähnliches. Es gab traditionell Truthahn mit Kartoffeln, Cranberry-Soße, Erbsen und Karotten. Ein Mistelzweig hing in der Tür zur Küche und neben den Strümpfen am Kamin hingen auch noch ein paar selbst gebastelte Sterne von der Decke und Lichterketten an einer Säule. Erst morgen starteten die Feiertage, doch für mich war das hier bereits außergewöhnlich. Zacs Hand auf meinem Knie verstärkte die Wärme in meinem Innern nur noch.
Blinzelnd konzentrierte ich mich wieder auf das Gespräch am Tisch.
„Aber eine Zwei Minus ist doch gut! Und du hättest etwas Besseres bekommen sollen?“
„Eins Komma fünf, mindestens eine Zwei Plus“, sagte ich sofort.
„Pixie war so fair und hat mich unsere Wette trotzdem gewinnen lassen.“
„Eure Wette?“ Erneut hoben alle am Tisch die Brauen. Mein Gott, wollte er denn alles ausplaudern? Leicht panisch sah ich zu ihm.
„Sie musste ein Eishockeyspiel live angucken oder ich einen Star Trek -Film.“
„Hach, Captain Kirk.“ Mein Blick schoss sofort zur Quelle des schwärmerischen Ausrufs. Zacs Mutter.
„Chris Pine!“, seufzte wiederum seine Schwester.
„Ihr seid Trekkies?“, fragte ich mit großen Augen. Als die beiden nickten, war mein erster Gedanke, dass ich besser hierherpasste, als ich je hätte ahnen können. Nachdenklich betrachtete ich Zacs starkes Profil, im weichen Schein der Lichterketten wirkten seine Züge umso schärfer geschnitten, der Ausdruck in seinen Augen intensiv, kaum begegnete er meinem Blick. Dankbarkeit dafür, dass er mich mit zu seiner Familie gebracht hatte, breitete sich in mir aus, denn mit einem Mal glaubte ich, dass die paar Tage bei den Goldwins vielleicht gar nicht so schlimm werden würden.
„Du kannst uns übrigens Will und Amy nennen“, ließ mich seine Mutter mit einem freundlichen Lächeln wissen. „Und diesen Professor Smith darfst du meinetwegen so oft verbessern, wie du magst.“
Ein echtes, unbeschwertes Kichern hüpfte über meine Kehle. Die Familie Goldwin hatte genau meinen Humor.