Kapitel 14
Pixie
Glocken, Hochzeit, Weihnachten, Hochzeitssuite, Schmuck
„Pst. Baby, wach auf.“ Sanfte Küsse wurden gegen meine Schläfe sowie meinen rechten Mundwinkel gedrückt, die Vibration der tiefen, mir so vertrauten Stimme fühlte sich wie ein Streicheln auf meiner Haut an. Im Halbschlaf wälzte ich mich herum, streckte mich ihm geradezu entgegen wie eine Blume der Sonne.
„Wir müssen leise sein.“
Blinzelnd öffnete ich die Augen, sodass ich direkt in seine dunklen Tiefen blickte. Durch die Fenster des Gästezimmers, in dem mich die Goldwins untergebracht hatten, strömte Mondlicht in den Raum, welches die goldfarbenen Sprenkel in Zacs Augen betonte.
„Was tust du hier?“, flüsterte ich verwirrt, war noch nicht ganz wach.
„Zieh alles aus bis auf die Unterwäsche.“
„Was?“ Im Vorspiel war er beim letzten Mal aber besser , dachte ich sarkastisch.
„Nicht das, was du denkst“, raunte er und zwinkerte mir zu. „Ich habe dir einen Bademantel mitgebracht.“ Kaum hatte er das gesagt, erkannte ich, dass auch er einen trug.
Grummelnd streckte ich mich erneut, die Matratze unter mir war wunderbar weich, ich hatte geschlafen wie ein Baby, und nun weckte er mich, weil … „Was hast du vor?“
„Ist eine Überraschung.“
„Und das muss mitten in der Nacht sein?“
„Du bist launisch, wenn du müde bist, hm?“ Er grinste, als sei ich irgendwie niedlich.
„Vollidiot“, grummelte ich, wobei ich seine Aussage lediglich untermauerte, was mich momentan aber nicht interessierte. Weil ich ahnte, dass er mich nicht in Ruhe lassen würde, wälzte ich mich schließlich unter der Decke hervor, um aufzustehen.
„Du schläfst in meinem Trikot?“ Plötzlich schlangen sich von hinten Arme um mich, zogen mich zurück, bis mein Rücken eng an seine Brust gedrückt wurde.
„Gefällt dir Neandertaler wohl, was?“, gab ich spitz zurück, reckte mich seiner Berührung aber entgegen, als er den Kopf an meiner Halsbeuge vergrub und an meiner Haut zu knabbern begann.
„Gefällt mir sogar sehr.“ Er setzte noch einen Kuss auf meinen Nacken, bevor er mich wieder losließ.
Über meine Schulter warf ich ihm ein gemeines Grinsen zu, wenig später zog ich mir betont langsam das Trikot über die Oberschenkel nach oben. Erst als ich sah, wie er schwer schluckte und wie abgehackt die Atembewegungen seines Brustkorbs gingen, war ich zufrieden. Ruckartig riss ich mir das Shirt vollends über den Kopf, nahm den Bademantel entgegen, den mir Zac entgegenhielt, und hüllte mich darin ein.
So leise wie möglich verließen wir schließlich das Gästezimmer und schlichen die Treppe hinunter ins Erdgeschoss bis in das Wohnzimmer. Für einen Moment hielt ich inne, sog den Anblick des prachtvoll geschmückten Weihnachtsbaums staunend in mich auf. Es lag nicht an der Größe oder an den kunstvollen Glaskugeln, nein, vielmehr konnte man dem Baum ansehen, mit wie viel Liebe er geschmückt worden war. Das machte ihn so wunderschön.
„Vielleicht können wir nächstes Jahr beim Schmücken helfen.“
Auch wenn das mehr als verlockend klang, wollte ich noch nicht so weit in die Zukunft blicken. Denn wenn ich mir erlauben würde, nach all den Jahren wieder zu träumen, dann wäre ich nur noch verletzlicher.
„Ja, vielleicht“, antwortete ich unbestimmt. „Wozu jetzt die Bademäntel?“ Mit meiner Frage wollte ich ihn ablenken.
Zu meinem Glück zog er mich auch sogleich weiter. Sobald er jedoch die Terrassentür aufzog und eisige Luft zu uns strömte, blieb ich stocksteif stehen. „Bist du irre? Es ist arschkalt da draußen!“
„Das ultimative Weihnachtserlebnis, so lautet die Wette“, erinnerte er mich.
„Wenn ich wegen dir an Unterkühlung sterbe, werde ich dich als Geist heimsuchen.“
„Das Risiko gehe ich ein.“ Damit zog er mich an der Hand nach draußen.
Ehe ich auch nur ahnen konnte, was er vorhatte, drehte er sich zu mir herum und zog mir mit einem Ruck den Bademantel von den Schultern. „Was zur Hölle …?“ Hätte ich nicht Angst gehabt, seine Familie zu wecken, wäre ich laut geworden. Schlagartig breitete sich Gänsehaut auf meinem gesamten Körper aus.
„Fast nackt Schneeengel machen, danach einen Schnaps – das gehört zur Tradition!“ Lockend zog er eine Flasche aus der Seitentasche seines Bademantels, die er auf dem Terrassentisch abstellte, sodass sie im darauf liegenden Schnee beinahe gänzlich versank. Im nächsten Moment stand Zac nur noch in Boxerbriefs vor mir. „Und los geht’s!“
Zwar zitterte ich bereits, aber sein Grinsen war so ansteckend, ich ließ mich mitreißen. Mit einem Quietschen rannte ich los, um mich auf die schneebedeckte Wiese fallen zu lassen. Ein leises Rumsen ertönte, als Zac neben mir zu Boden ging.
„Ist das kalt!“ Bibbernd bewegte ich Beine und Arme wie zum Hampelmann, um den Schneeengel zu malen. Ich beeilte mich, denn ich konnte geradezu spüren, wie meine Lippen blau anliefen.
Zac schien es ähnlich zu gehen, denn als ich aufsprang und zurück zur Terrasse rannte, joggte er auf selber Höhe mit mir. Unsere Bademäntel hingen am Türgriff. Zac war ein echter Gentleman, denn er half mir zuerst hinein, bevor er seinen eigenen anzog. Nun, er war schuld, dass wir nackt im Schnee herumsprangen, insofern war es nur fair, wenn er zwei Sekunden länger fror.
Als er mir den Schnaps reichte, nahm ich einen großen Schluck. Zwar brannte die Flüssigkeit meine Kehle hinab, aber dafür wärmte sie mich innerlich auch, was sich in diesem Moment wunderbar anfühlte, zumal meine Füße bald Eiszapfen wären. Schnell gab ich ihm die Flasche zurück, damit auch er ein bisschen Feuerwasser trinken konnte.
„Was ist denn das für eine bescheuerte Tradition?“, fragte ich schließlich.
„Eine neue.“ Ohne jegliche Reue im Blick grinste er mich an, schon zog er mich dicht an seinen Körper, sodass wir uns gegenseitig wärmten. „Ich wollte dich eigentlich nur in Unterwäsche sehen und dachte, es sei lustig.“
„Sind dir die Eier und dein bestes Stück auch schön abgefroren?“, fragte ich zuckersüß.
„Mein rachsüchtiger, kleiner Kampfzwerg.“ Mit den Händen rieb er über meinen Rücken, sodass mir noch etwas wärmer wurde.
„Lass uns reingehen.“ Ich warf einen letzten Blick gen Nachthimmel, der hier in der Vorstadt viel mehr Sterne zeigte durch weniger Lichtsmog. Kurz darauf huschten wir zurück in das bunt geschmückte Wohnzimmer und nahmen noch einmal jeder einen Schluck des Obstschnapses. Zac ließ sich in einen Sessel plumpsen und zog mich auf seinen Schoß, er wickelte seinen Bademantel um unsere Körper, hüllte mich in seiner Wärme und seinem männlichen Geruch ein. Ein leises, glückliches Seufzen entglitt mir, so an seine breite Brust geschmiegt fühlte ich mich gänzlich geborgen.
„Vielleicht ist halb nackt Schneeengel machen gar nicht so blöd“, wisperte ich und drehte den Kopf zur Seite, sodass mein Ohr wieder über seinem Herzen ruhte wie neulich in meinem Zimmer im Verbindungshaus.
„Dann machen wir eine Tradition daraus und wiederholen das Ganze nächstes Jahr?“
Innerlich fühlte ich mich wohlig warm, hier im Halbdunkel, das Wohnzimmer lediglich durch ein paar Lichterketten beleuchtet, kam es mir so vor, als gäbe es nur uns zwei auf der Welt. „Okay“, stimmte ich leise zu. „Auf neue Traditionen!“
„Auf neue Traditionen!“, wiederholte Zac, kurz bevor sich seine Lippen gegen mein Haupt pressten. Der süße Kuss berührte mich mehr, als es jedes Wort hätte tun können. Meine Lider wurden schwerer. Auch wenn ich noch nie in Gegenwart einer meiner Exfreunde geschlafen hatte, sondern immer darauf geachtet hatte, nach dem Sex zu gehen, damit ich die Kontrolle behielt und ja keine zu großen Gefühle entstanden, störte es mich in diesem Moment nicht einmal.
Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen schlief ich dicht an ihn gekuschelt ein.