Der Bauernhof

»Ich träumte immer von meinem eigenen Bauernhof. Auch, als wir irgendwann mal wieder mit dem Chevrolet runter von Sylt fuhren. Ich hatte diese ›Zu verkaufen‹-Bilder gekriegt von der Sparkasse. Und ein Bild davon hatte mich sehr, sehr angemacht. Das war so romantisch mit dem Fluss direkt dabei. Und die alten Bäume und der alte Stil. Das wollte ich mir nun unbedingt auf der Rückfahrt angucken.

Und da kam gleich der Bauer mit der Mistgabel auf uns zu. Und schrie: ›Runter vom Hof! Was wollt ihr hier?‹

›Wir wollten nur höflich fragen, wo ist denn dieser Bauernhof?‹

›Interessiert mich nicht. Runter vom Hof!‹

Dann haben wir ihn irgendwann gefunden. Denn es ist nicht leicht, ihn zu finden, wenn man nicht weiß, wo der ist. Ich bin über diese Brücke gegangen und habe diesen Hof gesehen. Da war es um mich geschehen. Absolut geschehen. Voll. Ich habe nicht mehr gesprochen. Ich habe kein Wort mehr gesagt.

Die anderen fragten mich immer: ›Jan, was ist denn?‹ In mir hat alles gerattert. Wie kann ich das finanzieren? Was kann man daraus machen? Und so weiter. Das war 1990. Ein Jahr vor dem Großstadtrevier. Ich wusste noch gar nicht, wie ich das finanzieren soll. Aber ich habe den Hof trotzdem gekauft. Die Sparkasse hat gesagt: ›Sie haben genug Geld dieses Jahr verdient, den Rest können Sie abzahlen … Das kriegen Sie schon hin.‹ Und dann kommt der nächste Tag. Ich mache diesen entscheidenden Anruf. Rufe den Makler an. In dem Moment fängt ein Unwetter an. Es regnet. Es donnert. Und in dem Moment, wo ich den Hörer abnehme, gab es einen Blitz! Es knallte so dermaßen. Direkt über mir haute dieser Blitz rein. Und dann erfuhr ich, wie die Besitzer des Hofes hießen: ›Amen.‹ Die hießen: ›Amen‹! Tja, und die Schlüsselübergabe, die war an Maria Empfängnis.

Dieser Hof ist mein Himmel auf Erden. Mein Paradies, das ich mir selber geschaffen habe. Und 2015 war es so weit, da habe ich alle Freunde abholen lassen, mit so einem Fünfziger-Jahre-Bus. H. P. Baxxter kam mit seinem dreihunderttausend teuren Rolls-Royce. Er sagte: ›Die Autos müssen auch mal ein bisschen bewegt werden. Ist ja klar.‹ Uwe Schröder war dabei, Tim Mälzer und die Ottos. Michael Otto ist durch die Scheune gegangen, da wo die Autos stehen, und sagte: ›Ich habe schon so vieles gesehen im Leben, aber so was habe ich noch nie gesehen.‹ Und das ist das schönste Kompliment, was man kriegen kann. Und da habe ich richtig Gas gegeben.

Diesen Sammelwahn habe ich von meinem Urgroßvater, der wie alle meine Vorväter zur See gefahren ist. Er hatte unter seiner Wohnung sämtliche Kellerräume angemietet; eine Straße hinter der Wasserlinie, wo die Überseebrücke zu den Landungsbrücken geht. Und seine Kameraden waren auch alles Seeleute, die damals noch teilweise auf Segelschiffen fuhren. Die brachten Haifischgebisse, Schrumpfköpfe, Sägezähne als Andenken mit. Und haben ihm das verkauft.

Das Schlimme ist ja, dass ich nicht weiß, was wird aus meinem ganzen Sammler-Schatz … Das sind ja mehrere Museen, die ich damit füllen könnte. Das muss ich mir noch überlegen. Entweder mache ich ein Museum auf … Aber nicht auf dem Bauernhof. Ich möchte nicht, dass da solche Busladungen von Menschen drüber herfallen, so wie diese über fünfzig Busse, die täglich nach Büttenwarder fahren … Mein Zimmermann hat das mal mitgemacht, kostet neununddreißig Euro. Dann fährst du mit dem Bus, in dem Fall von Itzehoe, aber du kannst auch von ganz Norddeutschland fahren. Dann fahren die bis zu diesem alten Büttenwarder Bauernhof. Den dürfen sie aber nicht betreten, ist Privatgelände. Der Bauernhof da ist so verfallen, dass der beim nächsten Sturm einstürzt. Kein gemähtes Gras, gar nichts. Und Peter Brix und ich sind auch nicht da. Du siehst nichts. Dann fährst du weiter zum Dorfkrug, die wiederum so geschickt sind – Bauernschläue! – , da stehen wir beide als Adsche und Kurt Brakelmann als Pappkameraden. Die nehmen dann sogar für ein Foto mit Pappkameraden Geld!

Früher sind so kleine Ausflugs-Bötchen auf der Au direkt an meinem Bauernhof vorbeigefahren. Gott sei Dank sind da jetzt ein paar Brücken erneuert worden. Jetzt können die nicht mehr bis zu mir durchfahren. Früher sind dann fünfzehn besoffene Kegelschwestern aus dem Boot auf mein Grundstück gestürmt. ›Wo ist er? Wo ist er?‹, haben die gerufen und mich gesucht. Und ein paar andere haben sich in meine Gartenmöbel gesetzt: ›Wir kommen aus dem Ruhrpott, freuen uns und haben extra ein Geschenk für Sie mitgebracht.‹ «