Bonn, Rheinufer
Wie schon 2017 war die Welt-Klimakonferenz, eine Mammutveranstaltung mit über fünfundzwanzigtausend Gästen, in zwei Zonen aufgeteilt: In der extra errichteten Bonn-Zone in der Rheinaue fanden die Nebenveranstaltungen und Ausstellungen statt, in der Hauptzone unterhalb des ehemaligen Abgeordnetenhochhauses Langer Eugen die eigentlichen Verhandlungen.
Nach einer kurzen Fahrt stieg Paula Gellert mit rotem Kopf aus dem E-Shuttle. Es war wie so oft: Wenn es darauf ankam, lief alles schief. Da fuhr sie einmal nicht mit ihrem Kameramann Thorsten mit, und dann wollte ihr Auto nicht anspringen. Die Nachbarin hatte sie dann glücklicherweise überbrückt, aber dann hatte sie wegen des massiven Anreiseverkehrs im Stau gestanden und den letzten Shuttletransfer beinahe verpasst. Zum Glück plante sie in ihrem Leben immer genügend Puffer ein. Sie würde auf die letzte Minute ankommen, musste aber schon wieder auf die Toilette. Aufregungspipi. Sie hatte immer gedacht, irgendwann diese nervige Körperfunktion unter Kontrolle zu kriegen, doch selbst zehn Jahre Erfahrung als Nachrichtensprecherin bescherten ihr keine Blase mit Nothahn zum Abdrehen. Aber man moderierte auch nicht jeden Tag die Eröffnungsdiskussion der COP vor ein paar Hundert Klimadiplomaten, live übertragen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Es war der vorläufige Höhepunkt ihrer bisher steilen Karriere.
Direkt hinter dem Eingang wurde Paula bereits von einer Frau der Presseabteilung erwartet und eiligst durch die Sicherheitsschleusen bugsiert. Sie ließen den Trubel hinter sich und marschierten durch hell erleuchtete Gänge in Betongrau zum Auditorium. Dort würden die Vertreter von 196 Nationen in Reih und Glied an ihren Tischen sitzen, alle mit Kopfhörern auf den Ohren für die Simultanübersetzung. Paula würde zusammen mit ihren Gästen auf der hell ausgeleuchteten Bühne vor den gewaltigen Leinwänden stehen, zig Kameras, die von Thorsten inbegriffen, auf sie gerichtet.
Die Veranstalter hatten wahrlich eine spannende Runde organisiert: Dabei sein würde die gefeierte Klimaschutzaktivistin Alison Walker, eine Art amerikanische Greta Thunberg 2.0, dann der deutsche Umweltminister Meier, außerdem eine hochdekorierte Klimaforscherin namens Juditha Karlsson, die bei der MOSAiC-Expedition der Polarstern über ein Jahr im ewigen Eis verbracht hatte, und zuletzt noch Professor Nicolas Patel, Vorstand des Schweizer Wirtschaftsgremiums, der den menschengemachten Klimawandel lautstark leugnete. Auf Patel würde Paula aufpassen müssen; er war ein exzellenter Redner, der seinem Gegenüber gern ins Wort fiel. Eine Untugend, die Paula in politischen Debatten immer häufiger bemerkte, aber so waren nun mal die Zeiten – die Lauten verschafften sich Gehör.
Sie blieben vor einer unscheinbaren Tür am Ende des Flurs stehen, auf der ihr Name stand. Sie würde noch ihre Maske bekommen und dann hieß es: Showtime. Wenigstens war bei der Hektik keine Zeit für Aufregung.
»Ich müsste noch aufs Klo«, sagte Paula zu ihrer Begleitung.
Die winkte den Gang entlang. »Letzte Tür rechts. Sie haben maximal drei Minuten.«
Paula nickte, während sie schon den Flur hinuntereilte. Nach zwei Minuten und fünfzig Sekunden kehrte sie mit gefühlt genauso viel Druck in die Maske zurück und wurde vorbereitet. Spezialpuder hier, Haarspray da, ein störrisches Haar in der linken Augenbraue entfernen. Bei den heutigen Kameras sah man jede Hautpore, da kam es auf Details an.
Aber die Details stimmten, soweit Paula das im Spiegel beurteilen konnte. Ihr dunkles Haar war perfekt frisiert, die Haut glatt gepudert, die Form ihrer Augen ganz dezent mit Schminke betont. Sie sah gut aus und roch nicht nach Schweiß. Ihr schwarzer Hosenanzug wurde auch nicht bei starkem Gegenlicht transparent, und falls doch, dann hatte sie ultradünne, schwarze Unterwäsche an, die keine Abdrücke verursachte. Paula Gellert war bereit für die große Bühne – und dann ging es auch schon los.
Ein hektisches Winken der Frau, die sie hierhergebracht hatte, ein letztes Zupfen der Stylistin an ihrer Bluse, und von irgendjemandem bekam Paula ihre Moderationskarten mit dem Aufdruck der UN-Klimakonferenz in die Hand gedrückt. Wieder der graue Flur, eine andere Abzweigung, lauter werdendes Murmeln von Hunderten Unterhaltungen, eine Tür, dahinter das völlig ausgebuchte Auditorium, grelles Licht, dreißig Schritte an Frauen und Männern in Anzügen vorbei und dann ein Tippen auf ihrer Schulter.
»Hier warten!« Paula blieb am Fuß der Bühne stehen. Fünf Stehpulte mit Mikrofonen waren arrangiert, vier nebeneinander und eines etwas abseits.
Paula schluckte und dachte an den Rat ihrer Deutschlehrerin aus dem Gymnasium: »Stell dir beim Referat deine Zuhörer einfach nackt vor.« Paula richtete ihren Blick auf die Versammelten. Sie registrierte in der ersten Reihe die Bundeskanzlerin neben dem Präsidenten Frankreichs. Daneben die Führung Italiens und Spaniens, gefolgt von den nordischen Ländern. In der zweiten Reihe saßen schon Leute, die sie zwar alle vom Sehen kannte, aber nicht mehr alle beim Namen, und ab der dritten Reihe verschwamm alles zu einem Einheitsbrei.
Stell sie dir nackt vor.
Die Bundeskanzlerin.
Paula erschauderte und musste wieder aufs Klo.
Auf der anderen Seite der Bühne standen Walker, Meier, Karlsson und Patel. Jemand schickte sie just in dem Moment die paar Stufen empor zur Bühne.
Und da sagte auch jemand zu Paula: »Und go!«, und schon schritt auch sie empor ins Scheinwerferlicht. Es brannte heiß auf ihrer Haut.
Glücklicherweise versagte ihr bei der Anmoderation nicht die Stimme, was ihre größte Angst gewesen war. Und dann war die erste Aufregung überwunden, und es lief wie erwartet: Der Umweltminister lobte zum Auftakt die bisherigen Bemühungen und die herausragenden Ergebnisse seit dem Pariser Klimaabkommen. Daraufhin hakte Walker ein, dass viel zu wenig gemacht würde und sofortiges, radikales Handeln nötig sei. Karlsson pflichtete der Klimaschutzaktivistin bei und erzählte von den Ergebnissen der Expedition in die Arktis, sie erzählte aber auch von hundertfünfzig Tagen Dunkelheit in der Polarnacht und minus fünfundvierzig Grad Celsius, und da fiel ihr Professor Patel ins Wort:
»Sie brauchten also am Nordpolarmeer keine Badehose, Frau Karlsson?«
Die Forscherin lauschte der Simultanübersetzung in ihrem Ohrknopf, dann funkelte sie ihn grimmig an. »Sie leugnen immer noch? Ernsthaft?«
Patel hob abweisend die Hand. »Nein, ich leugne den Klimawandel nicht. Das Klima wandelt sich ständig, ist kein konstantes System. Ich sehe nur keinen Handlungsbedarf wie Sie oder Frau Walker. Sie spricht von radikal! Radikal! Das Wort bedeutet: mit Rücksichtslosigkeit und Härte vorgehen. Warum sollten wir das? Der CO2 -Ausstoß der Schweiz, respektive von Europa, ist im Vergleich zu Supernationen wie den USA, China oder Indien vernachlässigbar. Warum sollten wir uns in Europa radikal verändern, wenn wir es nicht müssen? Ich sehe keine Notwendigkeit.« Er lächelte einstudiert und nippte an seinem Wasserglas.
Seine Art ließ die junge Walker den Kopf schütteln. »Sie und Ihr Herausreden!«, schimpfte sie. »Sie wissen ganz genau, dass jeder etwas tun muss. Außerdem verbreiten Sie falsche Behauptungen! Deutschland liegt bei den CO2 -Emittenten weltweit auf Platz 6, so viel zu Ihrem Europa. Wir Menschen sind für den Klimawandel verantwortlich. Wir alle! Die Wissenschaft hat mit fünfundneunzigprozentiger Sicherheit festgestellt, dass der Anstieg der Treibhausgase für die rapide Erwärmung der letzten Jahre verantwortlich ist. Und das wissen wir seit Mitte der Neunziger! Wir alle müssen handeln! Jetzt!«
»Das tun wir doch auch, Frau Walker«, beschwichtigte Umweltminister Meier. »Wir investieren Milliarden in Green Deals. In Elektromobilität, in Wasserstoff, in regenerative Energien. Deutschland ist Vorreiter in Sachen Zukunftstechnologien.«
Darauf konnten Parker und Karlsson wieder nur die Köpfe schütteln.
Die Chance nutzte Paula, um das Wort an Meier zu richten: »Aber die Forderung von Frau Walker und Fridays for Future ist doch berechtigt, Herr Umweltminister: Warum tun wir nicht mehr?«
»Wie gesagt, wir tun einiges. Man darf aber auch nicht außer Acht lassen, dass wir in einer globalisierten Welt leben und es Zwänge gibt. Internationale Verpflichtungen.«
»Wollen Sie damit andeuten, dass wir gar nicht so viel Einfluss haben?«
Meier seufzte theatralisch. »Sollen wir unsere Handelsbeziehungen mit Indonesien abbrechen, weil die dortigen Politiker ihre Kohlevorkommen nutzen wollen?«
Walker rollte mit den Augen und wollte sofort widersprechen, aber Meier hob energisch die Hand, um sie abzuwürgen. »Es sind Fehler gemacht worden, das gebe ich zu, aber es funktioniert nicht so einfach, wie sich viele Aktivistinnen und Aktivisten das vorstellen.«
»Aber wir könnten schon viel weiter sein«, entgegnete Paula. »Schauen wir zu unseren Nachbarn im Norden: Schweden ist klimapolitischer Trendsetter und hat den Verzicht auf fossile Brennstoffe zum Heizen bereits realisiert. Über diverse politische Maßnahmen wurden die Ölheizungen abgeschafft. Und die Schweden gehen noch viel weiter: Beispielsweise wurde der Kauf von E-Bikes zu einem Viertel vom Staat subventioniert, ebenso mehrere Tausend Euros bei Elektroautos. Auf Flüge gibt es extra Steuern, auf Reparaturen gilt wiederum ein gesenkter Steuersatz. Das Motto: Reparieren statt neu kaufen. Warum gibt es hierzulande nicht mehr dieser Anreize und Maßnahmen?«
Meier lächelte auf seine gönnerhafte Art, als würde er ein Kleinkind belehren. »Weil – nehmen wir das Beispiel Heizung – wir niemandem vorschreiben wollen, sich innerhalb kurzer Zeit eine neue anzuschaffen.«
»Aber die EU konnte das mit dem Verbot der Glühbirne sehr wohl.«
»Ein Lampenwechsel ist kein Heizungsanlagentausch, Frau Gellert. Für eine solche Maßnahme sind andere Zeithorizonte vonnöten.«
»Aber wir haben keine Zeit mehr!«, rief Walker dazwischen. »Sie können mit Ihren fast sechzig Jahren leicht daherreden, Mister Meier! Wir müssen mit dem Klimawandel zurechtkommen. Die Jugend! Sie nicht mehr.«
»Und der Vorteil in Schweden ist«, schob Juditha Karlsson ein, »dass es keine nennenswerte Anti-Klima-Lobby gibt, da weder Kohle- noch Gasvorkommen existieren.« Sie deutete auf Patel. »Leute wie er verhindern nämlich ganz bewusst den Klimaschutz.«
Plötzlich redeten alle durcheinander, und Paula drohte die Moderation zu entgleiten.
»Na, ich würde schon noch gern dreißig Jahre leben.« Ein mildes Lächeln umspielte die Lippen des Umweltministers. »Außerdem …«
» … haben Sie noch genug Chancen, Miss Walker«, unterbrach ihn Patel. »Sie und Ihre Generation haben das Leben noch vor sich. Sie kommen in wenigen Jahren an die Positionen, um zu gestalten. Bis dorthin sind noch andere am …«
Patels Ton brach weg. Es knisterte aus den Lautsprechern. Für einen Moment flackerte das Licht im Auditorium.
Paula blickte irritiert zu den Scheinwerfern und dann in den Saal. Die Zuschauer waren ebenfalls überrascht und begannen zu tuscheln.
Patel hatte sich als Erster wieder im Griff und versuchte es noch einmal. »Bis dorthin sind noch andere am Zug, Miss Walker. Sie bekommen …«
Wieder erstarb sein Mikro, ein Knistern wie beim Abspielen einer Schallplatte tönte aus den Lautsprechern und die Scheinwerfer flackerten, nur um diesmal vollständig zu erlöschen.
Ein Raunen ging durch die über vierhundert Gäste. Walker, Karlsson, Meier und Patel wandten sich zu den großen Monitoren um. Die Logos des Weltklimagipfels verschwanden in einer seltsam anmutenden Verzerrung. Zurück blieben grünliche Flecke, die irgendwie an radioaktive Toxine erinnerten.
»Was zum Teufel«, kam es Paula über die Lippen, als ein lauter Knall durch den Saal hallte. Sie fasste sich an die Ohren, denn es schmerzte, dazu kam ein seltsames Pfeifen. Es folgte eine kurze Tonfolge, die Paula an einen Hit von Pink Floyd erinnerte, und in der Sekunde erschien ein Gesicht auf den beiden Leinwänden.
Es setzte sich aus Linien und Farbflächen zusammen, wie ein dreidimensionales Polygonmodell. Die Flächen wechselten die Optik, wurden mal zu Frauen- und mal zu Männergesichtern, mal zu alten, mal zu jungen. Und ebenso sprach das Gesicht mit einem vielstimmigen Bariton, der keinem Geschlecht zugeordnet werden konnte.
Das Gesicht sagte: »Alison Walker hat recht: Eure Zeit läuft ab!«
Paula konnte das riesige Gesicht nur anstarren, das wie das Haupt Gottes über den Versammelten schwebte. Es war bizarr. Was ging hier vor?
Panik drohte im Auditorium auszubrechen, Sicherheitsleute stürmten zu den Türen herein, Personenschützer brüllten in ihre Funkgeräte.
Wieder donnerte ein Knall aus den Lautsprechern, der die meisten dazu zwang, sich schmerzerfüllt an die Ohren zu fassen.
»Ruhe!«, verlangte die Stimme. »Alle bleiben auf ihren Plätzen! Wir sind noch nicht fertig, denn ihr rühmt euch mit Ergebnissen, die keine sind!«
Die Gesichtspartien verwandelten sich in eine Bilderstrecke: Ein abgemagerter Eisbär lag entkräftet vor einem Walskelett, ein Walross kauerte im Sonnenschein auf einer schmelzenden Eisfläche, Smog tauchte Tokio in grünbraunen Dunst, Eisberge brachen tosend von einem Gletscher, eine Schildkröte kämpfte mit einer Plastikverpackung, deutsche Fachwerkhäuser wurden von braunen Regenfluten davongerissen. Zuletzt erschien ein Plakat auf dem Eiffelturm. Darauf stand: It’s not too late.
»Noch ist es nicht zu spät«, wiederholte die Stimme, und das Gesicht war wieder da. »Aber wenn alle so weitermachen, wird der Planet untergehen. Nur werden wir nicht tatenlos zusehen. Wir werden nicht die Füße stillhalten. Wir werden das verhindern!« Die Stimme legte eine Kunstpause ein, um in ruhigerem Ton fortzufahren: »Sie haben achtundvierzig Stunden, um ein verbindliches Klimaabkommen zu vereinbaren, das unseren Planeten rettet. Ein Vorhaben, das im Sinne von uns allen ist, oder? Achtundvierzig Stunden für radikale Änderungen. Keine Kompromisse. Keine Ausreden. Keine faulen Beschlüsse. Einhundert Prozent Klimaschutz. Sofort!«
Unter dem Gesicht erschien in riesigen neongrünen Lettern eine Zeitanzeige: 48:00:00. 47:59:59. 47:59:58 …
Gleichzeitig fiepte, klingelte, piepte, ploppte und brummte es überall im Saal auf. Handys wurden gezückt, Leute stöhnten voller Entsetzen und riefen wild durcheinander. Es war ein unvorstellbares Getöse.
Paula überwand endlich ihren Schock, als ihr dämmerte, dass gerade die Story ihres Lebens passierte. Sie klippte ihr Mikrofon von der Halterung und trat in die Mitte der Bühne, direkt vor das Gesicht. »Wer sind Sie?«, rief sie laut über den Lärm hinweg.
Das Gesicht schien sie zu fokussieren. »Wir sind ANOD!«
»ANOD?« Paulas Stimme war wieder aus den Lautsprechern zu hören. »Okay, ANOD, nachdem Sie in meine Podiumsdiskussion geplatzt sind, schlage ich vor, dass wir Sie mit in die Runde nehmen. Was halten Sie davon?«
Das Gesicht lachte wie ein Chor. »Sie sind witzig, Frau Gellert, aber ANOD diskutiert nicht, ANOD ist das Ende der Debatte. Aber sehr gern können Sie live von den Verhandlungen berichten. Eine Dokumentation, ob die Menschheit leben oder sterben will.«
Ein ersticktes Raunen ging wieder durch die Menge. Auch Paula blieb die Luft weg. Nach einem Räuspern fragte sie mit zitternder Stimme: »Was meinen Sie damit?«
Das Gesicht lächelte. »Dass es eine Entscheidung geben wird. Wir haben die Macht, die Menschheit zu vernichten, und wir werden nicht davor zurückschrecken, sollte es nicht innerhalb unserer Frist ein zufriedenstellendes Ergebnis geben. Sie haben es in der Hand, meine Damen und Herren: eine gerettete Erde mit oder ohne Menschen.«
Professor Patels Lachen tönte durch den Saal. »Die Menschheit vernichten! Der war gut! Spitze! Kann endlich jemand diesen Clown abschalten?«
Das Gesicht musterte den Professor. »Professor Doktor Nicolas Patel. Hätten Sie die Ehre, Ihren bescheidenen Beitrag zu unserem Projekt zu leisten?«
Das Gesicht des Professors erstarrte. »Welchen Beitrag?«
»Hören Sie!«
Auf dem Monitor erschienen anstatt des Gesichts Audiowellen, zu hören war aber nichts. Nur der Professor, hell erleuchtet im Scheinwerferlicht, fasste sich an den Translator über dem linken Ohr. Sein Gesicht zeigte Überraschung, dann entgleisten ihm die Züge, und er bekam riesengroße Augen. Die Kameras nahmen all das auf, auch Thorsten, der mit seinem Ungetüm von Kamera zu ihnen auf die Bühne gestiegen war. Weltweit sah man Nicolas Patel irgendetwas voller Schreck lauschen, und dann hörte man, wie er in sein Mikrofon flüsterte: »Du bist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.« Er ließ das Mikro fallen, trat an sein Stehpult, nahm das Wasserglas und zerschlug es daran. Sekundenlang betrachtete er die langen Splitter in seinen Händen, wobei sich seine Lippen stumm bewegten. Dann rammte er sich eine gezackte Scherbe tief in die Halsschlagader und zog sie wieder heraus.
Grellrotes Blut spritzte über die Bühne, benetzte Walker, Karlsson und Meier. Schreiend stürzten die drei davon. Im Auditorium brach Chaos aus.
Nur Paula stand noch da, den Blick zum Göttergesicht erhoben. Zu ANOD.
Es sagte: »Wie Sie sehen, meinen wir es ernst. Wir befreien die Erde von unserem eigenen Wahnsinn, sollten unsere Bedingungen nicht erfüllt werden. Lieber eine Erde mit wenigen, vernünftigen Menschen als mit lauter Idioten. Nutzen Sie die Zeit! Mehr gibt es nicht.«
Während der Countdown unbarmherzig weiterlief, lächelte das Gesicht kalt und verschwand in einer Verzerrung. Stattdessen leuchteten vier Buchstaben auf und enthüllten, was der Name ANOD bedeutete:
A ct N ow O r D ie!