Jarrett
Eigentlich wollte Jarrett das, was vor dem Ausbruch des Logikvirus passiert war, nicht noch einmal durchleben. Er hatte kein Bedürfnis, seine Geschichte zu erzählen, denn die Fehler, die er gemacht hatte, ließen sich nicht rückgängig machen.
Aber vielleicht trieben sie ihn danach nicht mehr ganz so sehr um? Außerdem war Hannah klug und, wie es den Anschein machte, mitfühlend. Obwohl er sie gewarnt hatte, wollte sie seine Geschichte hören. Na schön. Sie würde sie kriegen, auch auf die Gefahr hin, dass sie ihn danach mit anderen Augen sah. Bloß, wo sollte er anfangen?
Vielleicht eine Woche vor Ausbruch des Logikvirus. An dem Tag, an dem ausnahmsweise nicht nur Jazmine, sondern auch Desmond und er Pinsel in den Händen gehalten hatten.
Meine Pflegemutter malt. Im Hard-Edge-Stil, ziemlich abstrakt. Stell dir eine Mischung aus Street-Art und Mathe-Graphen vor. Sie malt nur hobbymäßig, aber sie ist gut. So gut, dass eine Galerie in Columbus ihre Bilder ausstellen wollte. Ihre erste eigene Ausstellung – sie war richtig stolz, aber ich glaube, Desmond war noch stolzer.
Er und ich waren eigentlich auf dem Weg nach draußen, aber er blieb hinter Jazmine stehen und schaute ihr, wie so oft, über die Schulter.
»Das ist dein bisher bestes Bild, Jaz! Sie werden es lieben!« Und das sagte er nicht nur, weil er sie liebt. Es stimmte auch.
Wir nahmen Jazmines Radio mit, das älter ist als sie und voller Farbspritzer und man kriegt damit auch nur Radiosender für alte Leute rein. Aber wie gesagt, meine Pflegeeltern sind nicht gerade Technikfreaks. Desmond steckte Akkus in das Radio und dann gingen wir nach draußen, hörten Musik und strichen Bitumen auf unsere Kellerwände, denn wir hatten im Frühjahr Wasser im Keller gehabt.
Auf einmal stand meine leibliche Mutter im Garten, einfach so. Es war Jahre her, dass sie mich besucht hatte und nicht ich sie, und sie hatte nicht Bescheid gegeben oder sich angemeldet oder so was. Ich spürte, dass Desmond sauer war, weil sie sich nicht an die vorgegebenen Regeln hielt, aber er schickte sie auch nicht gleich wieder weg. Er ging sogar mit dem Eimer Bitumen und seinem Pinsel nach hinten, um die Rückwand unseres Hauses anzustreichen, obwohl wir mit der Vorderseite noch gar nicht fertig waren.
Meine Mutter sagte, dass es ihr viel besser gehen würde, und als wir redeten, war sie voller Energie. Gar nicht so, wie ich sie kannte und ich war irritiert deswegen, aber es war auch schön, sie so zu sehen. So … lebendig.
Irgendwann kam Desmond wieder um die Ecke. Aber bevor meine Mutter ging, umarmten wir uns und sie hauchte mir ins Ohr, dass sie mich anrufen würde. Eigentlich hatten wir feste Telefonzeiten verabredet, doch sie ging nur selten dran und rief auch nie zurück. Aber an dem Tag, an dem sie auf einmal aufkreuzte, redete sie mehr als in zehn Telefonaten zusammen.
Später hörte ich, wie Desmond Jazmine davon erzählte. Er hatte gelauscht hinter dem Haus und soweit ich das von meinem Zimmer aus mitbekam, war auch Jazmine nicht begeistert über den unangemeldeten Besuch. Und sie waren beide skeptisch, was den veränderten Zustand meiner Mutter anging.
Zwei Tage bevor der Virus ausbrach, wollte ich dann bei einem Jungen aus der Schule übernachten. Seine Eltern waren weggefahren, doch Desmond und Jazmine wussten, um wen es ging, und ließen mich nicht. Kein guter Umgang und so weiter. Also war ich in meinem Zimmer, als auf einmal meine Mutter anrief. Sie hörte sich gut und gesund an und wir redeten ein bisschen, aber dann kam Desmond rein. Er musste wieder gelauscht haben, denn er ging sofort an meine Smartwatch und sagte meiner Mutter, dass sie nicht mehr unangemeldet vorbeikommen oder anrufen sollte, ansonsten würde er das CPS informieren. Und dann beendete er das Gespräch und sagte, dass er und Jazmine mit mir reden müssten. Über meine Mutter. Aber ich wollte nicht über sie reden, ich wollte mit ihr reden!
Und dann stritten meine Pflegeeltern und ich. Streiten wollte ich, denn sie ließen mich nicht zu der Übernachtungsparty, ließen mich nur eine Stunde am Tag ins Metaverse und jetzt ließen sie mich noch nicht mal mit meiner Mutter reden – und das, wo es ihr endlich besser ging.
Was Jazmine und Desmond bezweifelten. Wir stritten heftig und ich hatte nicht das Gefühl, dass sie mich verstanden. Irgendwann ging ich in mein Zimmer, knallte die Tür zu und schrieb meiner Mutter, dass die beiden mir nichts erlaubten und nicht wahrhaben wollten, dass sie, also meine Mutter, nicht mehr krank war. Es dauerte keine Minute, dann war ihre Antwort da. Sie schrieb, dass sie sich so gut wie ewig nicht mehr fühle und dass ich ihr leidtäte, denn sie wüsste ja, wie selbstständig ich schon immer gewesen sei. Und dann schrieben wir hin und her, während Desmond und Jazmine in einem fort an meine Tür klopften. Irgendwann fragte ich meine Mutter, ob ich nicht wieder bei ihr leben konnte, jetzt da es ihr gut gehe. Sie schickte zwanzig Herzen und schrieb, dass sie gleich morgen einen entsprechenden Antrag stellen würde. Ich war glücklich, aber dann recherchierte ich im Netz und las in einem Forum, dass es Monate dauert, bis so ein Antrag geprüft und genehmigt wird – wenn überhaupt.
Ich schrieb meiner Mutter und sie antwortete, dass ich doch auch schon vorher kommen könne. Wenn ich wollte, gleich morgen, schließlich seien ja Ferien, und dann könnten wir den Antrag zusammen ausfüllen und alles würde gut werden, zwischen uns und überhaupt. Ihre Nachrichten klangen euphorisch und ich ließ mich nur zu gerne anstecken. Also suchte ich eine Busverbindung nach Cleveland heraus, holte meine alte Tasche aus dem Schrank, stopfte ein paar Klamotten hinein und wartete, bis meine Pflegeeltern ins Bett gegangen waren – denn sie hätten mich niemals allein zu meiner Mutter fahren lassen.
Spätabends gab es ein Gewitter. Was gut war, denn der Regen prasselte so laut in die Dachrinne, dass er meine Schritte auf der Treppe übertönte. Im Wohnzimmer stand das Bild, an dem Jazmine für die Ausstellung malte, und da stand auch wieder das Radio mit den Spritzern, aber der Eimer mit der Bitumenfarbe war noch draußen unter dem Vordach, da Desmond noch ein zweites Mal über die Kellerwände gehen wollte. Weißt du, was Bitumenfarbe ist? Nein? Also, im Grunde ist es flüssiger Teer, den man zum Abdichten von Wänden und für Straßen und so nimmt, aber ich … Ich bin ins Haus zurückgeschlichen und habe mich vor Jazmines Bild gestellt, auf das sie und Desmond so stolz waren und das so gut wie fertig war, nachdem sie wochenlang daran gemalt hatte. Ich war wütend auf meine Pflegeeltern und voller Adrenalin, wollte mich an ihnen rächen und … ihnen wehtun, so wie dir im Sunoco-Shop. Also tunkte ich den dicken Pinsel in die Bitumenfarbe und beschmierte die Leinwand, bis sie ganz schwarz und mit einer dicken, stinkenden Teerschicht überzogen war. Danach rannte ich aus dem Haus, stieg in den Nachtbus und fuhr nach East Cleveland.
»Und dann?«, sagte Hannah nach einer Weile.
Jarrett lief schweigend weiter. Das Gelände stieg jetzt sanft, aber beständig an. Eine weitere Anhöhe, von denen es im Süden von Ohio anscheinend so einige gab.
»Was war in East Cleveland? Warum bist du nicht bei deiner Mutter geblieben?«, fragte Hannah zaghaft.
Jarrett sah sie an. Offenbar wollte Hannah also auch diesen Teil seiner beschissenen Geschichte hören. Na gut, wenn sie die volle Dröhnung wollte, hier war sie.
Als ich in East Cleveland aus dem Nachtbus gestiegen bin, rief Desmond an. Aber ich ging nicht dran, sondern umarmte meine Mutter, die an der Haltestelle wartete und mich anlächelte. Wir frühstückten, saßen nebeneinander auf der Couch und füllten den Antrag auf ihrer Smartwatch aus. Keine Ahnung, ob er durchgegangen wäre und ob ich je wieder offiziell bei ihr hätte leben dürfen, aber an diesem Vormittag lebte ich nur im Augenblick. Der Antrag war lang, aber wir füllten abwechselnd die Felder aus und meine Mutter lachte, wenn ich auf ihrem Unterarm herumdrückte, auf den die Tasten projiziert waren. Danach kochten wir zum ersten Mal überhaupt gemeinsam Mittagessen und sie sagte mir, wie stolz sie auf mich war.
Als es klingelte, wusste ich sofort, dass es Desmond und Jazmine waren. Wir machten nicht auf, aber sie klingelten immer weiter und redeten gegen die Wohnungstür an, so wie am Abend vorher gegen meine Zimmertür. Es zog mich runter und meine Mutter auch, jedenfalls dachte ich das, denn sie wirkte niedergeschlagen und … abwesend.
Ich wollte sie so nicht sehen. Also rief ich, dass Desmond und Jazmine verschwinden und mich in Ruhe lassen sollten. Dass mein Zuhause hier sei, bei meiner Mutter, und dass ich nie wieder zurück in ihr verdammtes Gefängnis wollte. Als ich Atem holte, sah ich, dass meine Mutter Löcher in die Luft starrte, und da riss ich die Tür auf, funkelte Desmond und Jazmine an und schrie ihnen ins Gesicht, dass ich nicht nur ein Bild hätte übermalen sollen, sondern alle. Dass ich sie hasste und dass sie sich endlich verpissen sollten. Aus East Cleveland und aus meinem Leben. Und dann knallte ich ihnen die Tür vor der Nase zu und ging zu meiner Mutter zurück.
Ich wartete darauf, dass sie mich in den Arm nahm und tröstete. Oder wenigstens etwas sagte. Aber sie murmelte nur: »Bin gleich wieder da«, und ging ins Bad. Durch die Wohnungstür hörte ich die Stimmen von Desmond und Jazmine, aber auch die von Mamas Nachbar, der ziemlich aggressiv war wegen des Krachs. Es war noch derselbe Nachbar wie früher. Niemand, mit dem man sich gerne anlegt.
Meine Pflegeeltern kuschten, aber kurz darauf rief Desmond auf meiner Smartwatch an. Ich ging nicht dran, ließ seine Anrufe und Nachrichten blockieren. Dann war meine Mutter wieder da und diesmal nahm sie mich in den Arm. Sie sagte mir, dass ich mich nicht länger über meine Pflegeeltern ärgern müsste, weil ich einfach bei ihr bleiben könnte. Sie war wieder richtig euphorisch und ich schob es darauf, dass wir nicht mehr von Desmond und Jazmine terrorisiert wurden, und nach einer Weile ließ ich mich wieder von ihr anstecken. Wir saßen auf der Brandfleckencouch, aßen unsere Makkaroni, redeten und lachten und ich dachte mir, dass diesmal vielleicht wirklich alles gut werden würde.
Aber irgendwann wurde sie wieder stiller. Sie wirkte müde und ich fragte sie, ob sie sich ein wenig hinlegen wollte. Sie sagte, dass sie nur kurz ins Bad müsse, und als sie nach ein paar Minuten zurückkam, war sie aufgekratzt, schaltete Musik an und fragte mich, ob ich Lust hätte zu tanzen. Ich war ziemlich verwirrt und sagte nein, aber sie zog mich von der Couch und dann tanzten wir und es war nur am Anfang seltsam. Als sie erschöpft war, setzten wir uns wieder. Ich erzählte ihr vom Leichtathletikteam und sie drückte meine Hand und fing zu weinen an. Ich hatte sie davor nur ein einziges Mal weinen sehen, damals, als ich neun war und klar wurde, dass ich zu Pflegeeltern kommen würde. Ich fragte sie, warum sie weinte, und sie sagte, weil sie so stolz auf mich sei. Und dann weinte sie immer heftiger und schluchzte, dass sie eine furchtbare Mutter sei und ich sagte, dass das nicht stimme, dass sie ja nichts dafür könne und dass ihre beschissenen Depressionen schuld seien, nicht sie.
Aber ich schaffte es nicht, sie zu trösten, und sie weinte immer weiter, bis sie irgendwann aufstand und ins Bad ging. Als sie nach ein paar Minuten zurückkam, war sie wieder wie verwandelt. Ich fragte sie, was sie da im Bad eigentlich mache, und sie sagte, sie habe endlich eine Medizin gefunden, die ihr helfe, und die nehme sie nun regelmäßig. Sie war wieder aufgekratzt, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass Tabletten gegen Depressionen so schnell und so radikal wirkten. Ich sagte, ich müsse mal aufs Klo, aber ich ging nicht aufs Klo, ich durchsuchte ihr Bad und schließlich fand ich ihre … Medizin.
»Und die war?«, fragte Hannah, weil er verstummt war.
»Weißt du, East Cleveland ist eine üble Gegend«, antwortete er mit einem Schnauben. »Kriminalität, kaum Arbeit, keine Perspektiven. Wahrscheinlich hört sich das komisch an, aber ich war immer stolz darauf, dass meine Mutter nur süchtig nach Mentholzigaretten war. Doch dann fand ich in ihrem Bad weißes Pulver und wusste sofort, dass es Kokain war. Und wie ich da so stand, mit dem Tütchen Kokain in der Hand, da begriff ich, was ich schon vorher hätte begreifen müssen: dass die euphorischen Momente meiner Mutter von der Droge kamen. Nur von der Droge. Dass sie nicht gesund war und dass sie es auch nicht werden würde, denn es war nur eine Frage der Zeit, bis sie das Kokain nicht mehr nur schnupfen, sondern spritzen würde. Und da sie mit dem Verticken von Tabletten nicht weit kommt, ist es auch nur eine Frage der Zeit, bis sie alles tun wird, um an Geld für neuen Stoff zu gelangen. Ich weiß, wie das läuft, Hannah. Ich wusste es schon als Kind.«
Sie schluckte. Das war alles ziemlich viel für sie, er konnte es sehen. Und es war auch kein Wunder, schließlich war sie nicht wie er auf einem Scherbenhaufen aufgewachsen.
»Hast du … mit ihr darüber geredet?«
»Mit meiner Mutter? Nein, sie war auf ihrem Trip und ich so enttäuscht und … angewidert. Ich habe meine Tasche genommen, bin aus ihrer Wohnung und ohne Ziel und Plan durch East Cleveland geirrt. Und wenn die Maschinen da schon durchgedreht wären – ich weiß nicht, ob ich mich gewehrt hätte. Aber da waren keine würgenden Roboter und ich hatte keine Ahnung, wo ich hinsollte, ich wusste nur, dass ich auf keinen Fall zu meiner Mutter zurückwollte oder zu Desmond und Jazmine. Und da Ferien sind, habe ich meine Smartwatch nach Ferienjobs mit Übernachtung suchen lassen. Ich habe Quentin angerufen, mich noch ein wenig in East Cleveland herumgetrieben und bin dann wieder in den Nachtbus gestiegen. Und am nächsten Tag in den SUV der Giddeys.«
Hannahs Gesicht sah jetzt aus wie ein Batikshirt. An den roten Flecken war die Sonne schuld. An den weißen seine Geschichte. Sie nahm tatsächlich Anteil an ihm.
»Hast du noch mit deiner Mutter oder deinen Pflegeeltern telefoniert? Ich meine, bevor der Virus ausbrach?«
Sie waren beinahe auf der Kuppe der Anhöhe angelangt, aber das letzte Stück war am steilsten und durch seinen verletzten Fuß zuckte jedes Mal, wenn er auftrat, ein dumpfer Schmerz.
»Nein, ich wollte nicht mit meiner Mutter sprechen. Ich war voller Hoffnung gewesen, Hannah, aber sie hat diese Hoffnung zerschmettert und mit Füßen getreten.«
»Und deine Pflegeeltern? Hast du mit denen noch gesprochen?«
»Nein«, sagte er und spürte, wie ihm Tränen in die Augen traten. Er hatte sich nicht dazu durchringen können, seine Pflegeeltern anzurufen, denn dazu hatte er sich viel zu sehr geschämt. Und jetzt … jetzt würde er vielleicht nie mehr mit ihnen sprechen können. Jazmine und Desmond besaßen nur einen Staubsaugerroboter, doch ihre Nachbarn hatten eine Menge Maschinen.
Er würgte die Tränen ab, denn er wollte nicht schon wieder vor Hannah weinen. Sie suchte seinen Blick und anscheinend las sie in seinen Augen, wovor er Angst hatte, denn sie sagte: »Wir beide leben noch, Jarrett. Warum nicht auch deine Pflegeeltern?«
»Hannah. Columbus ist eine Millionenstadt und außer meinen Pflegeeltern haben alle, wirklich ALLE Haushalts- und Sicherheitsandroiden. In Columbus braucht es keinen Auslieferungslastwagen voller Pflegeroboter. Da wimmelt es auch so vor Maschinen!«
»Ja, aber vielleicht hatte Jazmine ihr altes Radio angeschaltet und sie und Desmond haben sich rechtzeitig verbarrikadiert. Und außerdem: Columbus ist die größte Stadt in Ohio, oder? Dann müsste es da doch einen dieser Militärstützpunkte geben, von denen sie im Radio gesprochen haben?«
»Ja«, sagte er, »es gibt eine Militärbasis nördlich der Stadt.«
»Dann«, sagte Hannah, »gibt es auch Hoffnung.«
Er schwieg und dachte an die Radiodurchsage, in der es geheißen hatte, dass das Militär von seinen Stützpunkten aus versuche, die Lage unter Kontrolle zu bringen. Vermutlich versuchten sie es wirklich, denn sie konnten ja schlecht zuschauen und nichts tun. Aber mehr als auf das Militär kam es auf seine Pflegeeltern an. Darauf, ob sie sich rechtzeitig von der Außenwelt abgeschottet hatten.
Er hatte seine Geschichte eigentlich nicht erzählen wollen, aber jetzt war er froh, es getan zu haben. Hannah war eine gute Zuhörerin und obwohl sie nicht viel gesagt hatte, hatte sie es geschafft, ihm ein Stück Zuversicht zurückzugeben.
Ein wenig steif, aber dankbar nickte er ihr zu und sie schien sich über diese kleine Geste zu freuen, denn sie lächelte und die weißen Flecken in ihrem Gesicht wurden zu roten. Sie merkte es wohl, denn sofort beschleunigte sie ihre Schritte.
»Fuck«, stöhnte sie, als sie oben auf der Anhöhe angelangt war.
Und dann war auch er oben auf der Kuppe und stöhnte innerlich, denn auf der anderen Seite duckte sich eine Farm an den Hügel.
Jarrett musste an Quentin und Lauren Giddey denken, an den Feldpanzer und die sprühenden Drohnen. Von Farmen hatte er definitiv genug und er wollte schon von der Kuppe zurücktreten, aber dann blieb er doch stehen und schaute auf die zwei Wohnhäuser und die Scheune, auf deren Dächern keine Solarzellen waren. Und da war auch kein Windrad und vor allem nirgendwo Maschinen, nur zwei Pferde, die auf einer Koppel am Hang grasten, und Hühner, die zwischen Gemüsebeeten und einem Gewächshaus herumliefen. Hinter einer Hecke aus Beerensträuchern begann eine Apfelbaumwiese und unten, auf der ebenen Fläche, reihten sich ein kleines Maisfeld, ein überschaubarer Acker und zwei Stoppelfelder aneinander. Aus den abgeernteten Stoppeln erhoben sich Getreidebündel, die wie Zelte zusammengestellt waren, und hinter einem der Bündel tauchte plötzlich ein Kind auf.