Im Fernsehen lief irgendwas mit Fußball. Zum ersten Mal schloss ich mich der kleinen Runde im Gemeinschaftsraum an. Was der Auslöser war, weiß ich nicht, aber zum ersten Mal fühlte ich mich heute Abend dazugehörig. Ich gehörte zu etwas dazu, und das gefiel mir. Ich holte eine ganze, köstliche Tony’s-Chocolonely-Tafel aus meinem Zimmer, mein ultimatives Trostessen, brach sie in diese unmöglichen, eckigen Stückchen und verteilte sie. Was für ein lächerliches Design das doch ist. Aber jeder hat sich ein Stückchen genommen, und ich muss zugeben: Ich war stolz darauf, dass sie es von mir angenommen haben. Es machte mich sogar etwas glücklich, wie wir da beisammensaßen. Aber kurz darauf dachte ich: Pass bloß auf. Ehe man sichs versieht, ist es schon zu spät. Dann sitzt man in einer ruhigen Ecke im Abendlicht vor dem Fernseher, zusammen mit Leuten, die sich in den verschiedensten Stadien von Mut, Mutlosigkeit, Verwirrung und Kummer befinden.
Ein Mixer voll: Alte und Junge, Zufriedene und Unzufriedene, Traurige und Fröhliche. Und in diesem Mixer befinde ich mich, zusammen mit den anderen. Ich werde eins mit den anderen. Mit der Frau, die lachen kann wie ein Mann und die ihr Schicksal mannhaft akzeptiert. Mit dem Pessimisten, der nie was sagt, nah an den Wänden entlanggeht und einfach in Ruhe gelassen werden will. Schon allein, dass er ein Stückchen meiner Schokolade annimmt, macht mich sehr glücklich.
Und da sitzen wir. Elektroschocker, die man nicht so nennen darf, traurige alte Frauen, der zynische Schlauberger, der mit einem Mal so traurig schauen kann, dass man in dem Augenblick glaubt, man würde ihn verstehen. Atmende, unlösbare Rätsel, von innen oder von außen beschädigt.
Pass auf, denke ich. Bevor du es merkst, gewöhnst du dich an dieses sichere Gefühl. Dann gefällt es dir, dass du dazugehören darfst. Dann ist es der beste Ort zum Überleben. Dann kommst du hier nie mehr raus.
Aber schon am nächsten Tag hatte ich genug davon, und Schokolade war auch keine mehr da.