Von allen Gedanken und klugen Sätzen dieser außerordentlichen Lehrerin hat mir ihre Bemerkung, die sie bei einer Deutschlandreise 1950 notierte, am besten geholfen, meine Landsleute zu begreifen:
«Der wohl hervorstechendste und auch erschreckendste Aspekt der deutschen Realitätsflucht liegt jedoch in der Haltung, mit Tatsachen so umzugehen, als handele es sich um bloße Meinungen.»
Von allen Anekdoten, die Lotte Köhler (> ASTROLOGIE), die amerikanische Mecklenburgerin und Nachlassverwalterin Arendts, über ihre langjährige Freundin erzählte, ist diese vielleicht die beste:
Hannah konnte sehr konservativ sein, sagte Frau Köhler. Es war ihr sehr peinlich, dass Uwe Johnson, der längere Zeit bei ihr wohnte, so viel Rotwein soff, sie meinte, dass die Leute vom Liquor Store das auch auf sie schieben würden. Nach einem alkoholbedingten Streit mit Johnson wollte der sofort ausziehen, es war schon Mitternacht, er packte seine Koffer, da herrschte Arendt ihn an: Wer bei mir wohnt, zieht mitternachts nicht aus!